TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/28 98/06/0062

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Veröffentlicht am 28.10.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

MRG §27 Abs5 idF 1993/800;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §51e;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Februar 1997, GZ UVS-06/07/00695/96, betreffend eine Übertretung gemäß § 27 Abs. 5 des Mietrechtsgesetzes (weitere Partei des Verfahrens gemäß § 21 VwGG: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4. und 5. Bezirk, vom 30. Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Vermittler (Makler) der Wohnung Top 19 des Hauses W am 23. 11. 1995 im Büro der E Immobilienmakler & Hausverwaltungsgesellschaft mbH, von Herrn I den Betrag von S 195.000,-- auf Grund einer ungültigen und verbotenen Vereinbarung mit diesem gemäß § 27 Abs. 1 Mietrechtsgesetz i.d.g.F. ohne eine gleichwertige Gegenleistung entgegengenommen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 27 Abs. 5 MRG eine Geldstrafe in der Höhe von S 200.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, samt Kostenbeitrag verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgendem Wortlaut:

"Ihre Verurteilung stützt sich lediglich auf die Aussage von engsten Verwandten welche versuchen sich Finanzielle Vorteile aus dem Urteil zu verschaffen.

Ich habe nie bestritten, dass ich bei der Besichtigung der Wohnung anwesend war und habe es immer im Auftrag meines Arbeitgebers getan, da diese den Auftrag vom Eigentümer erhielt.

Die Tatsache, dass die Herrschaften mich über ein Inserat auf Serbokroatisch kontaktieren ist außer Zweifel.

Weiters möchte ich bekannt geben, dass alle Vermittlungen, welche mein Arbeitgeber durchführte, immer in einer eigenen Maklerabteilung gegen Honorar angeboten hat.

Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass diese Wohnung provisionsfrei und frei von jeglichen Spesen an die Familie übergeben wurde.

Die Maklerabteilung befand sich hinter dem Besprechungstisch, auf welchem ich mit der Familie saß und konnte von den Maklern gesehen werden.

Aus gegebenem Anlass mach für die Beweisführung meiner Aussage

die Zeugen namhaft wie folgt:

Herr M

sowie

Herr M

und zuletzt die Hausverwalterin J

Ich verweise auch weiters auf das Recht, das unsere Verfassung jeden Staatsbürger gewährleistet, dass er solange unschuldig ist, als ihm das Gegenteil bewiesen wird und ersuche ich deshalb meiner Berufung statt zu geben und verbleibe S eh"

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage keine Folge, setzte jedoch die verhängte Strafe auf S 120.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) sowie den Kostenbeitrag auf S 12.000,-- herab. Nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsstrafverfahrens kam die belangte Behörde im Wesentlichen zu dem rechtlichen Schluss, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung gegen den detaillierten Tatvorwurf nur allgemein und oberflächlich verteidigt und es insbesondere unterlassen, den belastenden Angaben der Zeugen im erstinstanzlichen Verfahren eine genaue Gegendarstellung entgegenzuhalten. Er habe sich gegen den ihm gegenüber erhobenen Vorwurf sinngemäß lediglich dahingehend gerechtfertigt, insgesamt im Auftrag seines Arbeitgebers gehandelt zu haben, woraus zu schließen sei, dass er geltend mache, es treffe ihn an der verfahrensgegenständlichen Übertretung des Mietrechtsgesetzes kein Verschulden. Ein ausdrückliches Bestreiten des Tatvorwurfes als solchen sei vor dem Hintergrund des geschilderten vorangegangenen Verlaufes bzw. der Ergebnisse des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens und des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle dem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen. Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreie die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei die Erklärung des Beschuldigten im Strafverfahren, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse seien unrichtig, nicht ausreiche, wenn diesem nicht ebenso konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten würden. Fehle es an einem solchen konkreten Vorbringen, so liege kein Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführe. Auf unbestimmt und allgemein gehaltene Einwendungen des Beschuldigten brauche nicht eingegangen zu werden. Dies gelte auch im medizinischen Bereich. Seine als Entlastungszeugen von der Erstbehörde einvernommene Gattin habe im Übrigen nur ausgesagt, von der Übergabe der "verbotenen Ablöse" an ihren Ehegatten, den Beschwerdeführer, nichts zu wissen. Der Beweisantrag auf Einvernahme der von ihm weiters namhaft gemachten drei Zeugen sei als Erkundungsbeweis abzuweisen gewesen, weil der Beschwerdeführer einerseits nicht konkret angegeben habe, zu welchem Beweisthema diese Zeugen nun einzuvernehmen gewesen wären, und auch nicht behauptet habe, dass diese während der strittigen Übergabe des Geldbetrages an ihn am Tatort anwesend gewesen seien, wie überhaupt das Berufungsvorbringen so allgemein und unbestimmt gehalten gewesen sei, dass ein Zeugenbeweis für eben dieses Vorbringen nicht als unmittelbare Beweisführung von Tatsachen angesehen werden könne. Erkundungsbeweise seien jedoch unzulässig. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung sinngemäß darauf verwiesen habe, er habe lediglich im Auftrag seines Arbeitgebers gehandelt, sei ihm entgegenzuhalten, dass die Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 5 MRG begehe, wer für sich oder einen anderen Leistungen ohne entsprechende Gegenleistung entgegennehme oder sich versprechen lasse. Es komme daher nicht darauf an, für wen der Beschwerdeführer allenfalls den genannten Betrag entgegengenommen habe, vielmehr sei auch der strafbar, der für einen anderen eine Leistung entgegennehme. Das Vorbringen laufe somit letztlich insofern nur auf die Lösung einer Rechtsfrage hinaus, als der Beschwerdeführer zu Unrecht offenbar die Meinung vertrete, ein allfälliger Auftrag seines Arbeitgebers entbinde ihn von seiner eigenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung sei daher insgesamt als erwiesen anzusehen, weshalb der erstinstanzliche Schuldspruch ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Sinn des § 51e Abs. 2 VStG zu bestätigen gewesen sei.

Im Übrigen legte die belangte Behörde die Gründe ihrer Strafbemessung im Einzelnen dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - erkennbar - in seinem Recht auf ein mängelfreies Ermittlungsverfahren, Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und richtiger Beweiswürdigung bzw. auf Nichtbestrafung verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 27 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1921, in der Fassung des dritten Wohnrechtsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 800/1993, lautet auszugsweise:

"Verbotene Vereinbarungen und Strafbestimmungen

§ 27. (1) Ungültig und verboten sind

1. Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, dass der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat; unter dieses Verbot fallen aber nicht die Verpflichtung zum Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten oder zum Rückersatz des Aufwandes, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 zu ersetzen hat;

2. Vereinbarungen, wonach der Mieter für den Verzicht des Vermieters auf die Geltendmachung eines Kündigungsgrundes dem Vermieter oder einem anderen etwas zu leisten hat;

3. Vereinbarungen, wonach für die Vermittlung einer Miete ein offenbar übermäßiges Entgelt zu leisten ist;

4. Vereinbarungen, wonach von demjenigen, der Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten im Hause durchführt, dem Vermieter, dem Verwalter, einem Mieter oder einer dritten Person, die von einer dieser Personen bestimmt wurde, ein Entgelt für die Erteilung oder Vermittlung des Auftrages zur Vornahme der Arbeiten zu leisten ist;

5. Vereinbarungen, wonach der Vermieter oder der frühere Mieter sich oder einem anderen gegen die guten Sitten Leistungen versprechen lässt, die mit dem Mietvertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

(2) Unter die Verbote des Abs. 1 fallen nicht

a) Beträge, die nach § 14 Abs. 1 oder § 17 WGG geleistet werden;

b) Beträge, die bei Abschluss des Mietvertrages vom Mieter für den Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 4 und 6 gezahlt werden, sofern die konkreten Umstände, die für den Mieter schon damals den Abschluss des Mietvertrages ohne einen solchen Verzicht sinnlos gemacht hätten, nachgewiesen werden und der für den Verzicht gezahlte Betrag den Hauptmietzins für 10 Jahre nicht übersteigt.

(3) Was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 oder den Bestimmungen des Abs. 1 geleistet wird, kann samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Auf diesen Rückforderungsanspruch kann im Voraus nicht rechtswirksam verzichtet werden. Der Anspruch auf Rückforderung der entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 vereinnahmten Leistungen verjährt in drei Jahren; der Anspruch auf Rückforderung der entgegen den Bestimmungen des Abs. 1 vereinnahmten Leistungen verjährt in zehn Jahren. Die Verjährung des Rückforderungsanspruchs ist gehemmt, solange bei Gericht (bei der Gemeinde, § 39) ein Verfahren über die Höhe des Mietzinses anhängig ist.

(4) Ungeachtet einer Rückforderung nach Abs. 3 hat der Vermieter die entgegen den Regelungen des Abs. 1 an ihn geleisteten Beträge als Einnahmen im Sinn des § 20 Abs. 1 Z 1 lit. g auszuweisen.

(5) Wer für sich oder einen anderen Leistungen entgegennimmt oder sich versprechen lässt, die mit den Vorschriften des Abs. 1 im Widerspruch stehen, in den Fällen des Abs. 1 Z 4 auch wer eine solche Leistung erbringt oder verspricht, begeht, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 200 000 S zu bestrafen. Die Geldstrafe ist unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit so zu bemessen, dass sie den Wert der nach Abs. 1 unzulässig vereinbarten Leistung, ist aber der Täter bereits zweimal wegen einer solchen Verwaltungsübertretung bestraft worden, das Zweifache dieses Wertes übersteigt; reicht das gesetzliche Höchstmaß nicht aus, so kann dieses um die Hälfte überschritten werden. Bei der Strafbemessung ist eine den Täter nach Abs. 4 treffende Ausweisungspflicht mildernd zu berücksichtigen. Würde eine so bemessene Geldstrafe zur Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Täters führen, so kann auch eine niedrigere Geldstrafe ausgesprochen werden, als es dem Wert oder zweifachen Wert der unzulässig vereinbarten Leistung entspräche. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe darf sechs Wochen nicht übersteigen."

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer seine Rechtfertigung konkret damit begründet, er sei für seinen Arbeitgeber tätig geworden. Erkennbar wollte der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen seine strafrechtliche Verantwortlichkeit von sich abwälzen. Die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 5 VStG ist aber eine von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtsfrage, die sie - wie im Folgenden dargelegt wird

- zutreffend gelöst hat.

Nach § 5 Abs. 1 VStG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 52/1991 genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG - als welches sich auch die Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 5 MRG darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Als unverschuldet kann die Unkenntnis nur angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer ein Gewerbe betreibt oder in einem solchen, wenn auch für einen anderen, Dritten gegenüber tätig wird, ist verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0176). Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung Umstände, die im aufgezeigten Sinne sein Verschulden an der ihm angelasteten Tat in anderem Licht hätte erscheinen lassen können, nicht einmal ansatzweise behauptet. Daher vermag der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis, die belangte Behörde habe es trotz der Vorschrift des § 51e VStG unterlassen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) ist vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dann, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000,-- S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Den Parteien ist eine von einer anderen Partei erhobene Berufung unter Hinweis auf diese Rechtsfolge mitzuteilen. Vor Erlassung des Bescheides ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu geben.

Nach Abs. 3 leg. cit. kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen. Wenn die Verhandlung wegen einer noch ausstehenden Beweiserhebung vertagt wird, dann kann der Verzicht bis zum Beginn der fortgesetzten Verhandlung erklärt werden. Dem Beschuldigten ist vor der Fällung des Straferkenntnisses Gelegenheit zu geben, sich zum Ergebnis der vorgenommenen Erhebungen zu äußern. Trotz des Verzichts der Parteien kann der Unabhängige Verwaltungssenat die Verhandlung durchführen, wenn er es für erforderlich erachtet.

Gemäß § 51 i VStG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.

Die belangte Behörde darf die Tatfrage im Hinblick auf § 51e VStG (Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens) und unter Bedachtnahme darauf, dass dem Beschwerdeführer als Beschuldigten die durch Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. Nr. 210/1958) festgelegten Verfahrensgarantien zu gewährleisten sind, grundsätzlich nur durch Verwertung von in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Beweisergebnisse beantworten. Sie ist somit im Falle der Bestreitung des - entscheidungswesentlichen - Sachverhaltes verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. hierzu die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1997, Zl. 96/09/0200, vom 24. November 1997, Zl. 96/09/0028, und vom 18. März 1998, Zl. 95/09/0227, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur).

Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ausgegangen ist. Selbst wenn dies nämlich nicht der Fall wäre, vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen, dass dem dadurch bewirkten Verfahrensmangel im Beschwerdefall Relevanz zukäme, dass die belangte Behörde bei Beachtung der Bestimmungen der §§ 51 e und 51 i VStG und unter Wahrung der dem Beschwerdeführer in der Verhandlung zukommenden Mitwirkungsbefugnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dass ein rechtswidriges Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung in jedem Falle die Aufhebung des Berufungsbescheides nach sich ziehen müsste, ist dem Gesetz fremd (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0165, und vom 25. Juni 1996, Zl. 96/17/0091). Dasselbe gilt für die Unterlassung der Vernehmung der vom Beschwerdeführer in der Berufung namhaft gemachten Zeugen, zumal nicht einmal in der Beschwerde dargelegt wird, zu welchen konkreten anderen Feststellungen die belangte Behörde bei Anhörung dieser Zeugen hätte kommen können.

Da weder aus der Beschwerde noch aus dem Akteninhalt eine vom Verwaltungsgerichtshof von amtswegen aufzugreifende verfahrensrechtliche oder inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennbar ist, war ausgehend von der oben wiedergegebenen Rechtslage die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998060062.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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