TE OGH 2018/11/6 28Ds3/18g

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 6. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Wippel und Dr. Strauss als Anwaltsrichter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 16. Oktober 2017, AZ D 8/17, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Kammeranwalts Dr. Kaska und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird nicht Folge gegeben.

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Erkenntnis, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der zu Schuldspruch 1./ erfassten Tat als Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt ersatzlos sowie im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

***** wird für die ihm zur Last liegenden Disziplinarvergehen Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt (Schuldspruch 2./) und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt (Schuldspruch 1./ und 2./) zu einer Geldbuße von 2.000 Euro verurteilt.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird er auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 16. Oktober 2017, AZ D 8/17, wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung sowie der Verletzung von Ehre oder Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er

1./ dadurch unzulässig Druck ausübte, dass er am 29. August 2016 mit E-Mail seinen Mandanten Ernst und Sieglinde P***** drohte, er werde Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Graz gegen Sieglinde P***** erstatten, wenn diese ihrerseits gegenüber der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich wissentlich unrichtig und kreditschädigend bzw ehrenrührig behaupte, der Disziplinarbeschuldigte sei seinem anwaltlichen Auftrag nicht nachgekommen bzw habe diesen schlecht erfüllt und

2./ trotz einer pauschalen Honorarvereinbarung mit seinen Mandanten Ernst und Sieglinde P***** nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses seine Tätigkeit nach Einzelleistungen abgerechnet und den darüber hinausgehenden Betrag gegenüber den Klienten geltend gemacht.

Entgegen § 16 Abs 5 DSt wurde über den Disziplinarbeschuldigten für jeden der Schuldspruchpunkte eine Geldstrafe in der Höhe von je 1.500 Euro, insgesamt somit 3.000 Euro verhängt; darüber hinaus wurde er zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe.

Da das angefochtene Erkenntnis gestützt auf die im Akt erliegende Korrespondenz von der zur Verhinderung einer Disziplinaranzeige motivierten Androhung einer Strafanzeige wegen des Vorwurfs der Verleumdung und der Bestimmung zum Prozessbetrug ausgeht und wissentlich unrichtige Vorwürfe der Disziplinaranzeiger gerade nicht annimmt, sondern diesbezüglich nur die Vorwürfe des Disziplinarbeschuldigten in seinem E-Mail vom 29. August 2016 wiederholt, orientiert sich der Berufungswerber mit davon abweichenden Behauptungen zu angeblichen den Schuldspruch 1./ betreffenden Konstatierungen weder an den im Erkenntnis getroffenen Feststellungen, noch vermag das Vorbringen Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu erwecken.

Dies gilt ebenso für den zu Schuldspruch 2./ erhobenen, vom Akteninhalt nicht gedeckten Einwand, die Pauschalvereinbarung sei unter der auflösenden Bedingung der Deckungsbestätigung erfolgt, widerspricht dies doch sowohl dem der Entscheidung zugrunde gelegten E-Mail vom 31. Juli 2016 als auch jenem vom 29. August 2016, aus denen auch mündliche Nebenabreden nicht ableitbar sind.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld war daher keine Folge zu geben.

Aus Anlass der Berufung überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch (§ 290 Abs 1 StPO), dass die Unterstellung der zu Schuldspruch 1./ angeführten Tat auch als Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt rechtlich verfehlt ist (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Denn eine Berufspflichtenverletzung setzt voraus, dass der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs, nicht aber in eigener Sache gehandelt hat (RIS-Justiz RS0054900, RS0054951, RS0118449). Bei der Androhung einer Strafanzeige laut Punkt 1./ des Schuldspruchs handelte der Disziplinarbeschuldigte aber nicht im Auftrag seines Mandanten, also nicht in Ausübung seines Berufs, sondern in eigener Sache, sodass eine Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt nicht vorliegt.

Vielmehr liegt darin eine (bloße) Verletzung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt (vgl RIS-Justiz RS0055886 [T12]), ohne dass es dafür
– wie im Übrigen auch bei der Geltendmachung überhöhter Honoraransprüche (vgl RIS-Justiz RS0055136 [T2]) – einer darüber hinausgehenden Publizität bedürfte, weil ein derartiges Fehlverhalten so schwerwiegend ist, dass bereits mit einer auf wenige Personen beschränkten Kenntnis die Gefahr der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes verbunden ist.

Das angefochtene Erkenntnis, dass im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher aus Anlass der Berufung in der Unterstellung der zu Schuldspruch 1./ angeführten Tat auch als Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt ersatzlos sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben und wegen des durch diese Tat erfüllten Disziplinarvergehen der Verletzung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt zusammen mit den zu Schuldspruch 2./ verwirklichten Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt und der Verletzung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt die Strafe neu zu bemessen.

Dabei war die bisherige Unbescholtenheit als mildernd, als erschwerend hingegen die zweifache Tatbegehung und die mehrfache Verwirklichung von Disziplinarvergehen zu werten.

In Abwägung des Unrechtsgehalts der Taten und der Schuld des Disziplinarbeschuldigten war unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse eine Geldbuße von 2.000 Euro festzusetzen.

Einem bloßen Verweis iSd § 16 Abs 1 Z 1 DSt
– wie vom Berufungswerber angestrebt – steht das nicht als ganz unerheblich zu wertende Unrecht einer mehrfachen Tatbegehung und das nicht als bloß gering einzustufende Verschulden des Disziplinarbeschuldigten entgegen.

Die vom Berufungswerber weiters angestrebte bedingte Nachsicht über die verhängte Geldbuße findet in § 16 DSt keine Deckung.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Rechtsmittelwerber auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt iVm § 36 Abs 2 DSt.

Textnummer

E123245

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0280DS00003.18G.1106.000

Im RIS seit

26.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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