TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/25 W271 2198672-1

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Veröffentlicht am 25.07.2018
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Entscheidungsdatum

25.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §45 Abs1
VStG 1950 §45 Abs1 Z4
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §38
VwGVG §44 Abs3
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2
VwGVG §52 Abs6

Spruch

W271 2198672-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OG, Wagramer Straße 135, 1220 Wien, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15.05.2018, GZ XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 60,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

III. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die XXXX GmbH für die dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Mit Schreiben vom 16.04.2018 forderte das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland den nunmehrigen Beschwerdeführer

XXXX (in der Folge "BF") zur Rechtfertigung auf. Dem BF wurde zur Last gelegt, er habe es als Geschäftsführer der Firma XXXX GmbH zu verantworten, dass am 05.04.2018, 11:03 Uhr, eine elektronische Post zur Direktwerbung an office@ XXXX .com gesendet worden sei, ohne dass eine vorherige Einwilligung dafür bestanden habe. Deswegen bestehe der Verdacht, dass § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 verletzt worden sei. Die XXXX GmbH wurde in Hinblick auf § 9 Abs. 7 VStG mit Schreiben vom 16.04.2018 dem Verfahren beigezogen.

2. In Antwort darauf übermittelte die Rechtsvertretung des BF am 08.05.2018 eine Vollmachtsbekanntgabe und Rechtfertigung. Darin wurde "unumwunden" zugestanden, dass es zur Versendung einer Direktwerbung ohne Einwilligung zur Zusendung derartiger Werbe-E-Mails durch das Unternehmen des BF an die besagte Mailadresse gekommen sei, dass der BF den Vorfall zum Anlass nehmen würde, hinkünftig noch genauer darauf zu achten, dass es zu keinen Verwaltungsübertretungen nach dem TKG komme und darum ersucht, von einer Geldstrafe abzusehen und mit einer Ermahnung vorzugehen.

3. Hierauf erließ die belangte Behörde gegen den BF und die XXXX GmbH die (gleichlautenden) Straferkenntnisse vom 15.05.2018, GZ XXXX mit folgendem Inhalt:

"Sie sind und waren zum sogleich ua Tatzeitpunkt Geschäftsführer der XXXX GmbH, XXXX , somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und gem § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und haben daher dafür einzustehen, dass von Ihrem Unternehmen aus am

-5.4.2018, 11:03 Uhr, die E-Mail "Frühjahrsrabatt"

somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für die Produkte / Leistungen Ihres Unternehmens unter Verwendung der E-Mail-Adresse office@ XXXX .at an Herrn XXXX , XXXX IT Solutions, an die E-Mail-Adresse office@ XXXX .com versendet wurde, ohne dass dieser Ihnen oder Ihrem Unternehmen vorher eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt hatte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 107 Abs 2 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003 BGBl I 70/2003 idF I 102/2011 iVm § 9 Abs 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

300,-- Euro

14 Stunden

§ 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 BGBl I 70/2003 idF 134/2015

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft, Haftungsausspruch etc.):

Die XXXX GmbH, XXXX , haftet gem § 9 Abs 7 VStG für die verhängte Strafe, sonstige in Geld bemessenen Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

30,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (mindestens vorzuschreiben ist ein Betrag in der Höhe von 10 Euro).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

330,-- Euro.

Zahlungsfrist:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden XXXX

Zahl(Erlag)schein oder elektronisch auf dem Konto der Behörde BIC:

BUNDATWW, IBAN: AT050100000005040010, ungekürzt durch Bankspesen unter Angabe der GZ zur Einzahlung zu bringen.

Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Im Fall einer Mahnung ist gem § 54b Abs 1a VStG idgF ein pauschalierter Kostenbeitrag idHv fünf Euro zu entrichten."

4. Gegen diese (gleichlautenden) Straferkenntnisse erhob nur der BF mit Eingabe vom 04.06.2018 fristgerecht Beschwerde. Das bekämpfte Straferkenntnis wurde "ausschließlich" hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe angefochten: Beantragt wurde, der Beschwerde Folge zu geben und lediglich mit einer Ermahnung vorzugehen; in eventu die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde durch den BF ausdrücklich verzichtet.

5. Die Beschwerdevorlage erfolgte mit Schreiben vom 19.06.2017. Das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland beantragte die Abweisung der Beschwerde und verzichtete ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6. Am 09.07.2018 langte ein Schreiben ein, in dem von der bestellten Insolvenzverwalterin bekanntgegeben wurde, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der XXXX GmbH eröffnet wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Versendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail am 05.04.2018 Geschäftsführer der XXXX GmbH, XXXX .

Dieses Unternehmen ist Betreiberin der Seite www. XXXX .at. Die Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail vom 05.04.2018, 11:03 Uhr, erfolgte an die von XXXX , XXXX IT Solutions, genutzte E-Mail-Adresse office@ XXXX .com ausgehend von der der XXXX GmbH zuzurechnenden E-Mail-Adresse office@ XXXX .at.

In der gegenständlichen E-Mail vom 05.04.2018 ist die XXXX GmbH namentlich mit den Adressdaten angeführt und ihr Internetauftritt ist über die in der E-Mail verfügbaren Links zugänglich.

Der Inhalt der E-Mail vom 05.04.2018 ist überschrieben mit " XXXX " Nachfolgend sind kurze Text mit Abbildungen zum Thema XXXX dargestellt. Am unteren Ende der verfahrensgegenständlichen E-Mail steht geschrieben: "Abmelden". Dieses Wort ist mit einem Hyperlink zur Abmeldung für weitere Zusendungen versehen.

XXXX hatte die genannte E-Mail empfangen. Eine Einwilligung des Empfängers zur Zusendung der im Spruch genannten E-Mail vom 05.04.2018 lag nicht vor. XXXX erstattete am 12.04.2018 Anzeige wegen der "Zusendung einer Werbe-Email ohne Einwilligung".

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich - wie bereits zutreffend von der belangten Behörde festgestellt - widerspruchsfrei aus der Anzeige samt vorgelegter beanstandeter E-Mail, dem in Einsicht genommenen Firmenbuch, der Internetseite www. XXXX .at und der Whois-Abfrage dieser Domain bei der nic.at GmbH, sowie der übermittelten Stellungnahme. Der Anzeiger brachte durch seine Anzeige und in seiner ausdrücklichen Erklärung klar zum Ausdruck, dass eine Einwilligung zum Erhalt von Werbe-E-Mails durch die XXXX GmbH nicht erteilt worden war. Die Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail wurde vom BF nicht in Abrede gestellt und in der Stellungnahme vom 08.05.2018 sowie der Beschwerde vom 04.06.2018 ausdrücklich bestätigt. Der BF erklärte, dass ihm keine Einwilligung des XXXX vorliege. Aufgrund der Angaben des Anzeigers, der Stellungnahme vom 08.05.2018 wie auch der Beschwerde vom 04.06.2018, konnte sohin übereinstimmend festgestellt werden, dass dem BF oder der XXXX GmbH eine vorherige Einwilligung vom Empfänger zur Zusendung elektronischer Post nicht erteilt worden war und zum hier maßgebenden Zeitpunkt der Zusendung der im Spruch angeführten E-Mail nicht vorlag.

Der bereits zutreffend von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

3.1. Gesetzliche Grundlage

3.1.1. Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003), StF: BGBl. I Nr. 70/2003, lauten auszugsweise wie folgt:

§ 107 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 102/2011:

"Unerbetene Nachrichten

§ 107. (1) [...]

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

[...]"

§ 109 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 134/2015:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. [...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

[...]

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

[...]"

3.1.2. Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), StF: BGBl. Nr. 52/1991 idgF, lauten auszugsweise wie folgt:

§ 9 VStG:

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

[...]

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

§ 19 VStG:

"Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 45 VStG:

"§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

[...]

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

[...]

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[...]"

3.2. Rechtlich folgt daraus

Auf Basis des festgestellten Sachverhalts wurde mit gegenständlich angefochtenem Straferkenntnis der belangten Behörde der BF als zum Tatzeitpunkt Geschäftsführer der XXXX GmbH - rechtsrichtig und unstrittig - für einen Verstoß nach § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 iVm § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich gemacht. Dies, weil er es in seiner Organstellung nach § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten hat, dass am 05.04.2018, 11:03 Uhr, von einer diesem Unternehmen zurechenbaren E-Mail-Adresse aus ein E-Mail zur Direktwerbung für Produkte dieses Unternehmens an den genannten Empfänger übermittelt wurde, ohne dass seitens des Empfängers eine vorherige Einwilligung vorgelegen wäre und somit ein Verstoß gegen § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 iVm § 9 Abs. 1 VStG verwirklicht wurde. Verschulden in Form der Fahrlässigkeit liegt gemäß § 5 Abs. 1 VStG ebenfalls vor.

In seiner Beschwerde streitet der Beschwerdeführer die Tatbegehung und somit das Erfüllen des objektiven Tatbestands nicht ab. Er wendet sich gegen die Höhe der über ihn verhängten Geldstrafe und beantragt - unter Berücksichtigung des Umstands, dass er verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei - das Absehen von der Verhängung einer Strafe und die bloße Erteilung einer Ermahnung, in eventu die über ihn verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

Zu § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Ermahnung)

Die Einstellung eines Verfahrens bzw. der Ausspruch einer bloßen Ermahnung setzen voraus, dass die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 24.01.2017, Ra 2015/02/0145; zur Ermahnung vgl. auch VwGH 10.01.2017, Ra 2016/02/0269).

Keiner dieser Umstände liegt vor:

Die Bedeutung des durch § 107 Abs. 2 Z 1 TK 2003 geschützten Rechtsguts der Privatsphäre kann keinesfalls als gering betrachtet werden, weil ihr schon im Hinblick auf die Datenschutzrichtlinie ein erheblicher Stellenwert beizumessen ist (VwGH 19.12.2013, 2012/03/0052). Diese Wertigkeit findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 Geldstrafen von bis zu EUR 37.000,- Euro vorsieht (vgl. zur Wertigkeit eines Rechtsguts im Hinblick auf die Strafhöhe VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167).

Abgesehen davon kann im Beschwerdefall auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts der Privatsphäre bloß gering gewesen wäre. Auch fühlte sich der Empfänger durch die Zusendung der E-Mail-Nachricht offensichtlich belästigt und entschloss sich zu einer Anzeige.

Von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 15.10.2009, 2008/09/0015; 05.05.2014, Ro 2014/03/0052). Das Fehlen eines Kontrollsystems hat jedenfalls auf die Schuld des Verpflichteten und damit auch auf die Strafbemessung Auswirkungen (VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108). Es kann in einem solchen Fall gerade nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden (VwGH 20.03.2018, Ra 2017/03/0092); vor allem, wenn der Täter wusste oder wissen musste, dass das Kontrollsystem unzulänglich ist (VwGH 23.05.2018, Ra 2017/05/0010).

Der BF hat das Bestehen eines Kontrollsystems nicht behauptet und auch sonst nichts vorgebracht, was sein Verschulden als so gering erscheinen lässt, dass davon gesprochen werden könnte, dass das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre.

Somit fehlt es an sämtlichen in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen. Schon beim Fehlen bloß einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Erfordernisse für die Einstellung des Strafverfahrens kommt eine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG nicht in Frage (VwGH 11.05.2018, Ra 2017/02/0247); dies gilt auch für den vorliegenden Fall.

Zur Strafbemessung

Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. VwGH 22.02.2018, Ra 2017/11/0066).

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Wird ein ordentliches Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) geführt, sind zusätzlich zu den objektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat bei der Strafbemessung einzubeziehen (§ 19 Abs. 1 VStG). Demzufolge sind bei der Strafbemessung die infrage kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, insbesondere das Ausmaß des Verschuldens, sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten zu berücksichtigen (vgl. Weilguni in Lewisch/ Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 8).

Hinsichtlich der Milderungs- und Erschwerungsgründe verweist § 19 Abs. 2 VStG auf die §§ 32 ff StGB, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sinngemäß anzuwenden sind. Die Aufzählung im StGB ist jedoch lediglich demonstrativ. Eine abschließende Auflistung der Erschwerungs- und Milderungsgründe gibt es demzufolge nicht. Gemäß § 34 StGB kommen etwa folgende Milderungsgründe in Betracht: bisheriger ordentlicher Lebenswandel, Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen, aus Furcht oder Gehorsam, reumütiges Geständnis, unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens aus einem nicht vom Täter zu vertretenden Grund, ein die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand. Jedenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unbescholtenheit des Täters (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 10 und 14 mwN).

Wie bereits dargelegt, sind das Ausmaß des Verschuldens des BF, die Bedeutung des verwaltungsstrafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität der Beeinträchtigung im vorliegenden Fall keinesfalls als nur gering anzusehen.

Erschwerungsgründe kamen im Verfahren nicht hervor. Auf die Milderungsgründe der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit des BF und seine (reumütig) geständige Verantwortung hinsichtlich der Tatbegehung ("Ich nehme diesen Vorfall jedoch zum Anlass, hinkünftig noch genauer darauf zu achten, dass es zu keinen Verwaltungsübertretungen (...) kommt.") wurde bei der Bemessung der Strafe im Verfahren vor der belangten Behörde bereits zutreffend Rücksicht genommen. Weitere Milderungsgründe wurden von Seiten des BF nicht vorgebracht.

Darüber hinaus sind die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse des BF zu berücksichtigen, zu denen dieser keine Angaben gemacht hat. Dem wird in ausreichender Weise dadurch Rechnung getragen, wenn von "bloß unterdurchschnittlichen" finanziellen Verhältnissen ausgegangen wird. Der BF trat diesen bereits zutreffend angestellten Erwägungen der belangten Behörde in seiner Beschwerde nicht entgegen.

Die verhängte Geldstrafe von EUR 300,-- war daher unter Berücksichtigung eines bis zu EUR 37.000,-- reichenden Strafrahmens (das ist nicht einmal 1 % der Höchststrafe) im vorliegenden Fall tat- und schuldangemessen.

Ergebnis

Die Beschwerde war daher aus den oben dargestellten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens erfolgte gemäß § 52 Abs. 1, 2 und Abs. 6 VwGVG (20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch zehn Euro). Der Solidarhaftungsausspruch gegenüber der XXXX GmbH erfolgte entsprechend § 9 Abs. 7 VStG.

3.3. Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG konnte von einer Verhandlung abgesehen werden, weil lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde (§ 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG) und im angefochtenen Straferkenntnis eine EUR 500,-- nicht übersteigende Gelstrafe verhängt wurde (§ 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG) sowie keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die in A) zitierte höchstgerichtliche Judikatur und war im Übrigen lediglich eine - innerhalb des gesetzlichen Rahmens getroffene - Ermessensentscheidung hinsichtlich der Strafbemessung vorzunehmen (VwGH 02.08.2017, Ra 2017/05/0202).

Schlagworte

Belästigung, Direktwerbung, Einwilligung des Empfängers, Ermahnung,
Ermessen, Ermessensübung, Fahrlässigkeit, Geldstrafe, geringfügiges
Verschulden, Insolvenzverfahren, Kontrollsystem, Kostenbeitrag,
Kostentragung, Kumulierung, Solidarhaftung, Strafbemessung,
Unbescholtenheit, Unrechtsgehalt, Verschulden, Verwaltungsstrafe,
Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsübertretung, vorherige
Einwilligung, Werbemail, Werbung, Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W271.2198672.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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