TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/19 W135 2122619-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2018
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Entscheidungsdatum

19.09.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VOG §2
VOG §3

Spruch

W135 2122619-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 17.12.2015, betreffend die Bewilligung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.08.2014 in Höhe von monatlich € 185,60, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Ein verbrechenskausaler Verdienstentgang aufgrund des Vorfalles am 01.01.2014 wird für den Zeitraum 01.01.2014 bis 12.05.2014 bewilligt. Die Ersatzleistung beträgt insgesamt € 855,00.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer brachte am 12.03.2014 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) in Form der Pauschalentschädigung für Schmerzengeld, sowie der Heilfürsorge in Form von psychotherapeutischer Krankenbehandlung und Übernahme von Selbstbehalten für Krankenhausaufenthalte und Rezeptgebühren sowie den Ersatz einer Brille ein. Antragsbegründend gab der Beschwerdeführer an, am 01.01.2014 während eines Urlaubsaufenthaltes in Lienz durch Schläge gegen den Kopf und einen anschließenden Sturz mit dem Kopf auf den Asphalt eine schwere Körperverletzung erlitten zu haben.

Das Landesgericht XXXX hat mit Urteil vom 12.11.2014, Zl. XXXX , erkannt, dass G.V. unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, den Beschwerdeführer am 01.01.2014 durch Versetzen von mehreren Faustschlägen gegen dessen Kopf und Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt hat, wobei die Tat eine bilaterale Fraktur der Kieferhöhlenwand beidseitig, einen Bindehautriss links, sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule, sohin eine an sich schwere Körperverletzung mit mehr als 24-tägiger Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte.

Mit Bescheid vom 19.02.2015 hat die belangte Behörde gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 6 sowie § 6a VOG Pauschalentschädigung für Schmerzengeld als einmalige Geldleistung in Höhe von € 2.000,- zuerkannt (Spruchpunkt I.), gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 letzter Satz VOG Heilfürsorge in Form des Ersatzes der verbrechensbedingten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren für die aufgrund der Schädigung vom 01.01.2014 erlittenen Gesundheitsschädigungen "bilaterale Fraktur der Kieferhöhlenwand beidseitig, Bindehautriss links sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule" grundsätzlich bewilligt (Spruchpunkt 2.) und gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 8 sowie § 5 Abs. 2 VOG Ersatz der Kosten für eine Brille im Wege der orthopädischen Versorgung grundsätzlich bewilligt (Spruchpunkt 3.).

Nach erfolgter Beschwerde gegen die im Bescheid vom 19.02.2015 festgelegte Höhe der Pauschalentschädigung für Schmerzengeld holte das Bundesverwaltungsgericht zur genaueren Beurteilung der Verletzungen des Beschwerdeführers - im zur Zahl W132 2106434-1 geführten Verfahren - ein fachärztliches Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Augenheilkunde ein. Diesem Gutachten vom 19.04.2016 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer durch den Vorfall am 01.01.2014 eine schwere Körperverletzung erlitt und nach der erforderlich gewordenen Augenoperation am 28.03.2014 ein vierwöchiger Heilungsverlauf die Folge war. Die Sachverständige hielt konkret fest, dass eine Arbeitsunfähigkeit cirka bis zum 27.04.2014 bestand.

Im Rahmen des Parteiengehörs betreffend das Sachverständigengutachten vom 19.04.2016 übermittelte der Beschwerdeführer am 15.06.2016 Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen, wonach er bis zum 12.05.2014 nicht arbeitsfähig gewesen sei.

Mit Erkenntnis vom 20.10.2017, Zl. W132 2106434-1/15E, hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer eine Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in Höhe von insgesamt €

4.000,- zugesprochen. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Opfer einer schweren Körperverletzung wurde, aus welcher eine länger als drei Monate dauernde Gesundheitsschädigung resultierte.

Mit gegenständlichem Antrag vom 04.05.2015 begehrte der Beschwerdeführer den Ersatz des entgangenen Verdienstes nach dem VOG und führte dazu aus, dass er vor der Schädigung im Rahmen von XXXX Projekten beschäftigt gewesen sei. Pro Betreuungstag habe er ein Pauschale in Höhe von € 15,- sowie eine komplette Versorgung, wodurch er sich zu Hause Kosten erspart hätte, erhalten.

Dem Antrag fügte er unter anderem eine Bescheinigung der Firma XXXX vom 20.04.2015 bei. Demnach wäre der Beschwerdeführer (bei schadensfreiem Verlauf) im Zeitraum vom 03.09.2013 bis 02.09.2014 bei der Firma XXXX in Marburg im Einsatz gewesen. Sein Aufgabenbereich sei die Weiterqualifizierung des Personals für den Aufbau eines neuen Lagersystems gewesen. Aus der vorgelegten Vereinbarung mit XXXX geht die festgelegte Tagespauschale von € 15,-

hervor.

Mit Bescheid vom 17.12.2015 bewilligte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 04.05.2015 und sprach eine Ersatzleistung für einen im Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.08.2014 erlittenen Verdienstentgang nach dem Verbrechensopfergesetz in Höhe von monatlich € 185,60 zu. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer laut Auskünften der Firma XXXX bei fiktivem schadensfreiem Verlauf im Zeitraum 01.01.2014 bis zum 31.08.2014 an maximal drei Tagen pro Kalenderwoche für die Firma XXXX tätig gewesen wäre, wobei die Firma aufgrund von Betriebsferien für zwei Wochen im Sommer geschlossen gewesen sei. Die Behörde habe daher als Grundlage für die Berechnung des monatlichen Verdienstentganges den Zeitraum von 33 Wochen mit je drei Einsatztagen angenommen und ergebe sich daraus der im Spruch angeführte monatliche Verdienstentgang (33 Wochen x 15 € x 3 Tage/Woche : 8 Monate = 185,63).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.01.2016 die gegenständliche Beschwerde. Er brachte darin im Wesentlichen vor, dass niemand eine Bescheinigung über das für 2014 geplante Projekt und deren Auswirkungen auf das Beschäftigungsausmaß des Beschwerdeführers bei der Firma XXXX ausstellen könne, weshalb auch die Anfrage bei der Firma XXXX umsonst gewesen sei. Im fiktiven schadensfreiem Verlauf hätte es nicht wie von der belangten Behörde angenommen lediglich 99, sondern zumindest 149 Einsatztage gegeben. Er beschrieb die Abläufe und Unternehmenssituation, die er in der Firma XXXX vorgefunden hätte, und versuchte die Komplexität seines erforderlichen Einschreitens zu veranschaulichen und damit die von ihm angedachten 149 Einsatztage zu rechtfertigen. Beweismittel legte er keine vor.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde in der Beschwerde nicht beantragt.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.03.2016 zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers lediglich bis zum 12.05.2014 dokumentiert sei, woraus sich ein Verdienstentgang entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 12.05.2014 ergebe und € 855,- betrage. Dem Beschwerdeführer wurde dazu eine zweiwöchige Stellungnahmemöglichkeit gewährt.

Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 28.06.2018 im Wesentlichen mit, dass er in seinen Unterlagen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr finde. Er könne sich nicht erklären, nicht gearbeitet zu haben, wenn er fit gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger und wurde am 01.01.2014 in Österreich, 9900 Lienz, Opfer eines Verbrechens. Er erlitt dadurch eine schwere Körperverletzung in Form einer bilateralen Fraktur der Kieferhöhlenwand beidseitig, einem Bindehautriss links sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule.

Aufgrund der Gesundheitsschädigung, die der Beschwerdeführer am 01.01.2014 verbrechenskausal erlitt, war er nicht in der Lage seine Tätigkeiten, die zumindest bis zum 02.09.2014 geplant gewesen wären, für die Firma XXXX fortzusetzen.

Eine verbrechenskausale Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers war für den Zeitraum 01.01.2014 bis einschließlich 12.05.2014 gegeben.

Bei fiktivem schadensfreiem Verlauf wäre der Beschwerdeführer für die Firma XXXX im Ausmaß von drei Tagen pro Kalenderwoche tätig gewesen und hätte dafür pro Einsatztag eine Tagespauschale in Höhe von € 15,- erhalten.

Dass der Beschwerdeführer ab dem 13.05.2014 bis zum vereinbarten Beschäftigungsende, dem 02.09.2014, seine Tätigkeit bei der Firma XXXX nicht wiederaufgenommen hat, beruht allenfalls auf akausalen Gründen, nicht aber auf die Gesundheitsschädigungen aus dem am 01.01.2014 erlittenen Verbrechen. Der Beschwerdeführer galt ab dem 13.05.2014 als genesen.

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 01.01.2014 bis 12.05.2014 einen Verdienstentgang in Höhe von € 855,- erlitten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den erlittenen Verletzungen und der Kausalität zum Vorfall vom 01.01.2014 ergeben sich ebenfalls aus den vorgelegten Verwaltungsakten. Diesen ist das strafgerichtliche Urteil vom 12.11.2014, Zl. XXXX , einliegend und stellte das Landesgericht XXXX in diesem Verfahren die Verletzungen des Beschwerdeführers auf Basis der unbedenklichen Polizeierhebungen fest und konnten diese für das gegenständliche Verfahren übernommen werden. Diese stehen überdies im Einklang mit dem, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W132 2106434-1 eingeholten fachärztlichen Gutachten aus dem Bereich der Augenheilkunde vom 19.04.2016.

Die Feststellungen zur Kausalität der Gesundheitsschädigungen für den erlittenen Verdienstentgang in Folge Unterbleibens von Arbeitsleistungen ab dem 01.01.2014 basieren auf den festgestellten Verletzungen des Beschwerdeführers. Nach einer Netzhautablösung rechts wurde er am 28.03.2014 operiert. Eine Berufsunfähigkeit ist laut dem augenfachärztlichen Sachverständigengutachten vom 19.04.2016 im Zeitraum 01.01.2014 bis 05.02.2014 und von 27.3.2014 bis ca. 27.04.2014 gegeben gewesen. Der Beschwerdeführer legte zudem im vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W132 2106434-1 geführten Verfahren Bestätigungen vor, aus welchen eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 12.05.2014 hervorgeht.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind trotz des Umstandes, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungen keine Beschreibung bzw. Konkretisierung, aufgrund welches Krankheitszustandes die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde, enthalten, als Grundlage für die entsprechende Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen, da aus dem Sachverständigengutachten der Augenfachärztin ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.04.2014 bestätigt wurde, wobei die Gutachterin das Datum mit "cirka" festlegte. Eine tatsächliche, verbrechenskausal erlittene Arbeitsunfähigkeit bis zum 12.05.2014 ist daher in Zusammenschau mit dem Gutachten glaubwürdig. Es war daher die dementsprechende Feststellung einer verbrechenskausalen Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum 01.01.2014 bis zum 12.05.2014 zu treffen.

Für eine über den 12.05.2014 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit, insbesondere wie von der belangten Behörde bis zum 31.08.2014 angenommen, liegen keine Beweismittel vor und kann eine solche auch von Amts wegen nicht erkannt werden. Über Aufforderung zur Vorlage entsprechender Belege mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2018 äußerte der Beschwerdeführer in seiner dazu ergangenen Stellungnahme vom 28.06.2018, in seinen Unterlagen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr zu finden. Er könne sich jedoch nicht erklären, nicht gearbeitet zu haben, wenn er fit gewesen wäre.

Aus der zum augenfachärztlichen Gutachten vom 19.04.2016, gegenüber seinem Rechtsanwalt, erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 07.06.2016, die der Beschwerdeführer nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht mit seinem Schreiben vom 28.06.2018 im Anhang übersendete, ist zu schließen, dass eine Arbeitsunfähigkeit über den 12.05.2014 hinaus wohl nicht bestanden hat. In dieser führte der Beschwerdeführer nämlich aus, dass das augenfachärztliche Gutachten allein aus der darin festgestellten Berufsunfähigkeit lediglich bis zum 27.04.2014, in Zweifel zu ziehen sei, wo doch seine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit lückenlos bis Mitte Mai 2014 vorliege. Von einer über den 12.05.2014 hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit war zu diesem Zeitpunkt nicht die Rede.

Die nunmehrige Angabe des Beschwerdeführers, er hätte bestimmt gearbeitet, wenn er fit gewesen wäre, stellt kein substantiiertes Vorbringen dar. Mangels medizinischer Unterlagen kann eine Arbeitsunfähigkeit bis Ende August 2014, von welcher die belangte Behörde offenbar in ihrer Entscheidung ausgegangen ist, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht angenommen werden.

Zum Verdienstentgang legte der Beschwerdeführer eine Vereinbarung mit dem Unternehmen XXXX über die Beauftragung für einen XXXX -Einsatz in Deutschland vom 30.08.2013 (Seite 131 des Verwaltungsaktes) vor und geht aus dieser ein vereinbarter Tagespauschalensatz in Höhe von € 15,- pro Einsatztag hervor.

Aus einer vorgelegten Bescheinigung des XXXX vom 20.04.2015 (Seite 129 des Verwaltungsaktes) ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 03.09.2013 bis zum 02.09.2014 für den Senior Experten Service bei der Firma XXXX in Marburg zum Einsatz gekommen ist bzw. ab dem 01.01.2014 im schadensfreien Verlauf gekommen wäre.

Über Anfrage der belangten Behörde vom 27.08.2015 an das Unternehmen XXXX , welches Einkommen der Beschwerdeführer im Zeitraum 03.09.2013 bis zum 02.09.2014 bei schadensfreiem Verlauf bezogen hätte, übermittelte dieses eine Auflistung über die bis zum Verbrechen am 01.01.2014 absolvierten Einsatztage und der bezogenen Tagespauschalen. Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer vor seiner Schädigung, sohin im Zeitraum vom 03.09.2013 bis zum 31.12.2013, insgesamt 31 Einsatztage hatte, für welche er in Summe 31 Tagespauschalen in Höhe von € 465,- (31 Tage x € 15,-) bezog. Weiters gab das Unternehmen bekannt, dass der Beschwerdeführer vor der Schädigung in der Regel drei Einsatztage pro Kalenderwoche bei der Firma absolvierte.

Dies ergibt sich auch aus folgender Auflistung (E-Mail vom 25.09.2015, 12:32; Seite 171 des Verwaltungsaktes), die das Unternehmen der belangten Behörde übermittelte:

03. - 06.09.2013 60 €

11. - 13.09.2013 45 €

16 - 20.09 2013 75 €

24 - 27.09.2013 60 €

30.09. - 02.10.2013 45 €

08. - 11.10.2013 60 €

15. - 17.10.2013 45 €

25. - 29.11.2013 75 €

Mangels Vorlage von Vereinbarungen über die exakten Beschäftigungstage des Beschwerdeführers vom 01.01.2014 bis zum geplanten Beschäftigungsende am 02.09.2014 muss betreffend den fiktiven schadensfreien Verlauf von einem Beschäftigungsausmaß von drei Kalendertagen pro Kalenderwoche ausgegangen werden.

Für die Annahme von insgesamt 149 Einsatztagen, wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 22.01.2016 behauptet, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Betrachtet man die durchschnittliche Anzahl an Einsatztagen im Zeitraum vor der Schädigung, welche bei ca. 1,94 Tagen (31 Einsatztage : 4 Monate : 4 Wochen) pro Kalenderwoche liegt, ist die Prognose von durchschnittlich drei Einsatztagen pro Kalenderwoche ohnehin sehr hoch gegriffen und fällt überaus zu Gunsten des Beschwerdeführers aus. Seine Ansicht, wonach die damals vorherrschenden und vom Beschwerdeführer zu optimierenden Unternehmensabläufe eine solche hohe Anzahl an Einsatztagen jedenfalls erforderlich gemacht hätten, untermauerte er nicht mit Beweismitteln, etwa Vereinbarungen oder Gesprächsprotokolle mit dem Unternehmen, aus welchen eine (höhere) Anzahl an Einsatztagen hervorginge.

Insgesamt ist für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers bedingt durch das Ereignis vom 01.01.2014 entgegen der Entscheidung der belangten Behörde mit angefochtenem Bescheid vom 17.12.2015 von einem Verdienstentgang in Höhe von € 855,-

auszugehen, da ein solcher nur für einen Zeitraum der Arbeitsverhinderung gebührt. Die genaue Berechnung wird in der rechtlichen Beurteilung vorgenommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 9d Abs. 1

VOG.

Zu A)

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben Anspruch auf Hilfe österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2. durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Gemäß § 1 Abs. 6 leg.cit. ist Hilfe Unionsbürgern sowie Staatsbürgern von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in gleicher Weise wie österreichischen Staatsbürgern zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1

1. im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde oder

2. im Ausland begangen wurde, die betroffenen Personen ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben und die Handlung nach dessen Begründung begangen wurde.

Gemäß § 2 Z 1 leg.cit. sind als Hilfeleistungen der Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges vorgesehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 leg.cit. ist Hilfe nach § 2 Z 1 monatlich jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Opfer durch die erlittene Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 3) als Verdienst oder den Hinterbliebenen durch den Tod des Unterhaltspflichtigen als Unterhalt entgangen ist oder künftighin entgeht. Sie darf jedoch zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 den Betrag von monatlich 2 068,78 Euro nicht überschreiten. Diese Grenze erhöht sich auf 2 963,23 Euro, sofern der Anspruchsberechtigte seinen Ehegatten überwiegend erhält. Die Grenze erhöht sich weiters um 217,07 Euro für jedes Kind (§ 1 Abs. 5). Für Witwen (Witwer) bildet der Betrag von 2 068,78 Euro die Einkommensgrenze. Die Grenze beträgt für Waisen bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 772,37 Euro, falls beide Elternteile verstorben sind 1 160,51 Euro und nach Vollendung des 24. Lebensjahres 1 372,14 Euro, falls beide Elternteile verstorben sind 2 068,78 Euro. Diese Beträge sind ab 1. Jänner 2002 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Die vervielfachten Beträge sind auf Beträge von vollen 10 Cent zu runden; hiebei sind Beträge unter 5 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 5 Cent an auf 10 Cent zu ergänzen. Übersteigt die Hilfe nach § 2 Z 1 zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 die Einkommensgrenze, so ist der Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges um den die Einkommensgrenze übersteigenden Betrag zu kürzen.

Nach Abs. 2 gelten als Einkommen alle tatsächlich erzielten und erzielbaren Einkünfte in Geld oder Güterform einschließlich allfälliger Erträgnisse vom Vermögen, soweit sie ohne Schmälerung der Substanz erzielt werden können, sowie allfälliger Unterhaltsleistungen, soweit sie auf einer Verpflichtung beruhen. Außer Betracht bleiben bei der Feststellung des Einkommens Familienbeihilfen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege sowie Einkünfte, die wegen des besonderen körperlichen Zustandes gewährt werden (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindenzulage und gleichartige Leistungen). Auf einer Verpflichtung beruhende Unterhaltsleistungen sind nicht anzurechnen, soweit sie nur wegen der Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 gewährt werden.

Ein Verdienstentgang ist dem Beschädigten demnach bis zur normierten Einkommensgrenze jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der ihm durch die verbrechenskausal erlittene Körperverletzung als Verdienst entgangen ist oder künftig entgeht.

Für die Beurteilung ist sohin der fiktive schadensfreie Verlauf maßgebend.

Zur Ermittlung des Verdienstentganges ist auf die zu § 1325 ABGB ergangene Judikatur des OGH zurückzugreifen, wonach jemand der an seinem Körper verletzt wird, einen Anspruch auf Ersatz des künftig entgehenden Verdienstes gegenüber dem Schädiger hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH muss bei der Beurteilung des Begehrens auf Ersatz von Verdienstentgang auf jene Verhältnisse Bedacht genommen werden, die ohne die Beschädigung des Verletzten eingetreten wären, sodass dieser nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll, als er ohne die Körperbeschädigung gewesen wäre (RIS-Justiz RS0030628).

Bei der Berechnung des Schadenersatzes für Verdienstentgang ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei welcher der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen wird. Dabei ist vom Nettoschaden auszugehen, weil dem Geschädigten vor dem Unfall auch nur die Nettoeinkünfte verblieben, also die um Steuer und sonstige Abgaben verminderten Bruttoeinkünfte. Vom hypothetischen Nettoverdienst, den der Geschädigte ohne den Unfall nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge erzielt hätte, ist der tatsächliche Nettoverdienst zuzüglich einer allenfalls zur Auszahlung gebrachten Sozialversicherungsrente abzuziehen (vgl OGH 09.09.2015, 2Ob1/15h mwN).

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer aufgrund der verbrechenskausalen Gesundheitsschädigung am 01.01.2014 zumindest bis zum 12.05.2014 nicht in der Lage war seine Tätigkeiten für die Firma XXXX fortzusetzen. Bei fiktivem schadensfreiem Verlauf wäre der Beschwerdeführer in einem Ausmaß von drei Tagen pro Kalenderwoche tätig gewesen.

Eine verbrechenskausale Arbeitsunfähigkeit lag im Ausmaß von 19 Kalenderwochen vor. Der Verdienstentgang berechnet sich demnach wie folgt: 19 Wochen multipliziert mit 3 Tagen ergibt 57 Einsatztage. Diese multipliziert mit € 15,- Tagespauschale ergibt einen Betrag in Höhe von € 855,-.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid insofern abzuändern, als ein verbrechenskausaler Verdienstentgang aufgrund des Vorfalles am 01.01.2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 12.05.2014 bewilligt wird. Die Ersatzleistung beträgt insgesamt €

855,00.

Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde bereits einen Betrag in Höhe € 1484,80 an den Beschwerdeführer ausbezahlt hat, ergibt sich eine Rückforderung der belangten Behörde in Höhe von € 629,80.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall war zu klären, in welchem Ausmaß dem Beschwerdeführer der unstrittig verbrechenskausal erlittene Verdienstentgang gebührt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde im Wesentlichen bereits durch die belangte Behörde durch entsprechende Erhebungen geklärt und war er zum Teil dem bereits abgeschlossenen zu Zl. W132 2106434-1 vom Bundesverwaltungsgericht geführten Verfahren betreffend den Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld zu entnehmen. Der Beschwerdeführer erstattete in seiner Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen, welches dazu geführte hätte, dass das Bundesverwaltungsgericht von einem anderen Sachverhalt, als die belangte Behörde ausgegangen wäre. Im Gegenteil gelangte das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers nur bis 12.05.2014 vorgelegen ist, und nicht wie offenbar von der belangten Behörde bis Ende August 2014. Im einem dazu ergangenen Parteiengehör erstattete der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 28.06.2018 ebenfalls kein substantiiertes Vorbringen, insbesondere legte er keine Beweismittel, welche eine Arbeitsunfähigkeit bis Ende August 2014 belegen würden, vor. Vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen war, sohin der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt war und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, war eine mündliche Verhandlung im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VwGH vom 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0007, mwN) nicht geboten. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall ist nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Im Übrigen waren im gegenständlichen Fall Rechtsfragen zu beurteilen, zu denen es eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gibt, die im Erkenntnis an entsprechenden Stellen zitiert wurde.

Schlagworte

Verdienstentgang, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W135.2122619.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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