Entscheidungsdatum
23.10.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W101 2186066-1/2E
W101 2186063-1/2E
W101 2186064-1/2E
W101 2186065-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde 1.) der XXXX , geb. XXXX , 2.) der XXXX , geb. XXXX , 3.) der mj. XXXX , geb. XXXX , sowie 4.) des mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien, die mj. Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , alle vertreten durch Österreichisches Rotes Kreuz, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 28.11.2017, GZ.:
Damaskus-ÖB/KONS/2024/2017, nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vom 17.01.2018, GZ.:
Damaskus-OB/KONS/2024/2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:
"Die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln werden gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die vier Beschwerdeführer, alle StA. Syrien, stellten am 30.06.2017 (elektronisch) bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) unter Anschluss diverser Unterlagen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (in der Folge AsylG). Begründend führten sie aus, XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, sei der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und der Vater der drei weiteren (zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30.06.2017) minderjährigen Beschwerdeführer. Die Bezugsperson sei seit 20.04.2015 in Österreich aufhältig und habe mit Bescheid vom 04.11.2016 (rechtskräftig seit 07.12.2016) den Status des subsidiär Schutzberechtigten erhalten. Gleichzeitig legten die Beschwerdeführer den die Bezugsperson betreffenden Bescheid vom 04.11.2016, Zl. 1065146308-150398015, über die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vor.
2. Daraufhin führte das BFA in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 13.10.2017 aus, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge (§ 35 Abs. 2 AsylG).
Begründend führte es in seiner Stellungnahme vom 13.10.2017 dazu Folgendes aus: Die Erstbeschwerdeführerin bringe vor, die Ehefrau der Bezugsperson in Österreich zu sein. Die drei (zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30.06.2017) minderjährigen Kindern würden aus der gemeinsamem Ehe stammen. Dieses Verhältnis habe die Erstbeschwerdeführerin durch Vorlage einer Heiratsurkunde, einem Auszug aus dem Familienregister und Auszügen aus dem Personenstandsregister nachgewiesen. Der Bezugsperson sei in Österreich mit Bescheid vom 04.11.2016 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Dieser Bescheid sei am 07.12.2016 in Rechtskraft erwachsen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei das Verfahren über die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten der Bezugsperson noch nicht entschieden gewesen. Sollte in weiterer Folge der Bezugsperson der Status eines Asylberechtigten rechtskräftig zuerkannt werden, könnten von den Beschwerdeführern umgehend neuerliche Anträge eingebracht werden. Aus den oben genannten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich.
3. Mit Schreiben vom 23.10.2017 (von den Beschwerdeführern übernommen am 25.10.2017) war den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb der Frist von einer Woche eingeräumt worden. Sie waren davon in Kenntnis gesetzt worden, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Mitteilung des BFA vom 13.10.2017 nicht wahrscheinlich sei. Die oben beschriebene Stellungnahme des BFA lag dem Schreiben bei.
4. Am 06.11.2017 brachten die Beschwerdeführer nach gewährter Fristerstreckung eine Stellungnahme durch ihren Rechtsvertreter ein und führten darin im Wesentlichen Folgendes aus: Trotz einer Antragstellung vor Ablauf der in § 35 Abs. 2 AsylG normierten Frist wäre die Einreise zu gewähren bzw. wären die Anträge inhaltlich zu prüfen. Hätten die Familienangehörigen die Frist von 3 Jahren abgewartet, wäre eine Tochter zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig und somit keine Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG mehr. Die betreffende Regelung verstoße gegen Art. 8 EMRK und gegen mehrzählige internationale kinderrechtliche Standards auf das Recht auf Familie- bzw. Familienzusammenführung sowie gegen die gesetzlich verankerte Verpflichtung das Kindeswohl in behördlichen Entscheidungen zu berücksichtigen.
Mit BGBl. I Nr. 24/2016 seien für das Einreiseverfahren gemäß § 35 AsylG die angesprochene Frist von drei Jahren sowie das Erfordernis des Nachweises der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 AsylG festgelegt worden. Während hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen mit § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG eine Ausnahmeregelung im Hinblick auf das Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geschaffen worden sei, gelte die Wartefrist ausnahmslos in sämtlichen Konstellationen. Dies erscheine verfassungswidrig, da die Familienzusammenführung von subsidiär Schutzberechtigten dadurch generell um drei Jahre (exklusive Verfahrensdauer) verzögert werde, was den Forderungen des EGMR nach einer raschen und effektiven Verfahrensführung widerspreche. Im vorliegenden Fall sei seitens der Behörde nicht geprüft worden, ob eine Einreise nach Art. 8 EMRK geboten erscheine.
Hinzu komme eine Verletzung von Art. 14 EMRK und Art. 1 Abs. 1 BVG-Rassendiskrimierung: Familienangehörige von Asylberechtigten könnten unverzüglich nach Gewährung des Status einen Antrag auf Einreise stellen, hingegen müssten Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten drei Jahre mit dem Antrag zuwarten, obwohl sich subsidiär Schutzberechtigte in einer ähnlichen Lage wie Asylberechtigte befänden. Diese massive Ungleichbehandlung werde seitens des Gesetzgebers nicht ausreichend sachlich begründet. Der Verweis darauf, dass die Familienzusammenführungs-Richtlinie auf subsidiär Schutzberechtigte nicht anzuwenden wäre, vermöge diese Differenzierung nicht ausreichend zu begründen. Die verfassungskonforme Interpretation des § 35 Abs. 2 AsylG könne also nur darin bestehen, dass die Ausnahmebestimmung des § 36 Abs. 4 Z 3 AsylG auch auf die Wartefrist von 3 Jahren anwendbar sei. Andernfalls müsse die Wortfolge "frühestens drei Jahre" des § 35 Abs. 2 AsylG als verfassungswidrig aufgehoben werden.
5. Diese Stellungnahmen waren am 09.11.2017 dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung weitergeleitet worden.
6. Am 13.11.2017 teilte das BFA mit, dass die Stellungnahme vom 13.10.2017 vollinhaltlich aufrechterhalten werde.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.11.2017, dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer am selben Tag per E-Mail zugestellt, GZ.: Damaskus-OB/KONS/2024/2017, verweigerte die ÖB Damaskus den Beschwerdeführern die Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005.
Begründend führte die ÖB Damaskus im Wesentlichen aus: Das BFA habe nach erneuter Prüfung mitgeteilt, dass es zu keiner Änderung der ursprünglichen Entscheidung komme.
8. Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 21.12.2017 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Ausführungen der Stellungnahme vom 06.11.2017 wiederholte.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.01.2018, GZ.:
Damaskus-OB/KONS/2024/2017, wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab. Begründend führte sie im Wesentlichen Folgendes aus: Hinsichtlich der Wartefrist des § 35 Abs. 2 AsylG sei die Rechtslage eindeutig und verbiete schon der klare Wortlaut der Regelung die in der Beschwerde gewünschte Interpretation. Auch die Verweise hinsichtlich Art. 8 EMRK sowie die Prüfung des Kindeswohls oder die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken würden der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
10. Am 26.01.2018 brachte der einschreitende Rechtsvertreter der Beschwerdeführer dagegen bei der ÖB Damaskus einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.
11. Mit Schreiben vom 12.02.2018 legte das Bundesministerium für Inneres dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Im gegenständlichen Verfahren wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, als Bezugsperson genannt. Der Bescheid, mit dem die Bezugsperson den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erlangt hat, ist am 07.12.2016 in Rechtskraft erwachsen.
Als maßgeblich wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln am 30.06.2017 - sohin vor Ablauf der (gesetzlich vorgesehenen) dreijährigen Wartefrist - gestellt haben und sich diese daher als unzulässig erweisen.
2. Beweiswürdigung:
Dass der Bezugsperson der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Bescheid des BFA vom 04.11.2016, Zl. 1065146308-150398015. Dass dieser Bescheid am 07.12.2016 in Rechtskraft erwachsen ist, wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
Im Falle eines subsidiär Schutzberechtigten als Bezugsperson kann ein Antrag auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF frühestens - nach Ablauf der dreijährigen Wartefrist - am 07.12.2019 gestellt werden.
Die maßgebende Feststellung ist folglich ebenfalls unstrittig und ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. § 35 Abs. 2 und Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
"§ 35. (...)
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(...)
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
§ 11 Abs. 1 bis 3 und § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."
"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
"§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
3.2.3. Da die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln am 30.06.2017 und damit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht wurde, waren gemäß § 75 Abs. 24 AsylG fallbezogen keine Übergangsbestimmungen, sondern § 35 Abs. 1 bis 4 idF BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden.
§ 35 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 bestimmt, dass der Familienangehörige (gemäß Abs. 5 leg. cit.) eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stellen kann.
Im vorliegenden Fall ist der Bescheid, mit welchem der Bezugsperson der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, am 07.12.2016 in Rechtskraft erwachsen. Da die dreijährige Wartefrist nach § 35 Abs. 2 AsylG idgF somit am 07.12.2016 zu laufen begonnen hat, könnten die Beschwerdeführer frühestens am 07.12.2019 die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln stellen.
Wie oben festgestellt, haben die Beschwerdeführer die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln jedoch bereits am 30.06.2017 - sohin weit vor Ablauf der dreijährigen Wartefrist - gestellt, sodass sich diese Anträge gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF als unzulässig erweisen.
Den seitens der Beschwerdeführer dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken, wonach die durch BGBl. I Nr. 24/2016 in § 35 Abs. 2 AsylG eingeführte dreijährige Wartefrist, im Sinne einer "verfassungskonformen Interpretation" so zu lesen wäre, als von einer zwingenden Erfüllung dieses Erfordernis dann abzusehen sei, wenn den privaten und familiären Interessen der beteiligten Personen höheres Gewicht beizumessen wäre, ist entgegen zu halten, dass diese Argumentation im Gegensatz zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung steht und es sich bei der dreijährigen Frist im Falle eines subsidiär Schutzberechtigten als Bezugsperson um eine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels handelt, welche der Gesetzgeber bewusst eingeführt hat. Überdies begegnet nach Auffassung der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes die Bestimmung des § 35 Abs. 2 AsylG idgF weder verfassungs- noch europarechtlichen Bedenken.
Aus den in der Beschwerde vorgebrachten Einwänden ist daher für die Beschwerdeführer nichts gewonnen. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, werden auch die zur Fristberechnung maßgeblichen Daten und die sich daraus berechnete Nichterfüllung der dreijährigen Wartefrist von den Beschwerdeführern zu keinem Zeitpunkt bestritten.
Da es den gegenständlichen Anträgen aufgrund obiger Ausführungen gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF an einer zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt, hätte die belangte Behörde die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln mit dem angefochtenen Bescheid nicht ab- sondern zurückweisen müssen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher mit der spruchgemäßen Maßgabe abzuändern und die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung abzuweisen.
3.2.3. Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdevorentscheidung, Einreisetitel, Frist, österreichischeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W101.2186063.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.01.2019