TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/21 98/20/0234

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Veröffentlicht am 21.10.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
AVG §67d;
EGVG Art2 Abs2 D Z43a idF 1998/I/028;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des am 26. November 1969 geborenen IO in Linz, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Klosterstraße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. Jänner 1998, Zl. 201.465/0-V/15/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzleramt) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Burkina Faso, reiste am 12. Dezember 1997 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am 15. Dezember 1997 den Antrag auf Gewährung von Asyl. Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 18. Dezember 1997 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen Folgendes an:

"Ich bin Musiker, bzw. Liedermacher und dabei habe ich einen Text für ein Lied für die CNPSD getextet.

Am 1.10.1997 fuhr ich mit meinem Moped und dabei bemerkte ich hinter mir einen Pkw, welcher mit 2 Uniformierten besetzt war.

Von diesen wurde ich dann absichtlich angefahren. Bei diesem Unfall wurde ich auch verletzt.

Die Uniformierten fuhren dann weiter. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass man mich töten wollte.

Am 7.10.1997 fuhr ich mit einem Freund im Auto, plötzlich tauchten zwei Militärmotorräder auf und man schoss auf das Auto.

Der Lenker wurde verletzt und es kam zu einem Unfall. Der Lenker wurde in das Krankenhaus gebracht und er verstarb im Krankenhaus.

F. Wie heißt der Freund und wo und wann ist dieser verstorben ?

A. Er heißt Sawadogo Amido, war ca. 20 Jahre alt und lebte ebenfalls in Ougadougou.

Er verstarb im größten Krankenhaus der Stadt, es heißt Yalgado. Er verstarb auch am 7.10.1997.

Ab diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass man mich töten würde und so verließ ich das Land.

F. Ist die von Ihnen erwähnte Partei verboten?

A. Es ist eine legale bekannte Partei.

...

Schildern Sie nunmehr Einzelheiten über diese Partei!

A. Ich kann nicht angeben, wie diese heißt, ich kenne nur die Abkürzung. CNPSD. Der Vorsitzende heißt Pere Claver Damiba. Es gibt nur drei Parteien.

F. Haben Sie sich ansonsten politisch betätigt?

A. Nein, ich bin nur Liedertexter.

F. Warum kommen Sie darauf, dass Sie vom Militär getötet werden sollten, wo Sie doch politisch gar nicht tätig sind ?

A. Bevor ich dieses Lied schrieb, hatte ich keine Probleme.

Diese hatte ich erst nachher.

     F. Was stand in diesem Lied?

     A. Der Titel hieß, "Wenn ich sehe dass Afrikaner wegen der

Macht sterben, tut es mir Leid."

     F. Sie schrieben doch für eine legale Partei und man

veröffentlichte dieses Lied lt. Ihren Angaben im Radio?

     A. Die Probleme vermute ich, habe ich, da ich der Autor dieses

Liedes bin. Ich habe nicht so viel Schulbildung, dass ich für eine Partei arbeiten könnte.

F. Hatten Sie anderweitige Probleme mit staatl. Behörden?

A. Nein, das hatte ich nicht.

F. Haben Sie dem etwas hinzuzufügen?

A. Nein, ich habe alles gesagt, was ich weiß.

F. Warum gingen sie nicht zur Polizei oder ersuchten Angehörige dieser Partei Sie diesbezüglich zu unterstützen?

A. Dies war ohnedies offiziell bekannt. Ich dachte, dass ich fliehen muss, da mir so etwas noch einmal passieren könnte.

F. Was könnte im Falle einer Rückkehr passieren?

A. Ich fühle mich bedroht und man könnte mich ebenfalls töten."

Mit Bescheid vom 29. Dezember 1997 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Nach Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme und der bezughabenden Gesetzesstellen wurde dies damit begründet, dass es dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben an der begründeten Furcht vor Verfolgung fehle. Bei dieser müsse es sich um eine solche handeln, die aus objektiver Sicht begründet sei und einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich erscheinen lasse. Bei den Befürchtungen des Beschwerdeführers handle es sich lediglich um Vermutungen, also bloß um subjektiv empfundene Furcht, die durch keinerlei Anhaltspunkte für konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete oder geplante Verfolgungshandlungen untermauert werden könnten. Den Aussagen des Beschwerdeführers habe nämlich u.a. auch nicht entnommen werden können, dass der Staat Ambitionen gehabt hätte, den Beschwerdeführer als politisch gefährlich einzustufen und ihn deshalb einer wie auch immer gearteten politischen Verfolgung auszusetzen, weil es sich bei der Partei, für welche dieser ein Lied komponiert habe, um eine legale Partei gehandelt habe und er nebenbei auch noch ausgeführt habe, sich nie politisch betätigt zu haben, weil ihm dazu auch noch die nötige Bildung fehle. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe dürften somit von Privatpersonen gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtet sein, was die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers jedoch nicht zu begründen vermöge. Verfolgung im Sinne des AsylG 1991 müsse entweder von staatlichen Stellen ausgehen oder der betreffende Staat müsse nicht in der Lage oder nicht gewillt sein, die von anderen Stellen ausgehenden Verfolgungen hintanzuhalten. Dass die staatlichen Behörden des Heimatlandes des Beschwerdeführers nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, diesem Schutz vor Verfolgung zu gewähren, sei seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Dies alleine schon deshalb, weil der Beschwerdeführer selbst ausführte, er hätte sich nicht einmal an die Polizei gewandt, um derartige von ihm befürchtete Übergriffe hintanzuhalten. Das Bundesasylamt ging weiter davon aus, dass durchaus die Möglichkeit bestehe, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer behaupteten Übergriffen um unglückliche Zufälle gehandelt habe. Denn hätte man ihn, wie er selbst geschildert habe, tatsächlich töten wollen, so wäre dies auf die von ihm geschilderte Art seitens der Behörden sicherlich auch möglich gewesen. Darüber hinaus liege im Fall des Beschwerdeführers auch ein Asylausschließungsgrund gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 AsylG 1991 vor.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er vorbrachte, es handle sich um ein politisches Problem, er werde von der Macht verfolgt und sei mehreren Mordversuchen entkommen. Er sei schwer verletzt worden und habe der Behörde erster Instanz die sichtbaren Spuren dieser Verletzung gezeigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76, ab. In die Begründung des angefochtenen Bescheides übernahm die belangte Behörde zunächst die Seiten 1 bis 5 (letztere bis inklusive Zeile 5) des erstinstanzlichen Bescheides und erhob diese zum Inhalt des vorliegenden Bescheides. Nach Wiedergabe des Inhaltes der Berufung und der Bestimmungen der §§ 44 Abs. 1 und 7 AsylG vertrat die belangte Behörde die Ansicht, aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens habe eine asylrelevante Verfolgungsgefahr des Berufungswerbers nicht festgestellt werden können. Hiebei stelle das Vorbringen des Berufungswerbers im Asylverfahren die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 18. Dezember 1997 habe der Berufungswerber angegeben, in Ausübung seines Berufes als Musiker für eine legale Partei einen Liedtext verfasst, sich jedoch ansonsten politisch nicht betätigt zu haben und keinerlei Probleme mit staatlichen Behörden ausgesetzt gewesen zu sein. Angesichts dieser getätigten Aussagen stelle das Vorbringen des Berufungswerbers, wonach er das Gefühl habe, dass man ihn nunmehr töten wolle, eine reine Vermutung dar, welche nicht in schlüssiger Weise nachvollzogen werden könne. Auch über ausdrückliche Befragung habe der Berufungswerber die von ihm geschilderten Vorkommnisse auf der Straße nicht als in Verfolgungsabsicht ergriffene Maßnahmen glaubhaft zu machen vermocht. Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es aber nicht auf die subjektive Einschätzung der Situation durch den Beschwerdeführer, sondern darauf an, dass die Furcht vor Verfolgung aus objektiver Sicht begründet sei und die Verfolgungsmaßnahmen auf einen der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) genannten Gründe zurückzuführen seien. Eine derartige Verfolgungsmotivation sei jedoch unter Zugrundelegung des vom Berufungswerber getätigten Vorbringens und des sich daraus ergebenden Gesamtbildes nicht erkennbar. Aus den dargelegten Erwägungen ergebe sich daher, dass es dem Berufungswerber nicht gelungen sei, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 7 AsylG ist Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv droht und keiner der im Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv (in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die vorliegende Beschwerde wirft der belangten Behörde zum einen Ermittlungsmängel dahingehend vor, dass diese ohne Prüfung der politischen Situation im Heimatland des Beschwerdeführers eine Verfolgung aus politischen Gründen ausgeschlossen habe und davon ausgegangen sei, die Behörden seines Heimatlandes würden dem Beschwerdeführer Schutz vor Verfolgung gewähren. Der Beschwerdeführer habe deshalb darauf verzichtet, den "Schutz" staatlicher Behörden zu suchen, weil ihm dies als einer von eben diesen Behörden verfolgten Person nicht zuzumuten gewesen sei. Zum anderen vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, er sei sehr wohl von den Behörden seines Heimatlandes verfolgt worden und es handle sich bei den Übergriffen nicht um unglückliche Zufälle, sondern um gezielte Aktionen. Des Weiteren befasst sich die Beschwerde mit der im erstinstanzlichen Bescheid angenommenen Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers.

Zum Beschwerdevorbringen ist vorweg zu bemerken, dass der angefochtene Bescheid nicht den gesamten Inhalt des Bescheides des Bundesasylamtes, sondern lediglich dessen Seiten 1 bis 5 (inklusive Zeile 5), die zum Einen die Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg, zum Anderen die Feststellung, der Beschwerdeführer habe sein Heimatland deshalb verlassen, weil er sich von als Angehörige des Militärs bezeichneten Personen verfolgt gefühlt habe, beinhalten, zum Bestandteil des angefochtenen Bescheides erhoben hat. Darüberhinausgehende Ausführungen, insbesondere zur Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers in Drittländern wurden durch die zitierte Verweisung auf den Bescheid der Behörde erster Instanz nicht in den angefochtenen Bescheid übernommen. Die darauf bezugnehmenden Ausführungen in der Beschwerde gehen daher ins Leere.

Der angefochtene Bescheid bringt in einer dem § 60 AVG widersprechenden Weise nicht klar zum Ausdruck, welchen als erwiesen angenommenen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde legte. Aus dem Gesamtzusammenhang der aus dem Bescheid erster Instanz übernommenen Begründungsteile und der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Argumentation ist aber zu erschließen, dass die belangte Behörde offenbar von dem in seiner Gesamtheit als glaubwürdig erachteten Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren ausging.

Ausgehend davon erweist sich aber die Begründung des angefochtenen Bescheides als nicht tragfähig. Das Schwergewicht des Vorbringens des Beschwerdeführers lag auf den ihm zugestossenen "Unfällen" mit "Militärangehörigen bzw. Uniformierten", die er als gegen ihn von staatlicher Seite gerichtete Mordversuche wertete und darauf zurückführte, dass er als Liedtexter für eine legale Partei ein gegen die Regierung gerichtetes Lied, welches auch im Radio gespielt worden sei, geschrieben habe.

Zu diesen Vorfällen führt die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe auch über "ausdrückliche Befragung" die "Vorfälle auf der Straße" nicht als in Verfolgungsabsicht ergriffene Maßnahmen glaubhaft zu machen vermocht; es komme nicht auf die subjektive Einschätzung einer Situation, sondern darauf an, dass die Furcht vor Verfolgung aus objektiver Sicht begründet sei und auf einen der in Art. 1 Abschitt A Z 2 FlKonv genannten Gründe zurückzuführen sei, was aber nicht erkennbar sei und wofür auch keine Indizien vorlägen.

Sollte die belangte Behörde mit dieser Beurteilung meinen, der Beschwerdeführer sei durch diese - nicht als unglaubwürdig qualifizierten - Vorfälle überhaupt nicht oder nicht von staatlicher Seite oder nicht aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv genannten Gründe verfolgt worden (arg.: "nicht als in Verfolgungsabsicht ergriffene Maßnahme"), so lässt sie jegliche Begründung für diese Ansicht vermissen. Die in diesem Zusammenhang zumindest implizit vertretene Einschätzung der belangten Behörde, wonach eine für eine legale Partei (nur) als Liedermacher auftretende und sonst politisch nicht aktive Person keinesfalls einer staatlichen Verfolgung aus politischen Gründen ausgesetzt sein könne, erscheint aber ohne weitere Feststellungen über die tatsächlichen politischen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers, insbesondere über die Rolle der Partei, für die der Beschwerdeführer seinen Angaben nach das genannte Lied verfasste, über den Umgang mit Personen, die sich in der Öffentlichkeit regierungskritisch betätigen, sowie allenfalls über den Inhalt des (zumindest nach seinem Titel politischen und gegen die Regierung gerichteten) Liedes, nicht nachvollziehbar.

Ohne derartige Feststellungen ist auch die Beurteilung durch die belangte Behörde, dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem sich daraus ergebenden "Gesamtbild" seien keine Verfolgungsmotivation aus den Gründen der FlKonv und auch keine "Indizien" dafür zu entnehmen, nicht verständlich, zumal nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ein Verfasser eines politischen und regierungskritischen, im Rundfunk verbreiteten Liedes, selbst wenn er dieses Lied für eine legale Partei verfasst haben sollte, auf Grund der dadurch zum Ausdruck gebrachten politischen Gesinnung von staatlicher Seite verfolgt wird. In diesem Zusammenhang wäre auch die - nicht klar zu deutende - Antwort des Beschwerdeführers auf die Frage, wieso er nicht bei den Behörden seines Heimatstaates Schutz vor derartiger Verfolgung gesucht habe ("dies war ohnehin offiziell bekannt") zu berücksichtigen, weil sie - jedenfalls ohne entsprechende Klarstellung - auch dahin gedeutet werden könnte, die Polizei sei trotz Kenntnis der Vorfälle (arg.: offiziell) nicht zum Schutz des Beschwerdeführers eingeschritten. Sollte sich die Befürchtung des Beschwerdeführers, von staatlicher Seite verfolgt zu werden, als zutreffend erweisen, so könnte ihm auch nicht entgegengehalten werden, er habe sich nicht an die staatlichen Behörden um Schutz vor Verfolgung gewendet.

Es trifft zwar zu, dass es für die Asylgewährung nicht auf die subjektive Einschätzung einer Situation ankommt, sondern darauf, ob nach objektiven Kriterien aus den vom Antragsteller vorgetragenen Umständen die Gefahr einer Verfolgung glaubhaft gemacht wurde. Gerade um eine derartige objektive Betrachtung anstellen zu können, bedarf es aber weiterer Ermittlungen im obgenannten Sinn sowie einer Erörterung der Ermittlungsergebnisse mit den Parteien des Asylverfahrens im Rahmen einer mündlichen Verhandlung.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998200234.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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