TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/16 99/01/0182

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

AVG §67d Abs5;
AVG §67f Abs1;
SPG 1991 §35 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Februar 1999, Zl. UVS-02/P/16/00043/98, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit der am 30. November 1996 erfolgten Anhaltung (mitbeteiligte Partei: ED in W, vertreten durch Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 13. Jänner 1997 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG wegen behaupteter rechtswidriger Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Sie sei durch ihre Festnahme und Anhaltung am 30. November 1996 durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und dadurch, dass sie sich entkleiden, während der Amtshandlung die Hände über dem Kopf halten und sich niederknien habe müssen, im einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden. Sie beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Nach Erstattung einer Gegenschrift der Bundespolizeidirektion Wien samt Vorlage des Aktes und einer weiteren Stellungnahme der mitbeteiligten Partei führte der unabhängige Verwaltungssenat am 3. Juni 1997 eine am 3. Juli 1997 fortgesetzte öffentliche mündliche Verhandlung durch. In der Folge wurde mit dem Bescheid vom 21. Juli 1997 die Beschwerde vom 13. Jänner 1997 als unbegründet abgewiesen. Diesen Bescheid hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Februar 1998, B 2300/97, auf Grund der mit seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, V 17/97 u.a., erfolgten Aufhebung der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ohne inhaltliche Prüfung der Begründung auf. Im fortgesetzten Verfahren trat ein Wechsel in der Zuständigkeit zur Erledigung der gegenständlichen Verwaltungssache innerhalb des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ein. Mit verfahrensrechtlicher Anordnung vom 18. Juni 1998 forderte das nunmehr zur Entscheidung zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien die Parteien des Verfahrens auf, "sich binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Anordnung dahingehend zu äußern, ob sie die Neudurchführung des Beweisverfahrens verlangen. Sollte keine Stellungnahme abgegeben werden, wird davon ausgegangen, dass keine Neudurchführung des Beweisverfahrens verlangt wird". Die Verfahrensparteien äußerten sich hiezu nicht.

Die belangte Behörde erließ in der Folge auf Grundlage des bisherigen Verfahrensganges den nunmehr angefochtenen Bescheid. Sie ging - unstrittig - davon aus, dass am 30. November 1996 zwischen 16.15 Uhr und 20.50 Uhr im Bereich vor der neuen Universität eine Demonstration stattgefunden habe. Später sei von Demonstranten eine U-Bahn-Garnitur beschädigt worden. Es seien in der Folge ca. 50 Personen in Richtung Messepalast geflüchtet. In der U-Bahn-Station Volkstheater habe die Amtshandlung zur Klärung der Sachbeschädigung stattgefunden. Die belangte Behörde nahm weiters folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

"Die Bf kam gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten mit der beschädigten U-Bahn-Garnitur in den Stationsbereich Volkstheater. Im Gegensatz zu ihrem Lebensgefährten begann die Bf Namen der Angehaltenen zu notieren. Die Bf wurde aufgefordert, diese Notizen herauszugeben, weigerte sich jedoch und wurde anschließend verhalten, in die Räumlichkeiten der Verkehrsbetriebe mitzukommen, während gegen ihren Lebensgefährten eine Wegweisung gemäß § 38 Abs. 1 SPG angeordnet wurde. Anschließend wurde die Bf, wie die anderen Festgenommenen, dazu verhalten, sich mit erhobenen Händen an eine Wand zu stellen. Anschließend übergab die Bf einem Organ der belangten Behörde ihren Studentenausweis. Daraufhin wurde sie durchsucht, wobei sie sich entkleiden musste. Nach der Durchsuchung wurde die Bf von einem Organ der belangten Behörde dazu verhalten, sich niederzuknien."

Die belangte Behörde setzte fort:

"Es besteht kein nachvollziehbarer Grund, an der Richtigkeit der Angaben der Bf und ihres Lebensgefährten zu zweifeln, wonach sie gemeinsam mit der U-Bahn in den Stationsbereich Volkstheater gelangt waren. Auch besteht kein nachvollziehbarer Grund, an den Angaben der Bf und ihres Lebensgefährten zu zweifeln, wonach die Bf begann, Namen der dort Angehaltenen zu notieren. Auch besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, dass sich die Bf weigerte, diese Notizen auf Verlangen einem Polizeibeamten zu übergeben. Die Verfassung dieser Notizen und die Weigerung sie zu übergeben war der einzige Unterschied im Verhalten der Bf im Vergleich zum Verhalten ihres Lebensgefährten. Während nun aber der Lebensgefährte der Bf gemäß § 38 SPG weggewiesen wurde (wobei unmittelbar zuvor seine Identität festgestellt worden war) wurde die Bf zum Zweck der Identitätsfeststellung festgenommen.

Gemäß § 35 Abs. 1 SPG (die übrigen Bestimmungen sind hier nicht relevant) sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilten. Dass die Bf gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten angekommen war, musste den Organen der belangten Behörde aufgefallen sein; andererseits wäre nämlich nicht nachvollziehbar, warum sie festgenommen, er hingegen weggewiesen worden war. Es musste daher evident gewesen sein, dass keine Tatsachen vorlagen, wonach sie im Zusammenhang mit dem vorangegangenen gefährlichen Angriff gestanden wäre. Ob solche Tatsachen vorliegen, ist auf Grund einer ex-ante-Betrachtung, nicht aber auf Grund einer ex-post-Betrachtung festzustellen; auch die zweite im Absatz 1 normierte Voraussetzung für die Identitätsfeststellung lag somit nicht vor. Das Verhalten der Bf hätte demnach, wie auch bei ihrem Lebensgefährten, allenfalls zu einer Wegweisung berechtigt. Die Festnahme und Anhaltung zur Identitätsfeststellung, welche von der Bf als Verhaftung gewertet wurde, waren somit für rechtswidrig zu erklären.

War aber die Identitätsfeststellung rechtswidrig, so war auch die Anordnung, sich mit erhobenen Händen an die Wand zu stellen, ebenfalls rechtswidrig; eine derartige Anordnung kann nur gegenüber einer rechtmäßig angehaltenen Person rechtmäßig sein.

Gemäß § 40 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen, die festgenommen worden sind, zu durchsuchen, um sicherzustellen, dass diese während ihrer Anhaltung weder ihre eigene körperliche Sicherheit noch die anderer gefährdeten und nicht flüchten. Diese Gesetzesstelle kann aber nur dahingehend verstanden werden, dass nur solche Menschen durchsucht werden dürfen, die rechtmäßig festgenommen worden sind. Es war daher auch diese Maßnahme für rechtswidrig zu erklären.

Aus der Einvernahme des Einsatzleiters ergibt sich, dass zahlreiche, in die Räumlichkeiten der WVB verbrachten Angehaltenen sofort niederknieten. Auch wenn diesbezügliche Ermittlungen im Akt fehlen (beteiligt waren nach der Aussage der Beamtin Empacher ca. 20 Beamte) kann den Angaben des Einsatzleiters gefolgt werden, dass diese Maßnahme nicht angeordnet worden war. Es muss nämlich nicht näher bewiesen werden, dass ein derartiges Verhalten bei Festgenommenen, welche sich als politisch motiviert betrachten, durchaus nicht unüblich ist. Verfahrensgegenständlich war aber nicht diese Anordnung sondern die nach der vorgenommenen Personendurchsuchung erteilte diesbezügliche Anordnung. Durchaus nachvollziehbar ist dabei nämlich die von der Bf in ihrer Einvernahme abgegebene Erklärung, wonach diese 'Anordnung' nach den Angaben eines Beamten ursprünglich durch einen der Festgenommenen erfolgte und erst später von einem Organ der belangten Behörde 'aufgegriffen' wurde. Dass aber eine derartige Anordnung im gegebenen Zusammenhang rechtswidrig ist, muss nicht näher begründet werden."

Die belangte Behörde erklärte die Festnahme und Anhaltung der Beschwerdeführerin zum Zweck ihrer Identitätsfeststellung, die in diesem Zusammenhang erfolgte Anordnung, die Hände über dem Kopf zu halten, die durchgeführte Personendurchsuchung sowie die anschließend erteilte Anordnung zu knien, für rechtswidrig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen objektiver Rechtswidrigkeit erhobene, auf § 91 Abs. 1 Z. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG - gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Der Beschwerdeführer rügt als unrichtig und aktenwidrig die Feststellung, dass die mitbeteiligte Partei gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten mit der beschädigten U-Bahn-Garnitur in die Station Volkstheater gekommen sei. Aus den von der Bundespolizeidirektion Wien im ersten Rechtsgang vorgelegten Akten ergebe sich eindeutig, dass der beschädigte U-Bahn-Zug in der Station Rathaus verblieben sei. Eine Weiterbeförderung von Fahrgästen zur Station Volkstheater sei nicht erfolgt. Des Weiteren sei aktenwidrig, dass die belangte Behörde davon ausgehe, die Personsdurchsuchung der Beschwerdeführerin sei von der Bundespolizeidirektion Wien auf § 40 Abs. 1 SPG gestützt worden, nach der Aktenlage sei eindeutig klargestellt, dass die Personsdurchsuchung auf § 40 Abs. 2 SPG beruht habe. Die Feststellung der belangten Behörde, es sei eine Anordnung zum Niederknien durch ein Organ der Behörde gegeben worden, sei nicht schlüssig begründet und widerspreche den Aussagen einer vernommenen Zeugin, mit deren Aussage sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt habe.

Die belangte Behörde wäre zur neuerlichen Durchführung einer Verhandlung auf Grund der Änderung des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien verpflichtet gewesen. Das Schweigen auf die Verfahrensanordnung vom 18. Juni 1998 könne nicht als ausdrücklicher Verzicht im Sinne des § 67d Abs. 5 AVG verstanden werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist damit im Recht, dass die belangte Behörde das bloße Schweigen auf die Verfahrensanordnung vom 18. Juni 1998 nicht als ausdrücklichen Verzicht auf die nach dem eindeutigen Wortlaut des § 67f Abs. 1 AVG notwendige Wiederholung der öffentlichen mündlichen Verhandlung werten durfte. Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob einer der Gründe des § 67d AVG vorgelegen wäre, weil sich die belangte Behörde selbst auf Ergebnisse der ursprünglich durchgeführten mündlichen Verhandlung stützte und keine der in § 67d Abs. 2 bis 4 AVG genannten Möglichkeiten als Begründung für die Unterlassung der Wiederholung der mündlichen Verhandlung herangezogen hat. Sie war demnach gemäß dem unmissverständlichen Wortlaut des § 67f Abs. 1 AVG auf Grund der Änderung der Entscheidungszuständigkeit zur Wiederholung der Verhandlung verpflichtet, es sei denn, es wäre tatsächlich der Grund des § 67d Abs. 5 AVG vorgelegen. Durch die Wortfolge "Parteien ausdrücklich darauf verzichten" hat der Gesetzgeber aber klargestellt, dass es hiebei auf eine ausdrückliche Willenserklärung der Parteien ankommt. Ein bloßes Schweigen auf die Anfrage vom 18. Juni 1998 reicht nicht aus, einen solchen ausdrücklichen Verzicht annehmen zu können.

Dieser Verfahrensmangel wäre alleine für sich nicht ausreichend, um zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu gelangen. Schon der Beschwerdeführer hat mit seinem weiteren Vorbringen betreffend Aktenwidrigkeit der Feststellungen der belangten Behörde betreffend das Einlangen der mitbeteiligten Partei in der U-Bahn-Station Volkstheater dargelegt, dass bei Durchführung einer Wiederholung der öffentlichen mündlichen Verhandlung allenfalls ein anderer Bescheid erlassen worden wäre.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist zwar aus dem vorgelegten Akt der Bundespolizeidirektion Wien nicht ausdrücklich zu entnehmen, dass die beschädigte U-Bahn-Garnitur der Linie U2 in der U-Bahn-Station Rathaus eingezogen worden wäre. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aber auf Grund der Aussage der mitbeteiligten Partei vom 20. Dezember 1996 ("Ich nahm an diesem Abend an der Demonstration teil. Nach Demonstrationsende verließ ich die Demo und fuhr mit der U2 von der Station Schottentor bis zur Stadtion Rathausplatz"), der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien, Alarmabteilung, vom 30. November 1996, Seite 2 ("wurde ich

... nach Wien I, U-Station Rathaus zur Zertrümmerung einer U-Bahn-Garnitur durch Demonstranten entsandt. Bei der bezeichneten U-Station eingetroffen gab der Fahrer der zerstörten U-Bahn an, dass die etwa 50 Randalierer die Museumstraße Richtung Messepalast geflüchtet sind und der Schaden an dem Waggon über öS 50.000,-- beträgt", sowie dass in der Folge im Zuge einer Sofortfahndung ca. 50 Personen in Wien I, Bereich U-Station Volkstheater wahrgenommen werden konnten, auf die die Angaben eines Zeugen zuträfen, und diese in die U-Bahn-Station Volkstheater gelaufen wären) und letztlich auch auf Grund der Angaben der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung vom 3. Juni 1997 ("Es war mir bekannt, dass eine Beschädigung der U-Bahn stattgefunden hatte, weil ich mit der Garnitur angekommen war. Ich hatte auch vermutet, dass die von mir begleiteten Personen, welche ich für Festgenommene hielt, irgendwie mit dieser Beschädigung im Zusammenhang stünden"). Jedenfalls lässt sich daraus nicht die Feststellung der belangten Behörde ableiten, die Beschwerdeführerin wäre mit der beschädigten U-Bahn unabhängig von den der Sachbeschädigung verdächtigen Personen zur Station Volkstheater gekommen. Die belangte Behörde übersieht, dass auch der Aussage des Lebensgefährten der mitbeteiligten Partei nicht zu entnehmen ist, dass er und die Mitbeteiligte gemeinsam mit der U-Bahn in den Stationsbereich Volkstheater gelangt seien.

Durfte die belangte Behörde auf Grund des bisherigen Verfahrensergebnisses aber schlüssig nicht zu der von ihr getroffenen Feststellung gelangen, so erweist sich dies als wesentlich für den Verfahrensausgang, weil die belangte Behörde aus ihrer Annahme des späteren Hinzukommens der Beschwerdeführerin in der beschädigten U-Bahn (sohin getrennt von den durch die Polizei bereits verfolgten mutmaßlichen Sachbeschädigern) zur Amtshandlung in der U-Bahn-Station Volkstheater rechtlich folgerte, es läge der zweite Grund des § 35 Abs. 1 Z. 1 SPG, wonach die Organe des öffentlichen Sicherheitsdientes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt seien, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er könne über einen gefährlichen Angriff Auskunft erteilen, nicht vor. Auch die Ansicht der belangten Behörde, es habe "evident" sein müssen, "dass keine Tatsachen vorlagen, wonach (die Mitbeteiligte) im Zusammenhang mit dem vorangegangenen gefährlichen Angriff gestanden wäre", ist nur im Zusammenhang mit der oben wiedergegebenen unschlüssigen Sachverhaltsfeststellung verständlich, nicht aber im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Akteninhalt, insbesondere mit Aussagen der Mitbeteiligten, zumal diese sowohl in der Niederschrift vom 20. Dezember 1996 als auch in der mündlichen Verhandlung eindeutig ausgesagt hat, bei der Beschädigung der U-Bahn-Garnitur in unmittelbarer Nähe gewesen zu sein. Denn sie habe sich in der beschädigten U-Bahn befunden und habe beobachten können, "wie die Abdeckungen von den Deckenleuchten herunterfielen".

Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass das Vorliegen der Tatsachen gemäß § 35 Abs. 1 SPG auf Grund einer ex-ante-Betrachtung zu beurteilen ist. Durfte die belangte Behörde aber auf Grund des ihr vorliegenden Verfahrensergebnisses nicht schlüssig davon ausgehen, die Mitbeteiligte wäre mehr oder weniger zufällig und ohne Zusammenhang mit an der Sachbeschädigung verdächtigen Personen in die U-Bahn-Station Volkstheater gelangt, so ist jedenfalls der daraus gezogene Schluss, es läge auch die zweite im § 35 Abs. 1 Z. 1 SPG normierte Voraussetzung für die Identitätsfeststellung nicht vor, nicht zulässig.

Die belangte Behörde wird daher im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens u.a. nachvollziehbar, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, darzulegen haben, wie die Mitbeteiligte (welche selbst angibt, in der beschädigten U-Bahn-Garnitur bis Station Rathaus gefahren zu sein und selbst gesehen zu haben, wie die Beschädigung stattfand) zur U-Bahn-Station Volkstheater gelangte.

Erweisen sich die Feststellungen der belangten Behörde, auf die diese die Annahme gründete, es sei keine der Voraussetzungen für die Vornahme einer Identitätsfeststellung vorgelegen, als mangelhaft, so hält die nur auf der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Identitätsfeststellung beruhende Feststellung der Rechtswidrigkeit von nachfolgenden Maßnahmen einer Überprüfung nicht stand, weil dieser behördlichen Annahme die Basis entzogen ist.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können,

war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am 16. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999010182.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten