RS Vfgh 2017/3/14 G311/2016

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Veröffentlicht am 14.03.2017
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Index

21/03 GesmbH-Recht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
GmbHG §6, §10, §10b, §54, §127

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der neuerlichen Änderung der Regelungen über das Mindeststammkapital der Gesellschaften mit beschränkter Haftung; keine Überschreitung des dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes

Rechtssatz

Abweisung des Antrags des OGH auf Aufhebung des §6 Abs1 und des §10 Abs1 GmbHG idF des AbgabenänderungsG 2014 (AbgÄG 2014), BGBl I 13/2014.

Zurückweisung des Antrags, soweit er sich gegen (Teile des) §54 GmbHG (Herabsetzung des Stammkapitals) richtet, mangels Präjudizialität (vgl VfGH 25.02.2016, G495/2015); Unzulässigkeit auch der Anfechtung des §127 Abs13 bis Abs16 GmbHG.

Unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Gesetzgeber die Regelungen über das Mindeststammkapital der Gesellschaften mit beschränkter Haftung (zwei Mal) ändert, solange die durch die jeweiligen Novellierungen geschaffenen Regelungen in sich sachlich sind und auch keinen sonstigen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (wie zB gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes) bewirken.

Es mag statistisch zutreffen, dass die Erhöhung des Mindeststammkapitals bei Inanspruchnahme des sogenannten Gründungsprivilegs gemäß §10b GmbHG erst zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden muss, in dem die Phase der Unternehmensgründung lange überschritten und die Gefahr einer Unternehmensinsolvenz deutlich gesunken ist (vgl §127 Abs16 GmbHG). Dies führt allerdings nicht zur Unsachlichkeit der angefochtenen Regelungen. Es liegt nämlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, welche im öffentlichen Interesse liegenden Ziele er bei der Festlegung der Höhe des Mindeststammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung verfolgt. Der VfGH kann dem Gesetzgeber nicht entgegentreten, wenn er zur Förderung der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung das Mindeststammkapital vorübergehend niedriger ansetzt und so den Gläubigerschutzaspekt in den Hintergrund treten lässt.

Der VfGH pflichtet der Auffassung des OGH nicht bei, dass die unterschiedliche Behandlung der Gesellschaften, je nachdem, wann diese gegründet wurden und ob sie von der Gründung mit einem Stammkapital von € 10.000,- oder der Herabsetzung des Stammkapitals auf € 10.000,- Gebrauch machten, gleichheitswidrig ist.

Im konkreten Fall geht es nicht um einen Eingriff in Rechtspositionen der Eigentümer jener Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die vor dem Inkrafttreten des Gesellschaftsrechts-ÄnderungsG 2013 (GesRÄG 2013), BGBl I 109/2013, gegründet wurden (und nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 bis zum Inkrafttreten des AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, keinen Antrag auf Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf € 10.000,- stellten), sondern um die unterschiedliche Behandlung der vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründeten Gesellschaften gegenüber den nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründeten Gesellschaften. Da der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht gehalten ist, eine Gründungsprivilegierung auch für "Altgesellschaften", i.e. Gesellschaften, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründet wurden, vorzusehen, hat der Gesetzgeber im konkreten Fall den ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Gesellschaftsrecht, Rechtspolitik, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:G311.2016

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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