TE OGH 2018/11/26 14R135/18b

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Curd Steinhauer als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Elisabeth Bartholner und den Richter Mag. Wilhelm Wessely in den verbundenen Rechtssachen

I. (30 Cg 25/10g) der klagenden Parteien 1. A***** G***** und 2. L***** G*****, beide *****, vertreten durch die Kristandl Rechtsanwalt GmbH in Graz,

II. (30 Cg 27/10a) der klagenden Parteien 3. Robert W***** und 4. B***** W*****, beide *****, vertreten durch Dr. G***** M*****, Rechtsanwalt in Klagenfurt,

III. (30 Cg 23/11i) der klagenden Parteien 5. Ing. P***** M*****, *****, und 6. R***** K*****, *****, beide vertreten durch Dr. Erich Holzinger, Rechtsanwalt in Liezen,

IV. (30 Cg 26/10d; ruhendes Verfahren) der klagenden Partei W***** K*****, *****, vertreten durch Dr. Ing. Andreas Pascher, Rechtsanwalt in Wien,

und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Parteien R***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien,

jeweils wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. E***** GmbH, 2. ***** Dr. D***** W***** und 3. Mag. E***** W*****, alle *****, vertreten durch die Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, 4. B***** GmbH und 5. ***** Dr. H***** B*****, beide *****, vertreten durch Dr. Hans Stöger, Rechtsanwalt in Wien, 6. E***** GmbH, *****, 7. Mag. J***** E*****, *****, 8. Mag. D***** S*****, *****, und 9. Dkfm. M***** P*****, *****, 6. - 9. vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen

I. EUR 38.743,59 samt Anhang,

II. EUR 828.373,55 samt Anhang,

III. EUR 262.832,83 samt Anhang und EUR 44.372,76 samt Anhang,

IV. EUR 72.869,71 samt Anhang,

hier nur wegen Akteneinsicht, über den Rekurs des L***** H*****, *****, vertreten durch die Frimmel Anetter Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10.9.2018, 30 Cg 27/10a-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien W***** K*****, A***** G***** und L***** G***** haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortungen jeweils selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Prozesse I. - IV. wurden vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei ursprünglich der Prozess 30 Cg 26/10d (= W***** K***** gegen die Republik Österreich) als „führendes“ Verfahren bestimmt wurde. Im Verlauf der gemeinsamen Verhandlungsführung trat sodann im Prozess 30 Cg 26/10d Ruhen des Verfahrens ein, weshalb ab diesem Zeitpunkt der Prozess 30 Cg 25/10g (= A***** G***** und L***** G***** gegen die Republik Österreich) zum nunmehr „führenden“ Verfahren bestimmt wurde.

Sämtliche Kläger machten inhaltlich Schadenersatzansprüche gegen die Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung wegen Geldveranlagungen in AvW-Genussscheine geltend. All diese Schadenersatzansprüche wurden letztlich – bestätigt durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 10.2.2017, 1 Ob 73/16s – rechtskräftig abgewiesen.

Mit Antrag vom 2.5.2018 (ON 8 in 30 Cg 27/10a [= R***** W***** und B***** W***** gegen die Republik Österreich]) beantragte L***** H***** (in weiterer Folge: „Antragsteller“) beim Erstgericht die Akteneinsicht in „das Verfahren 30 Cg 27/10a (30 Cg 26/10d)“. Er führte dazu im Wesentlichen aus, ihm seien sämtliche Forderungen aus dem Titel des Schadenersatzes gegen die Republik Österreich, welche Gegenstand der zivilrechtlichen Verfahren zu „30 Cg 27/10a (30 Cg 26/10d)“ gewesen seien, zum Inkasso abgetreten worden. Er habe daher ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht, die zur Durchsetzung seiner rechtlichen Interessen erforderlich sei. Seinem Antrag schloss er Kopien einer „Abtretungserklärung“ der Kläger R***** W***** und B***** W***** vom 5.3. bzw. 6.3.2018 und eines „Kaufvertrags“ mit diesen Klägern vom 5.3.2018 an.

Mit Beschluss vom 7.6.2018 (ON 9) erteilte das Erstgericht dem Antragsteller den Auftrag, darzulegen, weshalb eine Akteneinsicht zur Durchsetzung seiner rechtlichen Interessen erforderlich sei.

Im Schriftsatz vom 26.6.2018 (ON 10) äußerte der Antragsteller daraufhin zusammengefasst im Wesentlichen, ihm seien die Forderungen der B***** W***** und des R***** W***** aus dem Titel des Schadenersatzes gegen die Republik Österreich, die Gegenstand der zivilrechtlichen Verfahren 30 Cg 27/10a (30 Cg 26/10d) gewesen seien, zum Inkasso abgetreten worden. Er habe aufgrund des bestehenden Abtretungsvertrags ein rechtliches Interesse an der Geltendmachung dieser Forderungen. Im Sinne dieses Abtretungsvertrags habe er sämtliche möglichen Rechtsmittel zur Durchsetzung des Anspruchs auf Schadenersatz zu ergreifen. Die Einsichtnahme und die Kenntnis des Verfahrensakts seien notwendig, um inzwischen neu hervorgekommene Tatsachen bzw Beweismittel identifizieren und eine Wiederaufnahmsklage einbringen zu können, bzw um eine Klage bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts wegen Verletzung verfassungsgesetzlicher Bestimmungen oder unionsrechtlicher Vorgaben geltend zu machen. Außerdem habe der damalige Rechtsvertreter ***** trotz mehrmaliger Urgenzen den Verfahrensparteien und dem Antragsteller keine vollständige Einsicht in den zu 30 Cg 27/10a (30 Cg 26/10d) geführten Verfahrensakt gewährt. Daher sei die Akteneinsicht auch erforderlich, um allfällige Haftungsansprüche geltend zu machen.

Das Erstgericht übermittelte mit Beschluss vom 9.7.2018 (ON 11) sämtlichen Klägern aller verbundenen Verfahren sowie der Republik Österreich die Schriftsätze ON 8 und ON 10 des Antragstellers zur Äußerung, ob sie der beantragten Akteneinsicht zustimmten; eine Versagung der Zustimmung sei zu begründen (ON 11).

Die Kläger Ing. P***** M***** (5.) und R***** K***** (6.) hatten in einem bereits am 17.7.2017 zu 30 Cg 25/10g eingebrachten Schriftsatz (bei ON 12) erklärt, für den Fall, dass Dritte an das Gericht mit der Bitte um Einsicht in den gegenständlichen Akt heranträten, werde jegliche derartige Einsicht und/oder Herausgabe von Unterlagen untersagt; diese Erklärung werde auch auf die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes gestützt. Weiters erklärten sie in einem Schriftsatz vom 2.7.2018 (bei ON 12) zu 30 Cg 25/10g zusammengefasst im Wesentlichen, der Klagevertreter spreche sich erneut ausdrücklich gegen eine derartige Einsicht und/oder Herausgabe von Unterlagen aus, wobei diese Erklärung auch auf die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes und der Datenschutznormen gestützt werde. In einem weiteren Schriftsatz vom 11.7.2018 (ON 13) zu 30 Cg 25/10g erklärten sie schließlich, sie hielten ihre Ausführungen aufrecht. Die Vorgangsweise des Antragstellers sei analog zum verpönten „Erkundungsbeweis“. Das Verfahren sei von den Klägern und ihrem Rechtsvertreter umfangreich durch Ausführungen und Vorbringen geführt worden. Dieses Vorbringen sei auch urheberrechtlich geschützt. Durch die begehrte Akteneinsicht würden die Rechte der Kläger Ing. P***** M***** und R***** K***** massiv beeinträchtigt werden. Sie sprächen sich erneut ausdrücklich gegen eine Akteneinsicht des L***** H*****, dessen Rechtsvertretung sowie sonstiger wie immer gearteter Dritter aus.

Mit Schriftsatz vom 16.7.2018 (ON 14) erklärten die Kläger A***** G***** und L***** G***** im Wesentlichen, sie seien mit einer Akteneinsicht des Antragstellers keinesfalls einverstanden. Sie hätten im gegenständlichen Rechtsstreit ihre Ansprüche auf eigene Gefahr, Kosten und Risiko gerichtlich klären lassen. Der Antragsteller sei dieses Risiko offensichtlich nicht fristgerecht eingegangen, sodass bei ihm kein wie immer geartetes rechtliches Interesse vorliegen könne. Sie hätten umfangreich recherchiert und entsprechendes sachliches und rechtliches Vorbringen erstattet. Dieses Vorbringen sei urheberrechtlich geschützt, und es werde von den Klägern und vom Klagevertreter keine Genehmigung erteilt, die jeweiligen Schriftsätze und ihr Vorbringen an Dritte weiterzugeben. Im Amtshaftungsverfahren seien persönliche Daten der Kläger wie Bank- und Investitionsdaten und anderes mehr im Vertrauen auf die Verschwiegenheitsverpflichtung der Parteienvertreter und des Gerichts dargestellt worden. Einer Preisgabe dieser persönlichen und schutzwürdigen Daten werde nicht zugestimmt. Es handle sich offensichtlich um Erkundungsbeweise des Antragstellers, für die keine rechtliche Grundlage erkennbar sei. Die Richtigkeit der vorgelegten Verträge werde bestritten (ON 14).

Mit Schriftsatz vom 3.8.2018 (ON 239 inneliegend 30 Cg 26/10d) erklärte der Kläger W***** K***** im Wesentlichen, im Hinblick auf ihn habe der Antragsteller kein rechtliches Interesse an einer Akteneinsicht, dasselbe gelte auch für Haftungsansprüche gegen den Rechtsanwalt Dr. M*****; offensichtlich solle hier bloß eine Informationsbeschaffung des Antragstellers für mediale Auftritte und crowdfunding – Aktivitäten stattfinden. Dem Antrag möge daher nicht stattgegeben werden.

Die Beklagte äußerte mit Schriftsatz vom 19.7.2018 (ON 15), sie trete dem Antrag des Antragstellers nicht entgegen.

Die Kläger R***** W***** und B***** W***** erklärten mit Schriftsatz vom 7.8.2018 (ON 16), sie träten dem Antrag des Antragstellers nicht entgegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 17) wies das Erstgericht den Antrag ab. Begründend führte es im Wesentlichen aus, aufgrund der frühen Verbindung der Verfahren seien auch alle Parteien der verbundenen Verfahren vom Antrag auf Akteneinsicht betroffen, weshalb alle Parteien der verbundenen Verfahren nach ihrer Zustimmung zu befragen gewesen seien. Lediglich R***** W***** und B***** W***** sowie die Beklagte seien dem Antrag auf Akteneinsicht nicht entgegengetreten; W***** K*****, A***** G*****, L***** G*****, Ing. P***** M***** und R***** K***** hingegen schon.

Das Recht auf Akteneinsicht sei nach § 219 ZPO zu beurteilen: Fehle die Zustimmung der Parteien, so stehe einem Dritten die Akteneinsicht nur insoweit zu, als er ein rechtliches Interesse glaubhaft mache. Einzelrechtsnachfolgern wie etwa Zessionaren werde von der Rechtsprechung die Klagslegitimation für Rechtsmittelklagen versagt. Aktiv und passiv klagslegitimiert seien für Rechtsmittelklagen nur die Parteien des Vorprozesses, deren Gesamtrechtsnachfolger und die Nebenintervenienten. Schon nach den Behauptungen des Antragstellers fehle ihm daher ein rechtliches Interesse, weil ohne seine Aktivlegitimation (zur Einbringung der beabsichtigten Wiederaufnahmsklage, Anmerkung des Rekursgerichts) bei ihm kein rechtliches Interesse an einer Akteneinsicht bestehen könne.

Soweit der Antragsteller die Akteneinsicht zur Erhebung einer Klage bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts und/oder zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen frühere Rechtsvertreter (der Kläger, Anmerkung des Rekursgerichts) begehre, beziehe sich der Abtretungsvertrag nicht auf solche Ansprüche: Auch unter diesem Gesichtspunkt fehle dem Antragsteller das rechtliche Interesse an einer Akteneinsicht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, ihm die Akteneinsicht zu bewilligen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger A***** G***** und L***** G***** (30 Cg 25/10g) sowie W***** K***** (30 Cg 26/10d) beantragen in ihren Rekursbeantwortungen (ON 20, 21), dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Nach § 219 Abs 1 ZPO können die Parteien in sämtliche ihre Rechtssache betreffenden, bei Gericht befindlichen Akten (Prozessakten) – mit hier nicht interessierenden Ausnahmen – Einsicht nehmen.

Gemäß § 219 Abs 2 ZPO können mit Zustimmung „beider“ Parteien – was richtigerweise als mit Zustimmung „aller“ (!) Parteien zu verstehen ist (vgl Rassi in Fasching/Konecny3 § 219 ZPO Rz 41 mwN) – auch dritte Personen Einsicht in die Gerichtsakten nehmen, soweit dem nicht überwiegende berechtigte Interessen eines anderen oder überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des Art 23 Abs 1 DSGVO entgegenstehen. Fehlt eine solche Zustimmung, so steht einem Dritten die Einsicht und Abschriftnahme überdies nur insoweit zu, als er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

Will im Zivilprozess also ein Dritter Akteneinsicht nehmen, so ist zunächst entweder die Zustimmung aller Parteien oder ein rechtliches Interesse des Dritten erforderlich; ist beides zu verneinen, ist die Akteneinsicht zu verweigern (Rassi aaO § 219 ZPO Rz 34). Bei der Auslegung des Begriffs der „Partei“ iSd § 219 Abs 1 ZPO ist auf das jeweilige Verfahren abzustellen (Rassi aaO § 219 ZPO Rz 13).

1.2. Für den hier vorliegenden Fall mehrerer miteinander zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundener - bzw verbunden gewesener - Verfahren ist somit festzuhalten, dass unter „alle Parteien“ eben nicht bloß die Parteien – insbesondere die Kläger – des jeweiligen nominellen Einzelverfahrens zu verstehen sind, sondern vielmehr (auch) sämtliche Kläger sämtlicher miteinander verbundener Verfahren, zumal durch die Verfahrensverbindung eine untrennbare inhaltliche Einheit dieser Verfahren hergestellt wurde. Wenn das Erstgericht dies auch nicht explizit ausgeführt, sondern bloß stillschweigend vorausgesetzt hat, und der Rekurs dieses Thema auch nicht aufgreift, ist trotzdem verdeutlichend festzuhalten, dass das Rekursgericht es als richtig erachtet, in den Begriff „alle Parteien des Verfahrens“ iSd § 219 Abs 2 ZPO bei verbundenen Verfahren sämtliche Kläger und Beklagten aller miteinander verbundenen Verfahren einzubeziehen.

Daraus folgt allerdings, dass im vorliegenden Fall jene Konstellation vorliegt, in der eine „Zustimmung aller Parteien“ fehlt - zumal eben nur die Beklagte, R***** W***** und B***** W***** der Akteneinsicht des Antragstellers zugestimmt haben.

2.1.1. Zur Dartuung seines rechtlichen Interesses macht der Antragsteller geltend, das Erstgericht hätte sehr wohl davon ausgehen müssen, dass ihm als (Inkasso-)Zessionar die Aktivlegitimation für eine Wiederaufnahmsklage nach § 530 ZPO zukomme.

2.1.2. Diese Ansicht ist unzutreffend:

Nach der eindeutigen – und zuletzt in der Entscheidung 7 Ob 62/17v unter Ablehnung der von der Lehre vertretenen gegenteiligen Position – ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspricht die Klagslegitimation für die Wiederaufnahmsklage nach § 530 ZPO vollständig der Rechtsmittellegitimation im Vorverfahren; es sind daher ausschließlich die Parteien des Vorverfahrens oder deren Gesamtrechtsnachfolger, nicht jedoch deren Einzelrechtsnachfolger wie etwa Zessionare, sowohl aktiv als auch passiv legitimiert (7 Ob 62/17v, RIS-Justiz RS0032968; Kodek in Rechberger ZPO4 Vor § 529 ZPO Rz 3 mwN).

2.1.3. Da der Antragsteller als Einzelrechtsnachfolger der Kläger R***** W und B***** W***** also auf Basis dieser Rechtslage ohnehin keine aktive Klagslegitimation für eine Wiederaufnahmsklage in Ansehung der im Vorverfahren von diesen (erfolglos) geltend gemachten (Schadenersatz-)Ansprüche hätte, fehlt ihm im Ergebnis auch ein rechtliches Interesse iSd § 219 Abs 2 ZPO an eine Akteneinsicht in die Akten dieses Vorverfahrens: Ein „rechtliches Interesse“ nach § 219 Abs 2 ZPO liegt nach der Rechtsprechung nämlich nur dann vor, wenn das Interesse in der Rechtsordnung begründet und von ihr gebilligt ist (2 Ob 9/17p mwN). Dieses Kriterium ist bei einer von vornherein fehlenden aktiven Klagslegitimation für die beabsichtigte Klage (hier: Wiederaufnahmsklage) eindeutig nicht erfüllt, wie auch das Erstgericht zutreffend erkannt hat.

Auf die übrigen vom Rekurs ins Treffen geführten Argumente, warum dennoch ein rechtliches Interesse des Antragstellers iSd § 219 Abs 2 ZPO zu bejahen sei (Rekurs Seite 4), kommt es daher nicht mehr an: Es ist rechtlich bedeutungslos, ob die von den übrigen Klägern ***** - vorgebrachten Begründungen ihrer jeweiligen Ablehnung der Akteneinsicht, nämlich, der Antragsteller beabsichtige einen „bloßen Erkundungsbeweis“ und im Prozessakt befänden sich zugunsten der Rechtsanwälte und/oder der Parteien urheberrechtlich geschützte Aktenbestandteile (Schriftsätze, etc), rechtlich stichhältig wären oder nicht.

2.2. Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass auch keine beabsichtigten Klagen vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts und/oder wegen gegen den Rechtsvertreter der Kläger R***** W***** und B***** W***** gerichteten Schadenersatzansprüchen wegen Schlechtvertretung ein „rechtliches Interesse“ des Antragstellers iSd § 219 Abs 2 ZPO begründen könnten: Derartige Ansprüche waren nämlich gar nicht Gegenstand der Zession an den Antragsteller.

2.3. Festzuhalten ist daher, dass dem Antragsteller kein „rechtliches Interesse“ nach § 219 Abs 1 ZPO zukommt.

3. Da also sowohl die „Zustimmung aller Parteien“ als auch ein rechtliches Interesse des Antragstellers fehlen, ist dem Antragsteller die Akteneinsicht nach § 219 ZPO zu verweigern. Das Erstgericht hat den Antrag ON 8 daher zu Recht abgewiesen.

Dem unberechtigten Rekurs war ein Erfolg zu versagen.

Durch einen nicht am Verfahren beteiligten Dritten findet kein Kostenersatz nach der ZPO statt.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Textnummer

EW0000943

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2018:01400R00135.18B.1126.000

Im RIS seit

20.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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