TE Lvwg Beschluss 2018/9/11 VGW-111/072/10296/2018

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Veröffentlicht am 11.09.2018
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Entscheidungsdatum

11.09.2018

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §134 Abs7
AVG §59 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Lettner über die Beschwerde der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, vom 4.7.2018, GZ: …, den

BESCHLUSS

gefasst

I.     Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde der A. GmbH als unzulässig zurückgewiesen. 

III.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Bei einer behördlichen Erhebung am 3.7.2018 zur Überprüfung des Abbruchbeginns vom 11.6.2018 wurde festgestellt, dass beim Gebäude auf der Liegenschaft in Wien, B.-Gasse, EZ …, KG C., die gemauerten Kaminstränge im Dachboden sowie die Dacheindeckung abgetragen wurden. Dem diesbezüglichen Aktenvermerk sind Fotos des Gebäudes angeschlossen, aus denen die festgestellten Abbruchmaßnahmen ersichtlich sind.

Eigentümerin der Liegenschaft ist laut Grundbuchsauszug die A. GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin).

In der Folge erging der Bescheid vom 4.7.2018, Zahl …, mit dem die Einstellung der Bauführung zum Abbruch des Gebäudes auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gemäß § 128 Abs. 8a iVm § 127 Abs. 8 BO angeordnet wurde. Dieser Bescheid nennt in seinem Spruch keinen Bescheidadressaten. Laut Zustellverfügung erging der Bescheid an die D. GmbH und wurde mit dem Vermerk „in Abschrift an“ an die Beschwerdeführerin übermittelt. Nach einer Information der D. GmbH, dass nicht sie, sondern die E. GmbH Bauführerin des gegenständlichen Abbruches ist, erließ die Behörde am 6.7.2018 einen weiteren wortgleichen Bescheid an die E. GmbH.

Mit Schreiben vom 3.8.2018 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom 4.7.2018 und gab darin an, dass ihr der Bescheid am 9.7.2018 zugestellt worden sei. Die Beschwerde wurde zunächst nur an das Verwaltungsgericht Wien übermittelt, wo sie laut Eingangsstempel am 7.8.2018 einlangte. Die Beschwerde wurde am selben Tag an die Behörde weitergeleitet. Die Beschwerde langte bei der Behörde verspätet ein.

Mit Schriftsatz vom 9.8.2018 stellte die Beschwerdeführerin bei der Behörde (die Beschwerde und der Akt waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht dem Gericht vorgelegt worden) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Sie führte im Wesentlichen aus, dass die Beschwerde irrtümlich direkt an das Verwaltungsgericht Wien übermittelt worden sei, wodurch es zu einer Versäumung der Beschwerdefrist gekommen sei. Die Beschwerdeführerin führte in der Folge aus, wie es aus ihrer Sicht zu diesem Versehen gekommen war.

Die Behörde entschied über den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 16.8.2018, indem sie die Wiedereinsetzung bewilligte.

Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Beschwerde aus, dass der nunmehr angefochtene Bescheid ihrer Rechtsansicht nach nicht an die Beschwerdeführerin ergangen sei, da er der Beschwerdeführerin nur in Abschrift zugegangen sei. Er könne daher ihr gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten. Die Beschwerdeführerin sei zwar Bauherrin, aus dem Bescheid gehe aber zweifelsfrei hervor, dass er nicht an die Beschwerdeführerin adressiert sei, weshalb die Beschwerde zurückzuweisen sein werde. Aus anwaltlicher Vorsicht und für den Fall, dass das Verwaltungsgericht Wien eine andere Rechtsansicht vertrete, werde die Beschwerde trotzdem erhoben.

In der Folge macht die Beschwerdeführerin nähere Ausführungen zu ihrer Beschwerdelegitimation und zu der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit des Bescheides.

Aufgrund des Akteneinhalts steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Das Gebäude auf der Liegenschaft in Wien, B.-Gasse, wurde unbestritten teilweise abgetragen. Das Gebäude wurde vor dem 1.1.1945 errichtet. Die Abbrucharbeiten waren zum Zeitpunkt der Erlassung der Baueinstellung noch nicht abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin ist Grundeigentümerin dieser Liegenschaft. Während der nunmehr angefochtene Bescheid in der Zustellverfügung hinsichtlich der Bauführerin den Vermerk „Ergeht an“ enthält, enthält er hinsichtlich der Beschwerdeführerin den Vermerk „In Abschrift an“.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

§ 24 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten:

„§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

(…)

§ 28 Abs. 1 VwGVG lautet:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

§ 31 Abs. 1 VwGVG lautet:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.“

§ 60 Abs. 1 lit d BO lautet:

„§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

d) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.“

§ 62a Abs. 5a BO lautet:

„§ 62a (5a) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, ist spätestens vier Wochen vor dem geplanten Beginn der Arbeiten der Behörde vom Bauherrn schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige ist eine Bestätigung des Magistrats anzuschließen, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Nach Vorlage einer solchen Bestätigung darf mit dem Abbruch begonnen werden.

§ 127 Abs. 8 und 8a BO lauten:

„(8) Die Bauführung darf nicht weitergeführt werden, wenn

a) ein Bau ohne Baubewilligung oder entgegen den Bestimmungen des § 62 oder des § 70a ausgeführt wird; (…)

(8a) Wird die Bauführung entgegen Abs. 8 weitergeführt und erlangt die Behörde davon Kenntnis, hat sie den Bau einzustellen. Darüber ist möglichst binnen drei Tagen an den Bauherrn, den Bauführer oder den sonst Verantwortlichen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen; einer Beschwerde gegen diesen Bescheid kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu.

§ 134 Abs. 7 BO ist, sofern es sich um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes).“

Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs normieren die Bestimmungen des § 58 AVG und des § 59 AVG nicht ausdrücklich die Pflicht, im Bescheidspruch den Adressaten zu nennen. Dennoch muss der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Es bedeutet keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (zB Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird. Wird hingegen im Spruch des Bescheides niemand angesprochen, kommt mangels ausdrücklicher Spezifikation nur dem in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten Parteistellung zu (VwGH vom 27.11.2008, Zahl 2006/03/0097).

Im vorliegenden Fall ist der Spruch des angefochtenen Bescheides abstrakt formuliert. Der Bescheidadressat ergibt sich daher aus der Zustellverfügung. Dort ist ausdrücklich festgehalten, dass der Bescheid an die Bauführerin ergeht (im Bescheid vom 4.7.2018: D. GmbH, im Bescheid vom 6.7.2018: an die E. GmbH). Der Beschwerdeführerin wird der Bescheid ausdrücklich nur in Abschrift, somit zur Information, übermittelt. Eine Bescheiderlassung an die Beschwerdeführerin lässt sich aus dieser Formulierung nicht ableiten. Sie wird daher durch den Bescheid auch nicht zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet, weshalb ihr gemäß § 134 Abs. 7 BO keine Parteistellung zukommt.

Es ist daher der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin beizutreten, dass ihre Beschwerde zurückzuweisen ist. Im Hinblick darauf konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheidadressat; Individualisierung; Zustellverfügung; in Abschrift; Parteistellung; Zurückweisung; Baueinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.111.072.10296.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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