TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/3 W212 2186068-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.2018
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Entscheidungsdatum

03.08.2018

Norm

AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs4
AsylG 2005 §35 Abs5
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs24
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §11
FPG §11a Abs2
FPG §26
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W212 2186072-1/4E

W212 2186073-1/4E

W212 2186067-1/4E

W212 2186068-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 08.01.2018, Zl. Damaskus-KONS/1902/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, 4.) XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, alle StA. Syrien, vertreten durch Weh Rechtsanwalts GmbH, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 14.11.2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Syriens und stellten persönlich am 06.07.2017 bei der österreichischen Botschaft Damaskus (in der Folge: ÖB Damaskus) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Begründend führten sie aus, dem Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und Bruder der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 06.10.2016 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden.

In einem ergänzenden Schreiben vom 04.07.2017 brachten die Beschwerdeführer vor, dass ihnen ein weiterer Verbleib in Syrien unzumutbar sei. Hierzu wurde ein Bericht über einen Luftangriff, bei dem auch ein Krankenhaus getroffen wurde, zitiert. Weiters wurde auf die UN-Kinderrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta verwiesen. Es werde daher beantragt, den Beschwerdeführern Einreisevisa zu gewähren, in eventu, ihnen im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms internationalen Schutz zu gewähren, in eventu Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen.

2. Am 04.09.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge. Weiters habe die Bezugsperson die Volljährigkeit bereits erreicht.

3. Mit Schreiben vom 04.09.2017, zugestellt am 11.09.2017, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde auf die beiliegende Mitteilung des BFA verwiesen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. Die Beschwerdeführer erstatteten keine Stellungnahme.

5. Mit Bescheiden der ÖB Damaskus vom 05.10.2017, übernommen am 18.10.2017, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde auf die Mitteilung des BFA vom 17.08.2017 verwiesen.

6. Gegen diese Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 14.11.2017 Beschwerde erhoben. Darin wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführer Anträge auf Erteilung von Einreisevisa und anschließende Gewährung von internationalem Schutz gestellt hätten. In eventu seien die Gewährung von internationalem Schutz im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms bzw. die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK beantragt worden. Im angefochtenen Bescheid sei lediglich über den ersten Antrag entschieden worden. Es liege daher ein unzulässiger Teilbescheid vor. Der Bescheid erfülle nicht die Vorgaben des VwGH hinsichtlich einer Bescheidbegründung. Die Bestimmung des § 35 Abs. 2 AsylG sei weder mit Art. 8 EMRK noch mit Art. 7 und 24 GRC oder dem B-VG über die Rechte der Kinder vereinbar. Die Beschwerdeführer hielten die Bestimmung für verfassungswidrig. Die Definition des § 35 Abs. 5 AsylG, wonach nur Elternteile eines minderjährigen Kindes Familienangehörige seien, sei ebenfalls verfassungswidrig. Es werde daher angeregt, diese Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2018, Zl. Damaskus-KONS/1902/2017, wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer Anträge nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführer ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als allein tragender Grund für die Abweisung der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Volljährige Kinder würden nicht unter den Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG fallen. Der VwGH habe in seiner Entscheidung Ra 2015/21/0230 ausgeführt, dass es hinsichtlich der Volljährigkeit der Bezugsperson auf den Entscheidungszeitpunkt ankomme, und an dieser Rechtsprechung auch mit Ra 2016/20/0231 festgehalten. Abgesehen von der Tatsache, dass die dreijährige Wartefrist für subsidiär Schutzberechtigte noch nicht abgelaufen sei, gehe die Beschwerde schon allein wegen der Volljährigkeit der Bezugsperson ins Leere.

Art. 8 EMRK stehe unter Gesetzesvorbehalt. Auch Art. 4 der Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG gehe hinsichtlich "Familienangehörigen" von minderjährigen Kindern aus. Der VwGH habe sich in seinem Erkenntnis Ra 2015/21/0230 mit diesem Familienbegriff auseinandergesetzt und ausgeführt, dass grundsätzlich die Verhältnisse im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich seien.

Das BFA sei nach umfangreicher Würdigung des gesamten Vorbringens zu dem Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln nicht vorlägen, weshalb die Verfahrensrüge, die Behörde habe sich nicht im erforderlichen Ausmaß mit den Argumenten der Beschwerdeführer auseinandergesetzt, jeglicher Grundlage entbehre.

8. Am 22.01.2018 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

11. Mit einem am 14.02.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.

12. Mit Schreiben vom 19.04.2018 teilten die Beschwerdeführer mit, dass der Bezugsperson inzwischen mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2017, W108 2139864-1, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Gleichzeitig wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer stellten am 06.07.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG, wobei als Bezugsperson der Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und Bruder der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, genannt wurde.

Der angegebenen Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2017, W108 2139864-1, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die Bezugsperson wurde am XXXX volljährig.

Nach Antragstellung wurde den Beschwerdeführern in der Aufforderung zur Stellungnahme vom 21.08.2017 mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson weniger als drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge. Darüber hinaus sei die Bezugsperson bereits volljährig. Diese negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes wurde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes auf Grundlage einer Stellungnahme der Beschwerdeführer aufrechterhalten.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführer in Zusammenhang mit den von ihnen vorgelegten Urkunden und aus dem Akt der Österreichischen Botschaft Damaskus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

...

§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.3. Verfahrensgegenständlich wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit November 2017 den Status eines Asylberechtigten genießende Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin bzw. Bruder der Dritt- und Viertbeschwerdeführer bezeichnet.

Aus den vorliegenden Akten und Unterlagen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Bezugsperson im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung über die Einreiseanträge der Beschwerdeführer nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 bereits volljährig ist. Die Bezugsperson hat ihre Volljährigkeit am XXXX erreicht, womit der Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin nicht erfüllt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 nicht mehr vor, wenn die minderjährige Bezugsperson während des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig wird (vgl. VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253-0254 und das in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung jüngst ergangene Erkenntnis des VwGH vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10). Im zuletzt genannten Erkenntnis hat der VwGH zudem festgehalten, dass sich auch aus der Entscheidung des EuGH C-550/16 vom 12.04.2018 im Hinblick auf den dortigen nicht vergleichbaren Ausgangssachverhalt, dass der Asylwerber während des Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht hat, keine abweichende Beurteilung ergibt.

War somit, wie auch im konkreten Fall, die Bezugsperson im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über die Einreiseanträge zweifellos (und unstrittig) nicht mehr minderjährig, sind sohin deren Eltern nicht als Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 anzusehen.

Was die Geschwister der in Österreich lebenden Bezugsperson betrifft, so handelt es sich weder um einen Elternteil oder Ehegatten, noch um ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, sodass auch diese vom maßgeblichen Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht erfasst werden. So hat auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10, bestätigt, dass aufgrund des - insoweit von vornherein als klar einzustufenden - Gesetzeswortlautes Geschwister nicht als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gelten. Im Hinblick darauf sind die Dritt- und Viertbeschwerdeführer- auch unabhängig vom erfolgten Eintritt der Volljährigkeit der Bezugsperson - im Verfahren niemals deren Familienangehörige iSd. § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gewesen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zur Regelung des § 35 AsylG 2005 festgehalten, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen eines Asylberechtigten selbst der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Die Erlangung eines Visums nach § 35 AsylG 2005 zielt jedoch gerade darauf ab, dem Drittstaatsangehörigen ein Einreisevisum zum Zweck des Stellens eines Antrages auf internationalen Schutz im Inland zu ermöglichen. Die Bestimmungen des § 34 und § 35 AsylG 2005 können somit Fälle erfassen, die an sich der Familienzusammenführungsrichtlinie unterliegen würden, gleichzeitig jedoch den Familienangehörigen eine günstigere Rechtsstellung einräumen, als es diese Richtlinie verlange. Es könne allerdings nicht als unionsrechtswidrig angesehen werden, wenn nicht allen Angehörigen von Asylberechtigten dieser Status eingeräumt wird (vgl. VwGH vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0218).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung weiters bereits darauf hingewiesen hat, stellt die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen und diesen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Diesem Zweck wird aber - beispielsweise - nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Lauf des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da diese bei Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise in das Bundesgebiet nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher (etwa) in einer solchen Konstellation von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen eines Fremden auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn zu entsprechen. Diese sind auf andere - im NAG und im Fremdenpolizeigesetz 2005 eröffnete - Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Erteilung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0253, 0254).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18.09.2015 zu E 360-361/2015-21, keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf einen Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft der Beschwerdeführer als Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gesehen.

Anzumerken ist, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Familienangehörigen von Asylberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 46 NAG ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus" erteilt werden). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Zusammenfassend erweisen sich Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 im vorliegenden Fall sohin von vornherein als ungeeignetes Instrument, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Die Beschwerdeführer sind vielmehr auf die anderen im NAG und FPG vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung entsprechender Einreisetitel zu verweisen.

Wie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, wurde der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit der Verneinung der Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer das Sachverhaltselement der während des Einreiseverfahrens nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 eingetretenen Volljährigkeit der Bezugsperson zugrunde gelegt. Zur Klarstellung ist zu bemerken, dass es sich hierbei jedenfalls um kein den Beschwerdeführern unbekanntes Sachverhaltselement handelt, das diesen im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen gewesen wäre. Das Geburtsdatum der Bezugsperson steht unzweifelhaft fest, war den Beschwerdeführern stets bekannt und wurde auch von den Beschwerdeführern nie in Abrede gestellt.

3.4. Zum Antrag der Beschwerdeführer, ihnen "im Rahmen des

humanitären Aufnahmeprogramms ... internationalen Schutz zu

gewähren" ist festzuhalten, dass kein Rechtsanspruch auf Aufnahme in ein humanitäres Programm besteht.

Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rechtssache C-638/16 ausgesprochen, dass der Unionsgesetzgeber die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Personen, die sich in ihr Hoheitsgebiet begeben möchten, um dort Asyl zu beantragen, ein humanitäres Visum zu erteilen. Derartige Anträge fallen daher allein unter das nationale Recht. Nach § 17 Abs. 1 AsylG kann ein Antrag auf internationalen Schutz jedoch nur von Personen (Fremden) gestellt werden, die sich in Österreich befinden.

Ebenso können Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK nach dem eindeutigen Wortlaut des § 55 Abs. 1 AsylG nur im Bundesgebiet aufhältigen Personen erteilt werden. Eine Antragstellung aus dem Ausland ist nicht vorgesehen. Beide Anträge waren daher unzulässig.

3.7. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung, Bindungswirkung, Bürgerkrieg,
Einreisetitel, Entscheidungszeitpunkt, Ermessensspielraum,
Familienangehöriger, Familienbegriff, Familienzusammenführung,
Interessenabwägung, Minderjährige, öffentliche Interessen, Privat-
und Familienleben, Prognose, Prognoseentscheidung, subsidiärer
Schutz, Volljährigkeit, Vorlageantrag, Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2186068.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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