TE OGH 2018/9/13 12Os100/18z

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Veröffentlicht am 13.09.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ertl, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas H***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Jugendschöffengericht vom 18. Mai 2018, GZ 14 Hv 62/17v-38, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefassten Beschluss nach §§ 50, 52 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der zum Schuldspruch II./ erfolgten rechtlichen Unterstellung des Tatgeschehens unter § 206 Abs 2 StGB, demzufolge auch im Strafausspruch und der Beschluss auf Anordnung der Bewährungshilfe aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch rechtskräftige Freisprüche und eine Verweisung der Privatbeteiligten Sarah H***** auf den Zivilrechtsweg gemäß § 366 Abs 2 StPO enthaltenden – Urteil wurde der Angeklagte Thomas H***** der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach §§ 12 zweiter Fall, 207a Abs 1 Z 1, Abs 4 Z 1, „2“ und 3 [lit b] StGB (I./) sowie „des“ Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er im Zeitraum von 13. bis 23. März 2017 in H*****

I./ die achtjährige Sarah Ho*****, somit eine unmündige Person, zur Herstellung pornografischer Darstellungen Minderjähriger, nämlich wirklichkeitsnaher Abbildungen geschlechtlicher Handlungen einer unmündigen Person an sich selbst, „wirklichkeitsnaher Abbildungen eines Geschehens mit einer unmündigen Person, dessen Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um eine geschlechtliche Handlung der unmündigen Person an sich selbst handelt“ und wirklichkeitsnaher, reißerisch verzerrter, auf sich selbst reduzierter und von anderen Lebensäußerungen losgelöster Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend Minderjähriger, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, bestimmt, indem er sie mehrmals über Whatsapp und SayHi aufforderte, Bilder und Videos ihres unbekleideten Körpers und ihres unbekleideten Genitalbereichs sowie Bilder und Videos anzufertigen, auf denen zu sehen ist, wie Sarah Ho***** ihre Vagina stimuliert und sich einen Finger in die Vagina einführt, wobei Sarah Ho***** diesen Forderungen jeweils nachkam;

II./ durch die zu Punkt I./ angeführten Aufforderungen, sich einen Finger in die Vagina einzuführen, die zu den Tatzeitpunkten achtjährige Sarah Ho*****, somit eine unmündige Person, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden [geschlechtlichen] Handlung an sich selbst verleitet, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen Punkt II./ des Schuldspruchs richtet sich die auf § 281 Abs 1 „Z 9a“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zutreffend releviert der Rechtsmittelwerber fehlende Feststellungen zu der für die Verwirklichung des Tatbestands nach § 206 Abs 2 zweiter Fall StGB erforderlichen Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Täters, sich oder einen Dritten durch die Verleitung einer unmündigen Person zur Vornahme von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen an sich selbst, geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen (Philipp in WK2 StGB § 206 Rz 21).

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Aufhebung der zum Schuldspruch II./ erfolgten rechtlichen Unterstellung des inkriminierten Tatgeschehens unter § 206 Abs 2 StGB, demzufolge auch des Strafausspruchs und des Beschlusses auf Anordnung der Bewährungshilfe (§ 50 Abs 1 StGB).

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen (zufolge des echt konkurrierenden [Philipp in WK2 StGB § 206 Rz 33] Schuldspruchs I./ auch in der nicht ausschließlich mit dem Schuldspruch II./ korrespondierenden Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg [vgl hiezu jedoch auch RIS-Justiz RS0100510 [T1], RS0101303]) unberührt zu bleiben hatte, war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung des Schuldspruchs II./, demzufolge auch im Strafausspruch ebenso wie der Beschluss auf Anordnung der Bewährungshilfe (§ 50 Abs 1 StGB) aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit seiner Berufung und (implizierten) Beschwerde (§ 285i StPO; § 498 Abs 3 StPO) war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E122763

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00100.18Z.0913.000

Im RIS seit

05.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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