TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/12 VGW-001/042/9433/2017

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Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Index

41/02 Melderecht

Norm

MeldeG §1 Abs2
MeldeG §2
MeldeG §7
MeldeG §8 Abs2
MeldeG §22 Abs2 Z5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde der Frau F. A. vom 27.6.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 30.5.2017, Zl. …, wegen Übertretung des MeldeG, zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG) nicht zulässig. Im Übrigen ist gegen diese Entscheidung gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

 

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

„Sie haben als Unterkunftgeberin in Wien, T.-gasse/Tür 3, obwohl Sie im Hinblick darauf, dass Sie Mitbewohnerin dieser Wohnung sind Grund zur Annahme hatten, dass für Herrn M. A., dem Sie unterkunft gewähren oder gewährt haben, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, entgegen Ihrer Verpflichtung es unterlassen, innerhalb von 14 Tagen sohin zumindest ab dem 23.11.2016 bis zum 28.02.2017 (Zeitpunkt der amtlichen Anmeldung) der Meldebehörde, nämlich dem Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk, …, oder einem anderen der weiteren 18 Magistratischen Bezirksämter der Stadt Wien, Mitteilung zu machen, obzwar Sie die Meldepflicht nicht selbst getroffen hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 22 Abs. 2 Ziffer 5 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 20,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Stunde gemäß § 22 Abs. 2 Meldegesetz 1991.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch 10,00 € je Übertretung). Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 30,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Begründung:

Die Ihnen zur Last gelegte und im Spruch näher ausgeführte Verwaltungsübertretung gelangte der erkennenden Behörde durch eine Anzeige der Magistratsabteilung 62 zur Kenntnis.

In Ihrem Einspruch haben Sie die Begehung der Ihnen angelasteten Übertretung bestritten und Folgendes vorgebracht:

Sie gaben in Ihrem Einspruch an, dass Herr M. A. nie bei Ihnen in dieser Wohnung gewohnt hätte.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Aufgrund einer amtlichen Erhebung bestand seitens der Magistratsabteilung 62 als Meldebehörde für Wien die Notwendigkeit die Meldedaten von Herrn M. A. zu überprüfen. Herr A. war von 26.02.2013 bis zu seiner amtlichen Abmeldung am 05.01.2017 in Wien, M.-gasse, gemeldet. Im Meldeverfahren wurde eine schriftliche Aufforderung zur Bekanntgabe seines aktuellen Wohnsitzes vom 17.11.2016, welche mittels postalischem Nachsendeauftrag nach Wien, T.-gasse/3, nachgesendet wurde, dort am 23.11.2016 übernommen und somit zugestellt.

Die Magistratsabteilung 62 hat aufgrund dieser Zustellung diese Adresse als nunmehr aktuellen Wohnsitz des Herrn A. herangezogen und im anhängigen Meldeverfahren verwendet.

Aufgrund dieser amtlichen Zustellung der Aufforderungen der Magistratsabteilung 62 hätten Sie als Unterkunftgeberin Grund zur Annahme haben müssen, dass Herr M. A. die Meldepflicht (Wohnsitzan- bzw. -abmeldung) bei der Meldebehörde nicht erfüllt hat. Sie hätten als Unterkunftgeberin der Meldebehörde mitteilen müssen, dass Herr A. seine Meldepflicht nicht erfüllt, da er auch an der Adresse Wien, T.-gasse/3, nicht wohnhaft ist.

§ 8 Abs. 2 Bundesgesetz über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG):

Hat der Unterkunftgeber Grund zur Annahme, dass für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, so ist er verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen. Die Ihnen zur Last gelegte Übertretung ist somit in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

Bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ein derartiges Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, Ihr mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, haben Sie aber nicht erstattet. Demnach sind auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei erwiesen.

Zur Bemessung der Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten des/der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sind im vorliegenden Fall durchschnittlich.

Bei der Strafbemessung wurden weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe gewertet.

Hinsichtlich Ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten wurden Ihre Angaben in der Rechtfertigung herangezogen. Die erkennende Behörde ging von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten aus. Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe ist die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte zwingende Bestimmung des Gesetzes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die beschwerdeführende Partei vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben. Erläuternd wurde u.a. ausgeführt:

„Auch Behörden sind nicht vor Fehlern gefreit. Als zuständige Meldebehörde dürfte es Ihrer Aufmerksamkeit (zu oberflächlich, nachlässig, interne Kommunikationsprobleme etc.) entgangen sein, dass ich seit 1. Mai 2017 Umgezogen bin und mich ordnungsgemäß ab/angemeldet habe.

Sie schicken das Straferkenntnis ausgest. 30.05.2017 (!) weiter an meine Alte Adresse!

Zum 1. Abs.: (eine irritierende und schwer verständliche Satzkontruktion)

…ich war nicht Unterkunftgeberin meines Ex-Mannes M. A.…

… ich war auch nicht Mitbewohnerin dieser Wohnung, sondern Untermieterin

Einer möbilieren Küche/Zimmerwohnung, den Unterschied brauche ich wohl nicht erklären.

Somit hatte ich weder eine Verpflichtung irgendetwas zu tun, noch habe ich etwas unterlassen.

Der von Ihnen angeführte Zeitraum ist irrelevant, weil ich ihm nie Unterkunft Gewährt habe – somit weise ich sämtliche, wie immer geartete Vorwürfe zurück.

Nun weiter zu Ihrer Begründung Seite 2

… dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Ja, mein Ex war dort gemeldet. Er wurde jedoch Ende September 2016 delogiert. Somit hat ER bis zu seiner Abmeldung über 3 (!) Monate lang gegen das Meldegesetz verstossen – Strafen Sie ihn und nicht mich.

Da ich objektiv annehmen darf, das nicht nur das Meldegesetz, sondern auch die bürokratische Abwicklung, für alle Bürger gleich ist, kann ich nur aus eigener Erfahrung feststellen:

Es gibt nur 2 Möglichkeiten (bzw. beide zusammen)

Sie haben bei der An/Abmeldung meines Ex

1.

Die nötige Sorgfalt (nachlässig bis fahrlässig) vermissen lassen, die unübliche der Art der Wohnsitz bekanntgabe mittels Brief gewählt, warum nicht mit eigenhändigem RSA-Brief?

Und schliessen dann nach einer irrtümlichen Briefannahme auf ... ist somit in objektiver

Hinsicht als erwiesen anzusehen ... Das ist wohl ziemlich weit hergeholt!

2.

Mein Ex hat falsche und betrügerische Angaben gemacht.

Wahrscheinlich trifft beides zu.

Und nun noch zu meiner Ummeldung:

Ich war am 27. April 2017 mit meiner Vertrauensperson Hrn. Ing. H., T.-gasse/15, Wien beim Meldeamt ….

Ich hatte die Pässe,sowie den neuen Mietvertrag mit.

Meine VP füllte die Formulare aus - wir wurden abgewiesen!!!

Weil auf dem Formular links unten die Unterschrift des Vermieters fehlte!

Die versuchte Einlenkung meiner VP, na können wir nicht den Mietvertrag kopieren, da ist die Unterschrift drauf - wurde zurückgewiesen – „Vurschrift is Vurschrift"

Also warum nicht das gleiche Procedere bei meinem Ex???

Man hätte sich viel Arbeitszeit und Papier erspart.

Und abschliessend noch, ich habe weder etwas unterlassen, noch getan das eine

Bestrafung rechtfertigt.

Das einzige was sie richtig angenommen, geschätzt haben ist meine finanzielle Lage.

Für viele sind € 20.- nunmehr € 30.- nicht die "Welt", ich könnte damit schon meine beiden Kinder für mind. 1 Wochenende verköstigen.

Geschrieben, meine VP:

Er ist auch für die Wortwahl verantwortlich

Ing.H.

T.-gasse/15

Wien

Sg. Damen, sg. Herren

Ich bin 68j., verh., bautechniker i. P.

Als vertrauensperson, mentor, freund und "sekretär"

Begleite ich fr. a. seit ca. 4 jahren bei all ihren „amtsgeschäften".

Sie spricht zwar ganz gut deutsch, lesen, schreiben, orthographie und grammatik sind nicht ihre stärken.

Als ordentlicher staatsbürget. bediene ich mich nun Meines rechtes der freien meinungsäusserung undÜbe auch sachliche kritik.

Der erste absatz des straferkenntnisses (eine 9 zeilige Satzwurst) würde bei einer pisastudie der 12 - 14j. Keinen blumentopf gewinnen.

Auch wenn Sie weiterhin auf Ihrer unrichtigen, "objektiven annahme" beharren, wird sie nicht zur Wahrheit!

Wenn man 2 versch. Meldeverfahren, nicht gleich Abwickelt, müsste es wohl heissen - subjektiv!

Da könnten wir ja gleich wieder das orakel von delphi Aktivieren - dort konnte auch ein jeder das annehmen, was er für günstig erachtete.

Weiters werfen sie ihr vor, sie habe nichts vorgebracht, um ihr mangelndes verschulden glaubhaft zu machen ...

noch müssen wir unsere unschuld nicht beweisen, sondern umgekehrt!

Und nicht mit annahmen sondern mit fakten, und die schauen anders Aus.

Weiters vermisse ich jegliche verhältnismässigkeit, sowie einen Gewissen ermessensspiefraum.

Auch wenn sie weiterhin die Briefe an M. A. an die falsche Adresse schicken, sie gehen alle retour. -Lustigerweise schickt nun auch die MA 62, …,briefe hierher.

Zusätzlich noch an den mann unserer vor ca. 5 -10 j verstorbenen Hausmeisterin, - …. Den können sie in ex-jugoslawien besuchen, falls er noch lebt.

Weiters hört man immer von bürokratieüberlastung, kein wunder Wenn man mit solchen IIpea-nuts", nicht nur wertvolle Zeit verschwendet, sondern auch genügend Altpapier und warme Luft produziert.

Eine kosten- nutzenrechnung erspare ich mir, sie ist nicht relevant -Viel wichtiger ist, es wurde wieder ein § erfüllt.

Wann muss denn (dieses arbeitsunwillige, arbeitsscheue, lügende, betrügende, präpotente Ä... ) M. A., der Veranlasser des gesamten dilemmas, die ersatzfreiheitsstrafe antreten? Der machts sich einfach, briefe schmeisst er weg, zerreisst sie, zahlen tut er nichts - er lebt als u-boot .“

Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass am 28.2.2017 die Magistratsabteilung 62 die Beschwerdeführerin wegen des Vorwurfs einer unterlassener bzw. verspäteten Anmeldung nach dem MeldeG zur Anzeige gebracht hat. Erläuternd wurde ausgeführt:

„Frau A. hat als Unterkunftgeberin Grund zur Annahme, dass für M. A., der sie Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde zumindest seit 23.11.2016 nicht erfüllt wurde und hat dies der Meldebehörde nicht binnen 14 Tagen mitgeteilt.“

Aus der von der belangten Behörde beigeschafften Melderegisterauszug zur Beschwerdeführerin vom 1.3.2017 ergibt sich, dass diese seit dem 10.5.2014 an der Adresse Wien, T.-gasse/3, gemeldet (Hauptwohnsitz) ist.

Weiters geht aus dem erstinstanzlichen Akt hervor, dass Herr M. A. am 28.2.2017 (!!!) von der Meldebehörde amtlich an der Adresse Wien, T.-gasse/3, nach dem Meldegesetz angemeldet worden ist. Zudem war er zwischen dem 26.2.2013 und dem 5.1.2017 an der Adresse Wien, M.-gasse, polizeilich (Hauptwohnsitz) gemeldet.

Zudem erliegt im Akt eine Strafanzeige der Magistratsabteilung 62 vom 5.1.2017, in welcher vorgebracht wurde, dass Herr M. A. die ihn treffende Meldepflicht nicht erfüllt habe, da er sich im Zeitraum vom 25.10.2015 (siehe Bericht der MA 6 vom 25.10.2016) bis 05.01.2017 (Zeitpunkt der amtlichen Abmeldung) nicht von seiner Adresse Wien, M.-gasse, abgemeldet habe. Daher sei er amtlich abgemeldet worden.

Dieser Anzeige war ein Schreiben der Magistratsabteilung 6 vom 25.10.2016 beigeschlossen, in welchem mitgeteilt wurde, dass Herr M. A. an der Adresse Wien, M.-gasse, angemeldet sei, doch die Erhebungen ergeben haben, dass dieser in dieser Wohnung nicht aufhältig sei. Worauf sich diese Annahme der MA 6 gründete, kann aus dem Akt nicht entnommen werden.

Sodann erliegen im Akt Schriftsätze der MA 62 vom 27.10.2016 und vom 17.11.2016 an Herrn M. A. an diese Adresse. Die erfolgte Zustellung des Schreibens vom 27.10.2016 ist aus dem Akt nicht zu entnehmen. Dagegen wurde das zweite Schreiben vom 17.11.2016 laut im Akt erliegenden Rückschein (vgl. AS 6) an die Adresse Wien, T.-gasse/3, nachgesendet, und sodann von Herrn M. A. am 23.11.2016 persönlich übernommen.

Zudem erliegen im Akt an Herrn M. A. an die Adresse Wien, T.-gasse/3, adressierte und mit 9.1.2017 und 30.1.2017 datierte Schreiben. Die erfolgte Zustellung des Schreibens vom 9.1.2017 ist aus dem Akt nicht zu entnehmen. Dagegen wurde das zweite Schreiben vom 30.1.2017 laut im Akt erliegenden Rückschein (vgl. AS 3) unbehoben rückgemittelt.

Allein aufgrund der Nichtbehebung des letzteren Schreibens wurde von der belangten Behörde, und sohin ohne weitere Ermittlungen (!!!), gegen die Beschwerdeführerin eine mit 2.3.2017 datierte Strafverfügung wegen Übertretung des § 8 Abs. 2 MeldeG erlassen.

Aus dem Akt ergibt sich keinerlei Indiz, dass die Beschwerdeführerin die Hauptmieterin oder die Eigentümerin der gegenständlichen Wohnung war bzw. ist.

In dem gegen diese Strafverfügung mündlich protokollierten Einspruch der Beschwerdeführerin vom 16.3.2017 führte diese aus, dass Herr M. A. niemals in der Wohnung Wien, T.-gasse/3, gewohnt habe.

Sodann wurde das gegenständlich Straferkenntnis erlassen.

DAS VERWALTUNGSGERICHT WIEN HAT ERWOGEN:

Gemäß § 1 Abs. 2 MeldeG ist ein Unterkunftgeber die Person, welche jemandem, aus welchem Grunde immer, Unterkunft gewährt.

§ 2 Abs. 1 bis 3 MeldeG lautet wie folgt:

„(1) Wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, ist zu melden.

(2) Nicht zu melden sind

1.

Menschen, denen in einer Wohnung nicht länger als drei Tage Unterkunft gewährt wird;

2.

ausländische Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder und diesen vergleichbare Persönlichkeiten sowie deren Begleitpersonen;

3.

Fremde, die im Besitz eines gemäß § 95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, vom Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres ausgestellten gültigen Lichtbildausweises sind, soweit sie in Wohnungen Unterkunft nehmen;

4.

Menschen, die auf Grund einer Entscheidung oder Verfügung eines ordentlichen Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde angehalten werden.

 

(Anm.: Z 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 101/2003)

(3) Sofern sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes schon anderswo gemeldet sind, sind Menschen nicht zu melden,

1.

denen in einer Wohnung nicht länger als zwei Monate unentgeltlich Unterkunft gewährt wird;

2.

die als Pfleglinge in einer Krankenanstalt aufgenommen sind;

3.

die als Minderjährige in Kinder-, Schüler-, Studenten-, Jugend- oder Sportheimen untergebracht sind;

4.

die als Angehörige des Bundesheeres, der Bundespolizei, der Zoll- oder Justizwache oder die im Rahmen eines Katastrophenhilfsdienstes in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind.“

§ 7 MeldeG lautet wie folgt:

„(1) Die Meldepflicht trifft den Unterkunftnehmer.

(2) Die Meldepflicht für einen Minderjährigen trifft, wem dessen Pflege und Erziehung zusteht. Nimmt ein Minderjähriger nicht bei oder mit einem solchen Menschen Unterkunft, trifft die Meldepflicht den Unterkunftgeber.

(3) Die Meldepflicht für einen volljährigen entscheidungsunfähigen Menschen trifft seinen gesetzlichen Vertreter (§ 1034 ABGB), wenn sie in dessen Wirkungsbereich fällt. Nimmt der vertretene Mensch nicht bei oder mit dem gesetzlichen Vertreter Unterkunft, trifft die Meldepflicht den Unterkunftgeber.

(4) Der Meldepflichtige hat die ausgefüllten Meldezettel zu unterschreiben; er bestätigt damit die sachliche Richtigkeit der Meldedaten. Die Rubrik für die Eintragung des Religionsbekenntnisses braucht erst ausgefüllt zu werden, nachdem der Unterkunftgeber die Meldezettel unterschrieben hat (§ 8).

(5) In Beherbergungsbetrieben können die Eintragungen ins Gästeverzeichnis auch vom Inhaber des Beherbergungsbetriebes oder dessen Beauftragten vorgenommen werden, wenn der Meldepflichtige die erforderlichen Angaben macht.

(6) Der Inhaber des Beherbergungsbetriebes oder dessen Beauftragter ist für die Vornahme der Eintragungen ins Gästeverzeichnis verantwortlich; er hat die Betroffenen auf deren Meldepflicht aufmerksam zu machen. Weigert sich ein Meldepflichtiger die Meldepflicht zu erfüllen, so hat der Inhaber des Beherbergungsbetriebes oder dessen Beauftragter hievon unverzüglich die Meldebehörde oder ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu benachrichtigen.“

§ 8 MeldeG lautet wie folgt:

„(1) Der Unterkunftgeber hat alle vom Meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung seines Namens zu unterschreiben. Die Unterschrift als Unterkunftgeber hat zu verweigern, wer Grund zur Annahme hat, daß der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

(2) Hat der Unterkunftgeber Grund zur Annahme, daß für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, so ist er verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen.“

§ 22 Abs. 2 MeldeG lautet wie folgt:

„Wer

1.

öffentliche Urkunden, die er gemäß § 3 Abs. 3 vorzulegen gehabt hätte, nicht innerhalb einer ihm gesetzten, angemessenen Frist nachbringt oder

2.

die ihn treffende Meldepflicht nach § 17 Abs. 4 nicht erfüllt oder

3.

sich als Unterkunftgeber weigert, die ausgefüllten Meldezettel zu unterschreiben oder

4.

einen Meldezettel als Unterkunftgeber unterschreibt, obwohl er Grund zur Annahme hat, daß der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird oder

5.

als Unterkunftgeber gegen § 8 Abs. 2 verstößt oder

6.

als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes oder als dessen Beauftragter gegen seine Verpflichtungen nach § 7 Abs. 6 verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 1 090 Euro, zu bestrafen.“

Fest steht, dass Herr M. A. zwischen dem 25.2.2013 und dem 5.1.2017 an der Adresse Wien, M.-gasse, gemeldet gewesen ist.

Festgestellt wird, dass sich aus dem Akt lediglich aus dem Umstand, dass von Herrn M. A. ein Nachsendeauftrag an die Adresse Wien, T.-gasse/3 eingerichtet worden ist, ein Indiz ergibt, dass dieser an dieser Adresse jemals gewohnt hat.

Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin stets bestritten, dass dieser jemals an dieser Adresse gewohnt hat.

Zur Feststellung, dass Herr M. A. nicht an der Adresse Wien, M.-gasse, gewohnt hat, findet sich im Akt überhaupt kein Beweismittel, von der unsubstantiierten Behauptung der Magistratsabteilung 6 und dem Umstand eines Nachsendeauftrags an die Adresse Wien, T.-gasse/3, abgesehen. Weder die unsubstantiierte Behauptung der MA 6 noch die Einrichtung eines Nachsendeauftrags vermögen nun aber zu belegen, dass jemand dauerhaft seinen Hauptwohnsitz an einer Wohnung aufgegeben hat. Verwiesen sei diesbezüglich lediglich auf § 2 Abs. 3 Z 1 MeldeG, wonach eine Meldepflicht nicht besteht, wenn jemand anderswo gemeldet ist, und diesem maximal zwei Monate unentgeltlich eine Unterkunft gewährt worden ist. Sohin begründet jedenfalls eine zweimonatige Abwesenheit von einem Hauptwohnsitz keinesfalls eine Aufgabe des Wohnsitzes. Daher kann schon aus diesem Grund ein Nachsendeauftrag bestenfalls ein schwaches Indiz für eine Wohnsitzaufgabe sein, welches jedenfalls nicht ohne weiteres geeignet ist, die Behauptung, dass jemand an der Adresse des Nachsendeauftrags nicht tatsächlich gewohnt hat, zu widerlegen.

Wenn überhaupt, kann nur aus den Angaben der Beschwerdeführerin in deren Beschwerde gefolgert werden, dass Herr M. A. Ende 2016 seinen Wohnsitz an der Adresse Wien, M.-gasse, aufgegeben hat. Dieser Umstand lässt es durchaus nachvollziehbar erscheinen, dass Herr M. A. einen Nachsendeauftrag an die Adresse einer nahen Bekannten (bzw. seine Ex-Gattin) veranlasst hat. Doch bildet das noch lange keinen Beweis dafür, dass dieser jemals in der Wohnung der Beschwerdeführerin gewohnt hat. Noch weniger beweist die Einrichtung eines Nachsendeauftrags, dass die Beschwerdeführerin Kenntnis haben musste, dass Herr M. A. bereits zum Zeitpunkt des Nachsendeauftrags seine Unterkunft aufgegeben hatte.

Doch all das ändert nichts, dass Herr M. A. jedenfalls bis zum 5.1.2017 an der Adresse Wien, M.-gasse, gemeldet war, und daher dieser – im Falle einer wohl anzunehmenden unentgeltlichen Unterkunftsgewährung - nur dann verpflichtet gewesen wäre, sich an der Adresse Wien, T.-gasse/3, anzumelden, wenn dieser an dieser Adresse mehr als zwei Monate gewohnt hätte, bzw. nach dem 5.1.2017 gewohnt hatte. Für diese Annahmen gibt es schon überhaupt keinerlei Indiz bzw. Beweismittel.

Festzustellen ist daher, dass es überhaupt kein ausreichendes Indiz für die Annahme gibt, dass Herr M. A. verpflichtet gewesen wäre, sich an der Adresse Wien, T.-gasse/3, anzumelden.

Zudem findet sich im Akt ÜBERHAUPT kein Beweismittel, dass die Beschwerdeführerin Grund zur Annahme haben hätte müssen, dass dieser sich an deren Adresse anmelden hätte müssen und dies nicht getan hat, bestreitet diese doch durchaus glaubhaft, dass dieser niemals in deren Wohnung gewohnt hatte, und hätte zudem selbst eine Unterkunftsgabe von bis zu zwei Monaten vor dem 5.1.2017 gar keine Meldepflicht begründet.

Festgestellt wird weiters, dass Herr M. A. sich niemals an der Adresse Wien, T.-gasse/3, polizeilich angemeldet hatte, was ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin darstellt.

Weiters hat die belangte Behörde selbst erhoben, dass keines der an die Adresse Wien, T.-gasse/3, von Herrn M. A. übernommen worden ist, was jedenfalls eher ein Indiz darstellt, dass dieser an dieser Adresse in den jeweiligen Hinterlegungszeiträumen bzw. im Hinterlegungszeitraum nicht gewohnt hatte.

Zudem ergibt sich aus dem gesamten Akt keinerlei Indiz, dass die Beschwerdeführerin die Hauptmieterin oder Eigentümerin der gegenständlichen Wohnung gewesen ist. Sohin hat die belangte Behörde nicht einmal das Vorliegen dieser Voraussetzung geprüft.

Bei dieser Sachlage vermag die gegenständliche Beschuldigung nicht auch nur annähernd bewiesen zu werden.

Es ist daher davon auszugehen, dass das angelastet Tatbild nicht verwirklicht worden ist.

Folglich war spruchgemäß zu entscheiden.

Da keine Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hat, konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG seitens des Verwaltungsgerichts Wien von einer Verhandlung abgesehen werden.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Zweimonatige Abwesenheit; keine Wohnsitzaufgabe; Nachsendeauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.001.042.9433.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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