TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/26 98/21/0357

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Veröffentlicht am 26.11.1999
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StGB §127;
StGB §128 Abs1 Z4;
StGB §130;
StGB §83 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des J, (geboren am 18. April 1966), in Rosental, vertreten durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in 8570 Voitsberg, Bahnhofstraße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 2. Juli 1998, Zl. FR 895/1997, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 2. Juli 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass sie die Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde - ausgenommen deren Beurteilung der Dauer des Aufenthaltsverbotes - zum Inhalt ihres Bescheides erhebe. Danach sei der Beschwerdeführer am 21. Oktober 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls (§§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 130 erster und zweiter Deliktsfall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden, wovon ein Teil von sieben Monaten bedingt nachgesehen worden sei. Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass der Beschuldigte und zwei andere Personen, nachdem sie sich zur gemeinsamen Verübung des Diebstahls verabredet hätten, am 26. September 1996 in Voitsberg aus einem Elektrogeschäft drei Videokameras zum Einkaufspreis von insgesamt S 34.536,-- gestohlen hätten. Die Sachen seien im Keller des Wohnhauses des Beschwerdeführers sichergestellt worden. Dieser sei bereits am 6. Februar 1992 vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen § 223 Abs. 2 StGB (Urkundenfälschung) und am 27. März 1992 vom Bezirksgericht Hartberg wegen § 164 "Abs. 1/2" StGB (Hehlerei) jeweils zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund der vorgenannten Verurteilung vom 21. Oktober 1996 der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und auch die Annahme iS des § 36 Abs. 1 leg.cit. gerechtfertigt sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 1997 (u.a) ausgeführt, dass er sämtliche Kontakte zu den Mitbeschuldigten des Strafverfahrens abgebrochen hätte und sich davor hüten würde, in Zukunft auch nur in die Nähe von strafbaren Handlungen zu geraten. Diese lobende Einstellung sei jedoch nur von kurzer Dauer gewesen. So sei er vom Bezirksgericht Mödling am 17. November 1997 wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Wochen rechtskräftig verurteilt worden. Mit dieser Verurteilung habe er gezeigt, dass er von der angeblich positiven Einstellung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung weit entfernt sei.

Das gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot stelle einen schweren Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar, zumal seine Lebensgefährtin und sein in Österreich geborener Sohn hier wohnten und sesshaft seien. Außerdem seien seine Geschwister samt ihren Familien in Österreich legal aufhältig. In Anbetracht seiner persönlichen Situation, insbesondere im Hinblick auf seinen Aufenthalt und seine Erwerbstätigkeit, seine Lebensgemeinschaft und sein in Österreich geborenes Kind, werde ihm eine der Dauer seines Aufenthalts entsprechende Integration zuzubilligen sein. Diese Integration sei dem Beschwerdeführer jedoch in einem sehr wesentlichen Bereich, nämlich dem sozialen, abzusprechen, was auch seine strafbaren Handlungen verdeutlichten. Da im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative "Zukunftsprognose" die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation sei das Aufenthaltsverbot iS des § 37 FrG zulässig. Angesichts der in der Begehung des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Bandendiebstahls zum Ausdruck kommenden krassen Missachtung fremden Eigentums sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich der Verhinderung strafbarer Handlungen und des Schutzes der Rechte anderer, dringend geboten.

Die Erschwerung von Kreditrückzahlungen stelle keine erhebliche Beeinträchtigung der Lebenssituation dar, und es könnten die Erfüllung von Bankverbindlichkeiten sowie Unterhaltszahlungen auch vom Ausland aus vorgenommen werden. Wenn auch durch das Aufenthaltsverbot die Kontaktnahme zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin, seinem Sohn und seinen übrigen Verwandten zweifellos erschwert werde, so wäre es doch möglich, diese Kontakte durch Besuche im Ausland zumindest in einem eingeschränkten Umfang aufrechtzuerhalten. Die Erschwerung der bisherigen Kontakte stelle die unvermeidliche Konsequenz des Aufenthaltsverbotes dar. Der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge Arbeiter und seit 27. März 1995 bei einem namentlich genannten Unternehmen als Innenausbau-Helfer beschäftigt gewesen. Bei dieser Tätigkeit handle es sich nicht um eine solche qualifizierte Beschäftigung, die nicht auch außerhalb von Österreich ausgeübt werden könnte. Unter Abwägung aller vorgenannten Tatsachen und im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative "Zukunftsprognose" sei das Aufenthaltsverbot auch iS des § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen einer Ermessensübung gemäß § 36 Abs. 1 FrG seien nicht gegeben. Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so hätte dieses gemäß § 39 Abs. 1 FrG auch unbefristet erlassen werden können. Die belangte Behörde vertrete jedoch die Auffassung, dass nach zehn Jahren die Gründe für dessen Verhängung wegfallen könnten. Sollte sich die Gesinnung des Beschwerdeführers gegenüber der österreichischen Rechtsordnung früher gewandelt haben, könne er einen Antrag gemäß § 44 FrG auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes einbringen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und auch die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinem Einwand.

2.1. Die Beschwerde hält indes den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 37 FrG für rechtswidrig und vertritt die Meinung, dass die belangte Behörde die familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt habe. Dieser sei seit 1989 in Österreich wohnhaft und befinde sich mit seiner Lebensgefährtin (einer rumänischen Staatsangehörigen, mit der er seit 1991 liiert sei) sowie ihrem gemeinsamen, am 23. Jänner 1993 geborenen Kind in einem Haushalt. Er verfüge seit April 1998 über eine bis zum Jahr 2003 gültige Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, sei bisher stets einer geregelten Beschäftigung nachgegangen und habe für sich und seine Familie den Lebensunterhalt verdient. Angesichts des Lohn- und Preisniveaus in Rumänien könnte er von diesem Land aus den Lebensunterhalt seines Kindes und auch die Kreditrückzahlungen nicht finanzieren. Darüber hinaus könnte vom Ausland aus der zur Aufrechterhaltung der persönlichen Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und seinem Kind erforderliche Kontakt nicht im notwendigen Ausmaß aufrechterhalten werden.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die belangte Behörde hat auf Grund der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich - dieser ist nach Ausweis der Verwaltungsakten seit Dezember 1989 hier aufhältig - und seiner daraus ableitbaren Integration sowie auf Grund seiner in Österreich bestehenden persönlichen Bindungen zu seiner Lebensgefährtin, seinem Kind, seinen Geschwistern und deren Familien zutreffend einen mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben iS des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Sie hat aber - unter gebührender Bedachtnahme auf diese persönliche Interessenlage - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass diese Maßnahme zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten sei. Dieser Beurteilung ist beizupflichten, hat doch der Beschwerdeführer, der bereits im Jahr 1992 zweimal, davon einmal wegen eines Deliktes gegen fremdes Vermögen (Hehlerei), rechtskräftig verurteilt worden war, dadurch, dass er im Jahr 1996 in einschlägiger Weise rückfällig wurde und ein weit gravierenderes Vermögensdelikt beging, nämlich als Mitglied einer Bande und gewerbsmäßig einen schweren Diebstahl verübte, klar zu erkennen gegeben, dass er offensichtlich nicht gewillt ist, die österreichischen strafrechtlichen Vorschriften zu respektieren. Hinzu kommt, dass er (unbestrittenermaßen), obwohl er erst am 21. Oktober 1996 (neuerlich) strafgerichtlich verurteilt worden war und darüber hinaus in seiner im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 26. Februar 1997 sein künftiges Wohlverhalten versprochen hatte, wiederum straffällig wurde und deshalb am 17. November 1997 wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) verurteilt wurde.

Im Hinblick auf dieses große öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes konnte die Interessenabwägung im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen. Die aus seinem langjährigen Aufenthalt, seinen persönlichen Bindungen zu seiner Lebensgefährtin, seinem Kind und seinen weiteren Verwandten sowie seiner Erwerbstätigkeit in Österreich ableitbare Integration wurde in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die wiederholte Straffälligkeit des Beschwerdeführers, der vier gerichtliche Vorstrafen aufweist, deutlich beeinträchtigt. Dem Beschwerdeeinwand, dass er auf Grund der Verhängung des Aufenthaltsverbotes von Rumänien aus seinen finanziellen Verpflichtungen und seiner Obsorgeverpflichtung nicht nachkommen könne, ist zu erwidern, dass eine derartige Beschränkung im öffentlichen Interesse vom Beschwerdeführer in Kauf zu nehmen ist. Abgesehen davon wird mit dem Aufenthaltsverbot weder ausgesprochen, dass er in ein bestimmtes Land (etwa Rumänien) auszureisen habe noch dass er (allenfalls) abgeschoben werde, und kann ein eingeschränkter Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen dadurch aufrechterhalten werden, dass er von diesen im Ausland besucht wird.

3. Schließlich vermag auch das weitere Beschwerdevorbringen, dass die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Graz (vom 21. Oktober 1996) zwar zweifelsfrei eine negative "Zukunftsprognose" begründe, diese jedoch ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot nicht rechtfertigen könne und er sich - siehe man von seinen "beiden" Verurteilungen ab - neun Jahre hindurch wohlverhalten habe, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Abgesehen davon, dass von einem neunjährigen Wohlverhalten des Beschwerdeführers in Österreich im Hinblick auf seine vier Verurteilungen in den Jahren 1992 bis 1997 keine Rede sein kann, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, es sei zurzeit nicht absehbar, dass vor Ablauf von zehn Jahren die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden, in Anbetracht der Vielzahl der Vorstrafen, insbesondere der einschlägigen Verurteilung des Beschwerdeführers im Jahr 1996 und der sich daraus manifestierenden Wiederholungsgefahr, sowie in Anbetracht des verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, der seit dem den letzten beiden Verurteilungen zugrunde liegenden Fehlverhalten des Beschwerdeführers verstrichen ist, keinem Einwand.

4. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998210357.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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