TE Vwgh Beschluss 2018/8/8 Ra 2017/10/0098

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Veröffentlicht am 08.08.2018
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art133 Abs8;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §4;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 litb;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §53;
NatSchG Krnt 2002 §6 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der Marktgemeinde Seeboden am Millstätter See, vertreten durch Dr. Mario Petutschnig, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Freihausgasse 10/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 6. April 2017, Zl. KLVwG- 978/22/2016, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau; mitbeteiligte Partei: B GmbH in M, vertreten durch Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Ring 1), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Gemeinde hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 6. April 2017 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 5 Abs. 1 lit. b iVm § 9 Abs. 1 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K-NSG 2002) die naturschutzbehördliche Bewilligung für Anschüttungsmaßnahmen auf näher genannten Grundstücken der KG Seeboden nach Maßgabe von näher bezeichneten Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Marktgemeinde Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/10/0048, mwN).

6 Nach § 53 K-NSG 2002 haben Gemeinden, in deren Gemeindegebiet eine Maßnahme oder ein Vorhaben, das nach den §§ 4, 5 Abs. 1 oder 6 Abs. 1 K-NSG 2002 einer Bewilligung bedarf, ausgeführt werden soll, einen Rechtsanspruch darauf, dass die im § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen bei der Entscheidung gewahrt werden. Sie dürfen zur Wahrung dieser Interessen gegen einen Bescheid, mit dem eine Bewilligung erteilt wird, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG erheben.

7 Mit dieser Bestimmung wird den Gemeinden somit in den genannten Bewilligungsverfahren eine auf die Wahrung der in § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen beschränkte Parteistellung eingeräumt (vgl. zu § 53 K-NSG 2002 VwGH 27.7.2007, 2004/10/0216; 24.11.2003, 2003/10/0254, VwSlg. 16228 A). Eine Revisionserhebung kommt demnach nur zur Wahrung der in § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen in Betracht.

8 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision bringt die revisionswerbende Gemeinde vor, es stelle eine grundsätzliche Rechtsfrage dar, wie "mit einer von Anfang an vorliegenden Behördenunzuständigkeit" nach dem K-NSG 2002 umzugehen sei. Auf Basis der Einreichunterlagen habe - wie sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht herausgestellt habe - eine Zuständigkeit der belangten Behörde "zur Vollziehung des Naturschutzes" nicht vorgelegen, vielmehr sei der Landeshauptmann "als Abfallwirtschaftsbehörde" zuständig gewesen. Erst aufgrund nachträglich vorgelegter zusätzlicher Projektbeschreibungen habe nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes "überhaupt erst die Qualifizierung der Maßnahmen der Konsenswerberin als Maßnahmen außerhalb des AWG erfolgen können". Ohne diese nachträglichen Projektunterlagen hätte der Bescheid der belangten Behörde wegen Unzuständigkeit ersatzlos behoben werden müssen.

9 Mit diesem Vorbringen wird allerdings in keiner Weise dargelegt, dass bzw. unter welchem Aspekt von einer Beeinträchtigung der in § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen, zu deren Wahrung der Revisionswerberin gemäß § 53 K-NSG 2002 das Recht auf Revisionserhebung allein eingeräumt ist, auszugehen wäre. Gleiches gilt für die weiteren in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision angesprochenen Fragen: Bezüglich der Frage, "ob bei einem abweisenden Erkenntnis eine Modifikation des angefochtenen Bescheides dahingehend zulässig ist, dass bloß auf grob umschriebene Projektunterlagen" verwiesen werde, bzw. der Frage, "in welcher Form Abänderungen von erstinstanzlichen Auflagen durch das Landesverwaltungsgericht zu erfolgen" hätten, mangelt es an jeglicher Darstellung, inwiefern dadurch die in § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen beeinträchtigt werden.

10 Soweit die revisionswerbende Gemeinde - den übrigen Revisionsausführungen zufolge - eine Beeinträchtigung der in § 9 K-NSG 2002 umschriebenen Interessen offenbar allein deshalb als gegeben ansieht, weil es als eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. c K-NSG 2002 anzusehen sei, wenn aufgrund eines "erhöhten Verkehrsaufkommens" auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr "Lärm und Abgase" entstünden und "die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs" beeinträchtigt würde, so trifft diese Annahme von vornherein nicht zu, handelt es sich dabei doch um naturschutzgesetzlich nicht erfasste (und zulässigerweise auch nicht erfassbare) Regelungsgegenstände (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis VwGH 24.11.2003, 2003/10/0254, VwSlg. 16228 A).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 8. August 2018

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017100098.L00

Im RIS seit

31.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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