TE Bvwg Beschluss 2018/10/11 L511 2159829-2

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Veröffentlicht am 11.10.2018
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Entscheidungsdatum

11.10.2018

Norm

AsylG 2005 §16
AVG §68
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs1

Spruch

L511 2159829-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 20.09.2018, XXXX, beschlossen:

A)

Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG iVm § 16 Abs. 2 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 11.09.2018 den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz (Aktenseite des Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: AS] 3).

1.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA] wies mit im Spruch bezeichneten Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zurück (Spruchpunkt I) und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II) ab. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III) und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV). Das BFA stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI) (Aktenseite [AS] 85-217).

1.3. Der Beschwerdeführer hat gegen den am 21.09.2018 zugestellten Bescheid (AZ 255) am 04.10.2018 fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I erhoben (AS 261-271).

2. Die gegenständliche Beschwerde samt durchnummeriertem Verwaltungsakten des BFA langte am 10.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 (AS 1-269]).

II. zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.06.2018 beendet.

1.2. Das BFA hat den Folgeantrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z13 AsylG 2005 abgewiesen.

1.3. In der Rechtsmittelbelehrung ist festgehalten, dass einer Beschwerde gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt und dieser daher trotz Beschwerde vollstreckt werden kann.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Anzuwendendes Verfahrensrecht

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch eine Einzelrichterin ergibt sich aus § 6 BVwGG iVm §7 BFA-VG und dem AsylG 2005.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG). Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, ist auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG), wobei entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des VwGVG bereits kundgemacht wurden, in Kraft bleiben (§ 58 Abs. 2 VwGVG).

3.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. zur Feststellung der aufschiebenden Wirkung

3.2.1. Verfahrensgegenständlich hat das BFA den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zwar hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zurückgewiesen, nicht jedoch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und dem Beschwerdeführer in der Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt, dass einer Beschwerde gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt.

3.2.2. Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG haben Beschwerden gegen Bescheide grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Abweichend davon normiert § 16 ABs. 2 BFA-VG den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf (soweit verfahrensgegenständlich relevant) Beschwerden gegen eine Entscheidung des BFA, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und die entweder mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, gegenständlich einer Rückkehrentscheidung, oder wo (wie verfahrensgegenständlich ebenfalls gegeben) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht, für diese Beschwerden.

In den diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (RV 2144 dB XXIV. GP) wird auf Seite 11 ausgeführt, dass § 16 im Wesentlichen dem geltenden § 36 AsylG 2005 entspricht und jene Fälle festlegt, in denen einer Beschwerde entgegen dem Grundsatz von § 13 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt. Einer Zuständigkeitsentscheidung - und sowohl Entscheidungen nach §§ 4, 4a und 5 AsylG 2005 als auch im weiteren Sinne eine Entscheidung nach § 68 Abs. 1 AVG sind Zuständigkeitsentscheidungen - muss keine aufschiebende Wirkung zukommen, da diese die Position des Beschwerdeführers im Rechtsmittelverfahren nicht ändert; es kann also dahingestellt bleiben, ob ein Rechtsmittel gegen eine Zuständigkeitsentscheidung einer aufschiebenden Wirkung überhaupt zugänglich ist. [...] Zum Vollzug der die Zuständigkeitsnormen durchsetzenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist es notwendig, dieser in den vorliegenden klaren Fällen im Regelfall ex lege keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es handelt sich schließlich nur um Fälle, wo ein anderer Staat zur Führung des Asylverfahrens zuständig ist oder dem Betroffenen bereits Schutz gewährt wurde oder um unzulässige Folgeanträge. [...] Im Falle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache haben die Asylbehörden bereits einmal den ganzen Fall geprüft, und es ist zu keiner relevanten Änderung des Sachverhalts gekommen.

3.2.3. Gemäß § 2 Abs. 1 Z13 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf die Zuerkennung von Asyl gerichtet, sondern gilt ex lege auch (im Falle der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) als (eigenständiger) Parteiantrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (siehe auch VwGH 11.11.2010, 2010/20/0002 mwN). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass diese beiden vom Antrag auf internationalen Schutz umfassten Parteianträge rechtlich eigenständig zu betrachten und auch zu beurteilen sind. So darf bei einer behaupteten Lageänderung in einem Folgeantrag, die - im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren - nicht von vornherein als ungeeignet anzusehen ist, ein anderes Ergebnis zu erzielen, keine Zurückweisung des bezughabenden Antrages [auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten] wegen entschiedener Sache stattfinden, sondern hat eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem neuen Vorbringen zu erfolgen, auch wenn der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten keine Sachverhaltsänderung beinhaltet hat, die einen Folgeantrag rechtfertigt, und sich daher die Zurückweisung des neuerlichen Antrages, insoweit sich dieser auf die Gewährung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 bezieht, als richtig erweist (vgl. VwGH 12.10.2016, Ra2015/18/0221).

3.2.4. Ausgehend von diesen Betrachtungen des Gesamtsystems kann aber § 16 Abs. 2 Z1 und Z2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Erläuternden Bemerkungen und unter Berücksichtigung der Dualität des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z13 AsylG 2005 nur dahingehend verstanden werden, dass nur dann, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze - also sowohl hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten - zurückgewiesen wird, einer Beschwerde und einem Vorlageantrag keine aufschiebende Wirkung zukommt. Ist jedoch wie verfahrensgegenständlich nur ein Teil des Antrages auf internationalen Schutz zurückgewiesen worden, und der andere Teil abgewiesen worden, weil das BFA annimmt, dass es zu einer relevanten Änderung des Sachverhaltes (im vom Antrag umfassten Teilbereich) gekommen ist, sind die Voraussetzungen für den ex lege Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde nicht gegeben.

3.3. Aus dem vorgesagten ist ersichtlich, dass der Beschwerde daher ex lege die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG zukommt.

3.3.1. Ein rechtliches Interesse einer Partei an einer bescheidmäßigen Feststellung ist bei Fällen gegeben, in denen die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Der Feststellung muss somit in concreto die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechtes des Antragstellers zu beseitigen (VwGH 22.11.2017, Ro2017/03/0012 mwN; auch VwGH 29.08.2017, Ra2016/17/0170).

3.3.2. Auf Grund der in der Rechtsmittelbelehrung festgehaltenen Rechtsansicht des BFA, wonach dieses von einem ex lege Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgeht, liegt eine aktuelle Gefährdung eines subjektiven Rechtes des Beschwerdeführers vor, weil dieser jederzeit nach Ablauf der in § 16 Abs. 4 BFA-VG vorgesehenen Frist in den Herkunftsstaat abgeschoben werden kann.

3.3.3. Gegenständlich ist daher die aufschiebende Wirkung der Beschwerde spruchmäßig festzustellen.

III. ad B) Zulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Es liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob es im Sinne des § 16 Abs. 1 BFA-VG ausreichend ist, wenn der Antrag auf internationalen Schutz nur im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, nicht jedoch im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen wurde.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Feststellungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L511.2159829.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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