TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/27 2004/10/0216

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Veröffentlicht am 27.07.2007
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
L55302 Geländefahrzeuge Motorschlitten Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
NatSchG Krnt 1986 §53 idF 2002/012;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs1 idF 2002/012;
NatSchG Krnt 2002 §53;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Marktgemeinde Moosburg, vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Radetzkystraße 2/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. Mai 2004, Zl. 8W-NAT-22/65-2004, betreffend Parteistellung in einem naturschutzbehördlichen Verfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 13. Juli 2000 wurde dem Antrag des Landes Kärnten auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für den Ausbau der L 73 (Verlegung in das "Schwarze Moos"), Mitterteichstraße "Stallhofen/Moosburg" unter Berufung auf § 8 des "Kärntner Naturschutzgesetzes (K-NSG) 1986, idF LGBl. Nr. 21/1997" keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid haben unter anderem das Land Kärnten und die beschwerdeführende Gemeinde Berufung erhoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Landes Kärnten gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm den §§ 5 Abs. 1 lit. b, 8, 9 und 10 Abs. 3 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 idF LGBl. Nr. 79/2002, abgewiesen und die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung für den Ausbau der oben genannten Straße versagt (Spruchpunkt I).

Mit Spruchpunkt II. wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Die Entscheidung unter Spruchpunkt I. wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Verleihung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Realisierung des geplanten Straßenbauprojektes die im Spruch genannten Bestimmungen des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 insofern entgegenstünden, als eine Bewilligung nicht erteilt werden dürfe, wenn das Projekt den Charakter des betroffenen Landschaftsraumes oder das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtige. Die geplante Maßnahme würde derartige - im Einzelnen näher dargestellte - Beeinträchtigungen mit sich bringen. Da das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles nicht höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft und der betroffenen Feuchtgebiete, sei die beantragte Bewilligung zu versagen gewesen.

Zu Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde begründend aus, zum Zeitpunkt des Eintreffens der Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde (bei der Behörde erster Instanz) im Jahre 2000 seien gemäß § 53 Abs. 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes für Gemeinden hinsichtlich der Berücksichtigung der Bestimmungen des § 19 Abs. 1 des Gemeindeplanungsgesetzes subjektiv-öffentliche Rechte begründet worden. Da jedoch § 19 Abs. 1 leg. cit. im Verfahren vor den staatlichen Behörden zufolge der Novelle LGBl. Nr. 134/97 nicht mehr anzuwenden sei, andererseits zufolge der Versagung der beantragten Bewilligung ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan gar nicht habe eintreten könne, komme der Gemeinde auch nach der damals gültigen Rechtslage keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zu.

Nach dem mit der Novelle LGBl. Nr. 12/2002 geänderten § 53 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 gelte nunmehr, dass Gemeinden, in deren Gemeindegebiet eine Maßnahme oder ein Vorhaben ausgeführt werden solle, das nach den §§ 4, 5 Abs. 1 oder 6 Abs. 1 leg. cit. einer Bewilligung bedürfe, einen Rechtsanspruch darauf hätten, dass die im § 9 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 umschriebenen Interessen bei der Entscheidung gewahrt würden. Sie dürften lediglich zur Wahrnehmung dieser Interessen gegen einen Bescheid, mit dem eine Bewilligung erteilt werde, Berufung und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erheben. Da weder mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz noch mit dem angefochtenen Bescheid eine Bewilligung erteilt, sondern eine solche versagt worden sei, komme der beschwerdeführenden Gemeinde im gegenständlichen Verfahren weder Berufungs- noch Beschwerdelegitimation zu. Die Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gemeinde zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Oktober 2004, Zl. B 833/04- 5, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die beschwerdeführende Gemeinde (der Sache nach), den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Sie bringt dabei - zusammengefasst - vor, die belangte Behörde habe nicht ausreichend die (offenbar gemeint: für die Verwirklichung des Projektes sprechenden) Interessen der Gemeindebürger berücksichtigt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 13. Juli 2000 wurde der Antrag der Kärntner Landesregierung auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung des Landes Kärnten wurde mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abgewiesen, die dagegen unter anderem von der beschwerdeführenden Gemeinde erhobene Berufung mit Spruchpunkt II. mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides galt § 53 des (wiederverlautbarten) Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 - K-NSG 2002, LGBl. Nr. 79/2002. Diese (mit der Novelle LGBl. Nr. 12/2002 eingeführte und) mit "Parteistellung der Gemeinden" überschriebene Bestimmung hat folgenden Inhalt:

"Gemeinden, in deren Gemeindegebiet eine Maßnahme oder ein Vorhaben, das nach den §§ 4, 5 Abs. 1 oder 6 Abs. 1 einer Bewilligung bedarf, ausgeführt werden soll, haben einen Rechtsanspruch darauf, dass die im § 9 umschriebenen Interessen bei der Entscheidung gewahrt werden. Sie dürfen zur Wahrung dieser Interessen gegen einen Bescheid, mit dem eine Bewilligung erteilt wird, Berufung und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erheben."

Der erwähnte § 9 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 bestimmt in seinem Abs. 1:

"Bewilligungen im Sinne der §§ 4, 5 Abs.1 und 6 Abs. 1 dürfen nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme

a)

das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst würde,

b)

das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde oder

              c)              der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde."

Daraus erhellt, dass Gemeinden nur ein Rechtsanspruch auf Wahrung von "Naturschutzinteressen", nicht aber auf Durchsetzung von Interessen eines Dritten an der Ausführung des Vorhabens zukommt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise wird dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist". Weiters wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 66 AVG wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere E 303 ff).

Im Beschwerdefall war weder abzusprechen, was an einem bestimmten Stichtag bzw. in einem konkreten Zeitraum rechtens war, noch enthält die Novelle LGBl. Nr. 12/2002 entsprechende Übergangsbestimmungen. Die belangte Behörde hatte daher § 53 des Kärntner Naturschutzgesetzes idF der zitierten Novelle anzuwenden.

Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen (nur) gegen Bescheide, mit denen eine Bewilligung erteilt wurde, Berufung erheben. Beim Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Juli 2000 handelt es sich jedoch nicht um einen Bescheid, mit dem eine Bewilligung erteilt wurde; vielmehr wurde die vom Land beantragte Bewilligung versagt. Der beschwerdeführenden Gemeinde kamkeine Berufungslegitimation zu; die Zurückweisung der von ihr erhobenen Berufung erfolgte somit zu Recht.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 27. Juli 2007

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004100216.X00

Im RIS seit

06.09.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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