TE Vwgh Erkenntnis 2018/7/26 Ro 2014/11/0104

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §51 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
SMG 1997 §15;
SuchtgiftV 1997 §23a Abs4;
SuchtgiftV 1997 §23a;
SuchtgiftV 1997 §23b Abs1 Z3;
SuchtgiftV 1997 §23b Abs1 Z4;
SuchtgiftV 1997 §23b Abs2 Z2;
SuchtgiftV 1997 §23b Abs2;
SuchtgiftV 1997 §23b;
SuchtgiftV 1997 §23c;
SuchtgiftV 1997 §23f Abs2;
VwGG §34 Abs1;
WeiterbildungsV orale Substitution 2007 §6 Abs1;
WeiterbildungsV orale Substitution 2007 §7 Abs1;
WeiterbildungsV orale Substitution 2007 §7a idF 2017/II/293;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision des Dr. O K in W, vertreten durch Mag. Dr. Roland Kier, Univ.-Prof. Dr. Richard Soyer und Dr.in Alexia Stuefer, Rechtsanwälte/in in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 14. Oktober 2013, Zl. MA 40 - GR 649.998/2013, betreffend Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 748,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Arzt und hat als solcher Substitutionsbehandlungen iSd. § 23a der Suchtgiftverordnung durchgeführt. Aufgrund einer Meldung der Landespolizeidirektion Wien, ein Substitutionspatient des Revisionswerbers sei bei der Weitergabe von 20 Stück Substitol auf frischer Tat betreten worden und habe daraufhin sinngemäß angegeben, dieses auf Rezept des Revisionswerbers erhalten zu haben, wurde nach weitergehender Prüfung mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. August 2013 die Streichung des Revisionswerbers von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärztinnen und Ärzte gemäß § 7 Abs. 1 der Weiterbildungsverordnung orale Substitution (im Folgenden: WeiterbildungsV) ausgesprochen.

2 Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (Landeshauptmann von Wien) nach am 4. September 2013 durchgeführter mündlicher Verhandlung keine Folge gegeben. In der Begründung findet sich zunächst eine Darstellung des erstinstanzlichen Bescheides, der Berufung und der mündlichen Verhandlung samt den darin erstatteten Gutachten des Amtssachverständigen zu sieben Substitutionspatienten des Revisionswerbers und dessen dazu am 20. September 2013 abgegebener schriftlicher Stellungnahme sowie der Rechtslage. Anschließend ging die belangte Behörde davon aus, der Revisionswerber habe in zumindest drei Fällen eine nicht dem § 23a Abs. 4 SV entsprechende diagnostische Abklärung der Indikation zur Substitutionsbehandlung vorgenommen, weil die diagnostischen Maßnahmen keine Harntests umfasst hätten. Weiters habe er Substitutionsbehandlungen begonnen und durchgeführt, ohne sich auf einen Behandlungsvertrag, die Ergebnisse regelmäßiger Harntests bzw. zu Behandlungsbeginn auf vorliegende Fremdbefunde stützen zu können und ohne vollständige Aufzeichnungen - insbesondere auch über die Gründe für das Abgehen vom Substitutionsmittel erster Wahl (gemäß § 23c der Suchtgiftverordnung - SV Methadon bzw. Buprenorphin) - über die Behandlungen geführt zu haben.

3 Der Patient Z.C. sei am 1. Mai 2013 bei der Weitergabe von Substitol auf frischer Tat betreten worden und habe angegeben, seit Oktober 2012 täglich fünf Stück (1000 mg) Substitol auf Rezept erhalten zu haben; ein bei der Landespolizeidirektion Wien durchgeführter Harntest auf gängige Suchtmittel und Morphine sei negativ verlaufen, sodass der Verdacht einer nicht vorliegenden Drogenabhängigkeit bestehe. Diesen Patienten habe der Revisionswerber von einem vorbehandelnden Arzt übernommen und in Substitutionsbehandlung genommen, ohne dass dem Revisionswerber eine Bestätigung oder eine Substitutionsdauerverschreibung des vorbehandelnden Arztes vorgelegen seien. Auch regelmäßige Harnbefunde seien nicht vorgewiesen worden. Da der Patient zu seiner früheren Behandlung falsche Angaben gemacht und den vorbehandelnden Arzt zunächst nicht bekannt gegeben habe und auch sonst sehr wortkarg gewesen sei, hätten die vom Revisionswerber gesetzten diagnostischen Maßnahmen in Form von Gesprächen und einer körperlichen Untersuchung (nach den Angaben des Revisionswerbers habe der Patient "keine Einstichstellen" aufgewiesen) jedenfalls nicht ausgereicht, um eine Drogenabhängigkeit zu diagnostizieren und lege artis die Einstellung des Patienten hinsichtlich der Wahl des Substitutionsmittels und dessen Dosierung vorzunehmen. Vielmehr habe sich der Revisionswerber bei der Dosisfestsetzung auf die Angaben des Patienten verlassen und der vom Patienten gewünschten Dosis entsprochen. Auch in weiterer Folge sei kein Harntest durchgeführt worden, um einen möglichen Substanzgebrauch zu belegen, wodurch § 23f Abs. 2 SV verletzt worden sei. Der Patientin M.C., die bei einem anamnestischen Explorationsgespräch angegeben habe, Substitol seit eineinhalb Jahren illegal einzunehmen, habe der Revisionswerber auf ihren Wunsch, ins Behandlungsprogramm einzusteigen, Rezepte für Substitol ausgestellt, ohne sich auf einen Fremdbefund oder Harntestergebnisse stützen zu können.

Den Patienten V.S. habe der Revisionswerber laut eigenen Angaben aus einem "Schwarzprogramm" übernommen und bereits "vor Abschluss eines Behandlungsvertrages" mit der Behandlung begonnen, obwohl kein Fremdbefund vorgelegen sei und der Patient Harntests sogar verweigert habe. Der Revisionswerber habe somit eine Substitutionsbehandlung begonnen, obwohl von vornherein festgestanden sei, dass dieser Patient die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht einhalten werde, und damit gegen § 23b Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 2 SV verstoßen. Auch sei der Patient längere Zeit ohne Harnbefund weiterbehandelt worden, wodurch § 23f Abs. 2 SV verletzt worden sei.

Da bei allen drei Patienten überdies keine vollständigen Aufzeichnungen über deren Behandlung - insbesondere über die Gründe für das Abgehen vom Substitutionsmittel erster Wahl (Methadon bzw. Buprenorphin) - geführt worden seien, sei § 51 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) verletzt worden.

4 Durch diese Vorgangsweise habe der Revisionswerber einerseits eine Gesundheitsgefährdung seiner Patienten in Kauf genommen und andererseits ermöglicht, dass Substitutionsmittel auf den Schwarzmarkt gelangten und Dritte dadurch einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt worden seien. Diese nicht dem § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 entsprechende Betreuung der Patienten erfordere die Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte, da eine gröbliche und wiederholte Verletzung der ärztlichen Berufspflichten iSd. § 7 Abs. 1 WeiterbildungsV vorliege.

5 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Juni 2014, B 1464/2013-4, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten, als Revision zu qualifizierenden Beschwerde beantragte der Revisionswerber, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig zu beheben.

Das (gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG ins Verfahren eingetretene) Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat am 15. Juni 2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und in der Sache erwogen:

7 1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall, in dem der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung nach diesem Datum an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden sind (vgl. etwa VwGH 24.5.2016, Ro 2014/05/0005, mwN).

8 2.1. Das Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 81/2013, lautet auszugsweise:

"Behandlung der Kranken und Betreuung der Gesunden

§ 49. (1) Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes (GQG), BGBl. I Nr. 179/2004, das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.

...

Dokumentationspflicht und Auskunftserteilung

§ 51. (1) Der Arzt ist verpflichtet, Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten und der zur Identifizierung dieser Arzneispezialitäten und der jeweiligen Chargen im Sinne des § 26 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, erforderlichen Daten zu führen und hierüber der beratenen oder behandelten oder zu ihrer gesetzlichen Vertretung befugten Person alle Auskünfte zu erteilen. In Fällen eines Verdachts im Sinne des § 54 Abs. 4 sind Aufzeichnungen über die den Verdacht begründenden Wahrnehmungen zu führen. Den gemäß § 54 Abs. 5 oder 6 verständigten Behörden oder öffentlichen Dienststellen ist hierüber Auskunft zu erteilen. Der Arzt ist verpflichtet, dem Patienten Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen.

..."

9 2.2.1. Die aufgrund der §§ 10 Abs. 1 Z 5 sowie 11 Abs. 2 Z 2 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997 idF BGBl. I Nr. 134/2002, erlassene Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Weiterbildung zum/zur mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt/Ärztin für den Bereich der oralen Substitutionsbehandlung von opioidabhängigen Suchtkranken (Weiterbildungsverordnung orale Substitution; im Folgenden: WeiterbildungsV), BGBl. II Nr. 449/2006, lautete in der zur Zeit des vorgeworfenen Fehlverhaltens maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 179/2011 auszugsweise:

     "Allgemeines, Begriffsbestimmungen

     § 1. (1) Diese Verordnung regelt die Weiterbildung der

zur selbständigen Berufsausübung berechtigten, freiberuflich oder

im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätigen Ärzte und Ärztinnen

mit dem Ziel der Erlangung jener Kenntnisse und Fertigkeiten

eines/einer mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend

vertrauten Arztes/Ärztin, die diesen/diese zur Durchführung der

Substitutionsbehandlung qualifizieren (§ 11 Abs. 2 Z 2 des

Suchtmittelgesetzes). Die Weiterbildung vermittelt

1.         die umfassende Qualifikation zur

Substitutionsbehandlung (Indikationstellung und Einstellung von

Patienten auf ein Substitutionsmittel einschließlich

Weiterbehandlung), oder

2.         eine auf die Weiterbehandlung von bereits auf ein

Substitutionsmittel eingestellten Patienten eingeschränkte Qualifikation.

(2) ‚Substitutionsbehandlung' im Sinne dieser Verordnung ist die ärztliche Behandlung im Sinne des § 23a Abs. 1 der Suchtgiftverordnung.

...

     Qualifikation zur Durchführung der

Substitutionsbehandlung

     § 2. (1) Zur umfassenden

Substitutionsbehandlung (Indikationstellung und Einstellung von

Patienten auf ein Substitutionsmittel einschließlich

Weiterbehandlung) sind nur jene Ärzte und Ärztinnen qualifiziert, die

1.         nach den ärzterechtlichen Vorschriften zu einer

allgemeinmedizinischen Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Rahmen

eines Sonderfaches der Heilkunde berechtigt sind, das die

Substitutionsbehandlung umfasst,

2.         sich der Basisweiterbildung gemäß § 3 Abs. 1 Z 1

(Basismodul ‚Indikationstellung und Einstellung') unterzogen haben,

3.         in die Liste der zur Durchführung der

Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen

eingetragen worden sind, und

4.         sich der regelmäßigen vertiefenden Weiterbildung gemäß

§ 3 Abs. 1 Z 2 (Weiterbildungsmodule) unterziehen.

...

Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte

und Ärztinnen

§ 5. (1) Ärzte und Ärztinnen, die beabsichtigen, sich im Rahmen ihrer Berufsausübung der Substitutionsbehandlung zuzuwenden, haben der Bezirksverwaltungsbehörde das Vorliegen der entsprechenden Qualifikation nachzuweisen. Die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde richtet sich nach dem Berufssitz oder Dienstort, an dem sich der Arzt oder die Ärztin der Durchführung der Substitutionsbehandlung zuwenden will.

     (2) Als Qualifikationsnachweise im Sinne des Abs. 1 gelten

1.         die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des

ärztlichen Berufes als approbierte/r Arzt/Ärztin, als Arzt/Ärztin

für Allgemeinmedizin oder als Facharzt/Fachärztin eines für die

Substitutionsbehandlung in Betracht kommenden Sonderfaches, sowie

2.         für die umfassende Qualifikation zur

Substitutionsbehandlung gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 der Nachweis der

erfolgreichen Absolvierung der Basisweiterbildung gemäß § 3 Abs. 1

Z 1, oder

3.         für die eingeschränkte Qualifikation zur

Weiterbehandlung gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 der Nachweis der erfolgreichen Absolvierung der Basisweiterbildung gemäß § 3 Abs. 1a Z 1.

...

Befristete Eintragung

§ 6. (1) Die Eintragung in die Liste (§ 5) erfolgt bei Vorliegen der Qualifikationsnachweise für die Dauer von 3 Jahren. Der Tag des Endes der Frist ist in die Liste einzutragen. Personen, die die Qualifikationsnachweise nicht erbringen, ist die Eintragung mit Bescheid zu versagen.

(2) Der Arzt oder die Ärztin hat die Aufrechterhaltung der Eintragung für weitere drei Jahre längstens 3 Monate vor Ablauf der Eintragungsdauer schriftlich zu beantragen. Wird dem Antrag stattgegeben, so bleibt die Eintragung für weitere drei Jahre aufrecht, andernfalls ist die Eintragung unverzüglich zu streichen. Wird über einen fristgerecht gestellten Antrag erst nach Ablauf der drei Jahre entschieden, so bleibt die Eintragung jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt aufrecht.

(3) Im Antrag auf Aufrechterhaltung der Eintragung hat der Arzt oder die Ärztin die Absolvierung der vertiefenden Weiterbildung (§ 3 Abs. 1 Z 2, 1a Z 2) mittels Bestätigung der betreffenden Ärztekammer nachzuweisen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Eintragung aufrecht zu erhalten, wenn die entsprechende Qualifikation durch den Besuch der vorgeschriebenen vertiefenden Weiterbildung gewährleistet ist und kein sonstiger Grund gegen die Aufrechterhaltung spricht.

Streichung von der Liste

§ 7. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid unverzüglich die Streichung von der Liste vorzunehmen, wenn ihr zur Kenntnis gelangt, dass eine Voraussetzung für die Eintragung weggefallen ist oder nicht vorgelegen hat, der Arzt oder die Ärztin ärztlichen Berufspflichten nicht nachkommt oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat. Darüber hinaus ist der Arzt oder die Ärztin wegen Ablaufs der Frist von der Liste unverzüglich zu streichen, sofern sich aus § 6 nicht anderes ergibt. Die Österreichische Ärztekammer hat der Bezirksverwaltungsbehörde alle ihr zur Kenntnis gelangenden Umstände, die einer weiteren Eintragung in der Liste entgegenstehen, unverzüglich mitzuteilen.

(2) Im Fall der Streichung ist die bisherige Eintragung in Evidenz zu halten.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer anstelle der Streichung die Eintragung unter der Bedingung des Nachweises der erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen aufrecht erhalten, wenn sich erweist, dass bei einem Arzt oder einer Ärztin in einzelnen Bereichen die für die Durchführung der Substitutionsbehandlung nach Maßgabe des Standes der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung erforderlichen Kenntnisse nicht vorliegen."

10 2.2.2. Mit der Novelle BGBl. II Nr. 293/2017, in Kraft getreten am 1. Jänner 2018, wurde folgende Bestimmung in die Weiterbildungsverordnung orale Substitution eingefügt:

"Wiedereintragung in die Liste

§ 7a. (1) Erfolgte die Streichung von der Liste, weil die Ärztin/der Arzt ärztlichen Berufspflichten nicht nachgekommen ist oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat, so hat die Ärztin/der Arzt, wenn sie/er eine Wiedereintragung in die Liste anstrebt, der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde neben dem Qualifikationsnachweis gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 die folgenden Nachweise vorzulegen:

1.         für die umfassende Qualifikation zur

Substitutionsbehandlung gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Nachweise über die

a.         nochmalige erfolgreiche Absolvierung der

Basisweiterbildung gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4

Abs. 2a,

b.         Absolvierung eines Praktikums in einer Einrichtung

gemäß § 15 SMG im Ausmaß von zumindest acht Stunden;

2.         für die eingeschränkte Qualifikation zur

Weiterbehandlung gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Nachweise über die

a.         nochmalige erfolgreiche Absolvierung der

Basisweiterbildung gemäß § 3 Abs. 1a Z 1 in Verbindung mit § 4

Abs. 2b,

b.         Absolvierung eines Praktikums in einer Einrichtung

gemäß § 15 SMG im Ausmaß von zumindest acht Stunden.

(2) Die Ärztekammer jenes Bundeslandes, in deren Wirkungsbereich die betreffende Weiterbildungsveranstaltung besucht wurde, hat die erfolgreiche Erfüllung der in Abs. 1 genannten fachlichen Voraussetzungen zu bestätigen.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat aufgrund der vorgelegten Qualifikationsnachweise zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Wiedereintragung in die Liste gegeben sind. ..."

11 2.3. Die aufgrund der §§ 2, 6 und 10 SMG erlassene Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Verkehr und die Gebarung mit Suchtgiften (Suchtgiftverordnung - SV), BGBl. II Nr. 374/1997 idF BGBl. II Nr. 464/2012, lautete auszugsweise:

"Substitutionsbehandlung

§ 23a. (1) Substitutionsbehandlung im Sinne dieser Verordnung ist die ärztliche Behandlung von opioidabhängigen Personen mit oral zu verabreichenden opioidhaltigen Arzneimitteln als Ersatz für missbräuchlich zugeführte Opioide ...

(4) Die Beurteilung des Vorliegens einer Indikation zur Substitutionsbehandlung ist auf Grundlage umfassender diagnostischer Abklärung nach Maßgabe der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Bedachtnahme auf das Behandlungsziel, auf allfällige unmittelbar abstinenzorientierte Behandlungsalternativen sowie auf allfällige im konkreten Einzelfall mit der Verschreibung suchtgifthaltiger Arzneimittel verbundene Sicherheitsrisiken vorzunehmen.

...

     § 23b. (1) Eine Substitutionsbehandlung darf nur

begonnen werden, wenn

1.         der Patient von keinem anderen Arzt ein

Substitutionsmittel erhält,

2.         der Patient über die möglichen Risiken und

Rahmenbedingungen der Behandlung einschließlich möglicher

Nebenwirkungen des Substitutionsmittels aufgeklärt wurde,

3.         der Patient sich mit den Rahmenbedingungen der

Behandlung nachweislich einverstanden erklärt hat, und

4.         zwischen Arzt und Patient ein schriftlicher

Behandlungsvertrag nach Anhang VI abgeschlossen wurde. Auf das

Erfordernis des schriftlichen Vertragsabschlusses kann nur

ausnahmsweise aus besonderen Gründen, die zu dokumentieren sind,

verzichtet werden.

     (2) Rahmenbedingungen der Behandlung im Sinne des Abs. 1 Z 2

sind

1.         die Einhaltung der vorgesehenen Einnahmemodalitäten

(Abgabemodus) durch den Patienten (§ 23e),

2.         die Absolvierung der regelmäßigen ärztlichen Kontrollen

einschließlich Harnkontrollen (§ 23f Abs. 2),

3.         die Behandlung des Beikonsums von Substanzen, die die

Substitutionsbehandlung oder den Gesundheitszustand des Patienten

gefährden,

4.         die Unterlassung der Weitergabe von

Substitutionsmitteln durch den Patienten,

5.         die ärztliche Aufklärung des Patienten über Kriterien

für den Abbruch der Behandlung.

§ 23c. Bei der Substitutionsbehandlung sind Methadon sowie auch Buprenorphin, jeweils in einer für die perorale Einnahme geeigneten und die i.v. Verwendung dieser Suchtmittel erschwerenden Zubereitung, Mittel der ersten Wahl. Nur bei Unverträglichkeit dieser Arzneimittel dürfen andere Substitutionsmittel verschrieben werden.

...

§ 23f. (1) ...

(2) Während der Behandlung hat der Arzt, insbesondere im Hinblick auf medizinisch indizierte Dosisanpassungen, regelmäßige, anfänglich häufigere Behandlungskontrollen durchzuführen. Zur Überprüfung, ob neben dem Substitutionsmittel noch andere, vom behandelnden Arzt nicht verordnete Suchtmittel missbräuchlich verwendet werden, sind ferner verlässliche Harnkontrollen zu veranlassen."

12 3. Zur Frage, ob das Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers an einer meritorischen Entscheidung weggefallen ist:

13 3.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Möglichkeit eines Revisionswerbers, durch den angefochtenen Bescheid im geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden zu können, eine Prozessvoraussetzung, die auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes noch gegeben sein muss (vgl. VwGH 20.9.2001, 98/07/0033, mwN).

14 3.2. Gegenständlich ist - entgegen der vom Vertreter des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung - unbeschadet der Befristung der Eintragung nach § 6 Abs. 1 WeiterbildungsV jedenfalls davon auszugehen, dass der Revisionswerber durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt sein kann, weil durch die Einführung des § 7a WeiterbildungsV mit der Novelle BGBl. II Nr. 293/2017 die Voraussetzungen für eine neuerliche Eintragung mit 1. Jänner 2018 für jene Ärzte verschärft wurden, die deshalb von der Liste gestrichen wurden, weil sie ärztlichen Berufspflichten nicht nachgekommen sind oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen haben. Diese Ärzte haben die nochmalige Absolvierung der Basisweiterbildung und überdies die Absolvierung eines zumindest 8-stündigen Praktikums in einer Einrichtung nach § 15 SMG nachzuweisen.

Solange der angefochtene Bescheid dem Rechtsbestand angehört, ist der Revisionswerber als ein aus der Liste gestrichener Arzt iSd. § 7a WeiterbildungsV anzusehen. Seine Rechtsposition wäre eine andere, wenn der angefochtene Bescheid durch den Verwaltungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand ausgeschieden würde, sodass jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt von einem bestehenden Rechtsschutzinteresse auszugehen ist (vgl. auch VwGH 23.9.2014, 2012/11/0187).

15 4. Zum rechtlichen Hintergrund des zu einer Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen führenden Fehlverhaltens:

16 4.1. § 7 Abs. 1 WeiterbildungsV ordnet eine Streichung von der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen an, wenn der Arzt oder die Ärztin ärztlichen Berufspflichten nicht nachkommt oder sonst gröblich oder wiederholt gegen diese Berufspflichten verstoßen hat. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass entweder (mindestens) ein grober Verstoß oder mehrere sonstige Verstöße gegen die Berufspflichten Voraussetzung für die Streichung aus der Liste sind. Es ist davon auszugehen, dass Verstöße gegen die Berufspflichten jedenfalls vorliegen, wenn bei einer Substitutionsbehandlung jene Bestimmungen nicht eingehalten werden, die die Abklärung der Indikation, den Beginn und die weitere Durchführung der Substitutionsbehandlung regeln, was auf die §§ 23a ff SV zutrifft.

17 4.2. § 23a SV verfolgt das Ziel, opioidabhängigen - aber eben nur opioidabhängigen - Personen eine Substitutionsbehandlung zukommen zu lassen; dies soll mit der in § 23a Abs. 4 SV geregelten Abklärung der Indikation sichergestellt werden.

18 § 23b SV legt die Bedingungen fest, unter denen eine Substitutionsbehandlung überhaupt erst begonnen werden darf. Dazu gehört der Abschluss eines in Anhang VI zur SV vorgegebenen besonderen schriftlichen Behandlungsvertrages, in dem sich der Patient (unter anderem) zur Einhaltung der in § 23b Abs. 2 SV aufgezählten Rahmenbedingungen der Substitutionsbehandlung - darunter die Absolvierung regelmäßiger ärztlicher Kontrollen einschließlich Harnkontrollen - verpflichtet. Diese strengen Eingangsvoraussetzungen für den Beginn einer Behandlung dienen vor dem Hintergrund der von Substitutionsmitteln ausgehenden Gefahr offensichtlich dazu, eine Gesundheitsgefährdung der Patienten und Dritter (durch Weitergabe des Substitutionsmittels) zu verhindern.

19 Die §§ 23c ff SV regeln schließlich die Durchführung der Substitutionsbehandlung. Neben der Festlegung von Methadon und Buprenorphin als Substitutionsmittel erster Wahl, die nur bei Unverträglichkeit durch andere Mittel ersetzt werden dürfen, in § 23c SV zählt dazu nach § 23f Abs. 2 SV auch die Veranlassung verlässlicher Harnkontrollen durch den behandelnden Arzt. Dass die bloße Veranlassung von Harntests als Behandlungsgrundlage jedoch nicht ausreicht, ergibt sich aus der unabdingbaren Selbstverpflichtung der Patienten nach § 23b Abs. 2 Z 2 SV; danach hat der Patient regelmäßige Harnkontrollen iSd. § 23f Abs. 2 SV zu absolvieren. Bei Nichtbefolgung dieser Rahmenbedingung fehlt eine der in § 23b SV normierten zwingenden Voraussetzungen für die (weitere) Behandlung. Daraus folgt, dass eine Substitutionsbehandlung bei Nichtvorlage von Harntestergebnissen trotz Veranlassung durch den Arzt abzubrechen ist.

20 5. Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die Revision als unbegründet.

21 5.1. Die belangte Behörde hat dem Revisionswerber unter anderem vorgeworfen, in zumindest drei Fällen eine nicht dem § 23a Abs. 4 SV entsprechende diagnostische Abklärung der Indikation zur Substitutionsbehandlung vorgenommen und dadurch seine Berufspflichten gröblich verletzt zu haben. Primär auf diesen Vorwurf konzentriert sich die Revision. Sie übersieht dabei, dass die belangte Behörde auch eine Reihe anderer Verstöße festgestellt hat, die sich auf den tatsächlichen Beginn und die Durchführung der Substitutionsbehandlung beziehen und die in der Revision nicht erwähnt und somit nicht bestritten werden.

22 5.2.1. So habe der Revisionswerber die Behandlung des Patienten V.S. bereits vor Abschluss eines Behandlungsvertrages iSd. § 23b SV begonnen, obwohl kein Fremdbefund eines vorbehandelnden Arztes vorgelegen sei und der Patient die Absolvierung von Harntests sogar von vornherein verweigert habe. Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung unter Hinweis auf das Vorbringen des Revisionswerbers in der Berufungsverhandlung vom 4. September 2013 und seiner Stellungnahme vom 20. September 2013 zugrunde, dass der Revisionswerber dem Patienten V.S. die erste Substitutionsdauerverschreibung am 2. Juli 2013 ausgestellt habe, der Behandlungsvertrag jedoch vom 9. Juli 2013 datiere, und dass der Patient zu diesen Zeitpunkten Harntests verweigert habe.

23 Schon nach dem eigenen Vorbringen des Revisionswerbers konnte die belangte Behörde somit unbedenklich davon ausgehen, dass der Beginn der Behandlung sowohl unter Verstoß gegen § 23b Abs. 1 Z 4 SV (kein Behandlungsvertrag im Sinne dieser Bestimmung) als auch gegen § 23b Abs. 1 Z 3 leg. cit. erfolgt war, da sich der Patient mit den Rahmenbedingungen der Behandlung nachweislich nicht einverstanden erklärte, indem er Harntests (§ 23b Abs. 2 Z 2 iVm § 23f Abs. 2 SV) von Anfang an ausdrücklich verweigerte.

24 5.2.2. Zur Durchführung der Behandlung stellte die Behörde - wiederum ausgehend vom Vorbringen des Revisionswerbers - fest, dass dieser den Patienten V.S. erstmals am 15. Juli 2013 und nochmals am 27. August 2013 zu einem Harntest überwiesen und dass der Patient diesen erst am 3. September 2013 absolviert habe. Während der gesamten Zeit habe der Patient aufgrund von Dauerverschreibungen des Revisionswerbers 400 mg Substitol pro Tag erhalten.

25 Der Revisionswerber hat sowohl am 2. als auch am 9. Juli 2013 Rezepte ausgestellt und später, ungeachtet der Nichtabsolvierung der danach angeordneten Harnuntersuchung - über einen Zeitraum von sieben Wochen - die Behandlung nicht abgebrochen, sondern ohne absolvierten Harntest weitere Verschreibungen ausgestellt. Durch die Behandlung des Patienten ohne Vorliegen von Harntestergebnissen (hier: während insgesamt zwei Monaten) hat der Revisionswerber gegen § 23f Abs. 2 iVm.

§ 23b Abs. 2 Z 2 SV verstoßen.

26 Zum Patienten Z.C. stellte die belangte Behörde fest, der Revisionswerber habe ohne Vorlage eines einzigen Harnbefundes von Oktober 2012 bis April 2013 Substitutionsverschreibungen über 1000 mg Substitol pro Tag ausgestellt. Die Patientin M.C. sei zwei Monate lang ohne Harnbefund mit 400 mg Substitol pro Tag behandelt worden. Dies wurde vom Revisionswerber schon im Verwaltungsverfahren nicht bestritten. Ob er, wie behauptet, Harntests veranlasst hatte (die jedoch nicht durchgeführt wurden), ist aus den bereits dargestellten Überlegungen nicht maßgeblich. Auch hinsichtlich dieser beiden Patienten hat der Revisionswerber somit gegen § 23f Abs. 2 iVm. § 23b Abs. 2 Z 2 SV verstoßen.

27 5.2.3. Schließlich ging die Behörde - ebenfalls unbestritten - davon aus, dass bei allen drei Patienten entgegen § 23c SV nicht die Substitutionsmittel erster Wahl (Methadon bzw. Buprenorphin) zur Anwendung gelangten und eine Unverträglichkeit dieser Mittel nicht dokumentiert wurde, sowie dass beim Patienten V.S. entgegen § 23b Abs. 1 Z 4 zweiter Satz SV Aufzeichnungen über die Gründe für den Beginn der Behandlung ohne Behandlungsvertrag fehlten. Es ist ihr daher nicht entgegenzutreten, wenn sie einen mehrfachen Verstoß des Revisionswerbers gegen die Dokumentationspflicht des § 51 ÄrzteG 1998 annahm.

28 5.3. Wie bereits ausgeführt, dient der Abschluss eines schriftlichen Behandlungsvertrags unter Vereinbarung der in § 23b Abs. 1 Z 3 iVm. Abs. 2 SV genannten Rahmenbedingungen vor Beginn der Behandlung angesichts der von Substitutionsmitteln ausgehenden Gefahr dazu, eine Gesundheitsgefährdung der Patienten und Dritter zu verhindern. Schon die beim Patienten V.S. vorgenommene Substitutionsbehandlung ohne Vorliegen eines Behandlungsvertrages iSd. § 23b SV entgegen § 23b Abs. 1 Z 4 SV und damit ohne das Einverständnis des Patienten zur Einhaltung der Rahmenbedingungen, allen voran die regelmäßige Absolvierung von Harnkontrollen, bedeutet daher jedenfalls eine gröbliche Verletzung der ärztlichen Berufspflichten iSd. § 7 Abs. 1 WeiterbildungsV. Hinzu kommen allein beim Patienten V.S., wie dargelegt, noch Verstöße gegen § 23b Abs. 2 Z 2 und 3 sowie gegen § 23f Abs. 2 SV und § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998. In zwei weiteren Fällen (Z.C. und M.C.) hat der Revisionswerber § 23f Abs. 2 iVm. § 23b Abs. 2 Z 2 SV und § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verletzt, sodass der belangten Behörde nicht entgegenzutreten ist, wenn sie von gröblichen und wiederholten Verletzungen der ärztlichen Berufspflichten ausging.

29 Da sich weder aus dem Revisionsvorbringen bzw. dem Vorbringen des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung noch aus dem Akt Anhaltspunkte dafür ergeben, die Vorgangsweise des Revisionswerbers hätte auf einem Mangel der für die Durchführung der Substitutionsbehandlung erforderlichen Kenntnisse beruht, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde ein Vorgehen nach § 7 Abs. 3 WeiterbildungsV ausschloss und eine Streichung aus der Liste vornahm.

30 5.4. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde auf Basis des in der Berufungsverhandlung erstellten Gutachtens des Amtssachverständigen erhobenen Vorwürfe zutreffen, der Revisionswerber habe überdies wiederholt dem § 23a Abs. 4 SV zuwidergehandelt (siehe Rn 2). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel.

31 5.5. In der Revision wird auch vorgebracht, es hätten "defacto dieselben Personen die entscheidenden Verfahrenshandlungen in den jeweiligen Instanzenzügen gesetzt", weshalb der angefochtene Bescheid wegen Befangenheit der Organwalter gegen § 7 AVG verstoße. So habe Mag. G., welcher den Erstbescheid für die Abteilungsleiterin Mag.a R.C. unterzeichnet habe, "de facto" die Berufungverhandlung geleitet. Den Berufungsbescheid wiederum habe die Abteilungsleiterin Mag.a R.C. erlassen. Letztere und Mag. G. seien die Vorgesetzten von Dr.in B., welche aktenkundig an beiden Verfahren beteiligt gewesen sei.

32 Zunächst ist dazu festzuhalten, dass sich eine Mitwirkung von Dr.in B. an der Willensbildung über den erstinstanzlichen oder den angefochtenen Bescheid aus dem Verwaltungsakt nicht ergibt und weder im Verwaltungsverfahren noch in der Revision oder der mündlichen Verhandlung behauptet wurde. Nur die unmittelbare Teilnahme desselben Organwalters an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruchs, nicht aber bereits jede andere Tätigkeit im unterinstanzlichen Verfahren kann jedoch als Mitwirkung an der "Erlassung" eines Bescheides im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG gesehen werden (VwGH 5.3.2014, 2011/05/0135).

33 Auch die Tatsache, dass der erstinstanzliche Bescheid von einem Mitarbeiter (Mag. G.) jener Abteilung des Magistrats unterfertigt war, deren Leiterin (Mag.a R.C.) den Berufungsbescheid für den Landeshauptmann unterschrieben hat, bewirkt keine Befangenheit iSd. § 7 Abs. 1 Z 4 AVG (vgl. etwa VwGH 9.11.2004, 2002/05/1032, mwN, und darauf Bezug nehmend Hengstschläger/Leeb, AVG (2014) § 7 Rz 13). Im vorliegenden Fall gibt es nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Organwalterin (Mag.a R.C.), die den angefochtenen Berufungsbescheid erließ, im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG an der Erlassung des von ihr in Prüfung gezogenen Bescheides der Erstbehörde mitgewirkt hätte.

34 Dass - so das Revisionsvorbringen - der Organwalter, der den Erstbescheid erlassen hat (Mag. G.), die mündliche Berufungsverhandlung "de facto geleitet" hat, obwohl eine Verhandlungsleiterin (Dr.in B.) auf der Verhandlungsschrift aufscheint, ergibt sich weder aus dem Verwaltungsakt (in dem sich auch keine Protokollrüge findet, die diese Behauptung - etwa durch Wiedergabe von Aussagen des Mag. G. in der Berufungsverhandlung - konkretisiert) noch wurde dies in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konkret dargetan. Die bloße (auf der Verhandlungsschrift auch dokumentierte) Anwesenheit dieses Organwalters in der mündlichen Berufungsverhandlung ist jedoch nicht geeignet, eine Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z 4 AVG zu begründen (vgl. abermals die bei Hengstschläger/Leeb, aaO, referierte Judikatur).

35 5.6. Soweit der Revisionswerber ausführt, der Österreichischen Ärztekammer sei rechtswidrig keine Parteistellung eingeräumt worden, weil sie nicht zur mündlichen Verhandlung geladen worden sei, ist dem entgegen zu halten, dass sich aus einem Anhörungsrecht, wie es § 7 der WeiterbildungsV für die Ärztekammer vorsieht, keine Parteistellung im Verfahren ableiten lässt. Durch ein Anhörungsrecht wird der Anzuhörende wohl zum Beteiligten iSd. AVG, nicht jedoch zur Partei eines Verfahrens (vgl. VwGH 23.5.2007, 2004/04/0196, mwN).

36 Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang meint, die belangte Behörde hätte sich mit der Stellungnahme der Ärztekammer (diese wurde also sehr wohl angehört) nicht ausreichend auseinander gesetzt, wodurch das Verfahren mit einem relevanten Mangel behaftet sei, so ist zunächst zu entgegnen, dass sich im angefochtenen Bescheid eine derartige Auseinandersetzung findet, in der aufgezeigt wird, dass die Ärztekammer im erstinstanzlichen Verfahren die Vorgangsweise des Revisionswerbers als "problematisch" bezeichnet hat und im Berufungsverfahren die ihr eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme nicht mehr wahrgenommen hat. Somit ergibt sich, dass die belangte Behörde die Streichung des Revisionswerbers nicht ohne die in § 7 WeiterbildungsV vorgesehene Anhörung der Ärztekammer ausgesprochen hat. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass aus dem Anhörungsrecht nicht auf eine Bindung der belangten Behörde an die abgegebene Stellungnahme der anzuhörenden Stelle geschlossen werden kann (vgl. das soeben zitierte Erkenntnis sowie VwGH 6.3.2013, 2012/04/0135, jeweils mwN).

37 Abgesehen davon, dass somit kein Verfahrensmangel vorliegt, ist der belangten Behörde auch darin zu folgen, dass das Anhörungsrecht der Ärztekammer nicht primär dazu dient, auf Seiten des von der Streichung betroffenen Arztes Stellung zu beziehen. So hat die Ärztekammer etwa auch nach § 7 Abs. 1 letzter Satz WeiterbildungsV der Bezirksverwaltungsbehörde alle ihr zur Kenntnis gelangenden Umstände, die einer weiteren Eintragung in der Liste entgegenstehen, unverzüglich mitzuteilen.

38 6. Da die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausging, es lägen die Voraussetzungen für die Streichung gemäß § 7 Abs. 1 WeiterbildungsV vor, war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

39 7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 26. Juli 2018

Schlagworte

Interessenvertretungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2014110104.J00

Im RIS seit

07.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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