TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/20 94/17/0350

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Veröffentlicht am 20.12.1999
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Index

55 Wirtschaftslenkung;

Norm

MOG 1985 §13 Abs2 Z1;
MOG 1985 §13 Abs2 Z4;
MOG 1985 §13 Abs2 Z5;
MOG 1985 §16 Abs1;
MOG 1985 §16 Abs2;
MOG 1985 §16 Abs3;
MOG 1985 §16 Abs4;
MOG 1985 §16 Abs6;
MOG 1985 §71 Abs6 idF 1987/138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des Konvents E, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 17. Juni 1994, Zl. 17.254/52-IA7b/94, betreffend Abhofpauschale, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat seinen Standort in K und betreibt an diesem Standort ein Krankenhaus. Er ist weiters Eigentümer von landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften (Betrieb R), die 21 km vom Standort in K, an dem auch das Krankenhaus betrieben wird, entfernt liegen. Für die Anlieferung der Milch, die auf dem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugt wird, suchte der Beschwerdeführer mit einem am 22. Oktober 1985 beim Milchwirtschaftsfonds eingelangten Antrag um die Gewährung einer Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 zweiter Satz MOG an. Dieser Antrag wurde im Instanzenzug abgelehnt, eine dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof führte zum Antrag des Verwaltungsgerichtshofes an den Verfassungsgerichtshof, § 13 Abs. 2 zweiter Satz MOG als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 8. März 1991, G 147/90 u.a., Slg. Nr. 12.677, hob der Verfassungsgerichtshof unter anderem auf Grund des in diesem Beschwerdeverfahren gestellten Antrages auch § 13 Abs. 2 MOG 1985 idF BGBl. Nr. 138/1978 (zur Gänze) als verfassungswidrig auf. Der Verfassungsgerichtshof sprach gleichzeitig aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Auf Grund dieses Erkenntnisses wurde der zur Zl. 89/17/0008 angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Mai 1991 aufgehoben, da das Verfahren einen Anlassfall des verfassungsgerichtlichen Verfahrens darstellte.

Der in der Folge ergangene Ersatzbescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG vom Oktober 1985 neuerlich abgewiesen wurde, wurde zur hg. Zl. 92/17/0046 angefochten und mit hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1994 ebenfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof stellte in diesem Erkenntnis fest, dass der Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass § 13 Abs. 2 auf den beschwerdegegenständlichen Antrag nicht anzuwenden war, bis zum Inkrafttreten der MOG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 380, nicht verpflichtet war, die aus dem Betrieb R stammende Milch dem festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern. Einer Ausnahmebewilligung gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG habe es daher nicht bedurft. Ungeachtet inzwischen eingetretener Rechtslagenänderungen nahm der Verwaltungsgerichtshof an, dass die in jenem Verfahren vorliegende Beschwerde nicht gegenstandslos geworden war, und hob den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen im Hinblick darauf als inhaltlich rechtswidrig auf, dass die belangte Behörde der räumlichen Entfernung zwischen milcherzeugendem Betrieb und Krankenhaus eine Bedeutung beigemessen habe, die ihr nicht zukomme.

In weiterer Folge erging darüber hinaus der - vom Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorgelegte - Bescheid vom 11. Juli 1995 der belangten Behörde, mit welchem auf Grund des nach wie vor offenen Antrags, der am 22. Oktober 1985 beim Milchwirtschaftsfonds eingelangt war, für den Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 1994 eine Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Z. 5 MOG 1985 idF BGBl. Nr. 380/1991 für die Lieferung von Milch und Erzeugnissen aus Milch vom milcherzeugenden Betrieb E-Kloster, Filiale R, an das E-Krankenhaus in K gewährt wird.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um die im Instanzenzug mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Vorschreibung von Abhofpauschale gemäß § 71 Abs. 6 MOG 1985, BGBl. Nr. 210/1985, idF BGBl. Nr. 138/1987 in Verbindung mit § 72, 76 Abs. 2, 78, § 79 Z. 2 und § 16 Abs. 4 und 6 Marktordnungsgesetz.

Die Vorschreibung bezieht sich auf die vom landwirtschaftlichen Betrieb R an das E-Kloster bzw. das vom Beschwerdeführer geführte Krankenhaus abgegebene Menge Milch in den Jahren 1988/89, 1989/90, 1990/91, also auf die Lieferungen von jenem Betrieb, auf den sich auch die oben dargestellten Verfahren gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG bezogen hatten.

Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, wobei sie insbesondere der gutachtlichen Stellungnahme im Verfahren zur Schätzung der Milchleistung der Kühe auf dem Betrieb R und der Stellungnahme des Beschwerdeführers hiezu breiten Raum einräumt, aus, dass gemäß § 79 Z 1 und Z 2 MOG der Milcherzeuger, also der Beschwerdeführer, Beitragsschuldner für das Abhofpauschale sei. Der im Verfahren eingeholten gutachtlichen Stellungnahme hinsichtlich der Milchleistung der Kühe auf dem Betrieb R sei der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Von der geschätzten abgegebenen Menge sei lediglich die Rückliefermenge und die Freimenge abzuziehen gewesen. Es sei für die Berechnung der Höhe der Abgabe unerheblich, welche Mengen der abgegebenen Milch von Spitalsangehörigen und welche von Konventsangehörigen im Spital oder von Angehörigen des Konvents selbst konsumiert worden seien. Es könne nur hinsichtlich von zwölf Personen auf dem Gut R Eigenverbrauch zugebilligt werden. Es könne keinesfalls darüber hinaus für jenen Personenkreis, der "zur Sommerfrische" vom Konvent auf das Gut R übersiedle, Eigenverbrauch berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der erkennbar die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid unter anderem mit der Überlegung begründet, dass die Abhofpauschale gemäß § 71 Abs. 6 MOG auch zu entrichten sei, wenn gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Ablieferung der Milch an den zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb gewährt wurde. Darüber hinaus wird hinsichtlich der angenommenen Menge, die der Berechnung der Abgabe zugrundegelegt wird, ausgeführt, dass es gleichgültig sei, ob die Milch von Spitalsangehörigen oder von Angehörigen des Konvents konsumiert worden sei.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren bzw. in der Beschwerde geltend gemacht, dass der Abgabentatbestand deshalb nicht verwirklicht sei, weil es sich um keinen Verkauf von Milch und Milchprodukten des Beschwerdeführers von der Liegenschaft in R handle, sondern um Eigenbedarf für die Angehörigen des Konvents.

§ 71 Abs. 6 MOG idF BGBl. Nr. 138/1987 (dies ist die für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum maßgebliche Fassung) lautete:

"(6) Für Milch (§ 1 Abs. 1) und Erzeugnisse aus Milch (§ 1 Abs. 2), die ein Milcherzeuger an jemand anderen als einen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb veräußert, sowie in den Fällen des § 13 Abs. 2 Z 4 und 5 ist eine Abhofpauschale zu entrichten, die sämtliche Beiträge nach diesem Bundesgesetz ersetzt. Eine Abhofpauschale ist nicht zu entrichten für Milch und Erzeugnisse aus Milch, die auf einer Alm und gemäß Abs. 3 auf der Futtergrundlage dieser Alm erzeugt und gemäß § 16 auf dieser Alm unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden. Ferner ist keine Abhofpauschale in den Fällen des § 13 Abs. 2 Z. 1 bis 3 sowie für die jedem milcherzeugenden Betrieb zustehende Freimenge zu entrichten. Die Freimenge beträgt pro Wirtschaftsjahr für milcherzeugende Betriebe mit einer Einzelrichtmenge 1.800 kg Milch (§ 69 Z 1) und für milcherzeugende Betriebe ohne Einzelrichtmenge

5.400 kg Milch und ist bei Erzeugnissen aus Milch (§ 69 Z 2) gemäß § 72 umzurechnen. Die Höhe dieser Abhofpauschale beträgt je Kilogramm

     1. Kuhmilch ...                     1,50 S

     2. Rahm ...                         7,00 S

     ..."

Da sich die Abgabenvorschreibung auf die Jahre 1988/89 bis 1990/91 bezieht, sind die mit BGBl. Nr. 380/1991 erlassenen Vorschriften wie insbesondere § 13 Abs. 2a MOG und § 71 Abs. 8 MOG, die die Abgabenfreiheit bzw. Freiheit vom Abhofpauschale für Sachverhalte, die sich nach dem 30. Juni 1991 ereigneten, statuieren, im Beschwerdefall noch nicht anwendbar.

Aus § 71 Abs. 6 MOG in der wiedergegebenen Fassung folgt, dass die Abhofpauschale einerseits zu entrichten war, wenn an jemand anderen als einen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb veräußert wurde, andererseits aber in den Fällen des § 13 Abs. 2 Z 4 und 5 MOG. Die belangte Behörde hat jedoch weder die entsprechende Veräußerung, noch das Vorliegen eines der Tatbestände nach § 13 Abs. 2 Z 4 und 5 MOG festgestellt.

Abgesehen davon, dass die Annahme der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei im Zusammenhang mit der Feststellung des für die Abgabenbemessung maßgeblichen Sachverhalts vorzuwerfen, der im Verfahren eingeholten gutachtlichen Stellungnahme nicht ausreichend entgegengetreten zu sein, nicht zutrifft und somit hinsichtlich der Feststellung der Liefermenge ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, ist zur rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde auf Folgendes hinzuweisen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. August 1997, Zl. 92/17/0252, dargelegt hat, kann auch der Verbrauch durch Angehörige einer juristischen Person, so auch eines Konvents, Eigenverbrauch im Sinn des § 13 Abs. 2 Z 1 MOG darstellen. Maßgeblich ist nach dem genannten Erkenntnis die Zuordnung zu einem bestimmten Haushalt, wobei es jedoch nicht darauf ankommt, ob die jeweiligen natürlichen Personen mit der Milchproduktion befasst sind.

Da gemäß § 71 Abs. 6 MOG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung für den Eigenverbrauch gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 MOG keine Abhofpauschale zu entrichten war, trifft es insofern nicht zu, dass es unerheblich gewesen sei, den Anteil des Verbrauchs durch Konventsangehörige festzustellen.

Ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht hätte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid somit insoweit mit einem sekundären Verfahrensmangel belastet, als sie Feststellungen darüber unterlassen hat, welche Milchmengen tatsächlich von Angehörigen des Konvents verbraucht wurden (und welche Mengen an das Krankenhaus des Beschwerdeführers geliefert wurden). Dieser Verfahrensmangel ist im vorliegenden Zusammenhang nur deshalb nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil im Ergebnis der belangten Behörde aus einem anderen Grund als jenem, der sie zur Annahme veranlasste, die hier erörterte Feststellung, welche Milchmengen im Sinn des § 13 Abs. 2 Z 1 MOG verbraucht worden seien, sei nicht erforderlich, zugestimmt werden kann.

Es ist nämlich festzuhalten, dass entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 28. Oktober 1994, Zl. 92/17/0046, mangels einer gesetzlich angeordneten Rückwirkung die Ausnahmegenehmigung gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG erst ab Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides als erteilt gelten kann. Ein Fall des § 13 Abs. 2 Z 5 MOG kann somit erst dann vorliegen, wenn ein derartiger Bescheid vorliegt. Solches war im Beschwerdefall jedoch unbestrittenermaßen nicht der Fall. Damit scheidet aber auch die Vorschreibung von Abhofpauschale auf Grund des "Falles des § 13 Abs. 2 Z 5" aus. Die belangte Behörde hat aber auch nicht das Vorliegen einer Abgabe von Milch im Sinne des § 16 Abs. 1 bis 4 MOG festgestellt. Gemäß § 16 Abs. 6 MOG war für die unmittelbare Abgabe im Sinne der Abs. 1 bis 4 "die Abhofpauschale im Wege der zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe (§ 71 Abs. 6) zu entrichten". Auch diese Bestimmungen sahen eine Abgabe nur mit entsprechendem Bescheid vor. Eine Abhofpauschale gemäß § 71 Abs. 6 MOG in der oben genannten Fassung konnte daher weder für die von Angehörigen des Konvents verbrauchte Milch, noch für die an die vom Beschwerdeführer betriebene Krankenanstalt gelieferte Milch vorgeschrieben werden. Die Abgabe von Milch an das vom Beschwerdeführer betriebene Krankenhaus stellte nämlich nach dem Vorstehenden weder einen Fall des § 13 Abs. 2 Z 4 und 5, noch des § 16 MOG dar.

Die belangte Behörde hat jedoch auch nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer Milch an jemand anderen als einen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb veräußert hätte. Die Abgabe an das Krankenhaus war nämlich auch keine Veräußerung im Sinne des § 71 Abs. 6 MOG. Die Annahme der belangten Behörde, dass der Abgabentatbestand des § 71 Abs. 6 MOG vorgelegen sei, entspricht daher nicht dem Gesetz.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf die Frage einzugehen war, ob sich die Anlassfallwirkung des Erkenntnisses VfSlg. 12.677/1991 auch auf das beschwerdegegenständliche Verfahren zur Festsetzung einer Abhofpauschale erstreckte (eine § 75d MOG idF BGBl. Nr. 380/1991 und 373/1992 vergleichbare Regelung zur Ausdehnung der Anlassfallwirkung erging im vorliegenden Zusammenhang nicht; inwieweit die unbestritten gegebene Anlassfallwirkung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes für das Verfahren gemäß § 13 Abs. 2 Z 5 MOG dem Beschwerdeführer auch im Verfahren zur Festsetzung einer Abhofpauschale zu Gute kommen müsste, war auf Grund des Umstandes, dass der angefochtene Bescheid aus den vorgenannten Gründen aufzuheben war, nicht zu untersuchen).

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994170350.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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