TE Bvwg Beschluss 2018/7/31 W198 2200574-1

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Veröffentlicht am 31.07.2018
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Entscheidungsdatum

31.07.2018

Norm

AlVG §24
AVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W198 2200574-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter

über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Robert Müller, gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung)

des Arbeitsmarktservice St. Pölten vom 21.06.2018, Zl. XXXX beschlossen:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht

im Verfahren zur Zahl XXXX ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 06.04.2018 stellte das Arbeitsmarktservice gem. § 24 Abs 1 iVm § 39b Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) das Umschulungsgeld des nunmehrigen Beschwerdeführers (im Folgenden kurz: "BF") mangels aktiver Teilnahme für in Betracht kommende berufliche Maßnahmen der Rehabilitation ein. Begründend wurde ausgeführt, laut Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018 seien berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar.

2. Im Akt befindet sich unter anderem der erwähnte Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018, mit welchem ein Antrag des BF vom 22.08.2017 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension abgelehnt und ausgesprochen wurde, dass keine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliege, sondern ein Ausmaß von voraussichtlich mindestens sechs Monaten ab 01.09.2017 bestehe.

Begründend wurde seitens der Pensionsversicherungsanstalt nach Darstellung der gesetzlichen Grundlagen ausgeführt, nach dem Ergebnis der vorgenommenen ärztlichen Begutachtung sei für den BF die Ausübung der zu Grunde gelegten Tätigkeit als Service Fahrer nicht mehr möglich. Eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durch eine berufliche Rehabilitation in Form einer Umschulung zum Bürokaufmann sei jedoch nicht auszuschließen.

Der BF erklärte sich vor dem Arbeitsmarktservice trotz eingehender Information und Aufklärung über die Mitwirkungspflichten sowie verlangten Maßnahmen nicht bereit,

an der Auswahl, Planung und Durchführung an in Betracht kommenden beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation teilzunehmen und gab am 05.04.2018 an,

aus gesundheitlichen Gründen eine Umschulung nicht in Erwägung ziehen zu können.

Es wurde seitens des BF ein nervenfachärztliches Attest zur bestehenden Berufsunfähigkeit von Dr. XXXX vom 04.04.2018 vorgelegt.

3. Mit Schreiben vom 25.04.2018 erhob der BF durch seine beauftragte Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 06.04.2018,

wobei in dem Schriftsatz unter anderem darauf verwiesen wurde, dass bereits die Einbringung einer Klage gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018

mit 20.03.2018 erfolgte.

4. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 21.06.2018 wies das Arbeitsmarktservice die Beschwerde des BF im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ab. Zugleich wurde auch die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bezug von Umschulungsgeld während der Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht keineswegs ausgeschlossen sei, jedoch gemäß § 39b AlVG kein Anspruch auf Umschulungsgeld aufgrund der nicht vorliegenden Bereitschaft des BF zur aktiven Mitwirkung an einer beruflichen Rehabilitation bestehe.

Da im Falle der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension durch das Arbeits- und Sozialgericht ein Doppelbezug vorliegen würde, wurde die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.

5. Mit Schreiben vom 28.06.2018 stellte der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht einen Vorlageantrag.

6. Mit Schreiben vom 19.07.2018 teilte das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht dem BVwG auf Anfrage mit, dass unter der Zahl XXXX ein Klagsverfahren auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension anhängig sei. Derzeit würde man medizinische Gutachten zur Arbeitsfähigkeit des Klägers einholen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Arbeitsmarktservice hat sich gegenständlich ausschließlich auf den Bescheid der Pensionsversicherung vom 20.02.2018 gestützt, mit dem der Antrag des BF auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension mit der Begründung abgelehnt wurde, dass keine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliege.

Mit Schreiben vom 19.07.2018 teilte das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht dem BVwG auf Anfrage mit, dass im gegenständlichen Fall (betreffend den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018) beim Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht unter der Zahl 43 Cgs 35/18b ein Klagsverfahren auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension anhängig sei. Es wird eine derzeitige Einholung von medizinischen Gutachten zur Arbeitsfähigkeit des Klägers vorgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich unstrittig aus einer Einsichtnahme des BVwG

in den vorliegenden Verwaltungsakt bzw. einer entsprechenden Anfrage beim Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aussetzung des Verfahrens

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Er entscheidet, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, eröffnet, leitet und schließt diese. Er verkündet die Beschlüsse des Senates, unterfertigt die schriftlichen Ausfertigungen, arbeitet den Erledigungsentwurf aus und stellt im Senat den Beschlussantrag.

Der Vorsitzende eines Senates darf offenbar kein Erkenntnis alleine treffen. Hinsichtlich der Beschlüsse ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüssen kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 9 BVwGG). Da der gegenständliche Beschluss nicht verfahrensbeendend ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Wie sich aus § 17 und § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG schlüssig ergibt, kann das BVwG ein Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage gemäß § 38 AVG aussetzen.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Das Arbeitsmarktservice hat sich gegenständlich bei Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des BF - unter Hinweis auf (insbesondere) § 8 Abs 3 AlVG, wonach das Arbeitsmarktservice Bescheide der Pensionsversicherungsträger zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit anzuerkennen und seiner weiteren Tätigkeit zu Grunde zu legen hat -, auf einen Bescheid der Pensionsversicherungsträger berufen, sich konkret auf den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018 gestützt, mit dem der Antrag des BF auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension abgelehnt wurde, da der BF nicht dauerhaft berufsunfähig sei.

Insofern ist hier von einer Vorfrage im Sinne von § 38 AVG auszugehen. In der Beschwerde des BF vom 25.04.2018 wurde angemerkt, dass die Einbringung einer Klage gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018 mit 20.03.2018 erfolgte.

Dem BVwG wurde mit Schreiben vom 19.07.2018 im Wege der Amtshilfe mitgeteilt,

dass im gegenständlichen Fall (betreffend den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.02.2018) beim Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht unter der Zahl

XXXX ein Klagsverfahren auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension anhängig sei. Das betreffende Verfahren ist somit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage sind daher gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich § 38 AVG von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.

Schlagworte

Aussetzung, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W198.2200574.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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