TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/3 W212 2186041-1

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Veröffentlicht am 03.08.2018
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Entscheidungsdatum

03.08.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W212 2186041-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 29.12.2017, Zl. Islamabad-OB/KONS/3133/2016, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX, geb. XXXX, StA Afghanistan, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 19.09.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 30.08.2016 elektronisch und am 08.11.2016 persönlich bei der österreichischen Botschaft Islamabad (in der Folge ÖB Islamabad) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA Afghanistan, angegeben, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.04.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war.

Im Zuge der Antragstellung wurden Auszüge aus dem Standesregister (Tazkira) der Beschwerdeführerin (mit Übersetzung in englischer Sprache) und der Bezugsperson mit Übersetzung in englischer Sprache sowie ein Eheschließungszertifikat, ausgestellt von einem Gericht in Kabul vom 29.08.2016, vorgelegt, aus dem sich zufolge einer Eintragung in englischer Sprache ergibt, dass drei Zeugen ("confessors") in Anwesenheit von zwei Zeugen ("witnesses") bestätigt hätten, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson im Jahr 1391 (2012) eine Eheschließung erfolgt sei. Es wurden auch Dokumentenkopien betreffend die Bezugsperson beigelegt.

Im Zuge eines persönlichen Interviews an der ÖB Islamabad am 08.11.2016 gab die Beschwerdeführerin an, ihr Ehemann sei ca. 33 Jahre alt. Sie wisse nicht mehr wann sie geheiratet habe oder wie viele Jahre seit der Hochzeit vergangen seien. Auch an die Jahreszeit zum Zeitpunkt der Hochzeit könne sie sich nicht mehr erinnern. Es sei damals kein Dokument ausgestellt worden. Sie habe die Ehe gemeinsam mit ihrem Schwiegervater registrieren lassen, wann die Registrierung erfolgt sei wisse sie nicht mehr. Sie sei bei der Eheschließung sehr jung gewesen, sie könne sich nicht daran erinnern wie alt sie gewesen sei. Sie wisse nur, dass viele Leute anwesend gewesen seien, an mehr könne sie sich nicht mehr erinnern. Ihr Ehemann habe Feinde gehabt und deshalb ein bis zwei Monate nach der Hochzeit Afghanistan verlassen.

2. Mit Schreiben vom 24.01.2017 teilte das BFA der ÖB Islamabad gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde in einer Stellungnahme mitgeteilt, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinn des vierten Hauptstücks des AsylG sei. Die Beschwerdeführerin habe vor der ÖB überhaupt keine Angaben zur behaupteten Eheschließung machen können. Die vorgelegte Heiratsurkunde verweise auf eine Eheschließung im Jahr 1391 (23.02.2012 - 20.03.2013), die Urkunde sei jedoch erst am 05.09.2016 ausgestellt worden. Die Bezugsperson habe hingegen in der Einvernahme am 08.05.2012 angegeben, bereits seit einem Jahr verheiratet zu sein. Bei der Erstbefragung am 12.04.2012 habe sie angegeben, vor etwa vier Monaten aus Afghanistan ausgereist zu sein.

3. Mit Schreiben vom 08.03.2017, zugestellt am 04.09.2017, wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde auf die beiliegende Mitteilung des BFA verwiesen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. In ihrer Stellungnahme vom 11.09.2017 brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die Bezugsperson während seines gesamten Asylverfahrens gleichbleibend angegeben habe, verheiratet zu sein. Die Beschwerdeführerin sei die Cousine, die nebenan gewohnt habe. Auch nach Ausreise der Bezugsperson sei sie in deren Elternhaus verblieben. Die wesentlichen Widersprüche und Abweichungen im Datum seien auf die Tatsache zurückzuführen, dass es sich sowohl bei der Bezugsperson als auch der Beschwerdeführerin um Analphabeten handle. Das Vorbringen der Bezugsperson sei vom Bundesverwaltungsgericht als glaubhaft angesehen worden. Im Verfahren nach § 35 AsylG sei die Einreise zu gewähren, wenn die Gewährung desselben Schutzes bloß wahrscheinlich sei. Der Einreiseantrag dürfe nur abgelehnt werden, wenn die Schutzgewährung ausgeschlossen sei. Es sei dem BFA nicht beizupflichten, wenn es der Meinung sei, dass der volle Beweis für das Bestehen des Familienangehörigenverhältnisses zu erbringen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das BFA an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle. Diesbezüglich müsse eine kriminaltechnologische Untersuchung durchgeführt werden. Die Bezugsperson habe mehrfach angegeben, verheiratet zu sein. Die Trennung sei nicht freiwillig erfolgt. Die Antragstellung der Beschwerdeführerin sei ein Beweis für das Interesse und die Bindung der Partner aneinander. Es bestehe daher durchaus eine aufrechte Ehe, die bereits im Herkunftsland und vor Einreise der Bezugsperson geschlossen worden sei.

5. Die Stellungnahme wurde durch die österreichische Botschaft neuerlich dem BFA mit dem Ersuchen um Mitteilung übermittelt, ob die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Mit Nachricht vom 14.09.2017 teilte das BFA der ÖB mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Die Heiratsurkunde als Beweis für die Eheschließung anzuführen, obwohl die Umstände der Ausstellung afghanischer Dokumente allgemein bekannt seien, könne nicht ausreichen. Beispielsweise werde im Reisepass der Beschwerdeführerin das Geburtsdatum XXXX angeführt, obwohl in der Tazkira lediglich ein Alter von 20 Jahren im Jahr 1391 (2012/2013) bescheinigt werde, beide Dokumente aber erst 2016 ausgestellt worden seien.

6. Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 19.09.2017 wurde der Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG abgewiesen und angeführt, dass das BFA mitgeteilt habe, dass eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten im zugrundeliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde auf die Stellungnahme des BFA vom 24.01.2017 verwiesen.

7. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 17.10.2017 Beschwerde erhoben, wobei im Wesentlichen das Vorbringen der Stellungnahme vom 11.09.2017 wiederholt wurde. Der Beschwerde lag eine deutsche Übersetzung der Heiratsurkunde bei.

8. Am 18.10.2017 erging seitens der ÖB Islamabad ein Verbesserungsauftrag, da die Tazkira der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht in die deutsche Sprache übersetzt worden waren.

9. Die Übersetzungen wurde am 25.10.2017 nachgereicht. Zusätzlich wurden auch Fotos einer weiteren deutschen Übersetzung der Heiratsurkunde übermittelt.

10. In der Folge erließ die ÖB Islamabad am 29.12.2017, zugestellt am 15.01.2018, eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen wurde. Die Behörde gründete ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das Vorliegen der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA, welche auch nach Einräumung von Parteiengehör zum allein wesentlichen Umstand der fehlenden Angehörigeneigenschaft im Verfahren aufrecht geblieben sei. Unabhängig von der Bindungswirkung der Wahrscheinlichkeitprognose teile die ÖB die Ansicht des BFA, dass die behauptete Eheschließung völlig unglaubwürdig sei. Dabei sei auch auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.04.2017, W168 2137471-1, zu verweisen, wonach eine in Abwesenheit des Ehegatten registrierte Ehe darauf aufbauend in Österreich keinen Rechtsbeistand habe, da diese nicht bereits im Herkunftstaates bestanden habe. Daran habe sich auch durch die Änderung der Rechtslage mit 01.11.2017, wonach die Ehe nunmehr vor der Einreise bestanden haben müsse, nichts geändert.

11. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 29.01.2018 einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

12. Mit einem am 14.02.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.

13. Am 28.06.2018 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verbesserungsauftrag, da die am 25.10.2017 vorgelegte Übersetzung der Heiratsurkunde nicht leserlich war.

14. Eine leserliche Kopie der Übersetzung wurde am 10.07.2018 nachgereicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 30.08.2016 bei der ÖB Islamabad den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG.

Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA Afghanistan, bezeichnet, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.04.2016, W177 1427882-1, wurde der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Die Bezugsperson hatte am 12.04.2012 einen Asylantrag in Österreich gestellt.

Eine in Afghanistan rechtsgültig geschlossene Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson konnte nicht festgestellt werden.

Das BFA teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinn des vierten Hauptstücks des AsylG sei.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Islamabad und wurden von den beschwerdeführenden Parteien nicht bestritten.

Die vorgelegte afghanische Heiratsurkunde vom 29.08.2016 enthält die an diesem Tag vor einem Gericht in der Provinz Kabul erstatteten Aussagen von drei namentlich genannten Personen, wonach die im Jahr 1391 (entspricht dem Zeitraum 21.03.2012 bis 20.03.2013), also vier Jahre davor, erfolgte Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson bestätigt werde. Die Urkunde entspricht insofern nicht den üblicherweise vorgelegten Urkunden dieser Art, als die Personaldaten der Eheleute, die unter den Personaldaten der Zeugen einzutragen wären, zur Gänze fehlen. Dies ist deutlich im Originaldokument in Farsi und auch in der englischen Übersetzung zu erkennen, da die dafür vorgesehenen Felder leer sind. Die Bezugsperson und die Beschwerdeführerin werden im Text der Urkunde mit der Nummer ihrer Tazkira identifiziert. Allerdings wurde die Tazkira der Bezugsperson laut der vorgelegten deutschen Übersetzung erst am 14.01.2013 ausgestellt, also zu einem Zeitpunkt, als sich diese schon in Österreich befand.

Die Beweiskraft derartiger, allein auf Zeugenaussagen basierender Urkunden ist generell gering, weil der Wahrheitsgehalt solcher Zeugenaussagen vor Ausstellung der Urkunden nicht überprüft wird, afghanische Personenstandsurkunden unwahren Inhalts weit verbreitet sind und derartige Dokumente von den Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt werden (z.B. deutsches Auswärtiges Amt, 06.11.2015, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 27). Abgesehen davon deuten die oben genannten Merkmale zusätzlich darauf hin, dass diese Urkunde ohne jeglichen Nachweis, insbesondere zur Person der Bezugsperson, die sich zum Ausstellungszeitpunkt schon in Österreich befand, ausgestellt wurde.

Aus der Heiratsurkunde geht lediglich das Jahr der angeblichen Eheschließung hervor, ein genaues Datum fehlt. Der in Frage kommende Zeitraum von 21.03.2012 bis 20.03.2013 lässt sich allerdings nicht mit den Angaben der Bezugsperson in der Erstbefragung vom 12.04.2012 vereinbaren. Sie gab dabei an, Afghanistan vor etwa vier Monaten, also Ende Dezember 2011/Anfang Jänner 2012, verlassen zu haben. Bei einer Eheschließung im Jahr 1391 wäre die Bezugsperson also jedenfalls nicht mehr in Afghanistan aufhältig gewesen. Darüber hinaus gab die Bezugsperson bei der Erstbefragung ihren Familienstand mit "ledig" an.

In der Einvernahme am 08.05.2012 erklärte die Bezugsperson, seit einem Jahr verheiratet zu sein. Auch diese Aussage lässt sich nicht mit einer angeblichen Eheschließung im Jahr 1391 vereinbaren.

Auch die Angaben der Beschwerdeführerin vor der ÖB erwiesen sich als widersprüchlich. Das Alter ihres Ehemannes gab sie mit etwa 33 Jahren an. Tastsächlich gab die Bezugsperson in Österreich das Geburtsdatum XXXX an (dies geht auch aus der Tazkira hervor), war also zum Zeitpunkt der Befragung der Beschwerdeführerin am 08.11.2016 erst 23 Jahre alt. Das erkennende Gericht verkennt nicht, das Geburtsdaten in Afghanistan keine große Bedeutung beigemessen wird und es sich bei der Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben um eine Analphabetin handelt. Dennoch ist eine Abweichung von zehn Jahren bemerkenswert. Hinzu kommt, dass sowohl von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme als auch von der Bezugsperson in der Einvernahme angegeben wurde, dass es sich bei den Eheleuten um Cousin und Cousine handle. Laut Stellungnahme sollen sie auch Nachbarn gewesen sein und sich seit Jahren gekannt haben. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführerin nicht bewusst sein sollte, dass zwischen ihr und ihrem Ehemann lediglich ein Altersunterschied von drei Jahren und nicht von 13 Jahren besteht.

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Beschwerdeführerin zur ihrer Hochzeit keinerlei Angaben, nicht einmal die Jahreszeit, in der die Hochzeit stattgefunden habe, oder ihr eigenes Alter zu diesem Zeitpunkt, machen konnte, zumal es sich bei der eigenen Hochzeit wohl für jeden Menschen um ein einschneidendes Erlebnis handelt, das auch nach vielen Jahren noch in Erinnerung bleibt. Zum Zeitpunkt der Befragung an der ÖB lag die Eheschließung höchstens vier Jahre zurück. Auch die Frage, wann sie die Ehe registriert habe und ob dies schon länger zurückliege, konnte sie nicht beantworten, obwohl die vorgelegte Heiratsurkunde am 29.08.2016, also weniger als drei Monate vor der Befragung an der ÖB Islamabad, ausgestellt wurde.

Laut Angaben der Bezugsperson in der Einvernahme vom 08.05.2012 sei seine Ehefrau die Tochter seines Onkels, eines Kommandanten einer politischen Partei. Dieser Onkel sei vom Kommandanten einer verfeindeten politischen Partei ermordet worden. Die Beschwerdeführerin konnte zu den Fluchtgründen ihres Mannes jedoch nur angeben, dass dieser von einem Feind attackiert worden sei. Auch auf Nachfrage konnte sie zu dieser Feindschaft keine näheren Angaben machen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin die Ermordung des eigenen Vaters aufgrund dieser Feindschaft nicht einmal erwähnen sollte.

Aufgrund dieser zahlreichen Widersprüche ist die vorgelegte Heiratsurkunde daher nicht geeignet, eine traditionelle Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nachzuweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung

des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

...

§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist.

Dies aus folgenden Gründen:

3.3. Die Beschwerdeführerin hat nicht unter Beweis gestellt, dass sie vor der Ausreise der Bezugsperson aus dem Herkunftsstaat Afghanistan eine Ehe nach staatlichem Recht, d. h. einschließlich Ehe-Registrierung, mit dieser geschlossen habe. Die vorgelegte afghanische "Heiratsurkunde" vom 29.08.2016 bestätigt die an diesem Tag vor einem Gericht in der Provinz Kabul erstatteten Aussagen von drei namentlich genannten Zeugen in Anwesenheit von weiteren zwei namentlich genannten Zeugen, wonach die im Jahr 1391 erfolgte Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson bezeugt werde. Die Beweiskraft derartiger, allein auf Zeugenaussagen basierender Urkunden ist allerdings, wie oben ausgeführt, gering, weil der Wahrheitsgehalt solcher Zeugenaussagen vor Ausstellung der Urkunden nicht überprüft wird, afghanische Personenstandsurkunden unwahren Inhalts weit verbreitet sind und derartige Dokumente von den Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt werden (z.B. deutsches Auswärtiges Amt, 06.11.2015, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 27). Aus der Urkunde geht keine staatliche Registrierung der Ehe hervor. Darüber hinaus ist die Urkunde aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht einmal geeignet, eine traditionelle Eheschließung in Anwesenheit beider Eheleute nachzuweisen.

Aber auch bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Beschwerdeführerin wäre diese daher aus rechtlichen Gründen keine Familienangehörige im Sinn der Legaldefinition des § 35 Abs. 5 AsylG, weil die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hat (vgl. auch Art. 9 Abs. 2 Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG):

Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung. Im vorliegenden Fall ist also die Gültigkeit der behaupteten Ehe nach afghanischem Recht zu beurteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches (Madani Qanun) vom 05.01.1977, Amtsblatt der Republik Afghanistan Band 19 (1977) Nr. 353, lauten in der unverändert in Geltung stehenden Stammfassung folgendermaßen:

"Art. 61

(1) Der Eheschließungsvertrag wird in einer öffentlichen Heiratsurkunde von der zuständigen Behörde in drei Kopien ausgefertigt und registriert; das Original wird bei der zuständigen Behörde verwahrt, und jeder der Vertragsparteien wird eine Kopie übergeben. Der Eheschließungsvertrag wird nach der Registrierung der in Art. 46 dieses Gesetzes vorgesehenen zuständigen Personenstandsbehörde mitgeteilt.

(2) Wenn die Registrierung des Eheschließungsvertrages in dieser Weise nicht möglich ist, findet sie in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise statt.

...

Art. 66

Der Eheschließungsvertrag wird in einer einzigen Zusammenkunft durch ausdrückliches Angebot und ausdrückliche Annahme, welche Unverzüglichkeit und Dauerhaftigkeit, aber keine Zeitbegrenzung beinhalten, geschlossen.

...

Art. 77

Für die Ordnungsgemäßheit und Gültigkeit der Eheschließung sind folgende Voraussetzungen erforderlich:

1. Ordnungsgemäße Abgabe von Angebot und Annahme durch die Vertragsparteien oder durch ihre Vormünder bzw. Vertreter,

2. die Anwesenheit zweier geschäftsfähiger Zeugen,

3. das Nichtvorhandensein von dauerhaften oder zeitweiligen Ehehindernissen zwischen den Eheschließenden."

Nach Art. 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist also für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages seine Registrierung vorgeschrieben, und zwar zumindest "in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise". Ohne den Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl. Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S. 16).

In der Praxis registriert allerdings die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung die Eheschließung nicht bei den staatlichen Behörden, weil die Form der Ehe nach islamischem Recht (Scharia-Familienrecht) für alltägliche Angelegenheiten ausreichend ist, sodass in Afghanistan eine gültige Ehe nach staatlichem Recht die Ausnahme darstellt (vgl. Rights & Democracy, A Woman's Place:

Perspectives on Afghanistan's Evolving Legal Framework, 2010, S. 27-36; Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Family Structures and Family Law in Afghanistan - A Report of the Fact-Finding Mission to Afghanistan January - March 2005, S. 19-20).

Die vorgelegte "Heiratsurkunde" soll zwar eine traditionell geschlossene Ehe bestätigen, eine Registrierung als öffentliche Urkunde wurde jedoch nicht vorgenommen, obwohl, wie oben angeführt, im noch immer geltenden afghanischen Zivilgesetzbuch von 1977 nicht registrierte Ehen erst als gültig betrachtet werden, wenn ihr Abschluss durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen werden kann. Beispielsweise verlangen daher Schweizer Behörden als Nachweis einer in Afghanistan geschlossenen Ehe eine "Nikah Nama" sowie das grüne Büchlein der Heiratsurkunde im Original samt Übersetzung, beglaubigt durch das "Estra Mahakma" (Supreme Court).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.

Die Ausstellung der "Heiratsurkunde" erfolgte erst am 29.08.2016 und ohne Mitwirkung der Bezugsperson, die sich schon seit April 2012 in Österreich aufhält.

Selbst bei Wahrunterstellung der vorgelegten Heiratsurkunde ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete, in Abwesenheit der Bezugsperson in Afghanistan bezeugte Eheschließung alleine darauf aufbauend in Österreich keinen Rechtsbestand hat, da diese wegen Ausreise der Bezugsperson vor Ausstellung der "Heiratsurkunde" (abgesehen von der oben angeführten fehlenden Registrierung) nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hat und damit alleine aufgrund dieser nachträglichen Bestätigung über die Eheschließung auch kein Familienleben im Sinne einer Wirtschafts-, Lebens- oder Geschlechtsgemeinschaft stattgefunden hat.

Jedenfalls ist festzuhalten, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die Ehe bereits vor der Flucht der Bezugsperson geschlossen worden sei, jedenfalls nicht durch die Vorlage diesbezüglich unbedenklicher Urkunden oder sonstiger glaubwürdiger Bescheinigungsmittel untermauert wurden.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des eines Antrages auf internationalen Schutz oder des Status einer subsidiär Schutzberechtigten an die BF in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.

3.4. Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 30.08.2016 und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG waren die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, da der Antrag binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft, Beschwerdevorentscheidung, Ehe,
Einreisetitel, Familienzusammenführung, Glaubwürdigkeit, Gültigkeit,
Nachweismangel, österreichische Botschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2186041.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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