TE Vwgh Beschluss 2018/11/13 Ko 2018/03/0004

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Veröffentlicht am 13.11.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs1 Z3;
B-VG Art133 Abs9;
B-VG Art78a;
SPG 1991 §4;
VerfGG 1953 §43;
VwGG §30a Abs1;
VwGG §30a Abs8;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §58 Abs2 idF 2013/I/033;
VwGG §58 Abs2;
VwGG §71;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den als "Anzeige eines Kompetenzkonfliktes gemäß § 71 VwGG iVm § 43 Absatz 3 VfGG" bezeichneten Schriftsatz vom 24. Oktober 2018 des Mag. A L, emeritierter Rechtsanwalt, in D, den Beschluss gefasst:

Spruch

Aus Anlass der genannten Anzeige wird ein Verfahren zur Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes nicht eingeleitet.

Begründung

1 A. In der Anzeige wird angenommen, dass zwischen dem Bundesverwaltungsgericht einerseits und dem Verwaltungsgerichtshof andererseits hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 13. September 2018 gestellten Fristsetzungsantrages betreffend eine Beschwerde des Einschreiters vom 4. August 2017 wegen eines sicherheitspolizeilichen Betretungsverbotes ein bejahender Kompetenzkonflikt vorliege. Einerseits habe das Verwaltungsgericht den Fristsetzungsantrag dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt (dort eingetroffen am 1. Oktober 2018), der dem Einschreiter in der Folge zur Zahl Fr 2018/01/0029 einen Mängelbehebungsauftrag erteilt habe, andererseits habe das Verwaltungsgericht danach den Fristsetzungsantrag gemäß § 30a Abs. 1 iVm § 30a Abs. 8 und § 38 VwGG zurückgewiesen und die Revision gegen diese Entscheidung als unzulässig erachtet (Beschluss vom 2. Oktober 2018). Damit würden beide Gerichte in derselben Sache im Sinne eines positiven Kompetenzkonflikts eine Zuständigkeit beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Übrigen dann auch den darauf vom Einschreiter gestellten Vorlageantrag vom 9. Oktober 2018, den Fristsetzungsantrag vom 13. September 2018 dem Verwaltungsgerichtshof (neuerlich) vorzulegen, gemäß § 30a Abs. 1 und Abs. 8 VwGG zurückgewiesen. In der Anzeige wird der Präsident des Landesgerichts Feldkirch als "belangte Behörde im Grundverfahren" bezeichnet. Ferner beantragte der Einschreiter zur Einbringung eines Antrags nach § 71 VwGG iVm § 48 VfGG die Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang.

2 Dem Anzeigeschriftsatz vom 24. Oktober 2018 beigeschlossen ist ein weiterer, an das Bundesverwaltungsgericht gerichteter Schriftsatz vom 24. Oktober 2018, der ein "Begehren nach § 71 VwGG iVm § 48 VfGG" enthält. Auch in diesem Schriftsatz nimmt der Einschreiter an, dass in Bezug auf seinen Fristsetzungsantrag vom 13. September 2018 nunmehr ein Kompetenzkonflikt nach § 71 VwGG iVm § 43 Abs. 1 VfGG vorliege. Er lasse deshalb "an das BVwG gemäß § 71 VwGG iVm § 48 VfGG das Begehren ergehen, dieses solle nach den einschlägigen Bestimmungen einen Antrag beim VwGH stellen, wonach dieser Kompetenzkonflikt von ihm zu entscheiden sei".

3 B. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund einer Anzeige einer an der Sache beteiligten Partei von Amts wegen ein Verfahren zur Entscheidung des (positiven) Kompetenzkonfliktes dann einzuleiten, wenn er durch diese Anzeige "von dem Entstehen eines Konfliktes" Kenntnis erlangt (vgl. VwGH 30.3.2017, Ko 2017/03/0002, worauf nach § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird).

4 C. Ein positiver Kompetenzkonflikt - hier behauptetermaßen zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht - kann nur dann entstehen, wenn beide Gerichte die Entscheidung derselben Sache für sich in Anspruch nehmen (vgl. idZ etwa VfGH 15.10.1955, K I-3/55, VfSlg. 2899; VfGH 27.9.2002, G 330/01, VfSlg. 16.631; VfGH 9.10.2002, K I-3/01, VfSlg. 16.683; VfGH 25.2.2003, G 153/01, K I-2/01, VfSlg. 16.800).

5 Für die vorliegende Konstellation kann jedoch nicht gesagt werden, dass ein positiver Kompetenzkonflikt zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof entstehen könnte.

6 Da der vom Einschreiter genannte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2018, mit dem dieses den Fristsetzungsantrag als unzulässig zurückwies, zum Zeitpunkt der Anzeige noch mit außerordentlicher Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden konnte, liegt die Situation eines Kompetenzkonfliktes noch gar nicht vor (vgl. aus der ständigen Judikatur VwGH 13.9.2016, Ko 2016/03/0008, VwSlg. 19.450 A; VwGH 8.6.2016, Ko 2016/03/0001; VwGH 30.6.2015, Ko 2015/03/0003). Solange die Frage der Zuständigkeit im Rahmen eines Revisionsverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof bindend beurteilt werden kann oder beurteilt wurde, bedarf es einer Entscheidung im Kompetenzverfahren nicht (VwGH 30.6.2015, Ko 2015/03/0002, VwSlg. 19.156 A).

7 Ungeachtet dessen ist auf Folgendes hinzuweisen: Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2017 die vom Einschreiter erhobene Beschwerde gegen eine vom Bezirksgericht Josefstadt nach der Exekutionsordnung erlassene einstweilige Verfügung wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen. Die dagegen vom Revisionswerber mit Schriftsatz vom 13. September 2018 erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Oktober 2018, Ra 2018/03/0114, zurückgewiesen. Dem lag zum einen zugrunde, dass die Entscheidung des Bezirksgerichtes Josefstadt vom Zuständigkeitsbereich des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erfasst wird. Zum anderen wäre eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts auch dann nicht gegeben gewesen, wenn seine Beschwerde - wie der Einschreiter meint - als Maßnahmenbeschwerde betreffend das Vorgehen sicherheitsbehördlicher Organe zu deuten gewesen wäre, weil für die Sicherheitsverwaltung nicht das Bundesverwaltungsgericht, sondern die Landesverwaltungsgerichte zuständig sind (vgl. den zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2018, auf den gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird). Da das Bundesverwaltungsgericht seine Unzuständigkeit bezüglich der genannten Beschwerde somit ohnehin bereits förmlich zum Ausdruck gebracht hat, und die dagegen erhobene Revision vor dem Verwaltungsgerichthof erfolglos geblieben ist, ist für den Einschreiter mit einer kompetenzrechtlichen Problematik betreffend einen Fristsetzungsantrag zur Erledigung seiner Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht letztlich nichts zu gewinnen.

8 Schließlich ist der Vollständigkeit halber noch darauf aufmerksam zu machen, dass ein Antrag zur Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes iSd § 71 VwGG nur von einer beteiligten Partei, nicht aber (wie vom Einschreiter in seinem Begehren an das Bundesverwaltungsgericht insinuiert) von einem Verwaltungsgericht gestellt werden kann (siehe VwGH 19.5.2015, Ko 2014/03/0001, VwSlg. 19.121 A)

9 D. Ein Verfahren zur Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes war daher nicht einzuleiten.

10 E.a. Weiters ist gegenüber der einschreitenden Partei in Angelegenheit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2018 nunmehr klargestellt, dass im Zuständigkeitsbereich des Bundesverwaltungsgerichtes kein Raum für Rechtsmittel gegen die besagte Entscheidung des Bezirksgerichtes Donaustadt besteht und das Bundesverwaltungsgericht für in Angelegenheiten der Sicherheitspolizei getroffene Maßnahmen nicht zuständig ist. Darauf aufbauend ist ebenso klargestellt, dass für die Partei mit einer kompetenzrechtlichen Problematik betreffend einen Fristsetzungsantrag zur Erledigung ihrer Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht letztlich nichts zu gewinnen ist.

11 E.b. Auf dem Boden des Gesagten fehlt dem Einscheiter das Rechtsschutzinteresse für eine Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages vom 15. Oktober 2018, das die Voraussetzung für das Eingehen des Verwaltungsgerichtshofs in eine Revision darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon ausgesprochen, dass § 58 Abs. 2 VwGG auch für Revisionen das Rechtschutzinteresse als Prozessvoraussetzung umschreibt. Die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit (u.a.) nur dann zulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass die angefochtene Entscheidung in Rechte des Revisionswerbers eingreift (vgl. VwGH 27.2.2018, Ra 2017/05/0208). Dieses Rechtsschutzinteresse ist daher immer dann zu verneinen, wenn es - wie im Fall einer allfälligen Revision des Einschreiters gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages - für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, also die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben. Der Verwaltungsgerichtshof ist derart zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043, VwSlg. 19.358 A, und VwGH 25.9.2018, Ra 2016/05/0011).

12 E.c. Ausgehend davon wird die einschreitende Partei darauf hingewiesen, dass in Hinkunft allfällige weitere fallbezogene Eingaben prinzipiell als rechtsmissbräuchlich eingebracht qualifiziert und ohne weitere Bearbeitung und ohne weitere Verständigung des Einschreiters zu den Akten genommen werden (vgl. idZ VwGH 2.5.2018, Ro 2018/03/0008, sowie VwGH 7.9.2018, Ro 2018/03/0043).

Wien, am 13. November 2018

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:KO2018030004.K00

Im RIS seit

06.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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