TE Bvwg Beschluss 2018/8/16 W175 2166741-1

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Veröffentlicht am 16.08.2018
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Entscheidungsdatum

16.08.2018

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W175 2166741-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 13.07.2017, GZ. Damaskus-OB/KONS/1505/2017, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX, geb. XXXX, StA. von Syrien, über ihre Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 18.04.2017, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der

bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 21.01.2016 unter Anschluss diverser Unterlagen (Reisepass, Auszug aus dem Zivilregister, Auszug aus dem Familienregister, Heiratsurkunde, Ehevertrag) bei der österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte die BF aus, dass sie die Ehegattin des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, sei. Diesem wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

In der Folge übermittelte die ÖB Damaskus den Antrag und Sachverhalt mit Schreiben vom 11.02.2016 an das BFA zur weiteren Veranlassung.

Mit Schreiben vom 13.12.2016 hielt das BFA in einer Mitteilung gem. § 35 Abs. 4 AsylG fest, dass die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten an die BF nach Prüfung der Sachlage nicht wahrscheinlich sei, da das Familienleben zwischen der BF und der Bezugsperson im Herkunftsstaat lediglich zwei Wochen bestanden habe.

In der Stellungnahme des BFA vom 13.12.2016 wurde ausgeführt, dass sich im vorliegenden Fall derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG relevanten Familienverhältnisses ergeben hätten, weil sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne von § 35 AsylG gar nicht bestehe und auch kein tatsächliches Familienleben bestanden habe.

Mit Schreiben vom 20.12.2016 wurde die BF seitens der ÖB Damaskus aufgefordert, zur Mitteilung bzw. Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 16.01.2017 wurde eine solche Stellungnahme eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die BF und die Bezugsperson bereits 2008 über das Internet kennengelernt hätten. Am 14.02.2014 habe das Paar nach islamischem Recht vor einem Imam und zwei Trauzeugen geheiratet, was auch aus dem angeschlossenen traditionellen Ehevertrag hervorgehe. Diese traditionelle Eheschließung sei vor dem kulturellen Hintergrund der Ehepartner ausreichend gewesen, um eine Lebensgemeinschaft einzugehen. Seit Februar 2014, d.h. seit ca. neun Monaten vor der Flucht, habe das Paar in einem gemeinsamen Haushalt in Aleppo gelebt. Als klar geworden sei, dass die Bezugsperson die Heimat verlassen müsse, hätten die beiden ihre traditionelle Eheschließung gerichtlich registrieren lassen. Anstatt die traditionelle Eheschließung am 14.02.2014 gerichtlich bestätigen zu lassen, hätten sie erneut standesamtlich geheiratet, denn die Wichtigkeit des genauen Ehedatums sei ihnen damals nicht bewusst gewesen. Im vorliegenden Fall sei unklar, wie die belangte Behörde zu dem Ergebnis komme, dass das Familienleben der beiden im Herkunftsstaat nur für zwei Wochen bestanden habe. Wie aus den obigen Angaben hervorgehe, seien die beiden schon seit 2008 verlobt, hätten dann traditionell und sodann am XXXX standesamtlich geheiratet. Durch die traditionelle Hochzeit habe schon seit ca. neun Monaten ein gemeinsames Eheleben vor der Flucht der Bezugsperson aus der Heimat (im November 2014) bestanden. Wäre die Bezugsperson im Rahmen einer zeugenschaftlichen Einvernahme zum Familienleben mit der BF befragt worden, hätte sie die Umstände des Zusammenlebens mit dieser genau erläutern können; eine solche Einvernahme sei jedoch seitens der Behörde unterblieben. Wenn das BFA davon ausgehe, dass zwischen der Bezugsperson und der BF kein aufrechtes Familienleben bestanden habe, so verkenne es die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 1 AsylG und des § 34 AsylG. Der Stellungnahme wurde ein Konvolut an weiteren Unterlagen beigefügt. Es handelt sich hierbei um eine Ablichtung aus dem Familienbuch, eine Eheurkunde, einen Auszug aus dem Zivilregister der BF und der Bezugsperson, einen Auszug aus dem Familienregister, einen Ehevertrag, einen Heiratsvertrag und ein Konvolut an gemeinsamen Fotos der BF und der Bezugsperson.

In einer ergänzenden Stellungnahme des BFA vom 10.04.2017 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ehe am XXXX geschlossen bzw. registriert worden sei, sich die Bezugsperson aber lediglich höchstens bis November 2014 bei seiner Ehefrau aufgehalten habe. Ein gemeinsames Zusammenleben von lediglich einem Monat sei jedenfalls zu wenig, um auch ein gemeinsames Familienleben begründen zu können. Da für das BFA das Nichtbestehen der Ehe bzw. des Familienlebens unbestritten feststehe, habe von einer Zeugeneinvernahme abgesehen werden können. Aus den dargelegten Gründen bleibe das BFA bei seiner ursprünglichen Stellungnahme. Zum derzeitigen Zeitpunkt sei die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht wahrscheinlich.

Mit Bescheid vom 18.04.2017 verweigerte die ÖB Damaskus das Visum und verwies diesbezüglich begründend auf die der BF bereits zur Kenntnis gebrachten Stellungnahmen und Mitteilung des BFA.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 16.05.2017 fristgerecht Beschwerde, worin im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass das BFA in seiner Beurteilung des Sachverhaltes verkenne, dass § 35 Abs. 5 AsylG rein auf das Bestehen der Ehe abziele; § 34 Abs. 2 jedoch auf ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Dieses Familienleben nach Art. 8 EMRK sei weiter ausgelegt als der begrenzte Kreis der Ehepartner und umfasse auch Lebensgefährten und langfristige Beziehungen. Die BF habe bereits in der Stellungnahme vom 16.01.2017 geltend gemacht, dass zum Zeitpunkt der Flucht durch die vorhergehende traditionelle Hochzeit bereits seit ca. neun Monaten ein gemeinsames Eheleben und schon seit 2008 eine Verlobung bestanden habe. Dieses Vorbringen sei mit zahlreichen Fotos, aufgenommen in den Jahren 2008 bis 2014, belegt, jedoch von der belangten Behörde nicht gewürdigt worden. Dadurch dass das BFA in seiner Beurteilung des Familienlebens ausschließlich auf den Zeitpunkt der Eheschließung abziele, ohne dabei Erwägungen bezüglich Art. 8 EMRK zu treffen, sei der angefochtene Bescheid mit Willkür belastet.

In der Folge hat die ÖB Damaskus mit Bescheid vom 13.07.2017 eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit welcher die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen aus, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA gebunden seien. Unabhängig von dieser Bindungswirkung sei die Beweiswürdigung des BFA nicht zu beanstanden und teile die belangte Behörde die Auffassung des BFA über das Nichtvorliegen der Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass die Ehe erst am XXXX registriert worden sei. Der Hinweis auf eine religiöse Hochzeit gehe ins Leere, da laut Art. 38 des syrischen Zivilrechts jede Eheschließung behördlich registriert werden müsse. Traditionelle Eheschließungen würden nicht anerkannt werden. Aus dem Akteninhalt ergebe sich weiters kein Indiz für einen gemeinsamen Wohnsitz oder Haushalt im Herkunftsstaat oder einen wechselseitigen weiteren Kontakt oder eine Unterstützung jeglicher Art im Zeitraum von der Ausreise der Bezugsperson am 11.11.2014 bis zur Antragstellung der BF am 21.01.2016 und sei auch nichts dergleichen vorgebracht worden. Die vorgelegten Fotos würden keinen Rückschluss auf ein Datum der Anfertigung oder Hochzeit schließen lassen. Auch der Beschwerdehinweis auf Art. 8 EMRK vermöge die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen, weil eine Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG nicht vorliege und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe. Nach Abwägung all der Faktoren könne eine hinreichend stark ausgeprägte Nahebeziehung und damit ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht als gegeben angesehen werden. Die Beziehung zwischen der BF und der Bezugsperson stelle sich als soweit gemindert dar, dass von einer Fortsetzung des bestehenden Familienlebens im Sinne des § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG nicht gesprochen werden könne.

Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 19.07.2017 und somit fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Stellungnahme vom 16.01.2017 sowie die Beschwerde verwiesen.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 02.08.2017 wurde am 07.08.2017 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF, eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 21.01.2016 bei der ÖB in Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, genannt. Diesem wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Nach Antragstellung wurde vom BFA mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen ist, da das Familienleben zwischen der BF und der Bezugsperson im Herkunftsstaat zwei Wochen bestanden habe, was für die Familienzusammenführung nicht ausreiche.

Nach Einbringung einer Stellungnahme der BF erfolgte eine neuerliche Prüfung des Sachverhaltes durch das BFA und teilte dieses in der Folge mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich insbesondere aus dem eigenen Vorbringen der BF in Zusammenhalt mit den von ihr vorgelegten Urkunden und dem Akt der ÖB Damaskus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt {§ 1 leg.cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß Abs. 3 leg. cit. im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 26 FPG lautet:

Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asyl berechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

§ 35 AsylG lautet:

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens erfordern, dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist; (...) (VwGH 24.10.2007, 2007/21/0216).

Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde von einem Nichtbestehen der Ehe bzw. des Familienlebens zwischen der BF und der Bezugsperson in der Heimat ausgegangen und hat basierend darauf den Antrag der BF auf Erteilung eines Einreisetitels abgewiesen. Für das erkennende Gericht ist jedoch nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten Gründen im vorliegenden Fall davon ausgegangen wurde, dass keine Ehe und kein (relevantes) Familienleben zwischen der BF und der Bezugsperson in der Heimat bestanden haben soll bzw. letzteres für einen zu kurzen Zeitraum existiert habe. Diese Ausführungen sind in Hinblick auf die dem vorliegenden Verwaltungsakt zu entnehmenden Angaben der BF, wonach sie und die Bezugsperson sich bereits 2008 kennengelernt, am 14.02.2014 traditionell und am XXXX standesamtlich geheiratet hätten und somit jedenfalls - nämlich bis zur Ausreise der Bezugsperson im November 2014 - etwas Zeit in aufrechter Ehe miteinander verbracht hätten, als nicht schlüssig zu qualifizieren.

Im vorliegenden Fall ist jedenfalls erkennbar, dass ein Eheverhältnis bereits in der Heimat bestanden hat. So hat die BF durch die Vorlage von entsprechenden Dokumenten, die auch von der belangten Behörde nicht beanstandet wurden, nachweisen können, dass sie und die in Österreich aufhältige Bezugsperson bereits vor deren Ausreise aus der Heimat eine rechtsgültige Ehe geschlossen haben. Dass die Ehe der beiden Genannten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, wurde von der Behörde auch nicht bestritten; für diese stand fest, dass die Ehe am XXXX geschlossen bzw. registriert (und demnach dem Erfordernis des Art. 38 des syrischen Zivilrechts Rechnung getragen) wurde.

Die Begründung der getroffenen negativen Entscheidung des angefochtenen Bescheides erweist sich somit in seinen verfahrenswesentlichen Punkten als aus dem vorliegenden Verwaltungsakt selbst heraus nicht nachvollziehbar. Damit sind die tragenden Entscheidungsgründe im gegenständlichen Verfahren auch für das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des gegenwärtig vorliegenden Akteninhaltes nicht überprüfbar, bzw. kann das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des Akteninhaltes selbst keine Einschätzung betreffend des Vorliegens der Voraussetzungen des gegenständlichen Antrages vornehmen.

Aufgrund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB Damaskus die Erlassung eines neuen Bescheides nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ehe, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Urkunde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W175.2166741.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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