TE OGH 2018/9/25 2Ob54/18g

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem ***** 2009 verstorbenen I***** S*****, über den Revisionsrekurs der B***** D*****, vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2017, GZ 45 R 477/17f-135, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 27. Dezember 2016, GZ 6 A 55/09i-117, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin ist schuldig, der Republik Österreich die mit 1.503,80 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem ***** 2009 verstorbenen I***** S***** gaben E***** D***** und E***** S***** als dessen Nichten am 26. 8. 2014 jeweils bedingte Erbantrittserklärungen unter Vorbehalt der Quote ab. Weiters gab der vom Erstgericht bestellte Abwesenheitskurator für die Nichte H***** P*****, die Neffen A***** M*****, H***** S*****, D***** S***** und V***** S***** sowie den Bruder des Erblassers, S***** S*****, am 30. 6. 2015 jeweils bedingte Erbantrittserklärungen aufgrund des Gesetzes ohne Nennung einer Quote ab. Er ersuchte um Benennung der jeweiligen Erbquote durch den Gerichtskommissär. In allen Fällen lagen bis zu diesem Zeitpunkt nach Ansicht des Gerichtskommissärs keine das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser ausreichend belegenden Standesurkunden vor. Die vom Erstgericht hiervon in Kenntnis gesetzte Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, beantragte am 3. 3. 2016, das Verlassenschaftsgericht möge den Nachlass für erblos erklären, und verwies dazu auf das Fehlen qualifizierter Urkunden zum Nachweis der behaupteten Erbrechtskette. Der Einigungsversuch vor dem Gerichtskommissär am 14. 9. 2016 scheiterte. Unter Hinweis darauf übermittelte der Gerichtskommissär den Akt dem Erstgericht.

Mit Beschluss vom 10. 10. 2016 hielt das Erstgericht fest, dass einander widersprechende Erbantrittserklärungen vorlägen und forderte die bisherigen Erbansprecher sowie die Finanzprokuratur auf, allfälliges Vorbringen und Beweisanbote zu erstatten.

Mit Schriftsatz vom 4. 11. 2016 gab auch die Schwester des Erblassers und nunmehrige Rechtsmittelwerberin, B***** D*****, aufgrund des Gesetzes die bedingte Erbantrittserklärung unter Vorbehalt der Quote ab. Ihrer Eingabe ist weiters zu entnehmen, dass sie die Erbberechtigung der bisher erbantrittserklärten Nichten und Neffen nicht bestreitet. Der Bruder S***** S***** sei vorverstorben, es seien keine Nachkommen bekannt. Die Einschreiterin ersuche um Entscheidung über das bessere Erbrecht.

Mit Beschluss vom 8. 11. 2016 trug das Erstgericht auch der Schwester unter Hinweis auf einander widersprechende Erbantrittserklärungen auf, allfälliges Vorbringen und Beweisanbote zu erstatten. Nachdem diese mit Schriftsatz vom 1. 12. 2016 Urkunden zum Nachweis ihrer Verwandtschaft mit dem Erblasser vorgelegt hatte, zog die Finanzprokuratur namens der Republik Österreich am 12. 12. 2016 den Antrag auf Erbloserklärung zurück.

Mit Beschluss vom 27. 12. 2016 nahm das Erstgericht die Erklärung der Republik Österreich, den Antrag auf Erbloserklärung zurückzuziehen, zur Kenntnis und sprach aus, dass das Verfahren über widerstreitende Erbantrittserklärungen damit beendet sei.

Den dagegen gerichteten Rekurs der Schwester wies das Rekursgericht, soweit er sich gegen die Kenntnisnahme der Erklärung der Republik Österreich richtete, zurück. Im Übrigen gab es dem Rekurs Folge und hob den Ausspruch, dass das Verfahren über widerstreitende Erbantrittserklärungen beendet sei, ersatzlos auf. Es trug dem Erstgericht eine Entscheidung über die abgegebenen Erbantrittserklärungen sowie über die im Verfahren verzeichneten Kosten auf. Nach Ansicht des Rekursgerichts sei der Ausspruch des Gerichts, eine Erklärung zur Kenntnis zu nehmen, keine anfechtbare Entscheidung, weil er keine Rechtsfolgen nach sich ziehe. Gebe die Finanzprokuratur eine Erklärung gemäß § 184 Abs 1 AußStrG neben einander nicht widerstreitenden Erbantrittserklärungen ab, müsse der Gerichtskommissär gemäß § 160 AußStrG auf eine Einigung hinwirken. Die Rekurswerberin sei den von der Finanzprokuratur geforderten Aufklärungen durch die Vorlage von Urkunden nachgekommen. Ein Verfahren über widerstreitende Erbantrittserklärungen sei nicht begonnen worden.

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 30.000 EUR. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es zu, weil zur Frage, inwieweit eine neben nicht widerstreitenden Erbantrittserklärungen abgegebene Erklärung der Finanzprokuratur gemäß § 184 Abs 1 AußStrG einen Erbrechtsstreit iSd §§ 161 ff AußStrG begründe, höchstgerichtliche Judikatur nicht existiere.

In ihrem dagegen gerichteten Revisionsrekurs beantragt die Schwester, auszusprechen, dass seit der Eingabe der Republik Österreich vom 3. 3. 2016 ein Erbrechtsstreit vorgelegen sei und dem Erstgericht eine Entscheidung über die abgegebenen Erklärungen sowie die verzeichneten Kosten aufzutragen.

Die Finanzprokuratur beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Aufgrund des Todeszeitpunkts des Erblassers ist noch die Rechtslage vor Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) maßgeblich (§ 1503 Abs 7 Z 2 ABGB, § 207k Abs 3 AußStrG).

2. Gemäß § 184 Abs 1 AußStrG idF vor dem ErbRÄG 2015 ist eine erblos (§ 760 ABGB) verbliebene Verlassenschaft auf Antrag der Finanzprokuratur nach Ablauf der nach § 157 Abs 2 AußStrG gesetzten Frist und Errichtung des Inventars der Republik Österreich zu übergeben.

Stehen Erbantrittserklärungen im Widerspruch zu einander oder zu einer Erklärung der Finanzprokuratur (§ 184 AußStrG), so hat der Gerichtskommissär gemäß § 160 AußStrG darauf hinzuwirken, dass das Erbrecht zwischen den Parteien anerkannt wird; gelingt dies nicht, so hat er den Akt dem Gericht vorzulegen.

3. Wie die Finanzprokuratur in der Revisionsrekursbeantwortung selbst noch einmal klarstellt, ist ihr Antrag vom 3. 3. 2016 als Erklärung iSd § 184 Abs 1 AußStrG zu verstehen. Dass diese Erklärung, die sich erkennbar auf den gesamten Nachlass bezog, zu den übrigen abgegebenen Erbantrittserklärungen in Widerspruch stand, liegt auf der Hand und wird von den Parteien auch nicht bezweifelt.

4. Das Rekursgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass der Antrag der Finanzprokuratur, eine erblos verbliebene Verlassenschaft der Republik Österreich zu übergeben (§ 184 Abs 1 AußStrG), keine Erbantrittserklärung ist (5 Ob 116/12p; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 184 Rz 1; Welser in Rummel/Lukas4 § 760 Rz 2). Allerdings regelt § 160 AußStrG, dass auch dann, wenn Erbantrittserklärungen im Widerspruch zu einer Erklärung der Finanzprokuratur (§ 184 AußStrG) stehen, der Gerichtskommissär auf ein Anerkenntnis des Erbrechts zwischen den Parteien hinzuwirken hat; gelingt dies nicht, so hat er den Akt dem Gericht vorzulegen, das iSd §§ 161 ff AußStrG vorzugehen hat. Es kann daher auch eine den Erbantrittserklärungen widersprechende Erklärung der Finanzprokuratur das Verfahren über das Erbrecht auslösen (vgl 1 Ob 124/10g; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 161 Rz 10; Fritsch in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 278; Eccher in Schwimann/Kodek4 § 760 ABGB Rz 3). Ein verfahrenseinleitender Antrag eines Erbansprechers oder der Finanzprokuratur ist nicht erforderlich (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 10 f; vgl Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 185 Rz 6).

Zutreffend weist daher die Revisionsrekurswerberin darauf hin, dass – jedenfalls aufgrund der widerstreitenden Erklärung der Finanzprokuratur   – ein Verfahren über das Erbrecht iSd §§ 161 ff AußStrG eingeleitet worden ist. Dies wird auch in der Revisionsrekursbeantwortung grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

5. Mit dem Verfahren über das Erbrecht wird seit der Einführung des AußStrG 2003 im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens – zumindest im Regelfall – in einem einzigen Mehrparteienverfahren das beste Erbrecht festgestellt (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 4). Die Entscheidung ist mit ihren beiden Bestandteilen (Feststellung des Erbrechts und Abweisung der übrigen Erbantrittserklärungen) als eine einheitliche Entscheidung über alle bis dahin abgegebenen Erbantrittserklärungen konzipiert (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 28). Parteien des Verfahrens über das Erbrecht sind alle Erbprätendenten, die eine Erbantrittserklärung abgegeben haben (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 16) sowie bei Widerspruch zwischen Erbantrittsklärungen und einer Erklärung der Finanzprokuratur nach § 184 AußStrG auch die Republik Österreich (vgl 1 Ob 124/10g; Sailer, in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 184 Rz 13). Mögliche Erbprätendenten, welche die vom Gerichtskommissär gemäß § 157 Abs 2 AußStrG gesetzte Frist versäumt haben, sind iSd § 157 Abs 3 AußStrG in ein zwischenzeitig eingeleitetes Verfahren über das Erbrecht einzubeziehen, sobald sie ihre positiven Erbantrittserklärungen nachgeholt haben (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 16; Schilchegger/Kieber, Verlassenschaftsverfahren2 156). Ein nochmaliger Einigungsversuch durch den Gerichtskommissär iSd § 160 AußStrG ist nur erforderlich, wenn eine Partei erst nach Feststellung des Erbrechts, aber bevor das Gericht an den Beschluss über die Einantwortung gebunden ist, eine Erbantrittserklärung abgibt (§ 164 AußStrG).

Auch die Revisionsrekurswerberin, die ihre Erbantrittserklärung erst zu einem Zeitpunkt abgegeben hat, nachdem der Gerichtskommissär den Akt dem Gericht zur Entscheidung über das Erbrecht iSd §§ 161 ff AußStrG vorgelegt hatte, ist mit Abgabe ihrer positiven Erbantrittserklärung (weitere) Partei des Erbrechtsstreits geworden.

6. Eine Erbantrittserklärung ist nach § 806 ABGB unwiderruflich, was vor allem mit ihrer unmittelbaren materiell-rechtlichen Bedeutung für die Gesamtrechtsnachfolge begründet wird (6 Ob 699/86). Auch das Außerstreitgesetz sieht keine Ausnahmevorschriften für den Widerruf einer bestrittenen Erbantrittserklärung vor, weil der gleiche Effekt durch die Anerkennung des Erbrechts (§ 160 AußStrG) eines Erbantrittserklärenden durch die anderen, ebenso wie durch eine wechselseitige Anerkennung möglich ist (ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 104; Fucik/Mondel, Verlassenschaftsverfahren2 Rz 314).

6.1 Wenn kein zur Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut dem Staat anheim (§ 760 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015). Das Heimfallsrecht des Staats ist kein Erbrecht, sondern ein Aneignungsrecht spezifischer Art mit der Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge (RIS-Justiz RS0008104; 2 Ob 58/17v). Dem Fiskus steht es frei, ob er davon Gebrauch machen will (RIS-Justiz RS0008111). Da der Fiskus nicht Erbe wird, wird ihm auch nicht eingeantwortet, stattdessen kommt es zur Übergabe nach § 184 Abs 1 AußStrG. Anders als der Rechtserwerb von Erben (§ 797 Abs 2 ABGB) setzt jener der Republik Österreich nach § 760 ABGB keine Erbantrittserklärung voraus. An deren Stelle tritt seit der Einführung des AußStrG 2003 der Antrag auf Übergabe der Verlassenschaft nach § 184 Abs 1 AußStrG (Sailer in Gitschthaler/Höllwerth § 184 Rz 1 mwN), der vergleichbare Wirkungen hat (Eccher in Schwimann/Kodek4 § 760 ABGB Rz 3).

6.2 Aus der Qualifikation des Heimfallsrechts als „erbrechtsähnliches“ Recht folgert die herrschende Ansicht, dass die – spärlichen – gesetzlichen Regeln durch eine sinngemäße Anwendung der erbrechtlichen Vorschriften zu ergänzen sind (5 Ob 116/12p mwN; Kralik, Erbrecht3 85), sofern sich nicht aus dem Zweck des Heimfallsrechts anderes ergibt (Fritsch in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 276 mwN; vgl Kralik, Erbrecht³ 86).

6.2.1 Das Heimfallsrecht wird als ultima ratio angesehen, wenn alle anderen Berufungsgründe versagen (2 Ob 58/17v). Es hat den Zweck, dass nachgelassenes Vermögen nicht herrenlos wird (RIS-Justiz RS0008104; 2 Ob 58/17v; Kralik, Erbrecht³ 86). Daher ist im Verlassenschaftsverfahren vor Übergabe einer Verlassenschaft an den Staat der Versuch zu unternehmen, mögliche Erben zu ermitteln (§ 158 AußStrG; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 184 Rz 6). Gemäß § 184 Abs 3 AußStrG (auch in der insoweit unveränderten Fassung des ErbRÄG 2015) ist vor Fassung eines Übergabebeschlusses an die Republik Österreich das Inventar jenen Personen zuzustellen, die zur Abgabe einer Erbantrittserklärung aufgefordert worden waren, aber nur einen Antrag auf Zustellung des Inventars gestellt hatten. Dadurch soll ihnen ermöglicht werden, allenfalls doch noch eine Erbantrittserklärung abzugeben (Sailer in Gitschthaler/Höllwerth § 184 Rz 7 und Rz 11; Fucik/Mondel, Verlassenschaftsverfahren2 Rz 493).

6.2.2 Eine sinngemäße Anwendung des § 806 ABGB über die Unwiderruflichkeit der Erbantrittserklärung auf den Antrag der Finanzprokuratur nach § 184 Abs 1 AußStrG entspräche dem Zweck des Heimfallsrechts als dem Staat eingeräumte Möglichkeit, eine Herrenlosigkeit des Nachlasses zu vermeiden, nicht. Dadurch würde überdies der – gesetzlich erwünschte (Punkt 6.2.1) – Erbschaftserwerb durch andere zur Erbfolge Berechtigte erschwert, weil auch in den Fällen, in denen Erbantrittserklärungen nach Antragstellung durch die Finanzprokuratur abgegeben werden und diese das Erbrecht nicht bestreiten will, regelmäßig ein Anerkenntnis des Erbrechts durch die Finanzprokuratur und eine Beschlussfassung des Verlassenschaftsgerichts über das Erbrecht (dazu Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 160 Rz 19 ff) erforderlich wäre. Aufgrund des subsidiären Charakters des Heimfallsrechts bleibt die Zurückziehung eines Antrags nach § 184 Abs 1 AußStrG auch ohne materiell-rechtliche Bedeutung für die Gesamtrechtsnachfolge anderer zur Erbfolge Berechtigter.

Die Finanzprokuratur konnte ihren Antrag vom 3. 3. 2016 daher wirksam zurückziehen (vgl § 11 AußStrG).

7. Zwischen den von den gesetzlichen Erben jeweils ohne Nennung einer Quote abgegebenen Erbantrittserklärungen (vgl § 159 Abs 2 AußStrG) wird zwar regelmäßig kein echter Widerspruch bestehen, weil in der Regel das andere Erbrecht nicht bestritten wird (5 Ob 167/14s [„schlichtes Quotenproblem“]; Fucik/Mondel, Verlassen-schaftsverfahren2 Rz 312). Im vorliegenden Fall hat die Revisionsrekurswerberin aber in ihrer Erbantrittserklärung das Erbrecht der anderen erbantrittserklärten Verwandten lediglich anerkannt, „soferne diese den Erbanfall erlebt haben“ und darauf hingewiesen, dass der erbantrittserklärte Bruder S***** S***** ohne bekannte Nachkommen vorverstorben sei. Nach der Aktenlage liegen daher derzeit keine gänzlich widerspruchsfreien Erbantrittserklärungen (dazu Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 160 Rz 10) vor.

8. Aus § 11 AußStrG ergibt sich allerdings, dass ein beschlussmäßiger Ausspruch der ersten Instanz, mit dem das Verfahren aufgrund der Zurücknahme des Antrags für beendet erklärt wird, lediglich in jenen Verfahren erfolgen kann, die nur auf Antrag eingeleitet werden können (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 11 Rz 48 und Rz 54 ff). Ein dahingehender Beschluss ist zwar auch in diesen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehen, aber aus Gründen der Rechtssicherheit ratsam. Er ist deklarativ, aber anfechtbar und der Rechtskraft fähig (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth § 11 Rz 48; zum Streitverfahren: 9 ObA 23/08k; 4 Ob 173/08g; RIS-Justiz RS0039796; Lovrek in Fasching/Konecny³ § 237 ZPO Rz 38 f).

8.1 Die Übergabe eines erblosen Nachlasses an den Staat setzt zwar einen entsprechenden Antrag der Finanzprokuratur als Vertreterin der Republik Österreich voraus (Sailer in Gitschthaler/Höllwerth § 184 Rz 12). Dieser hat jedoch keine verfahrenseinleitende Wirkung für das Verfahren über das Erbrecht nach den §§ 161 ff AußStrG. Ein solches Verfahren ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vielmehr von Amts wegen (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 161 Rz 12) als Teil des Verlassenschaftsverfahrens durchzuführen (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth § 160 Rz 5). Die Entscheidung über das Erbrecht kann gemäß § 161 Abs 1 Satz 2 AußStrG mit gesondertem Beschluss oder zusammen mit dem Einantwortungsbeschluss erfolgen.

8.2 Die Fassung eines Beschlusses durch das Erstgericht, mit dem das Verfahren über widerstreitende Erbantrittserklärungen für beendet erklärt wird, kam daher nicht in Betracht. Im Ergebnis zutreffend hat ihn daher das Rekursgericht in diesem Punkt ersatzlos behoben.

9. Gegen die Ansicht des Rekursgerichts, die bloße Erklärung des Erstgerichts, die Zurückziehung zur Kenntnis zu nehmen, sei keine anfechtbare Entscheidung, weil sie keine Rechtsfolgen nach sich ziehe (dazu Kodek in Gitschthaler/Höllwerth § 11 Rz 48), wendet sich die Revisionsrekurswerberin nicht, sodass darauf nicht einzugehen ist.

10. Wie das Rekursgericht ebenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt hat, entbindet die Zurückziehung der Erklärung der Finanzprokuratur das Erstgericht nicht davon, eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über das Erbrecht zu treffen. Dass für den Kostenersatz gemäß § 185 AußStrG die Regelung des § 78 AußStrG anzuwenden ist (Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth § 185 Rz 2), wird von den Parteien nicht in Frage gestellt. Bis zur Zurücknahme ihres Antrags war die Republik Österreich Partei (auch) des Verfahrens über das Erbrecht.

11. Dem Revisionsrekurs ist daher im Ergebnis nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 185, 78 Abs 1 AußStrG. Die Klärung der Frage nach einer Beendigung des Verfahrens erfolgte in einem selbständigen Zwischenstreit (vgl 4 Ob 181/07g).

Textnummer

E123479

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00054.18G.0925.000

Im RIS seit

16.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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