TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/27 97/09/0246

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Veröffentlicht am 27.10.1999
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §124 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des H H in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr vom 14. Juli 1997, Zl. 200.092/5-VI-1997, betreffend Verhandlungsbeschluss nach dem BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war im maßgebenden Tatzeitraum von 1989 bis zu seiner 1996 erfolgten Versetzung in den Ruhestand im Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland tätig.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Juli 1997 hat die belangte Behörde einen Verhandlungsbeschluss mit folgendem Spruch gefasst:

"Die im Gegenstand im Amtsgebäude des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr einberufene Disziplinarkommission hat beschlossen, gemäß § 124 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG) für Donnerstag, den 7. August 1997 um 10.30 Uhr über den Gegenstand eine mündliche Verhandlung im Amtsgebäude des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, Zimmer 7 E 28 anzuberaumen.

Dem Beschuldigten wird folgende schuldhafte Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt:

Amtsdirektor Regierungsrat H H hat in seiner Eigenschaft als Beamter (Referent B) im Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland die ihm zur zuständigen Bearbeitung übertragenen Akten über fernmeldebehördliche Bewilligungen für Funkanlagen über längere Zeiträume gar nicht oder unzureichend bearbeitet.

Durch dieses Verhalten hat Amtsdirektor Regierungsrat H H die gemäß § 43 Abs. 1 BDG bestehende Verpflichtung seine dienstlichen Aufgaben gewissenhaft zu besorgen verletzt.

Für die Disziplinarverhandlung ist folgende Zusammensetzung des Senats vorgesehen:

     Vorsitzender:     Sektionschef Mag. Dr. iur. Kurt Bauer

     1. Mitglied:      OR Mag. Dr. iur. Heidemarie Parrer

     Ersatzmitglied:   MR Mag. Dr. iur. Alfred Stratil

     2. Mitglied:      AS Edmund Balkovich

     Ersatzmitglied:   MR Dipl. Ing. Walter Marxt

                       ZI Ing. Helmut Bucher

     Schriftführer:    MR Dr. Gustav Kafka"

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid wie folgt begründet:

"Mit Schreiben vom 31. Mai 1996, GZ. 102517-JD/96, wurde vom seinerzeitigen Leiter des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Hofrat Mag. J H eine den als Referent B im Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland tätigen Amtsdirektor Regierungsrat H H betreffende Sachverhaltsdarstellung an die Sektion IV (Oberste Fernmeldebehörde) erstattet, die im Dienstwege an die Dienstbehörde (Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, Verwaltungsbereich Verkehr) weitergeleitet wurde. Diese Sachverhaltsdarstellung wurde seitens der Dienstbehörde (im Wege der Abteilung Präs. 1) mit Schreiben vom 8. August 1996, Pr. Zl. 1205/7-1/1996 an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission weitergeleitet. Diese ist auf Grund ihrer Ermittlungen zur einstimmigen Auffassung gelangt, dass Amtsdirektor Regierungsrat H H eine Dienstpflichtverletzung zur Last zu legen ist und Einstellungsgründe gemäß § 118 BDG nicht vorliegen. Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, "dass eine Disziplinarverhandlung nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach diesem Gesetzesabschnitt anberaumt und durchgeführt wird, sowie auf gesetzmäßigen Inhalt des Verhandlungsbeschlusses insbesondere bezüglich Bekanntgabe der Senatszusammensetzung, durch unrichtige Anwendung des § 124 BDG, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, die Bescheidbegründung und das Parteiengehör". Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer war am 30. Juni 1997 anhängig (vgl. Disziplinaranzeige vom 8. August 1996 und Einleitungsbeschluss vom 2. Dezember 1996). Eine Berufung gegen den angefochtenen Verhandlungsbeschluss an die Berufungskommission im Sinn des § 124 Abs. 2 zweiter Satz BDG 1979 in der Fassung der ersten BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61/1997, war demnach im Beschwerdefall gemäß der Übergangsbestimmung des § 243 Abs. 6 leg. cit. nicht zulässig.

Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat gemäß § 124 Abs. 1 BDG 1979 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung bis 30. Juni 1997) die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, dass zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind im Verhandlungsbeschluss die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist im Verhandlungsbeschluss dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekannt zu geben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung des Verhandlungsbeschlusses ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Auf Verlangen des Beschuldigten dürfen bei der mündlichen Verhandlung bis zu drei Beamte als Vertrauenspersonen anwesend sein. Die mündliche Verhandlung ist ansonsten nicht öffentlich.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, dass im angefochtenen Bescheid "für den Vorsitzenden kein Senatsmitglied angegeben ist". Mit diesem Vorbringen wird jedenfalls keine Verletzung der Bestimmung des § 124 Abs. 3 BDG 1979 bzw. des Ablehnungsrechtes des Beschwerdeführers dargetan. Dass die Zusammensetzung des konkreten Senates einschließlich von drei konkreten Ersatzmitgliedern im angefochtenen Verhandlungsbeschluss bekannt gegeben wurde, ist unbestritten. Damit wurde der Verpflichtung des § 124 Abs. 3 erster Satz BDG 1979 aber entsprochen (vgl. aber insoweit auch die hg. Erkenntnisse vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0080, und vom 2. Juli 1987, Zl. 87/09/0036). Die vom Beschwerdeführer darüber hinausgehend angenommene Verpflichtung zur Bekanntgabe eines "Ersatzvorsitzenden" ist dem Gesetz nicht entnehmbar. Führt die Ausübung des Ablehnungsrechtes durch den Beschuldigten zu einer Änderung der Zusammensetzung des die Verhandlung durchführenden und entscheidenden Senates derart, dass (etwa mangels eines als Vorsitzenden der Disziplinarkommission zur Verfügung stehenden Mitgliedes oder Ersatzmitgliedes) in den Senat ein dem Beschuldigten noch nicht bekannt gegebenes Mitglied oder Ersatzmitglied aufgenommen werden muss, dann ändert sich dadurch die Zusammensetzung des Senates, was die Pflicht der Behörde auslöst, den geänderten Senat dem Beschuldigten bekannt zu geben. Dieser kann dann sein Ablehnungsrecht ausüben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1999, Zl. 98/09/0064). Die vom Beschwerdeführer behauptete Beschränkung seines Ablehnungsrechtes ist somit nicht erkennbar.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0169, und vom 22. April 1993, Zl. 93/09/0030) sind im Spruch eines Verhandlungsbeschlusses die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen, das heißt, dass im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumtion unter einem bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Insbesondere ist klarzustellen, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird, wobei die endgültige rechtliche Subsumtion dem das Disziplinarverfahren beendenden Erkenntnis der Disziplinarbehörde vorbehalten bleibt.

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage und der durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Funktion des Verhandlungsbeschlusses sind die an die Formulierung der Anschuldigungspunkte zu stellenden Anforderungen im Beschwerdefall als erfüllt anzusehen. Dem Beschwerdeführer wird im angefochtenen Bescheid zur Last gelegt, die ihm übertragenen Akten über fernmeldebehördliche Bewilligungen für Funkanlagen über längere Zeiträume gar nicht oder unzureichend bearbeitet und derart seine Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verletzt zu haben. Diese Anschuldigung wird im Begründungsteil durch den Verweis auf die Sachverhaltsdarstellung vom 31. Mai 1996 und die auf Grundlage dieser Sachverhaltsdarstellung erstattete Disziplinaranzeige vom 8. August 1996 näher umschrieben. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer diese Sachverhaltsdarstellung vom 31. Mai 1996 gemeinsam mit dem am 2. Dezember 1996 gefassten Einleitungsbeschluss am 4. Dezember 1996 zugestellt wurde. Nach dem Inhalt dieser - die sachverhaltsmäßige Umgrenzung des Einleitungsbeschlusses und des angefochtenen Bescheides bildenden - Sachverhaltsdarstellung wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe im Zeitraum 1989 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1996 sämtliche Anträge der Wiener Stadtwerke E-Werke mehr oder weniger unbearbeitet gelassen bzw. nicht zielführend erledigt und derart die Verjährung der entsprechenden Gebührenvorschreibungen herbeigeführt. Im Hinblick auf die Eigenart dieser Dienstpflichtverletzung bzw. die angelasteten im Wesentlichen gleichartigen Unterlassungen ist diese Umgrenzung nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles als ausreichend anzusehen, um der Disziplinarkommission die Prüfung eines konkreten Sachverhaltes in der Verhandlung und dem Beschwerdeführer eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0145). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher dem in der Beschwerde erhobenen Vorwurf, die angelasteten "Handlungen" (richtig wohl: Unterlassungen) seien nicht konkret genug, nicht zu folgen. Gleiches gilt auch hinsichtlich der gerügten Umschreibung des (mit der vorliegenden Beschwerde jedoch nicht angefochtenen) Einleitungsbeschlusses vom 2. Dezember 1996, wobei - entgegen dem Beschwerdevorbringen - davon auszugehen ist, dass dieser als Bescheid zu qualifizierende Einleitungsbeschluss erkennbar von der belangten Behörde gefasst wurde. Dem hinsichtlich des angefochtenen Bescheides vorgebrachten Hinweis auf "die Frage der Verjährung" ist zu erwidern, dass die dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich angelastete Dienstpflichtverletzung nach den bisher vorliegenden Sachverhaltsgrundlagen erst mit seiner 1996 erfolgten Versetzung in den Ruhestand beendet gewesen sein kann, sodass unter Bedachtnahme auf die Verfolgungsverjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 und den am 4. Dezember 1996 gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen Einleitungsbeschluss der Eintritt eines Verjährungstatbestandes nicht zu erkennen ist. Im Übrigen wird die Frage, ob und inwieweit der Beschwerdeführer im Zeitraum 1989 bis 1996 Anträge der Wiener Stadtwerke E-Werke gar nicht, ungeeignet oder mangelhaft bearbeitete und (nach dem im Disziplinarverfahren erwiesenen Sachverhalt) schuldhaft seine Dienstpflichten im Sinn des § 43 Abs. 2 BDG 1979 verletzt hat, Gegenstand der mit dem angefochtenen Bescheid anberaumten Disziplinarverhandlung sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090246.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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