TE OGH 2018/10/24 8Ob110/18m

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Veröffentlicht am 24.10.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Malainer Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Nicole Konrad, Rechtsanwältin in Graz, wegen 18.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2018, GZ 2 R 165/17z-55, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 5. September 2017, GZ 19 Cg 53/14m-51, in der Sache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.253,88 EUR (darin 208,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Erstellung eines Gutachtens. Nach dessen Vorlage am 12. 5. 2011 erstattete auftrags einer Gesellschafterin der Beklagten eine Steuerberatungskanzlei am 16. 5. 2011 eine Stellungnahme zu dem Gutachten, in welcher Behauptungen und Berechnungen des Gutachtens kritisiert wurden. Die Beklagte übermittelte der Klägerin die Stellungnahme mit der Bitte um Durchsicht und Stellungnahme, die am 17. 5. 2011 abgegeben wurde, wobei die Klägerin ihr Gutachtensergebnis aufrechterhielt. Danach gab es keinerlei Einwände zum Inhalt des Gutachtens seitens der Beklagten. Am 15. 6. 2011 legte die Klägerin Rechnung über 15.000 EUR netto.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage den Honoraranspruch geltend.

Die Beklagte wandte – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – in ihrem Einspruch vom 17. 7. 2014 gegen den Zahlungsbefehl ein, dass ein Qualitätsmangel der klägerischen Leistung vorliege, welcher die Verpflichtung zur Honorierung obsolet mache.

Das Erstgericht gab der Klage vollinhaltlich statt mit der Begründung, dass eine aufrechenbare Forderung der Beklagten infolge Verjährung nicht mehr bestanden habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung in der Sache nicht Folge. Die von der Beklagten geltend gemachte Einrede des mangelhaft erfüllten Werkes sei infolge Ablaufs der auf § 933a ABGB anzuwendenden dreijährigen Schadenersatzfrist als verspätet zu qualifizieren. Die Beklagte habe nämlich seit Erhalt der Stellungnahme der Steuerberatungskanzlei im Mai 2014 Kenntnis von Schaden und Schädiger gehabt, sodass die Frist im Mai 2017 abgelaufen sei. Ob die Beklagte zur Abwendung der Verjährung eine negative Feststellungsklage erheben hätte müssen oder ob eine Mängelanzeige in Analogie zu § 933 Abs 3 ABGB ihre Schadenersatzansprüche nach § 933a ABGB gewahrt hätte, müsse nicht erörtert werden, weil die Beklagte weder das eine noch das andere gemacht habe.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Entscheidung zu den Fragen, „ob der Übernehmer eines Werkes gegen die Werklohnklage den Einwand der schadenersatzrechlichen Wandlung, wie von P. Bydlinski in KBB4 § 933a Rz 9 vertreten, geltend machen kann, und ob und mit welchem Zeitraum dieser Einwand befristet ist“, für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Rechtsfragen kommt hier keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu.

Das Vorbringen der Beklagten ist dahin auszulegen, dass sie einen – jedenfalls § 933a ABGB unterliegenden – Schadenersatzanspruch geltend macht, sei es einen Anspruch auf Geldersatz iSd § 933a Abs 2 ABGB, den sie compensando gegen die klagsweise geltend gemachte Honorarforderung einwendet, sei es einen Anspruch auf „schadenersatzrechtliche Wandlung“.

Ein aus der Bestimmung des § 933a ABGB resultierender Anspruch verjährt nach Rechtsprechung (2 Ob 115/01b; 5 Ob 230/14f [Punkt 4.3.] = ZRB 2015, 156 [Stibi]; 3 Ob 153/16w [Punkt 4.2.]) und Lehre (P. Bydlinski in KBB5 § 933a ABGB Rz 11; Hödl in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKom4 § 933a Rz 9; R. Madl in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1489 Rz 5, 14; Ofner in Schwimann/Kodek ABGB4 § 933a Rz 19; Zöchling-Jud in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 933a Rz 33) gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger.

Das Berufungsgericht ging jedenfalls vertretbar davon aus, dass der Beklagten der Mangel des Gutachtens und damit – ob der Unbrauchbarkeit des Gutachtens – ihr Schaden in Gestalt der Verpflichtung zur Werklohnzahlung seit Erhalt der Stellungnahme der Steuerberatungskanzlei bekannt war. Damit war aber ihr Schadenersatzanspruch bei seiner erstmaligen Geltendmachung im Einspruch gegen den Zahlungsbefehl bereits verjährt. Auf die Rückwirkung einer Aufrechnung kann sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil eine Aufrechnungslage nach § 1439 ABGB unter anderem die Fälligkeit des Anspruchs, mit dem aufgerechnet wird, voraussetzt. Wird die Schadenersatzforderung, mit der aufgerechnet werden soll, innerhalb der Verjährungsfrist nicht fällig gestellt, besteht keine Aufrechnungslage (RIS-Justiz RS0033762 [T2]).

Eine Schadenersatzforderung wird erst dann fällig, wenn der Geschädigte den Schaden (zahlenmäßig bestimmt) eingemahnt hat (

RIS-Justiz

RS0023392 [T8]), was hier vor Ablauf der Dreijahresfrist unterblieb. Ob in analoger Anwendung des § 933 Abs 3 ABGB eine Rüge der Beklagten die Perpetuierung ihrer Schadenersatzansprüche nach § 933a ABGB zur Folge gehabt hätte, bedarf – wie bereits vom Berufungsgericht erkannt – keiner Erörterung, weil die Aufforderung („Bitte“) der Beklagten an die Klägerin „um Durchsicht und Stellungnahme“ der/zur Stellungnahme der Steuerberatungskanzlei keine Anzeige eines Mangels iSd § 933 Abs 3 ABGB darstellt.

Ein relevanter Mangel des Berufungsverfahrens wird von der Revision nicht kritisiert (§ 510 Abs 3 ZPO).

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung inhaltlich auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente (RIS-Justiz

RS0112296).

Textnummer

E123187

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00110.18M.1024.000

Im RIS seit

19.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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