TE OGH 2018/7/18 5Ob96/18f

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Veröffentlicht am 18.07.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Marktgemeinde *****, 2. B*****, 3. A*****, 4. P*****, alle vertreten durch die Proksch & Partner Rechtsanwälte OG, Wien, wegen Ab- und Zuschreibungen und anderer Grundbuchshandlungen, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. März 2018, AZ 17 R 21/18m, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 17. Jänner 2018, TZ 11981/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs nicht wird Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehrten unter Vorlage des Teilungsplans vom 29. 1. 2015, der Planbescheinigung des Vermessungsamts vom 30. 1. 2017, mehrerer Schenkungsverträge und Nachträgen hierzu – soweit für das Verständnis dieser Entscheidung erforderlich – die Abschreibung von drei Trennstücken vom Grundstück 1172/4 des Zweitantragstellers, die Neueröffnung jeweils einer eigenen Einlagezahl und Zuschreibung der Zielgrundstücke 1172/5, 1172/6 und 1172/7 jeweils an einen neu zu schaffenden Grundbuchskörper und die Einverleibung des Eigentums der Erstantragstellerin daran, die Abschreibung eines weiteren Trennstücks vom Grundstück des Zweitantragstellers, die Eröffnung einer neuen Einlagezahl für das dadurch geschaffene Zielgrundstück 1172/8 und die „Mitübertragung“ des Eigentums des Zweitantragstellers zum neu zu schaffenden Grundbuchskörper, weiters die Abschreibung von zwei Trennstücken vom Grundstück 1173/3 der Drittantragstellerin und die Zuschreibung dieser zu den Zielgrundstücken 1172/6 und 1172/7, an welchen das Eigentum der Erstantragstellerin einverleibt werden soll, sowie die Abschreibung eines weiteren Trennstücks vom Grundstück der Drittantragstellerin und die Zuschreibung des dadurch geschaffenen Zielgrundstücks zur Liegenschaft des Viertantragstellers.

Das Erstgericht wies das Begehren
– zusammengefasst – ab, weil bei den Schenkungsverträgen zwischen dem Zweitantragsteller und der Erstantragstellerin sowie dieser und der Drittantragstellerin jeweils die Unterschriften des für sie Vertretungsbefugten nicht beglaubigt seien, die Schenkungsverträge mangels wirklicher Übergabe nicht in Notariatsaktsform errichtet worden seien, für die Erstantragstellerin nur die Neueröffnung einer Einlagezahl zu beantragen gewesen wäre, die Abschreibung des Grundstücks 1172/8 „im Eigenbesitz“ erfolge, weil der Zweitantragsteller auch Eigentümer der für die Zuschreibung dieses Grundstücks neu zu eröffnenden Einlagezahl bleiben solle, bei der Mitübertragung von Dienstbarkeiten der „Eintragungszusatz“ unnötig sei, und bei zwei Dienstbarkeiten die „Löschung der abgeschriebenen Grundstücke“ zu beantragen gewesen wäre.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller im Ergebnis nicht Folge. Nach der Rechtsprechung sei für Ab- und Zuschreibungen, die ohne Änderung der Eigentums- oder Belastungsverhältnisse erfolgten, ein rechtliches oder zumindest wirtschaftliches Interesse des Eigentümers erforderlich, das entsprechend nachgewiesen werden müsse. Eigentümer der neu zu eröffnenden Einlagezahl, der das Zielgrundstück 1172/8 zugeschrieben werden solle, solle der Zweitantragsteller bleiben, sodass sich weder die Eigentums- noch Belastungsverhältnisse ändern würden; ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse für diese Vorgangsweise sei nicht erkennbar. Da die Prüfung dieser Voraussetzung weder Fragen der Vermessung noch den Grenzverlauf berühre, bestehe auch keine Bindung des Grundbuchgerichts an den Planbescheinigungsbescheid des Vermessungsamts.

Im Übrigen begründete das Rekursgericht ausführlich, warum die weiteren vom Erstgericht angenommenen Abweisungsgründe nicht vorlägen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil der Frage in welchem Umfang eine Bindung an die Vorgaben in einem Teilungsplan und den Bescheid über die Planbescheinigung bestehe, insbesondere was die Eröffnung neuer Einlagezahlen betreffe, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Die Antragsteller machen in ihrem Rechtsmittel – zusammengefasst – geltend, der von ihnen vorgelegte Teilungsplan wäre vom Grundbuchsgericht ohne inhaltliche Prüfung durchzuführen gewesen, und sprechen damit Fragen der Bindung an die von der Vermessungsbehörde gemäß § 39 VermG auszustellende Planbescheinigung an. Die übrigen vom Erstgericht herangezogenen Abweisungsgründe hat bereits das Rekursgericht mit zutreffender Begründung als nicht gegeben beurteilt. Darauf muss bei der Behandlung ihres Rechtsmittels nicht mehr näher eingegangen werden.

2.1 Das Liegenschaftsteilungsgesetz regelt in seinen ersten beiden Abschnitten die Grundsätze der Grundstücksteilung und die Ab- und Zuschreibung von Bestandteilen eines Grundbuchskörpers (vgl Binder in Kodek, Grundbuchsrecht² § 2 LiegTeilG Rz 1). Nach § 1 Abs 1 LiegTeilG kann die grundbücherliche Teilung eines Grundstücks nur aufgrund eines Plans durchgeführt werden, der von einer der in Z 1 bis Z 4 dieser Bestimmung genannten Person oder Behörde herrührt. Eine Abschreibung, die immer mit einer Zuschreibung verbunden sein muss, erfordert, sofern Teile eines Grundstücks und nicht ein ganzes Grundstück betroffen sind, stets einen solchen Teilungsplan (vgl Binder aaO § 3 LiegTeilG Rz 1).

2.2 Nach § 2 Abs 1 LiegTeilG darf ein Teilungsplan nur zur Gänze grundbücherlich durchgeführt werden und in einem Grundbuchsgesuch nur die Durchführung eines Plans begehrt werden. Das Gesuch hat einen Hinweis auf die Speicherung des Plans und der Bescheinigung nach § 39 VermG im Geschäftsregister der Vermessungsbehörde zu enthalten (§ 2 Abs 2 LiegTeilG). Das soll sicherstellen, dass das Grundbuchsgericht über Grundstücksteilungen tatsächlich auf der Grundlage des von der Vermessungsbehörde nach § 39 VermG bescheinigten Plans entscheidet (RV 542 BlgNR 23. GP 12, abgedruckt in Kodek, Grundbuchsrecht, ErgBand, 90).

2.3 Der Teilungsplan und die auf ihn Bezug nehmende Bescheinigung nach § 39 VermG sind die Grundlagen für die grundbücherliche Durchführung einer Grundstücksteilung. Während die Vermessung und die Führung des Katasters in die Zuständigkeit der Vermessungsbehörde fällt, sind für die Grundbuchsangelegenheiten grundsätzlich die Grundbuchsgerichte zuständig (Binder aaO § 2 LiegTeilG Rz 2).

3.1

 Nach § 39 Abs 1 VermG bedürfen Pläne der im § 1 Abs 1 Z 1, 3 und 4 sowie Abs 2 des Liegenschaftsteilungsgesetzes bezeichneten Personen oder Dienststellen zu ihrer grundbücherlichen Durchführung einer Bescheinigung des Vermessungsamts, die innerhalb von 18 Monaten vor dem Einlangen des Antrags auf Verbücherung beim Grundbuchsgericht erteilt worden ist. Abs 3 dieser Bestimmung regelt die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Bescheinigung und hat folgenden Wortlaut:

„(3) Die Bescheinigung ist zu erteilen, wenn

1. der Plan den Voraussetzungen des § 37 und der dazu erlassenen Verordnung sowie des § 43 Abs. 4, 5 und 6 entspricht,

2. eine Erklärung gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Vermessungsamt nicht älter als drei Monate ist und

3. der Plan auf den bisherigen Angaben des Grenz- oder Grundsteuerkatasters aufbaut und im Grenz- oder Grundsteuerkataster durchführbar ist.“

3.2 Die Pläne und die Bescheinigungen sind in das Geschäftsregister aufzunehmen und nach Rechtskraft der Bescheinigung gemeinsam mit der Trennstücktabelle dem Grundbuch im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung zur Verfügung zu stellen. Eine Bestätigung der Rechtskraft des Planbescheinigungsbescheids ist nicht erforderlich (§ 39 Abs 5 VermG).

3.4 Der grundbücherlichen Durchführung einer Liegenschaftsteilung, sofern sie nicht in einem vereinfachten Verfahren (vgl §§ 13 f und §§ 15 ff LiegTeilG) erfolgen kann, geht daher ein „Planbescheinigungsverfahren“ vor dem Vermessungsamt voraus. In einem solchen Verfahren hat das Vermessungsamt aber lediglich zu prüfen, ob der ihm vorgelegte Teilungsplan die erforderlichen Angaben im Sinne der §§ 37 und 43 Abs 4 bis 6 VermG 1968 idgF enthält.

Eine Prüfung des Plans in materieller Hinsicht ist vom Vermessungsamt nicht vorzunehmen (VwGH

Ra 2014/06/0005).

4. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Planbescheinigung nach § 39 VermG ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde, der inhaltlich vom Gericht nicht überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0053871; vgl auch VwGH Zl 95/06/0012; Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht Anm 1 zu § 39 VermG; Binder aaO § 2 LiegTeilG Rz 22 mwN). Als Bescheid entfaltet die Planbescheinigung Bindungswirkung. Dem Gericht ist die Prüfung der Frage entzogen, ob die zuständige Behörde bei Erlassung der Bescheinigung nach § 39 Abs 1 VermG die Voraussetzungen des § 39 Abs 3 VermG, insbesondere auch jene des § 37 VermG eingehalten hat (vgl 5 Ob 254/99k). Daraus folgt jedoch entgegen der von den Revisionsrekurswerbern offenbar vertretenen Ansicht nicht, dass ein mit einer solchen Bescheinigung versehener Teilungsplan automatisch zu einer die begehrten bücherlichen Eintragungen bewilligenden Entscheidung führen müsste. Die Beurteilung anderer, nicht im Verfahrensgegenstand des Planbescheinigungsverfahrens enthaltener Erfordernisse bleibt dem Grundbuchsgericht vorbehalten (vgl Binder aaO § 2 LiegTeilG Rz 2 und 21).

5.1 Um eine missbräuchliche, ungerechtfertigte Zerlegung von Grundbuchskörpern in zahllose kleine Grundbuchskörper zu verhindern, die unter anderem die Grundbuchsmanipulation erschwert und die Geltendmachung der bücherlichen Rechte, etwa durch die Entstehung von Simultanhaftungen, ungünstig beeinflusst, ist nach herrschender Ansicht die Teilung eines Grundbuchskörpers in mehrere kleinere und Neueröffnung einer weiteren Einlagezahl desselben Eigentümers nur aus triftigen Gründen zulässig, so wenn Änderungen in den Eigentumsverhältnissen oder in der Belastung eintreten, die eine Abtrennung notwendig machen, oder wenn zumindest durch das wirtschaftliche Interesse des Eigentümers die Abschreibung gerechtfertigt ist (RIS-Justiz RS0017870; RS0066232; Rassi, Grundbuchsrecht2 Rz 510; Binder aaO § 3 LiegTeilG Rz 2).

5.2 Dieses Erfordernis folgt aus der zusammenfassenden Betrachtung der § 5 Abs 2, § 22 Z 2 und § 31 AllgGAG (vgl 5 Ob 100/90 mwN). Es hat seine Grundlage also in grundbuchsrechtlichen Vorschriften und berührt daher keine Kompetenz des Vermessungsamts im Verfahren über die Planbescheinigung, sodass von einem Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung, wie die Revisionsrekurswerber unter Berufung auf die Entscheidung 5 Ob 254/99k meinen, keine Rede sein kann. Sein Vorliegen als Voraussetzung für die Bewilligung der begehrten Grundbuchshandlung ist von den Grundbuchsgerichten zu prüfen. Der Umstand, dass ein mit einer Planbescheinigung versehener Teilungsplan vorliegt, und die durch eine Gegenüberstellung der Pläne erstellte Trennstücktabelle (dazu RV 542 BlgNR 23. GP 19) eine neue Einlagezahl für das Zielgrundstück vorsieht, sowie die von den Revisionsrekurswerbern im Einzelnen dargestellten manipulativen Vorgänge bei der Gesuchserstellung können dieser Prüfkompetenz des Grundbuchs nicht entgegen gehalten werden.

6. Es trifft zu, dass dem nach dem Teilungsplan der neu zu eröffnenden Einlagezahl zuzuschreibenden Grundstück das Kürzel „SB1“ für „..Sonst Straßen“ beigesetzt ist und damit wohl eine besondere Widmung dieses Trennstücks angesprochen ist. Allein darin kann jedoch noch kein die Teilung des Grundbuchskörpers unter Beibehaltung der Eigentumsverhältnisse rechtfertigender Grund gesehen werden, zumal der Zusammenfassung unterschiedlich gewidmeter Grundstücke in einem Grundbuchskörper kein Hindernis entgegensteht. Zur Änderung von Grundstücksgrenzen innerhalb desselben Grundbuchskörpers braucht es weder eines Nachweises einer rechtlichen Notwendigkeit noch der Bescheinigung eines wirtschaftlichen Interesses des Eigentümers (5 Ob 100/90). Soweit die Revisionsrekurswerber jedoch geltend machen, dass das Teilstück (zukünftig) an das öffentliche Gut abgetreten werden soll, verstoßen sie zum einen gegen das auch im Grundbuchsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 122 Abs 2 GBG). Zum anderen bietet allein die Absicht, den Verkauf eines Teils einer Liegenschaft (leichter) durchzuführen, noch keinen Anlass, die Teilung eines Grundbuchskörpers vorzunehmen, solange nicht um jene Eintragung eingeschritten wird, die die Teilung zur Voraussetzung hat (3 Ob 86/11k; Rassi aaO Rz 510). Nichts anderes kann für das Vorhaben gelten, einen Teil der Liegenschaft irgendwann an das öffentliche Gut abtreten zu wollen.

7. Da – wie ausgeführt – ein Teilungsplan nur zur Gänze grundbücherlich durchgeführt werden darf, ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E122493

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00096.18F.0718.000

Im RIS seit

01.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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