TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 98/01/0552

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §4 Abs1;
AsylG 1997 §4 Abs2;
AsylG 1997 §4 Abs3;
AVG §39 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des BB, geboren am 14. Oktober 1976, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. September 1998, Zl. 204.949/0-XI/35/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. September 1998 hat der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl I Nr. 1997/76, als unzulässig zurückgewiesen. Dies begründete die belangte Behörde im Ergebnis damit, dass der über Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung finden könne.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer in Ungarn während des verwaltungsbehördlichen Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht zustehe. Im nachprüfenden Gerichtsverfahren gebe es die Möglichkeit, einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu stellen. Im Falle der Zuerkennung werde die aufschiebende Wirkung erst mit der gerichtlichen Entscheidung über die Zuerkennung wirksam. Zwischen erstinstanzlicher Entscheidung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht sei kein Aufenthaltsrecht gegeben und fremdenrechtliche Maßnahmen blieben zulässig. Daraus alleine ergebe sich nicht die Konventionswidrigkeit der ungarischen Bestimmungen im Hinblick auf die GFK und die EMRK, weil in diesen die Notwendigkeit eines Instanzenzuges im Administrativverfahren bzw. einer nachprüfenden Kontrolle erstinstanzlicher Entscheidungen nicht gefordert sei. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels bei einer dennoch eingerichteten weiteren Instanz hindere daher den gegebenen Schutz im sicheren Drittstaat nicht. Des Weiteren wies die belangte Behörde darauf hin, dass auch nach der österreichischen Rechtslage einer Bescheidbeschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht ex lege die aufschiebende Wirkung zukomme. Rechtlich ergebe sich daraus, dass auf Ungarn die Regelvermutung des § 4 Abs. 3 AsylG 1997 zutreffe, sodass ohne konkrete und spezifische Behauptungen des Betroffenen, dennoch einer unmittelbaren Gefahr im Drittstaat ausgesetzt zu sein, von gegebenem Schutz im Drittstaat auszugehen sein werde. Diese Regelvermutung sei widerlegbar, der Beschwerdeführer habe keine derartigen Behauptungen trotz ausreichender Möglichkeit vorgebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der angefochtene Bescheid gleicht im Fehlen einer näheren Auseinandersetzung mit der ungarischen Rechtslage zum Punkt "Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels bei einer dennoch eingerichteten" weiteren Instanz und damit zur Frage des "Bleiberechtes" des Asylwerbers in Ungarn während des Asylverfahrens einschließlich eines gesetzlich eingerichteten nachprüfenden Gerichtsverfahrens (§ 4 Abs. 2 AsylG) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Begründung jenes Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort angeführten Gründen war auch hier der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010552.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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