TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/25 99/07/0074

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Veröffentlicht am 25.11.1999
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §8;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §37;
FlVfLG Tir 1996 §73;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des S G in N, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer und Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. März 1999, Zl. LAS-579/2-99, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (mitbeteiligte Partei: A V in N, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein und Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in Innsbruck, Bürgerstraße 21), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. August 1966 hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) für die Agrargemeinschaft M-Alpe in EZ 340 GB N einen Regulierungsplan erlassen. Als anteilsberechtigte Stammsitzliegenschaften wurden die Liegenschaften EZ 101 I mit 7 Anteilen, EZ 106 I mit 40 Anteilen und EZ 107 I mit 33 Anteilen festgestellt.

Mit Übergabs- und Teilungsvertrag vom 11. Mai 1967 wurde die Stammsitzliegenschaft EZ 107 I geteilt, wobei auch vereinbart wurde, die Zugehörigkeit zur Agrargemeinschaft M-Alpe aufzuteilen. Mit der Abschreibung von Grundstücken aus EZ 107 I sollte auch die Zugehörigkeit zur Agrargemeinschaft zur Hälfte mitübertragen werden. Der Vertrag wurde am 7. November 1967 agrarbehördlich genehmigt. Für die aus EZ 107 I abgeschriebenen Grundstücke wurde die neue Grundbuchseinlage EZ 123 I eröffnet. Nach dem derzeitigen Grundbuchsstand ist in EZ 340 das Eigentumsrecht für die Agrargemeinschaft M-Alpe, bestehend aus den Eigentümern der Stammsitzliegenschaften EZ 90101 zu 7, EZ 90106 zu 40, EZ 90107 zu 16,5 und EZ 90123 zu 16,5 Anteilsrechten einverleibt.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Stammsitzliegenschaft EZ 90106. Mit seinem am 25. November 1998 bei der AB eingelangten Antrag begehrte er die Feststellung, dass die Liegenschaft EZ 90123 nicht Stammsitzliegenschaft und deren Eigentümer nicht Mitglied der Agrargemeinschaft sei. Er habe einen rechtlichen Anspruch darauf, dass verbindlich klar gestellt werde, wer seine Mitgesellschafter seien und dass der Eigentümer der EZ 90123 ein solcher nicht sei.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 entschied die AB über den Antrag des Beschwerdeführers und stellte fest, dass die Liegenschaft EZ 90123 an der Agrargemeinschaft M-Alpe in EZ 340 mit 16,5 Anteilen anteilsberechtigt und der jeweilige Eigentümer dieser Stammsitzliegenschaft somit auch Mitglied der Agrargemeinschaft M-Alpe sei. Begründet wurde diese Entscheidung damit, die agrarbehördliche Genehmigung der im Übergabs- und Teilungsvertrag vom 11. Mai 1967 vorgesehenen Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 107 I sei zu Recht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei ein Vollversammlungsbeschluss der Agrargemeinschaft für die Teilung der Stammsitzliegenschaft nicht erforderlich gewesen, weil damit eine Verbindung von Anteilsrechten mit einer an der Gemeinschaft bisher nicht beteiligten Liegenschaft begrifflich nicht einher gegangen sei.

Der Beschwerdeführer berief. Er machte unter Hinweis auf die Satzung der Agrargemeinschaft geltend, die Veräußerung von Anteilsrechten an Nichtmitglieder bedürfe zwingend der Zustimmung der Vollversammlung; eine solche liege nicht vor.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. März 1999 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte aus Anlass der Berufung den erstinstanzlichen Bescheid jedoch dahingehend, dass der Antrag des Beschwerdeführers, festzustellen, dass die Liegenschaft EZ 90123 nicht Stammsitzliegenschaft und deren Eigentümer nicht Mitglied der Agrargemeinschaft sei, als unzulässig zurückgewiesen wird.

In der Begründung heißt es, der erstinstanzliche Bescheid stütze sich auf § 73 lit. e des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74 (TFLG 1976). Wer Parteistellung in einem Verfahren nach dem TFLG 1996 habe, werde in dessen § 74 geregelt (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1996, 96/07/0152). Der im vorliegenden Zusammenhang allein in Betracht kommende § 74 Abs. 4 TFLG 1996 erkenne "im übrigen", also abgesehen von den Fällen der Abs. 1 bis 3, Personen eine Parteistellung nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt seien. Auslösend für das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers sei eine am 11. Mai 1967 vertraglich vereinbarte und am 7. November 1967 von der AB genehmigte Teilung einer Stammsitzliegenschaft mit Zugehörigkeit zu der Agrargemeinschaft, deren Mitglied auch der Beschwerdeführer sei. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers habe nicht eine Absonderung von Anteilsrechten, sondern die Teilung einer Stammsitzliegenschaft stattgefunden. Daher stelle sich auch nicht die Frage nach der Parteistellung in einem Verfahren zur Bewilligung einer Absonderung, sondern in einem Verfahren über die Teilung einer Stammsitzliegenschaft. Die Teilung der Stammsitzliegenschaft EZ 90107 habe keinen "Erwerb" von Anteilsrechten durch den Eigentümer der EZ 90123 bewirkt, sondern nur eine dahingehende Veränderung, dass die Anteilsrechte an der agrargemeinschaftlichen M-Alpe nicht mehr zur Gänze mit der früheren ungeteilten Liegenschaft verbunden seien (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1991, 89/07/0109).

Zur Unterscheidung zwischen Absonderung und Teilung könne auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1995, 92/07/0212, verwiesen werden. In diesem Erkenntnis werde (zur vergleichbaren Rechtslage in Kärnten) ausgeführt, dass es eines zustimmenden Vollversammlungsbeschlusses der Agrargemeinschaft im Falle der Teilung einer Stammsitzliegenschaft nicht bedürfe, weil damit eine Verbindung von Anteilsrechten mit einer an der Gemeinschaft bisher nicht beteiligten Liegenschaft begrifflich nicht einhergehe. Diese Feststellung stehe im Zusammenhang mit der Teilung einer Stammsitzliegenschaft in der Form, dass mit den abzuschreibenden Trennstücken auch Anteilsrechte mitübertragen würden. Im Verfahren betreffend die Teilung einer Stammsitzliegenschaft komme einem anderem Mitglied der Agrargemeinschaft als dem Eigentümer der zu teilenden Stammsitzliegenschaft keine Parteistellung zu, wie sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 39 und 74 TFLG 1996 ergebe. Dasselbe gelte auch, wenn man die im Jahr 1967 in Geltung gestandenen Bestimmungen der § 38 Abs. 5 und 95 des Flurverfassungslandesgesetzes 1952 heranziehe und mit den entsprechenden heute geltenden Vorschriften vergleiche. Die Parteistellung in einem Feststellungsverfahren nach § 73 lit. e TFLG 1996, mit welchem nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein Teilungsverfahren neu aufgerollt werden solle, könne nicht weiter gehen als die Parteistellung im Teilungsverfahren. Daraus folge, dass die Parteistellung und somit die Antragslegitimation des Beschwerdeführers zu verneinen sei. Ausgehend von der durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützten Überlegung, dass ein Feststellungsverfahren nur ein subsidiäres Mittel der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung sei, gelange man ebenfalls zu der Ansicht, dass der vom Beschwerdeführer gestellte Feststellungsantrag unzulässig sei. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag vorgebracht, dass der Eigentümer der Liegenschaft EZ 90123 gegen seine - des Beschwerdeführers - Stimme zum Obmann gewählt worden sei. Dem Beschwerdeführer wäre die Möglichkeit einer Wahlanfechtung offen gestanden. In einem solchen von der AB als Aufsichtsbehörde durchzuführenden Verfahren hätte die Frage der Wählbarkeit, die untrennbar mit der Mitgliedschaft verbunden sei, geprüft werden müssen. Auch aus diesem Grund könne ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der begehrten Feststellung nicht angenommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, nach § 6 Abs. 7 Z. 5 und Abs. 9 der Satzung der Agrargemeinschaft bedürfe die Veräußerung von Anteilsrechten an Nichtmitglieder der Zustimmung der Mehrheit der Anteilsrechte. Eine solche Zustimmung liege nicht vor. Der Eigentümer der Liegenschaft EZ 90123 könne daher nicht Mitglied der Agrargemeinschaft sein. Die Auffassung der belangten Behörde, eine Zustimmung der Mehrheit der Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft sei nicht erforderlich, sei unzutreffend. Der Eigentümer der Liegenschaft EZ 90123 sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages, aufgrund dessen diese Liegenschaft begründet worden sei, nicht Eigentümer einer Stammsitzliegenschaft gewesen. Somit ändere auch der Umstand, dass seine Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft im Zusammenhang mit Grundstücken aus einer Stammsitzliegenschaft auf ihn übergegangen sei, nichts daran, dass er bis dahin nicht Mitglied gewesen sei. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1991, 89/07/0109, betreffe einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt. Auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1995, 92/07/0212, könne sich die belangte Behörde nicht wirklich stützen. Diese Entscheidung sei nämlich zum Kärntner Flurverfassungslandesgesetz ergangen, welches hinsichtlich der Mitgliedschaft an der Liegenschaft anknüpfe, während das TFLG 1998 an der Person anknüpfe. Für den Standpunkt des Beschwerdeführers spreche die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes "ZfVB 1985/1929". Der vorliegende Fall gleiche nämlich dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt. Aus der ungeteilten Stammsitzliegenschaft EZ 90107 seien verschiedene Grundstücke veräußert, abgeschrieben und mit diesen dann die neue EZ 90123 begründet worden. Mit dem neuen Grundbuchskörper sollten dann die ebenfalls aus EZ 90107 stammenden Anteilsrechte verbunden werden. Selbst wenn "nur" auf die beteiligten Grundstücke abzustellen wäre, wie es die belangte Behörde tue, und nicht auf die beteiligten Personen, liege die Aufnahme eines neuen Mitglieds vor. Die belangte Behörde negiere "wie im Fall ZfVB 1997/99" den unbestreitbaren Umstand des Eigentumsüberganges eines Teiles der aus verschiedenen Grundstücken bestehenden Stammsitzliegenschaft 90107 auf einen anderen Eigentümer. Der belangten Behörde könne auch nicht zugestimmt werden, dass im Verfahren betreffend die Teilung einer Stammsitzliegenschaft einem anderen Mitglied der Agrargemeinschaft als dem Eigentümer der zu teilenden Stammsitzliegenschaft keine Parteistellung zukomme. Schon nach § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1996 ergebe sich jedenfalls bei einem Sachverhalt nach dieser Bestimmung die Parteistellung der anderen Mitglieder der Agrargemeinschaft aus dem Erfordernis ihrer Zustimmung. Wenn die behördliche Bewilligung an die Zustimmung der Mitglieder gebunden sei, müsse es den Mitgliedern auch möglich sein, eine etwa entgegen ihrer Ablehnung zustimmende Entscheidung der Behörde auch anzufechten. Schließlich habe der Beschwerdeführer auch ein Recht aus § 6 Abs. 7 Z. 5 und Abs. 9 der Satzung. Unzutreffend sei auch die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die strittige Frage der Mitgliedschaft des Eigentümers der EZ 90123 an der Agrargemeischaft im Zuge einer Wahlanfechtung klären können. Die Mitgliedschaft wirke sich nicht nur im aktiven Wahlrecht aus; sie bringe ein ganzes Geflecht von Rechten und Pflichten mit sich wie das passive Wahlrecht und vor allem die Beteiligung an der Verwaltung, an der Nutzung des Vermögens und am Anteil wirtschaftlicher Überschüsse. Es wäre also keinesfalls damit getan, wenn etwa behördlich festgestellt würde, eine Obmannwahl sei unwirksam. Jedem Mitglied einer Personengemeinschaft müsse ein rechtliches Interesse daran zugestanden werden, dass durch eine formelle Entscheidung klargelegt werde, ob eine andere Person ihre Mitgliedschaft an dieser Gemeinschaft zu Recht in Anspruch nehme oder nicht; dies unabhängig von irgendeiner konkreten Streitigkeit aus der Mitgliedschaft. In der "Entscheidung ZfVB 1981/1019" habe der Verwaltungsgerichtshof sogar einem Mitglied "das rechtliche Interesse an der Feststellung einer Agrargemeinschaft an der Feststellung der Unwirksamkeit eines einzelnen Beschlusses seiner Agrargemeinschaft" zugestanden. In der "Entscheidung ZfVB 1997/99" sei es um die Frage gegangen, wem gewisse Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft zustünden. Dabei habe es für den Verwaltungsgerichtshof keinen Zweifel am rechtlichen Interesse an einer solchen Entscheidung gegeben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 73 TFLG 1996 steht der Agrarbehörde außerhalb eines Verfahrens (§ 72) die Entscheidung über die Fragen zu,

a)

ob in einem gegebenen Falle eine Agrargemeinschaft vorhanden ist,

b)

auf welches Gebiet sich die Grundstücke einer Agrargemeinschaft erstrecken (§ 33),

c)

wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist (§ 38 Abs. 1),

d)

ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt oder ob es sich um Grundstücke nach § 33 Abs. 2 lit. d handelt,

e)

ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustehen.

Wer Partei in einem Verfahren nach § 73 TFLG 1996 ist, ergibt sich aus § 74 Abs. 4 leg. cit. Nach dieser Bestimmung kommt "im übrigen" - das heißt, abgesehen von den Bestimmungen der im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Vorschriften des § 74 Abs. 1 bis 3 TFLG 1996 - Personen eine Parteistellung nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt sind.

§ 73 TFLG 1996 enthält keine Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen die Agrarbehörde von der ihr eingeräumten Entscheidungskompetenz Gebrauch machen kann. Für § 73 TFLG 1996 gilt dasselbe, was der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. März 1999, 98/07/0187, zur vergleichbaren Bestimmung des § 38 Abs. 2 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes 1952 ausgesprochen hat, nämlich dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, er habe die Behörde zur Erlassung eines Bescheides nach § 73 TFLG 1996 ohne entsprechenden Anlass verpflichten wollen. Ein Antragsteller muss daher ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung haben. Besteht ein solches, dann hat der Antragsteller auch Parteistellung.

Nach den auch vom Beschwerdeführer unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde 1967 die damalige Stammsitzliegenschaft EZ 107 I geteilt und zwar in die (verbleibende) EZ 107 I und in die ausschließlich aus Grundstücken der früheren EZ 107 gebildete EZ 123 I. Diese Teilung wurde von der AB mit Bescheid vom 7. November 1967 gemäß § 38 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1952 agrarbehördlich genehmigt.

Selbst wenn für diese Genehmigung eine Zustimmung der Mehrheit der Anteile an der Agrargemeinschaft erforderlich gewesen wäre, würde dies an der Rechtswirksamkeit der von der AB erteilten Genehmigung und damit am Übergang der Mitgliedschaftsrechte auf die neu gebildete EZ 90123 nichts ändern. Der Genehmigungsbescheid wäre zwar rechtswidrig, wenn er ohne eine allenfalls erforderliche Zustimmung erlassen worden wäre; eine solche Rechtswidrigkeit änderte aber nichts an der Wirksamkeit dieses Bescheides. Solange dieser Bescheid dem Rechtsbestand angehört, steht die Eigenschaft der in Rede stehenden Liegenschaft als Stammsitzliegenschaft und ihres Eigentümers als Mitglied der Agrargemeinschaft fest. Das vom Beschwerdeführer angestrebte Feststellungsverfahren ist kein geeignetes Mittel, um diesen Bescheid aus dem Rechtsbestand auszuscheiden.

Im Übrigen bedurfte es aber einer solchen Zustimmung gar nicht.

Nach § 39 Abs. 3 des zum Zeitpunkt der Erlassung des Genehmigungsbescheides der AB vom 7. November 1967 in Geltung stehenden Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1952 konnte die mit einer Liegenschaft verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden. Die Absonderung konnte auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft bewilligt werden, wenn und insoweit die aus der Mitgliedschaft fließenden Nutzungen den ordentlichen Bedarf der Stammsitzliegenschaft überstiegen und wenn ferner das abzutretende Anteilsrecht entweder mit dem Anteilsrecht eines anderen Gemeinschaftsmitgliedes vereinigt wurde oder, falls es mit einer an der Gemeinschaft nicht beteiligten Liegenschaft verbunden wurde, die Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder ohne Rücksicht auf Zahl und Größe der Anteilsrechte dazu die Zustimmung erteilte. Die Bewilligung war zu verweigern:

a)

wenn durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung der Anteilsrechte eintreten würde oder

b)

wenn begründete Umstände dafür sprachen, dass der Anteilrechtserwerb nicht zur Verbesserung eines Landwirtschaftsbetriebes, sondern aus anderweitigen Gründen angestrebt wurde.

§ 38 Abs. 4 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1952 sah vor, dass dann, wenn eine Stammsitzliegenschaft geteilt wurde, in der Teilungsurkunde auch eine Bestimmung über die Mitgliedschaft zu treffen war. Diese Bestimmung bedurfte zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der Agrarbehörde. Ohne diese Genehmigung durfte die Teilung im Grundbuch nicht durchgeführt werden.

Für Teilungen von Stammsitzliegenschaften und für Absonderungen von Anteilsrechten, bei denen das Anteilsrecht nicht mit einer an der Gemeinschaft nicht beteiligten Liegenschaft verbunden wurde, sah das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1952 nicht das Erfordernis einer Zustimmung der Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder vor.

Die mit Bescheid der AB vom 7. November 1967 genehmigte Vereinbarung sah keine Verbindung von Anteilsrechten mit einer an der Gemeinschaft nicht beteiligten Liegenschaft vor; es handelte sich vielmehr lediglich um die Teilung einer Stammsitzliegenschaft. Hiefür bedurfte es keiner Zustimmung der Mehrheit der Gemeinschaftsmitglieder.

Der Beschwerdeführer beruft sich auch auf § 6 Z. 5 der Verwaltungssatzung der Agrargemeinschaft. Nach dieser Bestimmung steht der Vollversammlung die Zulassung der Veräußerung von Anteilsrechten an Nichtmitglieder zu.

Aus § 6 Z. 5 der Verwaltungssatzung ist für den Beschwerdeführer schon deswegen nichts zu gewinnen, weil es sich dabei (lediglich) um eine Zuständigkeitsbestimmung handelt, die dann, wenn nach Gesetz oder sonstigen Rechtsvorschriften eine Mitwirkung der Agrargemeinschaft an der Veräußerung von Anteilsrechten vorgesehen ist, zur Wahrnehmung dieser Mitwirkungsbefugnis die Vollversammlung beruft. Eine solche Mitwirkungsbefugnis bestand aber im Beschwerdefall nicht. § 6 Z. 5 der Verwaltungssatzung selbst begründet eine derartige Mitwirkungsbefugnis nicht.

Eine durch einen Feststellungsbescheid zu beseitigende Unklarheit über die Eigenschaft der Liegenschaft EZ 90123 als Stammsitzliegenschaft und ihres Eigentümers als Mitglied der Agrargemeinschaft besteht daher nicht. Das Begehren des Beschwerdeführers läuft in Wahrheit darauf hinaus, den Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 1967 aus der Rechtsordnung zu beseitigen. Dafür aber eignet sich das beantragte Feststellungsverfahren nicht. Es fehlt daher an einem rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Feststellungsbescheid.

Was die vom Beschwerdeführer zur Begründung der Zulässigkeit seines Feststellungsantrages ins Treffen geführten Verwaltungsgerichtshofentscheidungen anlangt, so genügt es, darauf hinzuweisen, dass diesen kein mit dem vorliegenden vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag.

Aus den dargestellten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde unbegründet ist, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999070074.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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