TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/6 I420 2204159-1

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Veröffentlicht am 06.09.2018
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Entscheidungsdatum

06.09.2018

Norm

AVG §19 Abs2
AVG §19 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46 Abs2a

Spruch

I420 2204159-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX (alias XXXX), StA. Guinea, vertreten durch RAin Mag. Nuray TUTUS-KIRDERE, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018, Zl. 741892004 - 180216598, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 17.09.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer machte im Wesentlichen eine Verfolgung durch die guineische Polizei sowie eine kriminelle Vereinigung aufgrund eines von ihm verursachten Unfalls, bei welchem ein Kind getötet worden sei, als Fluchtgrund geltend.

Mit Bescheid vom 09.10.2006, Zl. 04 18.920-BAW, wies das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 17.09.2004 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab. Gleichzeitig wurde im genannten Bescheid festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung bzw. Abschiebung nach Guinea gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde am 08.07.2010 vom Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz rechtskräftig bestätigt.

Mit Ladungsbescheid vom 25.07.2018 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b Fremdenpolizeigesetz (FPG) iVm § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) auf, am 08.08.2018 um 10:00 Uhr "als Beteiligter persönlich" in der RD Wien, Haupteingang 1080 Wien, Hernalser Gürtel 6-12, zu erscheinen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken und näher bezeichnete Dokumente mitzubringen. Wenn der Beschwerdeführer diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leiste, müsse dieser damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werden würde (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.). Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 27.07.2018 persönlich übernommen und am 06.08.2018 an die bevollmächtigte Rechtsvertreterin zugestellt.

Mit "BESCHEID ÜBER ZWANGSSTRAFE" vom 08.08.2018, Zl. 741892004 - 180216598, wurde gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) über den Beschwerdeführer die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen verhängt.

Am 14.08.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Ladungsbescheid vom 25.07.2017 und den Bescheid über die Zwangsstrafe vom 08.08.2018. Begründend wurde angeführt, dass die Verhinderung der Abschiebung nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten sei, da er weder seine Identität verheimlicht habe noch sich einer Ladung zur Feststellung seiner Identität entzogen bzw. an zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritte nicht mitgewirkt habe. Die verhängte Zwangsstrafe sei gesetzlich nicht gedeckt, zumal er zum einen aus gesundheitlichen Gründen den Ladungstermin nicht wahrnehmen habe können und zum anderen der Ladungsbescheid lediglich vollstreckbar, aber nicht rechtskräftig sei. Es werde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid über die Zwangsstrafe wegen Rechtswidrigkeit gänzlich beheben, ebenso den Bescheid vom 25.07.2018.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.08.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hatte wiederholt die Mitwirkung an verschiedenen Maßnahmen zur Feststellung seiner Identität und Herkunft verweigert. Mit Ladungsbescheid vom 25.07.2018 war er für den 08.08.2018 in die Räumlichkeiten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, geladen worden. Gegenstand der Amtshandlung war die Einholung eines Ersatzdokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer der Ladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte, wurde im Bescheid eine Haftstrafe von 14 Tagen angedroht. Der Beschwerdeführer erschien nicht zu dem Termin.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. § 46 Abs. 2a und 2b FPG lauten:

"(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt."

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument und ist seit fast zwölf Jahren seiner Verpflichtung zur Ausreise in sein Heimatland nicht nachgekommen. Um seine Ausreise in sein Heimatland sicherzustellen, wurde ihm im angefochtenen Bescheid die Mitwirkung spruchgemäß aufgetragen.

3.2. Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bestimmt, dass in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben ist, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind. Abs. 3 ordnet an, dass, wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung hat, der Ladung Folge zu leisten, und zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden kann. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war. Gemäß Abs. 4 ist gegen die Ladung oder die Vorführung kein Rechtsmittel zulässig.

Der Beschwerdeführer wurde für den 08.08.2018 vorgeladen. Dieser Termin ist bereits verstrichen. Er nahm ihn nicht wahr.

Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass Gegenstand der Amtshandlung ein Interviewtermin mit einer Delegation der guineischen Vertretungsbehörde zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgeführt, dass Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates zulässig sind, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind (vgl. VwGH 11.06.2013, 2012/21/0121, mwN).

Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall liegen die Voraussetzungen des § 19 AVG vor:

Im angefochtenen Bescheid werden der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Insoweit entspricht der angefochtene Bescheid den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

Nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 AVG ist überdies zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Amtsbereich der belangten Behörde seinen Aufenthalt hat und ob sein Erscheinen nötig ist: Der Beschwerdeführer hat seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, sodass die Voraussetzung des Aufenthaltes im Amtsbereich der belangten Behörde erfüllt ist.

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie - offenbar unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit - die Ladung des Beschwerdeführers und dessen persönliches Erscheinen zur Befragung durch Angehörige der guineischen Botschaft zwecks Identitätsfeststellung für "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 erster Satz AVG erachtete.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG vgl. VwGH 17.07.2008, 2008/21/0055 und 2008/21/0386). So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Judikat vom 20.01.1992, 91/19/0326, hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege. Stets muss es sich demnach um eine Ladung zu einer behördlichen Amtshandlung handeln, in deren Rahmen die beabsichtigte Befragung stattfinden soll. Um sie als "behördlich" verstehen zu können, ist die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar (VwGH 05.07.2011, 2010/21/0316). Dass es sich um eine behördliche Amtshandlung dreht, wurde gegenständlich nicht bestritten.

3.3. Gemäß § 46 Abs. 2a iVm § 19 Abs. 2 und 3 AVG sind unter einem anzugeben, welche Folgen die Nichtbefolgung des Auftrages habe und das konkrete Zwangsmittel anzudrohen. Die möglichen Zwangsstrafen zur Erfüllung von unvertretbaren Leistungen wie dem gegenständlichen Auftrag seien gemäß § 5 Abs. 3 VVG eine Geldstrafe bis zu € 726,-- oder eine Haftstrafe bis zu 4 Wochen. Bei Säumnis oder Zuwiderhandeln sei sofort zu vollstrecken und für den Verzug ein schärferes Zwangsmittel anzudrohen.

Angemerkt wird, dass es sich bei Zwangshaft bzw. Beugehaft nicht um eine Strafe handelt. Die in Aussicht genommene Strafhaft ist ein auch vom Verwaltungsgerichtshof im Einzelfall akzeptiertes Zwangsmittel (VwGH 07.11.1995, 95/05/0260).

Im Sinne der Beschwerdeausführungen muss angemerkt werden, dass die belangte Behörde daher berechtigt war, das oben angeführte konkrete Zwangsmittel anzudrohen.

3.4. Aus dem Gesagten war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen; der rechtswirksam zugestellte Bescheid bildet daher - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine taugliche Grundlage für eine Zwangsstrafe.

Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung:

Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisses kann ein Ausspruch über die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde unterbleiben, da diese nur im Rahmen des Beschwerdeverfahrens von Bedeutung sein kann und dieses hiermit abgeschlossen ist.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern. Schließlich wurde eine mündliche Verhandlung durch den Beschwerdeführer auch nicht beantragt.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebungsnähe, Behördenpraxis, Gesamtbetrachtung,
Identitätsfeststellung, Ladungsbescheid, Mitwirkungspflicht,
persönlicher Eindruck, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I420.2204159.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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