TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/5 VGW-002/069/12649/2017, VGW-002/V/069/12650/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2018
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Entscheidungsdatum

05.02.2018

Index

34 Monopole

Norm

GSpG §2 Abs1
GSpG §2 Abs4
GSpG §12a
GSpG §52 Abs1 Z9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag.a Hillisch über die Beschwerde der Frau Mag. AA. und AB. GmbH & Co. KG, beide vertreten durch Rechtsanwälte OG, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 31.07.2017, GZ: VStV/..., wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 (9. Fall) iVm § 2 Abs. 1 iVm § 14 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), zu Recht:

I.     Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, angefochtener Bescheid und Beschwerde

1.       Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

„1.      Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma AB. GmbH & Co KG, und somit als zur Vertretung nach außen Berufene und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortliche gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten, dass am 09.12.2015 um 20.08 Uhr eine Werbeeinschaltung in Wien auf dem Sender ... gesendet wurde. Der Spot „XS.“, welcher die Bewerbung verbotener Ausspielungen ermöglicht, indem auf einem quergehaltenen Smartphone drei Personen erscheinen und diese Personen sich wie in Slots drehen und im ersten Standbild verharren und im weiteren Fall eine Slotmaschine mit dem Spiel Y. erscheint und dann der Schriftzug X. und der Hinweis auf x..at erscheint. Durch die Werbeschaltung x..at erstreckt sich diese auf x..com auf der entgeltliche Glückspiele ausschließlich in Form klassischer Casino-Glücksspiele und Glücksspielautomaten (Video Slots mit Walzenlauf) gemäß § 12a GSpG beworben werden. Sie verfügen über keine Konzession des Bundesministeriums für Finanzen gemäß § 14 GSpG, zur Durchführung von Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 1 GSpG.

Die Firma AB. GmbH & Co KG haftet gem. § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 Abs. 1 (9. Fall) i.V.m. § 2 Abs. 1 i.V.m. § 14 GSpG BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2011, i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich     Freiheitsstrafe     Gemäß

                        ist, Ersatzfreiheitsstrafe     von

                        von

€ 5.000,00             3 Tage                                              § 52 Abs. 1 Z 1 Glücks-
     spielgesetz (GSpG)

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Vorhaft: keine

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 500,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

€ als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 5.500,00“

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Die angeführte Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Anzeige, nach eigenen dienstlichen Wahrnehmungen von Beamten des Bundesministeriums für Finanzen vom 20.01.2016 als erwiesen anzusehen.

Der für Glücksspiel zuständigen Abteilung IV/2 des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) wurden Meldungen übermittelt, aus denen sich der Verdacht ergab, dass illegale Glücksspiele für den österreichischen Markt beworben werden.

Am 09.12.2015 um 20.08 Uhr wurde auf dem Sender ... der Spot „XS.“ gesendet. Der Spot, zu sehen auf grünem Hintergrund, wird untermalt von der typischen X. Jingle. „ X.“ öffnet den Vorhang, zu sehen ist ein quergehaltenes Smartphone, auf dessen Bildschirm drei Personen erscheinen, links ein Mann, in der Mitte eine Frau, rechts ein Mann - deren Bilder drehen sich wie Slots herunter und verharren im ersten Standbild. Es erscheint „X.“ in einem Roulette. Dann sieht man in schneller Abfolge einen jungen Mann, der Karten wirft, eine junge Frau die tanzt, einen Mann der sich vier Asse in seinem Sakko richtet, eine Frau die sich vor dem Hintergrund sich drehender Slots dreht. Ein Standbild auf die Brille eines Mannes, in dem sich wiederum Slots drehen, dahinter die Jingle mit dem Spruch: „XS.“ Ein Mann, der mit seinem Golfschläger in einen Berg mit Geldscheinen schlägt, eine Frau, die in Geld badet und ihr Tablet In der Hand hält, eine Frau, die in einem grünen Raum mit Kartensymboltapete und Grammophon zur Musik von „X.“ Charleston tanzt. Alles schließt mit einem Pärchen, das auf sein Smartphone schaut und das Bild dreht sich.

Zu sehen ist wieder „X.“ mit dem Bildschirm eines Smartphones, auf dem das Spiel „Y.“ - eine Slotmaschine zu sehen ist. Der Bildschirm schließt, es erscheint die Startseite mit dem Schriftzug „X.“ und klein darunter „x..at.“

Es besteht eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 9 GSpG wer verbotene Ausspielungen (§ 2 Abs. 4 GSpG) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gem. § 56 Abs. 2 GSpG vor.

Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird. Auf den Konzessionär gem. § 14 Abs. 1 sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des § 35 Abs. 6 bis 8 und des § 25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.

Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen gem. § 56 Abs. 2 GSpG im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gem. den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür

eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde.

Folgt man dem angegebenen Link, www.x..at, gelangt man zur Seite von X., auf der Glücksspiele ausschließlich in Form klassischer Casino-Glücksspiele und Glücksspielautomaten (Video- Slots mit Walzenlauf) in €-Denomination ohne Vermögenswerte Leistung (Einsatz) angeboten werden.

Wie aus dem Screenshot zum Spiel „Z.“ auf x..at ersichtlich, wird mit einem Guthaben von € 500,-- und einem Einsatz von € 1,-- gespielt. Oberhalb erscheint unter der Rubrik „Einsatz“ „20 und Münzen: 10000“. Als Münzwert wird 0,05 angegeben. Darunter steht „you are playing vor fun“.

Die auf x..at angebotenen Glücksspiele erfüllen zwar mangels Entgeltlichkeit per se nicht die Definition von Ausspielungen, sind aber von Oberfläche und Ablauf mit den auf x..com angebotenen Ausspielungen ident.

In der Stellungnahme zur Rechtfertigung ihrer Rechtsvertretung vom 28.10.2016 begehren Sie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, dieser Werbespot das Glücksspielgesetz nicht verletzt und dieser Werbespot keinerlei Werbung für verbotenes Glücksspiel enthält.

Dazu wird angemerkt, dass lt. Ansicht des BMF die Website x..at als Übungs- und Werbeplattform für die identen Ausspielungssujets auf x..com dient und können zumindest den Teilnehmern eines Gewinnspieles ebendort Lockangebote für die Ausspielungen auf x..com zukommen.

Der Werbespot „XS. „ wird aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten klar als universelle Glücksspielwerbung für das gesamte Glückspielangebot von X. wahrgenommen und verstanden.

Festgestellt wird daher, dass keine Genehmigung nach § 56 Abs. 2 Glücksspielgesetz vorliegt und es handelt sich bei den auf x..com angebotenen Spielen um in Österreich verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 Glückspielgesetz.

Sorgepflichten konnten nicht berücksichtigt werden.

Erschwerend war zu werten, dass die strafbare Handlung über eine längere Zeit fortgesetzt wurde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs. 2 VStG."

2.       In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde bringen die Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor:

2.1.    Das Verwaltungsstrafverfahren sei mangels Übermittlung einer Aktenkopie, Gewährung von Akteneinsicht und Einvernahme des beantragten Zeugen mangelhaft geführt worden.

2.2.    Dem Straferkenntnis, das lediglich auf eine „Ansicht“ des BMF verweise, fehle eine tragfähige Begründung.

2.3.    AA. sei innerhalb der Geschäftsführung der AB. GmbH nicht für die Werbevermarktung zuständig gewesen; vielmehr sei nach der (der Beschwerde beigelegten) Geschäftsordnung für die Geschäftsführung dafür der andere Geschäftsführer, Herr AC., zuständig gewesen. Eine allfällige verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung treffe sohin, wenn überhaupt, Herrn AC..

2.4.    Die beschwerdeführende Gesellschaft nehme Aufträge für Werbung im Auftrag des Senders … entgegen und übernehme sohin die administrative Abwicklung; die Ausstrahlung von Werbespots und damit die Bewerbung iSd § 52 Abs. 1 9. Fall GSpG erfolge ausschließlich durch den Sender ..., welcher auch alle Werbespots prüfe und alleine über die tatsächliche Ausstrahlung entscheide. Bei einem konsequenten Weiterdenken der offensichtlichen Rechtsmeinung der Behörde, jeder, der irgendwie zur Ausstrahlung eines Werbespots beitrage, sei für Verletzungen des Glücksspielgesetzes verantwortlich, müssten auch der Stromlieferant und der die ...-Kantine beliefernde Bäcker bestraft werden.

2.5.    Der Werbespot enthalte keine Werbung für verbotenes Glücksspiel, weil die ausschließlich beworbene Internetplattform www.x..at bzw. die dort angebotenen Glücksspiele mangels Entgeltlichkeit nicht die Definition von Ausspielungen im Sinne des Glücksspielgesetzes erfüllten. Das Internetportal www.x..com würde sich dem Anschein nach nicht an Personen mit Wohnsitz in Österreich richten. Ein Straftatbestand, welcher die Ermöglichung des „Übens“ für möglicherweise verbotene Glücksspiele unter Strafe stelle, sei dem Glücksspielgesetz nicht zu entnehmen. Weder im Werbespot selbst noch auf der beworbenen Website www.x..at werde ein Bezug auf die von einem anderen Unternehmen betriebene Internet-Plattform www.x..com genommen.

2.6.    Wollte man verlangen, dass vor Ausstrahlung eines Werbespots Nachforschungen darüber angestellt werden müssten, ob es irgendwo auf der Welt bzw. unter einer anderen Internet-Adresse ein illegales Glücksspielangebot mit ähnlichem Namen oder vergleichbaren Spielen gibt, hieße, die Prüfungspflichten der verantwortlichen Organe bei weitem zu überspannen.

2.7.    Bei der Strafbemessung wäre zu berücksichtigen gewesen, dass sich der Spruch auf eine einmalige Ausstrahlung beziehe und die Beschwerdeführerin verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei.

3.       Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien unter Anschluss des verwaltungsbehördlichen Akts vor.

4.       Mit Schreiben vom 10. Oktober 2017, nachweislich zugestellt am 13. Oktober 2017, wurde dem Bundesminister für Finanzen eine Kopie der Beschwerde zur Kenntnisnahme übermittelt und ihm gemäß § 10 VwGVG die Möglichkeit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Bis zum Entscheidungszeitpunkt wurde von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

II. Feststellungen

1.       Am 9. Dezember 2015 um 20:08 Uhr wurde auf dem Sender ... die Werbeeinschaltung "XS." gesendet.

2.       Die Werbeeinschaltung zeigt mehrere Frauen und Männer ua. mit Spielkarten, einem Roulettekessel, angedeuteten virtuellen Walzenspielen und Spieljetons. Geldscheine kommen in der Werbeeinschaltung nicht vor. Zu Beginn und am Ende der Werbeeinschaltung ist auf grünem Hintergrund der Schriftzug "x.TM" und darunter in kleinerer Schriftgröße "WWW.X..AT" zu lesen.

3.       Auf der Internetseite „www.x..at“ wurden zum Tatzeitpunkt Walzenspiele angeboten, die unentgeltlich genutzt werden konnten. Entgeltliche Glücksspiele werden auf der genannten Internetseite hingegen nicht angeboten. Eine direkte Verbindung zwischen der Seite „www.x..at“ und „www.x..com“, insbesondere in Form eines Links, konnte nicht festgestellt werden.

4.       Weder AA. noch die AB. GmbH & Co. KG hatten zu den Tatzeitpunkten eine Konzession für die Ausspielungen von elektronischen Lotterien.

5.       AA. war zum angelasteten Tatzeitpunkt eine von zwei handelsrechtlichen Geschäftsführern der AB. GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AB. GmbH & Co. KG ist.

6.        Nach der Geschäftsordnung (in der Folge: GO) für die Geschäftsführung der AB. GmbH („AB. GmbH“), der AB. GmbH & Co. KG („AB. KG“) sowie der AD. GmbH & Co. KG („AD.“) hat die „AB. GmbH“ zwei Geschäftsführer, einen Geschäftsführer für das Geschäftsfeld „Werbevermarktung“, eine Geschäftsführerin für das Geschäftsfeld „Programmservice, Rechteverwertung, Sound & Vision sowie Finanzen und Administration“ (§ 4 Abs. 1 GO). Die Geschäftsverteilung befreit keinen Geschäftsführer von der Verantwortung für die gesamte Geschäftsführung (§ 3 Abs. 3 1. Satz GO). Die „AB. GmbH“ wird nach außen durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten (§ 3 Abs. 4 erster Satz GO).

III. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den dem Behördenakt einliegenden Screenshots der Website "www.x..at", der auf einem Datenträger gespeicherten Werbeeinschaltung und dem Vorbringen der Beschwerdeführer in der Beschwerde. Aus der der Beschwerde beigelegten Geschäftsordnung ergeben sich die dazu getroffenen Feststellungen.

IV. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 13/2014, ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

§ 2 GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 73/2010, lautet (auszugsweise):

"Ausspielungen

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

         1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

         2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zu-sammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

         3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine ver-mögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

[…]

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind."

§ 12a GSpG, BGBl. 620/1989, idF BGBl. I Nr. 118/2016, lautet:

"Elektronische Lotterien, Bingo und Keno

§ 12a. (1) Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

(2) Wird der Zugang zu elektronischen Lotterien über zentralseitig vernetzte Terminals (Video Lotterie Terminals – VLT) an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten angeboten, sind in diesen VLT-Outlets mindestens 10 und höchstens 50 Video Lotterie Terminals zu betreiben. Für die Eröffnung von VLT-Outlets an neuen Standorten ist eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen erforderlich. Im Bewilligungsantrag hat der Konzessionär die folgenden Angebotsbeschränkungen nachzuweisen:

         1.       In Gemeinden mit mehr als 500 000 Einwohnern hat die Entfernung eines VLT-Outlets mit mehr als 15 Video Lotterie Terminals zu einer Spielbank zumindest 2 Kilometer Luftlinie zu betragen, ansonsten zumindest 15 Kilometer zwischen einem VLT-Outlet mit mehr als 15 Video Lotterie Terminals und einer Spielbank.

         2.       Liegt ein VLT-Outlet mit mehr als 15 Video Lotterie Terminals in einer Gemeinde mit mehr als 500 000 Einwohnern, die Spielbank jedoch außerhalb dieser Gemeinde, so muss deren Entfernung voneinander auf dem Gebiet dieser Gemeinde jedoch jedenfalls nicht mehr als 2 Kilometer Luftlinie betragen.

         3.       Im Umkreis von 300 Metern Luftlinie oder in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern von 150 Metern Luftlinie eines VLT-Outlets mit mehr als 15 Video Lotterie Terminals darf kein weiteres VLT-Outlet mit mehr als 15 Video Lotterie Terminals eröffnet werden.

         4.       Zwischen den anderen VLT-Outlets muss ein Mindestabstand von 100 Metern Gehweg bestehen.

Die Einwohnerzahl der Gemeinden richtet sich dabei nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich kundgemachten Ergebnis der letzten Volkszählung im Zeitpunkt der Erstbewilligung.

(3) Für Ausspielungen mit Video Lotterie Terminals gelten die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 bis 6 über den Spielerschutz und die Bestimmungen der § 27 Abs. 3 und 4 über die Arbeitnehmer eines Konzessionärs sinngemäß. Für die Spielteilnehmer müssen Spielbeschreibungen aller Spiele der VLT jederzeit in deutscher Sprache ersichtlich gemacht werden. In VLT-Outlets dürfen keine anderen Glücksspiele als solche des Konzessionärs im Sinne des § 14 angeboten werden.

(4) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Video Lotterie Terminals näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Video Lotterie Terminals sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörde auf einzelne Video Lotterie Terminals zu regeln ist. Die für die Errichtung auf 10 Jahre verteilten Kosten sowie die Kosten für den laufenden Betrieb des Datenrechenzentrums sind vom Bundesminister für Finanzen dem Konzessionär auf Grundlage einer durchzuführenden Abrechnung über die durch ihn verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Video Lotterie Terminals, der über diese laufende Software sowie deren zentraler Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Video Lotterie Terminals gesondert vorab zu hinterlegen."

§ 52 GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 105/2014 [in den folgenden Absätzen ident mit BGBl. I 118/2016], lautet (auszugsweise):

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

         […]

         9. wer verbotene Ausspielungen (§ 2 Abs. 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs. 2 vor;

         

[…]

(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

[…]"

§ 56 Abs. 2 GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 105/2014, lautet:

"Zulässige Werbung

§ 56.(2) Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. […]"

V. Rechtliche Beurteilung

1.       Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG ist die Bewerbung bzw. die Ermöglichung der Bewerbung von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG.

Verbotene Ausspielungen im Sinne von § 2 Abs. 4 GSpG sind solche Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glückspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind.

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glückspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

Glücksspiel iSd Glücksspielgesetzes liegt gemäß § 1 Abs. 1 GSpG vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Elektronische Lotterien im Sinne des § 12a GSpG sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

2.       AA. wird vorgeworfen, sie habe als gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen zur Vertretung Berufene zu verantworten, dass zu der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Tatzeit auf dem Sender ... die Werbeeinschaltung "XS." gesendet worden sei. Dieser Spot ermögliche die Bewerbung verbotener Ausspielungen, indem auf einem quergehaltenen Smartphone drei Personen erscheinen, diese Personen sich wie in Slots drehen und im ersten Standbild verharren würden und im weiteren Fall eine Slotmaschine mit dem Spiel Y. erscheine und dann der Schriftzug X. und der Hinweis auf x..at erscheine. Durch die Werbeschaltung x..at erstrecke sich diese auf x..com, auf der entgeltliche Glückspiele ausschließlich in Form klassischer Casino-Glücksspiele und Glücksspielautomaten gemäß § 12a GSpG beworben werden würden.

3.       Der Tatvorwurf der belangten Behörde bezieht sich somit auf die Bewerbung der Seite "x..at" [Anm.: gemeint wohl "www.x..at"], welche der Seite „www.x..com“ ähnlich sei, wodurch die beschwerdeführende Gesellschaft die Bewerbung verbotener Ausspielungen ermöglicht habe. Dies geht aus dem Inhalt des Straferkenntnisses, insbesondere aus der Formulierung im Spruch "Durch die Werbeschaltung x..at erstreckt sich diese auf x..com auf der entgeltliche Glückspiele ausschließlich in Form klassischer Casino-Glücksspiele und Glücksspielautomaten (Video Slots mit Walzenlauf) gemäß § 12a GSpG beworben werden.", als auch aus der Begründung des Straferkenntnisses, in der zu lesen ist, dass "Die auf x..at angebotenen Glücksspiele […] zwar mangels Entgeltlichkeit per se nicht die Definition von Ausspielungen [erfüllen], […] aber von Oberfläche und Ablauf mit den auf x..com angebotenen Ausspielungen ident [sind]." sowie dass "[…]die Website x..at als Übungs- und Werbeplattform für die identen Ausspielungssujets auf x..com dient und können zumindest den Teilnehmern eines Gewinnspieles ebendort Lockangebote für die Ausspielungen auf x..com zukommen. Der Werbespot 'XS.' wird aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten klar als universelle Glücksspielwerbung für das gesamte Glückspielangebot von X. wahrgenommen und verstanden."

Der Beschwerdeführerin wird hingegen nicht vorgeworfen, dass es eine direkte Verbindung etwa in Form eines Links von www.x..at auf www.x..com gegeben hätte.

4.       Das Verwaltungsgericht hat zu prüfen, ob es sich bei dieser von der belangten Behörde vorgeworfenen Tathandlung um eine Verwaltungsübertretung, insbesondere die Ermöglichung der Bewerbung von verbotenen Ausspielungen iSv § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG, handelt.

Damit Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG vorliegen, muss eine vermögenswerte Leistung von Spielern oder anderen in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht werden und im Gegenzug dazu eine vermögenswerte Leistung vom Unternehmer oder von anderen in Aussicht gestellt werden. Auf der in der Werbeeinschaltung genannten Internetseite konnte zum Tatzeitpunkt allerdings nur gegen Einsatz von virtuellem Spielgeld gespielt werden, auch Gewinne wurden nur in Form von virtuellem Spielgeld erzielt. Da bei den angebotenen Spielen auf der Internetseite "www.x..at" nicht eine vermögenswerte Leistung einem in Aussicht gestellten Gewinn gegenüberstand, liegen keine Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG vor.

5.       Die belangte Behörde wirft der Beschwerdeführerin in weiterer Folge vor, dass es eine Ähnlichkeit der Oberfläche und der angebotenen Spiele zwischen der beworbenen Seite (www.x..at) und einer anderen Seite (www.x..com) gab, auf der nach Ansicht der belangten Behörde verbotene Ausspielungen angeboten wurden. Dadurch sieht die belangte Behörde den Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG als erfüllt an.

Damit ist die belangte Behörde nicht im Recht. Die bloße Ähnlichkeit einer beworbenen Seite, auf der keine verbotenen Ausspielungen angeboten werden, mit einer anderen Seite, auf der verbotene Ausspielungen angeboten werden, führt nicht dazu, dass Werbung für die erste Seite (oder deren Ermöglichung) den Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG erfüllt. Charakteristikum der Werbung ist ihr Zweck, Menschen dahingehend zu beeinflussen, dass ihr wohlwollendes Interesse am beworbenen Gegenstand geweckt und gefördert wird (in diesem Sinne VwGH 23.11.2001, 99/02/0287). Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG fasst den möglichen Täterkreis bereits äußerst weit (vgl. Strejcek/Bresich, GSpG 1989, § 52 GSpG Rz 40). Würde man § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG nun so verstehen, dass eine Bewerbung von verbotenen Ausspielungen nicht erst dadurch bewirkt wird, dass eine bestimmte Webseite, auf der verbotene Ausspielungen angeboten werden, beworben wird, sondern bereits dadurch, dass eine Webseite beworben wird, die eine hohe Ähnlichkeit mit einer Webseite aufweist, die verbotene Ausspielungen anbietet, würde die Strafbarkeit über das dem Gesetzgeber zusinnbare Maß ausgedehnt werden. Dies würde nämlich bedeuten, dass Anbieter von Werbeeinschaltungen bei der Bewerbung von Internetseiten zu jedem Zeitpunkt, an dem die Werbung geschaltet ist (und nicht bloß zu dem Zeitpunkt, an dem die Werbung erstmals veröffentlicht wird) prüfen müsste, ob eine Seite im Internet existiert, die der beworbenen Seite in hohem Maße ähnlich ist und auf der verbotene Ausspielungen angeboten werden. Eine vergleichbare Überwachungsobliegenheit hat der Gesetzgeber aber bereits an anderer Stelle als unzumutbar erachtet (vgl. § 18 Abs. 1 ECG).

Vom Verwaltungsgericht Wien ist nicht zu prüfen, ob auf einer anderen als der in der Werbeeinschaltung genannten Internetseite verbotene Ausspielungen angeboten wurden oder ob mit dem gegenständlichen Werbesujet die Marke "x." beworben wurde und wofür diese Marke steht, da sich der Tatvorwurf im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bloß auf die Ermöglichung der Bewerbung der Internetseite "x..at" [gemeint: "www.x..at"] und deren Ähnlichkeit zu der Seite "www.x..com" bezieht.

Eine – nach weiteren Ermittlungen – entsprechende Korrektur des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses durch das Verwaltungsgericht Wien ist diesem nämlich verwehrt, weil es sich dabei um keine Präzisierung des Spruchs, sondern um eine – grundsätzlich unzulässige – Auswechslung der Tat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren handeln würde (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018) und zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist.

6.       Ob die Beschwerdeführer eine Bewilligung für die Bewerbung von Spielbanken (welche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in unionsrechtskonformer Auslegung auch für die Durchführung von anderen Glücksspielbetrieben als Spielbanken erteilt werden kann, VwGH 25.9.2012, 2012/17/0250) gemäß § 56 Abs. 2 GSpG besitzen, ist im gegenständlichen Fall nicht zu prüfen, weil es sich bei der vorgeworfenen Bewerbung der Internetseite "www.x..at" nicht um die Bewerbung von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG handelt und diese somit keiner Bewilligung bedarf.

7.       Da die AA. angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, war das Straferkenntnis schon deshalb aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob AA. für die angelastete Tat im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich wäre.

8.       Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG verzichtet werden.

9.       Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es besteht keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob § 52 Abs. 1 Z 9 GSpG so auszulegen ist, dass das Bewerben einer Webseite, auf der zwar keine verbotenen Ausspielungen angeboten werden, die aber eine große Ähnlichkeit (betreffend den Namen, den Aufbau, das Aussehen und der angebotenen Spiele) mit einer Webseite aufweist, auf der verbotene Ausspielungen angeboten werden, dazu führt, dass auch die ähnliche Webseite in verbotener Weise „beworben“ wird.

Schlagworte

Verbotene Ausspielung; Werbung; Bewerbung; Ähnlichkeit der Webseiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.002.069.12649.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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