TE OGH 1984/9/6 8Ob551/84

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Veröffentlicht am 06.09.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

 Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Erwin S*****, vertreten durch Dr. Helmut Ruzicka, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen 137.246,42 S sA, Revisionsinteresse: 137.246,42 S sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 1984, GZ 13 R 180/83-17, womit das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 28. März 1983, GZ 6 Cg 8/83-10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte wurde mit dem Urteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 18. 3. 1981, GZ 18 Vr 567/78-76, des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 1. Fall StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm angelastet, dass er am 28. 3. 1978 in W***** den in der Zeit vom 24. 3. bis 26. 3. 1978 in L***** (BRD) von einem bisher unbekannten Täter der Karin S***** gestohlenen PKW Marke Mercedes 280 S, Automatik im Wert von ca 130.000 S von Julius H***** (der abgesondert gleichfalls wegen Hehlerei verurteilt wurde) um 57.000 S kaufte. Er zog die Herkunft dieses PKW aus einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen ernstlich in Betracht und fand sich damit ab. Die gegen dieses Urteil vom Beklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 27. 7. 1982 verworfen, sodass die Verurteilung rechtskräftig ist.

Der Kläger ist der Kaskoversicherer dieses Fahrzeugs. Er zahlte die Versicherungsnehmerin Karin S***** für das entwendete Fahrzeug 22.154,99 DM aus; auch schloss er sich dem Strafverfahren gegen den Beklagten als Privatbeteiligter an. Mit dem Beschluss vom 23. 7. 1979 wurde die Ausfolgung des vom Strafgericht zunächst beschlagnahmten PKW samt Zubehör an den Kläger angeordnet. In dessen Auftrag wurde das Fahrzeug durch Ing. Franz B***** nach Deutschland überstellt, wofür Überstellungskosten von 6.720 S und Kosten für Zollformalitäten aus Anlass der Überstellung im Betrag von 1.626 S entstanden. Der Kläger verwertete danach das Fahrzeug durch Verkauf am 30. 8. 1979 um 4.000 DM. Mit seinen Ersatzansprüchen gegen den Beklagten wurde er im Strafurteil vom 18. 3. 1981 gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Kläger begehrte nunmehr vom Beklagten 137.246,42 S sA. Er sei durch die vollständige Abfertigung der Ansprüche seiner Versicherungsnehmerin Karin S***** aus dem Kaskoschaden nach den einschlägigen Vorschriften Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Der Beklagte habe es dadurch erheblich entwertet, dass er es mehrfach zerlegte, umbaute und umlackierte. Der Schadenersatzanspruch gegen ihn setze sich aus der an Karin S***** gezahlten Entschädigung von umgerechnet 157.300,42 S und aus den Kosten der Überstellung von 6.720 S und 1.626 S zusammen. Vom Gesamtbetrag von 165.646,42 S sei der aus dem Verkauf des zurückgestellten Fahrzeugs von 28.400 S erzielte Erlös abzuziehen, sodass sich der begehrte Betrag ergebe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ihn treffe keine Schadenersatzpflicht, weil seine Handlungsweise für den Schaden, der ohne sein Zutun durch den Diebstahl entstanden wäre, nicht ursächlich war. Der Schadenersatzanspruch sei verjährt. Die an Karin S***** gezahlte Entschädigungssumme sei unangemessen hoch gewesen. Der Zeitwert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Verkaufs durch den Kläger sei höher gewesen; er hätte das Fahrzeug um mindestens 120.000 S verkaufen können. Die Spesen im Zusammenhang mit der Überstellung nach Deutschland seien ein nutzloser Aufwand gewesen, weil das Fahrzeug in Österreich hätte verwertet werden können. Der Beklagte habe Reparaturarbeiten und Instandhaltungsarbeiten am Fahrzeug getätigt und mache hiefür einen Betrag von 10.000 S aufrechnungsweise geltend.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung mit 109.946 S als zu Recht, mit 27.300,42 S als nicht zu Recht bestehend. Es stellte die Gegenforderung des Beklagten ebenfalls als nicht zu Recht bestehend fest und sprach dem Kläger 109.946 S sA zu. Das Mehrbegehren von 27.300,42 S sA wies es ab.

Das Gericht erster Instanz stellte fest, dass der Zweitwert des gestohlenen PKW im Zeitpunkt des Erwerbs des Beklagten 130.000 S betrug, zumal die ursprüngliche Blaulackierung durch verschiedene Kratzer und Rostschäden erneuerungsbedürftig war. Der bei dem Verkauf des zurückgestellten PKW an die Firma Josef H***** am 30. 8. 1979 erzielte Preis von 4.000 DM sei angemessen gewesen. Der Beklagte habe durch seine Manipulationen am Fahrzeug keineswegs eine Werterhöhung, sondern nur eine Wertminderung herbeigeführt. Er hafte solidarisch mit dem Dieb für den Schaden, allerdings nur insoweit, als diesem Zeitwert des gestohlenen Fahrzeugs im Zeitpunkt seines Erwerbs entspreche. Der in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, den in der Bundesrepublik Deutschland gestohlenen PKW in Österreich zu veräußern, sodass es auf den in Österreich erzielbaren Preis nicht ankomme und der Beklagte auch die im Zusammenhang mit der Überstellung aufgelaufenen Kosten von insgesamt 8.346 S ersetzen habe. Aus dem Zeitwert von 130.000 S beim Ankauf des Beklagten zuzüglich der im Zusammenhang mit der Überstellung aufgelaufenen Kosten ergebe sich nach Abzug des vom Kläger für den PKW erzielten Erlöses von 28.400 S der als zu Recht bestehend erkannte Betrag der Klageforderung, die darüber hinaus jedoch nicht berechtigt sei.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Parteien Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies es zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Die Voraussetzungen für den Rechtskraftvorbehalt gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO seien gegeben.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat folgende Auffassung:

Nach dem in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich im Wesentlichen gleichlautenden § 67 Abs 1 VersVG seien durch den vom Kläger vorgenommenen Ersatz der Schäden der Versicherungsnehmerin Karin S***** die Ersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen Dritte auf den Versicherer übergegangen. Der Kläger könne deshalb jedenfalls die vorliegenden Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten geltend machen. Außervertragliche Schadenersatzansprüche seien gemäß § 48 Abs 1 IPRG nach dem Recht des Staats zu beurteilen, in dem das den Schaden verursachenden Verhalten gesetzt wurde. Auch vor dem mit 1. 1. 1979 in Kraft getretenen IPRG sei von diesem Grundsatz ausgegangen worden, sodass auf die gegen den Beklagten wegen der in Österreich begangenen Hehlerei gestützten Schadenersatzansprüche österreichisches Recht anzuwenden sei.

Gemäß § 268 ZPO stehe aufgrund des Strafurteils bindend fest, dass sich der Beklagte durch den Ankauf dieses Fahrzeugs der Hehlerei nach den angeführten Bestimmungen des StGB schuldig gemacht hat. Die Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten seien gemäß § 1489 2. Satz ABGB nicht verjährt, weil für die aufgrund einer vorsätzlich begangenen und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung geltend gemachten Schadenersatzansprüche die 30-jährige Verjährungsfrist gilt.

Der Hehler sei als unredlicher Besitzer einer Sache verpflichtet, allein durch seinen Besitz entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies ergebe sich aus der Bestimmung des § 335 ABGB. Der Hehler sei aber nur insoweit für den Schaden verantwortlich, als er ihn durch sein Verhalten mitverursacht, also er durch sein Verhehlen zum Entstehen des Schadens beigetragen hat. Aus den Bestimmungen der §§ 1301 und 1302 ABGB könne nicht abgeleitet werden, dass der Hehler stets für den ganzen vom Dieb verursachten Schaden mithaftet; er sei vielmehr nur insoweit für den Schaden mitverantwortlich, als er selbst durch sein rechtswidriges Handeln die Wiedererlangung der Sache vereitelt und den Schaden daher mitverursacht hat. Auch für vorsätzlich handelnde selbständige Täter – die also keine Mittäter sind – müsse gelten, dass insoweit keine Solidarhaftung eintrete, als nachgewiesen werden kann, dass sie einen Teil des gesamten Schadens nicht in zurechenbarer Weise verursacht haben. Dafür, dass der Hehler nur insoweit schadenersatzpflichtig ist und solidarisch haftet, als er den entstandenen Schaden durch sein Verhalten mitverursacht hat, könne es aber keinen Unterschied machen, ob er nur einen Teil der Beute verhehlte, die gestohlene Sache beschädigt war oder einzelne Bestandteile bereits fehlten, bevor die Sache von ihm verhehlt wurde.

Der Beklagte, der als Hehler, nicht aber als Mittäter des Diebstahls, auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, hafte daher zur ungeteilten Hand mit dem unbekannten Dieb und weiteren Hehlern gemäß §§ 1301 und 1302 ABGB nur für den von ihm mitverursachten Schaden, der also ab seinem Ankauf bis zur Ausfolgung des beschlagnahmten PKWs samt Zubehör an den Kläger bzw deren Vertreter in Österreich eingetreten ist. Für die Ermittlung dieses Schadens sei die Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs in Österreich im Zeitpunkt des Ankaufs am 28. 3. 1978 und dem Wert in Österreich im Zeitpunkt der Ausfolgung Ende Juli 1979 maßgeblich. Da der Beklagte das Fahrzeug in Österreich verhehlte, sei sein Verhalten für die Verbringung des Fahrzeugs von Deutschland nach Österreich nicht ursächlich. Es könnten ihm daher auch nicht die Kosten im Zusammenhang mit der Rücküberstellung nach Deutschland angelastet werden.

Für die Ermittlung des Werts des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Ankaufs durch den Beklagten sei allerdings der Zustand des Fahrzeugs im Zeitpunkt des (höchstens 4 Tage vorher erfolgten) Diebstahls ausschlaggebend, wenn der Beklagte nicht nachweist, dass bereits Bestandteile fehlten bzw bestimmte in der Zwischenzeit entstandene Beschädigungen vorlagen, als er das Fahrzeug kaufte. Es sei daher ein Verfahrensmangel, dass das Erstgericht die vom Kläger für die Höhe der an Karin S***** gezahlten Entschädigungssumme angebotenen Beweise nicht aufgenommen hat, aus denen sich der Zustand des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Diebstahls ergeben hätte. Es fehlten auch Feststellungen über dessen Wert in Österreich im Zeitpunkt der Ausfolgung weshalb die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich der Rekurs des Klägers, den er auf unrichtige Lösung von Rechtsfragen des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts stützt und in welchem er beantragt, in der Sache zu entscheiden und der Klage stattzugeben oder dem Berufungsgericht bzw dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung im Sinne der vom Kläger dargelegten Rechtsansicht aufzutragen.

Der Beklagte erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Von den vom Rekurswerber selbst nicht als erheblich im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO behaupteten Verfahrensmängel abgesehen stellt sich der Kläger im Wesentlichen auf den Standpunkt, dass dem Beklagten auch die Kosten der Überstellung des verhehlten PKWs von Österreich nach Deutschland angelastet werden müssten und dass für den Wert der verhehlten Sache jener im Zeitpunkt des Diebstahls in Deutschland maßgeblich wäre. Darauf ist jedoch meritorisch aus folgendem Grund nicht einzugehen:

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 526 Abs 2 ZPO als Rekursgericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses an einen Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO bzw § 528 Abs 2 ZPO nicht gebunden. Er hat vielmehr zu prüfen, ob der Rekurs nach den genannten Bestimmungen zulässig ist oder nicht:

Von entscheidender Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit ist die Frage, ob der Beklagte auch die Überstellungskosten in die Bundesrepublik Deutschland zu tragen hat oder nicht. Das Berufungsgericht hat dies verneint und sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berufen (siehe SZ 16/164; EvBl 1970/386 und allenfalls auch 5 Ob 22/72). Diese wird durch die zum StGB ergangene Judikatur, wonach Hehlerei ein selbständiges Delikt und nicht Beteiligung an der Vortat ist (LSK 1977/29 = EvBl 1977/183; siehe auch Steininger-Leukauf 1078), im besonderen Maße gestützt. Dies führt als logische Folge des ausjudizierten Problemkreises dazu, dass für den Wert des verhehlten Fahrzeugs jener im Zeitpunkt der Verhehlung maßgebend ist, was das Berufungsgericht ebenfalls nichtig erkannt hat. Inwiefern die vom Gericht zweiter Instanz dargelegten Rechtsgrundsätze nicht mit der Judikatur übereinstimmen sollen, wurde im Rekurs des Klägers nicht dargetan. Es besteht für den erkennenden Senat auch kein Anlass, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen. Dies hat aber zur Folge, das der vorliegende Rekurs gemäß § 519 Abs 2 ZPO (§ 502 Abs 4 ZPO) nicht zuzulassen und das Rechtsmittel daher als unzulässig zurückzuweisen war.

Da der Beklagte keine Rekursbeantwortung erstattete, hatte ein Kostenausspruch zu entfallen.

Textnummer

E123308

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00551.840.0906.000

Im RIS seit

30.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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