TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/31 405-7/564/1/12-2018,, 405-7/565/1/10-2018

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Veröffentlicht am 31.07.2018
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Entscheidungsdatum

31.07.2018

Index

62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita
AuslBG §3 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Priv.-Doz. Dr. Gregor Heißl, E.MA über die Beschwerde der AB AA, AD-Gasse, LL, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. EE/Dr. FF, AG-Gasse, LL, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (belangte Behörde) jeweils vom 16.1.2018, XXX11/2017 und XXX13/2017,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 5 Abs 1 iVm 9 Abs 1 VStG iVm §§ 3 Abs 1 iVm 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG (XXX11/2017) bzw iVm §§ 33 Abs 1 iVm 111 Abs 1 Z 1 ASVG (XXX13/2017) wird den Beschwerden Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II.    Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind der Beschwerdeführerin keine Verfahrenskosten für

die Beschwerdeverfahren aufzuerlegen.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen

Mit den angefochtenen Straferkenntnissen wurde der Beschwerdeführerin jeweils vorgeworfen, sie habe als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AB AA & Partner KG mit Sitz in LL, AD-Gasse, zu verantworten, dass der pakistanische Staatsangehörige, AW AS, zumindest am Kontrolltag (26.8.2017) beschäftigt wurde.

Im angefochtenen Straferkenntnis vom 16.1.2018, XXX11/2017, wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, dass dafür keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder keine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder eine „Rot-Weis-Rot - Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, ein Befreiungsschein (§ 4c) oder ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ fehlte. Deshalb habe die Beschwerdeführerin §§ 3 Abs 1 iVm 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG verletzt, weshalb gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a zweiter Strafrahmen AuslBG eine Strafe in der Höhe von € 2.000 (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und neun Stunden) verhängt wurde. Zusätzlich wurde der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG in der Höhe von € 200 vorgeschrieben.

Im angefochtenen Straferkenntnis vom 16.1.2018, XXX13/2017, wurde vorgeworfen, dass die Beschäftigung des pakistanischen Staatsangehörigen ohne vorhergehender Meldung beim zuständigen Krankversicherungsträger erfolgte.

Deshalb habe die Beschwerdeführerin §§ 33 Abs 1 iVm 111 Abs 1 Z 1 ASVG verletzt, weshalb gemäß § 111 Abs 1 Z 1 und Abs 2 erster Strafrahmen ASVG eine Strafe in der Höhe von € 730 (Ersatzfreiheitsstrafe vier Stunden) verhängt wurde. Zusätzlich wurde der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG in der Höhe von € 73 vorgeschrieben.

Die belangte Behörde stützte diese Bestrafungen auf eine Anzeige der Finanzpolizei Team 50 des Finanzamts St. Johann Tamsweg Zell am See vom 31.10.2017, wonach bei einer durch Organe der Polizeiinspektion MM durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 26.8.2017 um 2:25 Uhr auf der Salzachtal Bundesstraße von Bischofshofen kommend in Fahrtrichtung St. Johann im jeweiligen Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse näher bezeichnete Verwaltungsübertretungen festgestellt wurden.

In den - inhaltlich weitgehend übereinstimmenden - fristgerecht erhobenen Beschwerden vom 13.2.2018 rügt die Beschwerdeführerin - zusammengefasst - Verfahrensmängel, unrichtige bzw unvollständige Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung. Der Bruder von AW AS, RR AS, sei regelmäßig bei der Beschwerdeführerin angemeldet. RR AS habe sich täglich zwischen 23:30 Uhr und 24:00 Uhr das Auto und den Schlüssel persönlich abgeholt. Gleichzeitig fahre der Schwager der Beschwerdeführerin, TT AS, auch vom oben genannten Standort weg und sehe RR AS persönlich den Schlüssel holen und wegfahren. Der Beschwerdeführerin könne somit auch keine Fahrlässigkeit angelastet werden, da diese ein funktionierendes Kontrollsystem installiert habe. Der bei der Kontrolle angetroffene Fahrer, AW AS, sei kein Dienstnehmer der Beschwerdeführerin gewesen. Diese habe keine Ahnung gehabt, dass AW AS das Firmenauto gelenkt bzw irgendwas damit zu tun habe. Dieser sei weder in einem persönlichen, noch in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Beschwerdeführerin gestanden. Das funktionierende und ordnungsgemäße Kontrollsystem der Beschwerdeführerin stelle eine wirksame begleitende Kontrolle sicher. Deshalb könne sie darauf vertrauen, dass die Person, welche sich bei ihr persönlich das Auto abholt, sodann auch mit diesem Auto fährt. Darüber hinausgehende Kontrollen seien technisch gar nicht möglich und unzumutbar. Der Beschwerdeführerin sei lediglich Fahrlässigkeit anzurechnen, weshalb von einer außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG bzw der Möglichkeit der Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 VStG Gebrauch gemacht werden hätten müssen. Abschließend jeweils wird beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze aufzuheben, in eventu zur neuerlichen Entscheidung und Ergänzung des Verfahrens an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

Vom Landesverwaltungsgericht Salzburg wurde am 13.3.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser sind die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Rechtsanwalt Mag. Schemen sowie Ing. ÖÖ für das Finanzamt St. Johann Tamsweg Zell am See erschienen. AS AA, AS AT, RR AS und AW AS wurden unter Beiziehung einer Dolmetscherin als Zeugen einvernommen.

2.       Sachverhaltsfeststellung

Die Beschwerdeführerin ist unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AB AA & Partner KG. Diese AB AA & Partner KG betreibt neben einer Pizzeria auch ein Transportunternehmen.

Seit Jänner 2017 war RR AS dort als geringfügig Beschäftigter gemeldet. Seine Tätigkeit bestand darin Zeitungen von Salzburg-Stadt mit zwei bis drei Stopps bis nach Zell am See zu bringen. Die dahingehenden Arbeitsschritte können wie folgt zusammengefasst werden: RR AS holte regelmäßig zwischen 23:00 und 24:00 Uhr bei der Wohnung der Beschwerdeführerin den Schlüssel des Transportfahrzeugs persönlich ab. In weiterer Folge lud der Arbeitnehmer bei einer Niederlassung des Unternehmens Mediaprint zu transportierende Zeitungspakete in das Fahrzeug ein und lieferte diese. Nach der Rückkehr parkte der Arbeitnehmer das Fahrzeug auf dem Parkplatz vor der Pizzeria. Dort übergab AR AS den Fahrzeugschlüssel dem Schwager der Beschwerdeführerin, AS AT, welcher regelmäßig um dieselbe Zeit seine eigene Beschäftigung beendet. Sofern der Schwager der Beschwerdeführerin länger arbeiten musste, hinterlegte RR AS den Fahrzeugschlüssel im Postkasten bzw einer Zeitungsrolle der Pizzeria.

RR AS verrichtete die ihm zugeteilte Aufgabe stets zuverlässig. Vor dem 26.8.2017 gab es keinerlei Probleme. So hat er immer selbst den Schlüssel abgeholt und diesen auch zurückgebracht.

Die Beschwerdeführerin wies den Arbeitnehmer an im Falle von Verhinderungen
oder sonstigen Problemen die Beschwerdeführerin zu kontaktieren, damit eine andere Lösung gefunden wird.

Am 26.8.2017 holte RR AS wie gewöhnlich den Schlüssel bei der Beschwerdeführerin direkt zwischen 23:00 und 24:00 Uhr von zu Hause ab. Schon zu diesem Zeitpunkt verspürte dieser leichte Kopfschmerzen. In weiterer Folge fuhr der Arbeitnehmer nach Hause, um etwas zu essen. Nachdem dessen Kopfschmerzen stärker wurden, ersuchte RR AS seinen - im gleichen Haushalt wohnenden - Bruder, AW AS, die Fahrt an diesem Tag zu übernehmen. Diesem Wunsch entsprach AW AS und übernahm die Aufgabe. Auf der Fahrt von Bischofshofen nach St. Johann wurde dieser von Organen der Polizeiinspektion MM aufgehalten und kontrolliert.

AW AS war als Asylwerber rechtmäßig in Österreich aufhältig. Er verfügte weder über eine Bewilligung noch eine sonstige Rechtsgrundlage um einer Beschäftigung in Österreich nachgehen zu dürfen. Ebenso wenig war dieser bei der Beschwerdeführerin angemeldet.

Nach diesem Vorfall arbeitete RR AS für die Beschwerdeführerin nicht mehr in der Nacht.

3.       Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich grundsätzlich auf den vorliegenden Verwaltungsakt sowie auf das Ergebnis der durchgeführten Beschwerdeverhandlungen.

Die Feststellungen hinsichtlich der AB AA & Partner KG beruhen auf den im erstinstanzlichen Akt enthaltenen Unterlagen sowie auf den übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg.

Die Tätigkeit von RR AS lässt sich ebenfalls aus dem im erstinstanzlichen Akt enthaltenen Sozialversicherungsdatenauszug entnehmen und deckt sich wiederum mit den Aussagen des Ehegatten der Beschwerdeführerin, AS AA, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg. Ebenso ist der Arbeitsablauf unbestritten und lässt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführerin, deren Ehegatten, deren Schwager, AS AT, sowie RR AS ableiten. Die Feststellungen über die Abholung des Schlüssels wird von der Beschwerdeführerin, deren Ehegatten und RR AS übereinstimmend angegeben. Jene über die Rückgabe des Schlüssels ergeben sich aus den - wiederum übereinstimmenden - Aussagen des Schwagers der Beschwerdeführerin und RR AS .

Die Abholung des Schlüssels am 26.8.2017 gründet sich wiederum auf die übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführerin und des Arbeitnehmers. Die Feststellungen über die Kopfschmerzen von RR AS gründen sich auf dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg. Übereinstimmend geben RR AS und dessen Bruder, AW AS, an, als Folge der Kopfschmerzen vereinbart zu haben, dass AW AS die Fahrt nach Zell am See übernehmen sollte.

Umstände der Kontrolle durch die Organe der Polizeiinspektion MM sind in der entsprechenden - im erstinstanzlichen Akt enthaltenen - Dokumentation der Amtshandlung ersichtlich. Ebenso ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Akt vorliegenden Unterlagen, dass AW AS Asylwerber ohne Bewilligung einer Beschäftigung und ohne Anmeldung bei der Beschwerdeführerin war.

Die Feststellungen über die Zuverlässigkeit von RR AS gründen sich auf die Aussagen der Beschwerdeführerin („Wenn ich gefragt werde, ob es früher schon einmal Probleme mit Herrn AS RR gegeben hat: Nein, nicht dass ich wüsste. Ich glaube, er war ein verlässlicher Angestellter. Es hat nie irgendwelche negativen Vorfälle mit ihm gegeben.“), deren Ehegatten („Er war ein sehr verlässlicher Arbeiter, perfekt, es hat nie irgendwelche Probleme mit ihm gegeben.“) sowie des Schwagers der Beschwerdeführerin („Es hat nie jemand anderer den Schlüssel zurückgebracht, …“) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg.

Die Feststellung über die Anweisung an RR AS , im Falle von Verhinderungen oder sonstigen Problemen die Beschwerdeführerin zu kontaktieren, gründet sich auf deren Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg („Er hätte uns das sagen müssen, dann hätten wir eine andere Lösung gefunden.“).

Die Feststellungen, wonach der Arbeitnehmer nach der verfahrensgegenständlichen Kontrolle nicht mehr in der Nacht für die Beschwerdeführerin tätig war, gründen sich auf die Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg.

Das Landesverwaltungsgericht hat hiezu erwogen:

Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt:

Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG, BGBl 1975/218 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2015/113)

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ besitzt.

(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ besitzt.

Strafbestimmungen

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ besitzt, …

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG, BGBl 1955/189 idF I 2016/44)

Beschäftigung im Inland

An- und Abmeldung der Pflichtversicherten

§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt oder

5. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger einen Ausweis oder eine sonstige Unterlage zur Feststellung der Identität nicht vorzeigt oder

6. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte nicht erteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

?  mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

?  bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

(3) Die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2 beträgt ein Jahr.

(4) Die Versicherungsträger und die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, sind verpflichtet, alle ihnen auf Grund der Betretung zur Kenntnis gelangenden Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.

(5) Die Verwaltungsübertretung gilt als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG, BGBl 1991/52 idF I 2016/120)

§ 1. (1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Rechtliche Beurteilung

1.   Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin war zum Tatzeitpunkt unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AB AA & Partner KG mit Sitz in LL. Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist diese deshalb für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die AB AA & Partner KG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

2.   Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG

Gemäß § 3 AuslBG darf ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ besitzt. Die Nichtbefolgung dieser Vorgabe sanktioniert § 28 Abs 1 AuslBG als Verwaltungsübertretung.

Nach dem festgestellten Sachverhalt verrichtete AW AS eine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Kontrolle am 26.8.2017, weshalb dieser von der Beschwerdeführerin beschäftigt wurde. Dieser verfügte über keine in § 3 AuslBG angeführte Berechtigung zur Beschäftigung in Österreich. Die objektiven Tatbestandsmerkmale sind somit erfüllt.

3.   Verwaltungsübertretung nach dem ASVG

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG von der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankversicherungsträger anzumelden. Nach § 111 Abs 1 Z 1 ASVG stellt ein dahingehendes Unterlassen eine Verwaltungsübertretung dar.

AW AS verrichtete - wie oben angeführt - eine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Kontrolle am 26.8.2017. Eine Meldung an die Salzburger Gebietskrankenkasse erfolgte nicht. Somit sind die objektiven Tatbestandsmerkmale auch dieses Deliktes erfüllt.

4.   Wirksames Kontrollsystem

Wird jemand - wie im gegenständlich festgestellten Sachverhalt - bei der Erbringung von Dienstleistungen, somit arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde - nach der Rechtsprechung des VwGH - berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (zB VwGH 20.5.2014, 2012/08/0257; 19.12.2012, 2012/08/0165).

Bei Ungehorsamsdelikten - um solche handelt es sich bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen - verlangt die in § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG verankerte widerlegliche Schuldvermutung zulasten des Täters, dass dieser von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft machen muss. Dazu hat ein Beschwerdeführer darzulegen, dass er im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (VwGH 27.4.2011, 2010/08/0172).

Will ein Dienstgeber verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, so muss er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen (VwGH 13.9.2017, Ra 2017/08/0076).

Damit wird keine lückenlose Kontrolle verlangt; eine solche ist insbesondere dann nicht möglich, wenn die Arbeit disloziert außerhalb einer Betriebsstätte aufgenommen wird. Dies enthebt den Dienstgeber nicht von seiner Verpflichtung, alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Arbeitsaufnahme gegen seinen Willen zu verhindern. Derartige Vorkehrungen sind zum Beispiel die Erteilung ausdrücklicher Weisungen unter Androhung entsprechender Sanktionen (VwGH 26.1.2015, Ra 2014/08/0065).

Ähnlich hat auch ein Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG darzulegen, dass in dem Unternehmen ein solches wirksames Kontrollsystem eingerichtet ist (VwGH 19.10.2017, Ra 2017/09/0037).

Zusammengefasst ist für ein wirksames Kontrollsystem jedenfalls erforderlich, dass erstens diesbezügliche Instruktionen, zweitens wirksame Kontrollen sowie drittens - für den Fall von Verstößen - der Einsatz von Sanktionierungsinstrumenten zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens vorgenommen werden (dazu Lewisch, § 9, in Lewisch / Fister/ Weilguni, VStG2 (2017) Rz 43 mwN).

Das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems konnte die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall beweisen:

Erstens überwachte die Beschwerdeführerin den Arbeitnehmer. Gerade weil es sich beim Transport von Zeitungspakten von Salzburg-Stadt nach Zell am See um eine dislozierte Tätigkeit handelt, führte die Beschwerdeführerin ein strenges Kontrollsystem ein. So händigte diese bzw deren Ehegatte dem Arbeitnehmer - trotz der fortgeschrittenen Stunde zwischen 23:00 und 24:00 Uhr - täglich stets persönlich den Fahrzeugschlüssel aus und vergewisserte sich somit, dass dieser die Tätigkeit selbst in Angriff nahm. Auch die Rückgabe des Schlüssels - zwischen 2:00 und 3:00 Uhr nachts - organisierte die Beschwerdeführerin auf eine Weise, dass ihr Schwager den Arbeitnehmer regelmäßig überwachen und somit sicherstellen konnte, dass dieser wiederum persönlich das Fahrzeug sowie den Fahrzeugschlüssel zurückbrachte.

Zweitens wies die Beschwerdeführerin den Arbeitnehmer ausdrücklich an, im Falle von Verhinderung oder sonstigen Problemen die Beschwerdeführerin zu kontaktieren, um eine andere Lösung zu finden.

Diese Weisung stellte die Beschwerdeführerin drittens auch durch Sanktionen bei Verstößen sicher. So ist der Arbeitnehmer seit diesem einmaligen Vorfall bei der Beschwerdeführerin nicht mehr in der Nacht beschäftigt.

Zusammengefasst besteht somit ein - den außerordentlich strengen Anforderungen des VwGH (dazu Lewisch, § 5, in Lewisch / Fister/ Weilguni, VStG2 [2017] Rz 12) entsprechendes wirksames Kontrollsystem, weshalb die Beschwerdeführerin kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift gemäß § 5 Abs 1 VStG trifft.

Somit war der angefochtene Bescheid gemäß § 50 VwGVG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen (siehe Kolonovits / Muzak / Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 1187).

5.   Kosten

Aufgrund der Stattgebung der Beschwerde sind der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

6.   Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Gerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung, Paketzustellung, Kontrollsystem

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.7.564.1.12.2018.

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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