TE Bvwg Beschluss 2018/7/24 W173 2006040-1

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §11
ZustG §7

Spruch

W173 2004011-1/26E

W173 2006040-1/20E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin, Dr. Margit Möslinger-Gehmayr, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Lansky, Ganzger + partner, Rechtsanwälte GmbH, Biberstraße 5, 1010 Wien, vom 18.7.2013 gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 9.7.2013, Zl. 4579-140448/10, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Barichgasse 38, 1031 Wien, beschlossen:

I.)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.)

DIE REVISION GEGEN SPRUCHPUNKT I.) IST GEMÄß ART. 133 ABS. 4 B-VG NICHT ZULÄSSIG.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in der Folge BF) erklärte mit Schreiben vom 23.12.2011, in dem die Adresse XXXX , aufschien, gegenüber dem Bundeskanzleramt, mit Ablauf des 31.3.2012 in den Ruhestand treten zu wollen. Mit Bescheid vom 20.6.2012, Zl. 4579-140448/3, wurde über die Höhe des Ruhegenusses und die Nebengebührenzulage des BF vom 1.4.2012 an sowie über deren Stilllegung auf Grund von "Art. 1 BezBegrBVG" abgesprochen. Dieser Bescheid war an die Adresse des BF in XXXX , adressiert. Im Rückschein sind der Zustellversuch mit 26.6.2012 und eine Verständigung über die Hinterlegung beim zuständigen Zustellpostamt mit einer Abholfrist beginnend am 27.6.2012 festgehalten.

2. Anlässlich eines Telefonates des BF mit der belangten Behörde im März 2013 wurde der BF auf das BezBegrBVG und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für seinen Ruhegenuss auf Grund seiner Tätigkeit im Bundeskanzleramt hingewiesen. Auf Ersuchen des BF wurde von der belangten Behörde ein als Bescheid vom 20.6.2012, Zl. 4579-140448/3, bezeichnetes Schriftstück per e-mail an seine Dienstadresse beim Gericht der europäischen Union (EuG) in Luxemburg ( XXXX ) am 13.3.2013 übermittelt. In diesem e-mail wurde nach Ausführungen zu § 4, 5 und 7 BezBegrBVG auf die entsprechenden Normen verwiesen und darauf hingewiesen, dass der Text des Bescheides vom 20.6.2012, Zl. 4579-140448/3, wunschgemäß angeschlossen sei.

3. Im Schriftsatz vom 8.4.2013 nahm der BF auf die E-Mail-Mitteilung vom 13.3.2013 Bezug und stellte den Antrag auf Feststellung seines Ruhebezuges ab 1.4.2012 auf Grund seiner Tätigkeit im Bundeskanzleramt unter Berücksichtigung seiner zusätzlichen Ruhegenussansprüche aus seiner Tätigkeit als Lektor an Universitäten ab 1.7.2013 sowie zur Stilllegung seines Ruhebezuges. Aufgrund seines Hauptwohnsitzes in Luxemburg ersuchte der BF um Zustellungen des Feststellungsbescheides an seine luxemburgische Dienstadresse.

4. Mit Bescheid vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10, wurde von der belangten Behörde unter Spruchpunkt 1. die Höhe des monatlichen Ruhegenusses und die monatliche Nebengebührenzulage brutto festgelegt. Unter Spruchpunkt 2. wurde festgestellt, dass gemäß "Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre" (BezBegrBVG) der Ruhebezug ab 1.4.2012 infolge Kürzung nicht zur Auszahlung gelange. Der genannte Bescheid wurde dem BF an seine Dienstadresse in Luxemburg (Gericht der Europäischen Union) per Auslandsrückschein am 23.7.2013 zugestellt.

5. Mit Bescheid vom 9.7.2013, Zl 4579-140448/10, wurde von der belangten Behörde unter Spruchpunkt 1. die Höhe des monatlichen Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage festgelegt. Unter Spruchpunkt 2. wurde festgestellt, dass gemäß Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG) der Ruhebezug ab 1.4.2012 infolge Kürzung nicht zur Auszahlung gelange. Dieser Spruch und die Begründung decken sich mit dem oben angeführten Spruch und der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10.

6. Mit Schriftsatz vom 18.7.2013 erhob der BF Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen Spruchpunkt 2. des mit 9.7.2013 datierten Bescheides der belangten Behörde, Zl 4579-140 448/10. Dieser sei ihm am 9.7.2013 zugestellt worden. Beantragt wurde die Behebung von Spruchpunkt 2., in eventu die Zurückverweisung an die erste Instanz nach Bescheidbehebung. Begründend wurde vorgebracht, dass Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides in mehrfacher Hinsicht materiell rechtswidrig sei.

7. Mit Schriftsatz vom 30.7.2013 erhob der BF ebenfalls Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10. Beantragt wurde, Spruchpunkt 2. ersatzlos zu beheben, in eventu nach Behebung zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides zurückzuverweisen. Die vorgebrachten Rechtswidrigkeitsgründe decken sich mit denen, die in der oben wiedergegebenen Begründung in der Beschwerde des BF vom 18.7.2013 angeführt wurden.

8. Beide Beschwerden wurden dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt am 11.3.2014 zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerden wurden unter den Aktenzahlen W 173 2006040-1 und W 173 2004011-1 protokolliert.

9. Mit Schriftsatz vom 25.4.2014 brachte die belangte Behörde vor, dass beide Beschwerden denselben Bescheid bekämpfen würden. Dies spiegle sich auch im Inhalt beider Beschwerden wider. Die Beschwerde vom 9.7.2013 richte sich gegen die Gleichschrift des Bescheides vom 5.7.2014, die auf Ersuchen des BF per E-Mail an ihn übermittelt worden sei. Das unterschiedliche Erstellungsdatum auf den bekämpften Bescheiden sei auf die EDV bedingte Aktualisierung des Datums beim Ausdruck zurückzuführen. Eine Berufung sei daher weder möglich, noch zweckmäßig. Von separaten Stellungnahmen werde daher abgesehen. Die unter der Aktenzahl W 173 2006040-1 protokollierte Beschwerde sei mangels Vorliegen eines Bescheides zurückzuweisen. Darüber hinaus werde die Begründung in den bekämpften Bescheiden voll inhaltlich aufrechterhalten. Mit dem Ausscheiden des BF am 1.9.2013 sei eine wesentliche Änderung der Sachlage im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides vom 5.7.2013 eingetreten.

10. Mit Schriftsatz vom 11.6.2014 führte der BF aus, dass der mit 5.7.2013 datierter Bescheid nachweislich erst am 23.7.2013 auf dem Postweg zugestellt worden sei. Am 9.7.2013 habe der BF von der belangten Behörde den am selben Tag datierten Bescheid per E-Mail übermittelt bekommen. Um die Versäumung einer Frist hintanzuhalten, sei daher Spruchpunkt .2 des per E-Mail zugestellt Bescheides innerhalb offener Frist bekämpft worden. Aus anwaltlicher Vorsicht sei auch der mit 5.7.2013 datierte und am 23.7.2013 zugestellte Bescheid fristgerecht bekämpft worden. Aufgrund der Zustellung am 9.7.2013 sei davon auszugehen, dass bereits die erste der beiden Berufungen rechtsgültig erfolgt sei. Eine Zurückweisung der ersten Berufung würde den BF in seinem Recht auf fristgerecht eingehaltene Entscheidung über eine rechtsgültig eingebrachte Berufung verletzen. Beide Beschwerdeverfahren könnten jedoch zusammengelegt und in einer einzigen Entscheidung erledigt werden.

11. In der mündlichen Verhandlung am 18.6.2015 wurden die unter den Aktenzahlen protokollierten Verfahren W 173 2004011-1 und W 173 2006040-1 zu einem gemeinsamen Verfahren verbunden. Der BF führte aus, von 1995 bis 16.9.2013 als Richter des Gerichts der Europäischen Union (EuG) tätig gewesen. Für diesen Zeitraum sei durch den österreichischen Dienstgeber eine Karenzierung erfolgt. Aufgrund EU-rechtlicher Verpflichtungen habe der BF seinen Wohnsitz mit Amtsantritt nach Luxemburg verlegt. In Österreich habe er als

2. Nebenwohnsitz die Adresse XXXX beibehalten. Im Zuge der Übersiedlung nach Luxemburg habe der BF in Österreich die Ummeldung dem zuständigen Meldeamt bekannt gegeben. Die belangte Behörde verwies darauf, dass ihr lediglich die Adresse des BF in XXXX , aufgrund des im Zuge der Ruhestandsversetzung des BF übermittelten Personalaktes bekannt gewesen sei. Die Zustellung des Bescheides vom 20.6.2012 sei daher an die genannte Adresse erfolgt. Der BF gab weiter an, in Österreich während seiner Amtsausübung in Luxemburg nur sporadisch anwesend gewesen zu sein. 2012 habe sich seine Anwesenheit in Österreich auf eineinhalb Monate beschränkt, wobei er auch seinen Wohnsitz in XXXX aufgesucht habe. Dies treffe auch auf die übrigen Jahre zu, in denen der BF in Luxemburg tätig gewesen sei. Die belangte Behörde gab weiter an, nach Erklärung des BF vom 23.12.2011, mit 1.4.2012 in den Ruhestand versetzt werden zu wollen, vorschriftsgemäß den Ruhebezug errechnet und in der Folge mit Bescheid vom 20.6.2012 dessen Höhe unter Spruchpunkt 1 und dessen Stilllegung unter Spruchpunkt 2 gemäß dem BezBegrBVG festgelegt zu haben. Die Zustellung des mit 20.6.2012 datierten Bescheides sei an die bekannte Wohnadresse des BF in der XXXX , XXXX Wien erfolgt. Dieser Bescheid sei hinterlegt worden, wobei die Abholfrist mit 27.6.2012 zu laufen begonnen habe. Dem BF war nicht mehr in Erinnerung, zu welchem Zeitpunkt er vom Bescheid vom 20.6.2012 Kenntnis erlangt habe. Vermutlich sei das Schreiben des Bundeskanzleramtes, wonach die belangte Behörde für die Ruhebezüge zuständig sei, Anlass gewesen, mit der belangten Behörde telefonisch Kontakt aufzunehmen. Mit dem zuständigen Juristen der belangten Behörde habe er 2013 mehrfach telefoniert. Das Datum 13.3.2013 sei ihm nicht mehr in Erinnerung. Eine Übermittlung sei an die damalige dienstliche E-Mail-Adresse erfolgt, auf die er heute keinen Zugriff mehr habe. Die belangte Behörde gab dazu an, dass es sich dabei um eine deutlich gekennzeichnete Gleichschrift des Bescheides vom 20.6.2012 gehandelt habe. Der Originalbescheid sei zu diesem Zeitpunkt nicht übermittelt worden. Der BF betonte, zwecks rechtsverbindlicher Klärung der Rechtslage am 15.4.2013 ein Feststellungsbegehren bei der belangten Behörde eingebracht und als Zustelladresse ausdrücklich seine Amtsadresse in Luxemburg angegeben zu haben. Die belangte Behörde führte dazu weiter aus, den mit 5.7.2013 datierten Bescheid mittels Auslandzustellung an die Amtsadresse des BF abgefertigt zu haben. Als Nachweis über die Zustellung mittels Auslandsrückschein scheine das Eingangsdatum 23.7.2013 auf. Unter Hinweis auf seine Ausführungen in der Beschwerde vom 18.7.2013 gab der BF an, dass es sich dabei um den mit 9.7.2013 datierten Bescheid handle, der nicht als Gleichschrift gekennzeichnet gewesen sei. Dieser trage eine eigenständige Datierung mit 9.7.2013 und die Aktenzahl 4579-140 448/10. Die belangte Behörde führte erklärend aus, dass der unter der Sub-Zahl 10 abgefertigte Bescheid das Datum 5.7.2013 trage und an die Dienstadresse des BF in Luxemburg am 23.7.2013 zugestellt worden sei. Von derselben Sub-Zahl sei am 9.7.2013 ein Ausdruck erfolgt, wobei sich bei diesem Ausdruck das Datum geändert habe und am Bescheid das Datum des Ausdrucks aufscheine, nämlich der 9.7.2013. Dieser Ausdruck sei dem BF am 9.7.2013 per E-Mail übermittelt worden.

12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.7.2015, Zl W173 2004011-1/14E und W173 2006040-1/9E wurde unter Spruchpunkt I. Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 9.7.2013, Zl. 4579-140448/10, behoben und festgestellt, dass der Ruhebezug des BF ab 1.4.2012 zur Auszahlung gelange. Unter Spruchpunkt II. wurde Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10, ersatzlos behoben. Die Revision wurde gegen Spruchpunkt I. für zulässig erklärt. Die belangte Behörde erhob Revision gegen Spruchpunkt I. des genannten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts.

13. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2017, Ro 2015/12/0017, wurde Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit behoben.

14. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 17.7.2018 brachte der BF im Hinblick auf das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vor, dass das ihm per e-mail übermittelte Schriftstück von 20.6.2012 nicht als Gleichschrift sondern als "Erledigungsentwurf" gekennzeichnet gewesen sei. In dieser Form könne das Schriftstück keine Rechtswirksamkeit entfalten. Die Gültigkeit des Schriftstückes vom 20.6.2012 sei auch von der belangten Behörde nicht behauptet worden. Zur elektronischen Zustellung nach Luxemburg wurde auf das "Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland" verwiesen, das keine solche Zustellung vorsehe. Es handle sich daher um keine rechtswirksame Zustellungsform. Vorsichtshalber sei eine Anfechtung von beiden Bescheiden vom Juli 2013 erfolgt. Auf die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahren zur Klärung der Rechtsfrage wurde verwiesen. Dem Schriftsatz war unter anderem eine Kopie des Bescheides vom 20.6.2012, dessen Kopfzeile folgende Bezeichnung enthielt "Erledigungsentwurf 1 zu Zl 4579-140448/3" angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Der BF war bis Ende 1994 als Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt tätig. Mit Bescheid vom 30.12.1994 wurde dem BF mit Wirksamkeit vom 1.1.1995 bis zum 31.8.1998 für die Dauer der Funktion als Richter beim Gericht erster Instanz der europäischen Gemeinschaften (EuG) ein Karenzurlaub unter Entfall der Bezüge gewährt. Für die Zeit der Karenzierung bestand für den BF auch die Verpflichtung zur Leistung von Pensionsbeiträgen. Dieser Verpflichtung kam der BF nach. Aufgrund EU-rechtlicher Verpflichtungen verlegte der BF mit Amtsantritt seinen Hauptwohnsitz nach Luxemburg. Eine Ummeldung erfolgte beim zuständigen Meldeamt in Österreich. Als zweiter Nebenwohnsitz wurde vom BF in Wien die Adresse XXXX , beibehalten.

1.2.Mit Schreiben vom 23.12.2011 erklärte der BF gegenüber dem Bundeskanzleramt, mit Ablauf des 31.3.2012 in den Ruhestand treten zu wollen. Die Berechnungsunterlagen wurden der belangten Behörde am 15.3.2012 übermittelt, wobei als Wohnsitzadresse die Adresse des BF in XXXX und als Dienstadresse das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg samt e-mail-Adresse ( XXXX ) aufschienen. Mit Bescheid vom 20.6.2012, Zl. 4579-140448/3, wurde der monatliche Ruhegenuss und die Nebengebührenzulage des BF vom 1.4.2012 an festgestellt und ausgesprochen, dass gemäß "Art. 1 BezBegrBVG" der Ruhegenuss nicht zur Auszahlung gelangt. Dieser Bescheid war an die Adresse des BF in XXXX , adressiert. Nach einem Zustellversuch am 26.6.2012 erfolgte eine Hinterlegung beim Zustellpostamt, wobei die Abholfrist mit 27.6.2012 zu laufen begann. Der BF hielt sich in Österreich nur sporadisch auf. Es liegt keine rechtswirksame Zustellung vor.

1.3.Im Zuge eines Telefonates mit der belangten Behörde im März 2013 wurde dem BF am 13.3.2013 unter Hinweis auf das BezBegrBVG und Stilllegung seines Ruhebezuges ab 1.4.2012 auf sein Ersuchen ein von der belangten Behörde als Bescheid bezeichnetes Schriftstück vom 20.6.2012 per e-mail an seine Dienstadresse ( XXXX ) in Luxemburg übermittelt. Da dieses Schriftstück dem BF ohnehin nicht rechtswirksam zugestellt wurde, liegt jedenfalls kein rechtskräftiger Abspruch vor.

1.4.Mit Schriftsatz vom 8.4.2013 begehrte der BF die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Beantragt wurde neben der Feststellung seines Ruhebezuges ab 1.4.2012 aufgrund seiner Tätigkeit im Bundeskanzleramt bzw. ab 1.7.2013 für die Tätigkeit als Lektor an Universitäten die Feststellung zur Stilllegung seines Ruhebezuges. Als Zustelladresse für den Feststellungsbescheid wurde ausdrücklich seine Dienstadresse in Luxemburg bekannt gegeben.

1.5.Mit Bescheid vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10, wurde von der belangten Behörde unter Spruchpunkt 1. die monatliche Höhe des Ruhegenusses sowie der Nebengebührenzulage festgelegt. Unter Spruchpunkt 2. wurde festgestellt, dass gemäß "Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre" (BezBegrBVG) der Ruhebezug ab 1.4.2012 infolge Kürzung nicht zur Auszahlung gelangt. Dieser Bescheid wurde dem BF am 23.7.2013 per Auslandsrückschein an seine Dienstadresse in Luxemburg ordnungsgemäß und rechtswirksam zugestellt. Nur Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 5.7.2013 wurde mit Beschwerde vom 30.7.2013 bekämpft.

1.6.Ein weiterer mit 9.7.2013 datierter Bescheid, der die Aktenzahl Zl 4579-140488/10 trug, wurde dem BF per E-Mail am 9.7.2013 an seine Dienstadresse in Luxemburg ( XXXX ) übermittelt. Der Spruch und die Begründung dieses mit 9.7.2013 datierten Bescheides sind mit dem Bescheid vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10, ident. Dieser mit 9.7.2013 datierte Bescheid wurde dem BF nicht rechtswirksam zugestellt und somit nicht erlassen. Der BF bekämpfte ebenfalls nur Spruchpunkt 2 des mit 9.7.2013 datierten, am selben Tag per e-mail übermittelten Bescheides mit der Beschwerde vom 18.7.2013.

1.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.7.2015, Zl W173 2004011-1/14E und W173 2006040-1/9E, in dem beiden Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden wurden, wurde unter Spruchpunkt I. Spruchpunkt 2. des bekämpften Bescheides vom 9.7.2013, Zl. 4579-140448/10, behoben und festgestellt, dass der Ruhebezug dem BF ab 1.4.2012 auszuzahlen ist. Unter Spruchpunkt II. wurde Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 5.7.2013, Zl 4579-140448/10, ersatzlos behoben. Auf Grund der gegen Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts erhobenen Revision der belangten Behörde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2017, Ro 2015/12/0017, der bekämpfte Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverhaltungsgerichts wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit behoben.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes und der mündlichen Verhandlung am 18.6.2015. Daraus ergibt sich auch der maßgebliche Sachverhalt, soweit dieser nicht bestritten wurde.

Glaubwürdig schilderte der BF in der mündlichen Verhandlung am 18.6.2015, aufgrund EU-rechtlicher Verpflichtungen seinen Hauptwohnsitz mit Dienstantritt beim EuG nach Luxemburg verlegt zu haben und in Österreich die Adresse in XXXX , als weiteren Nebenwohnsitz geführt zu haben. Vor dem Hintergrund der beruflichen Verpflichtung des BF am EuG in Luxemburg [vgl auch Art 14 iVm Art. 47 des Protokolls (Nr. 3) über die Satzung des Gerichtshofs, BGBl III Nr.4/2003 idF BGBl Nr. 132/2009 (Vertrag von Lissabon)] ist auch schlüssig und nachvollziehbar, dass sich der BF- unter anderem im Jahr 2012 - in Österreich nur mehr sporadisch, darunter auch in XXXX , aufgehalten hat, wie der BF auch glaubwürdig in der mündlichen Verhandlung am 18.6.2015 angab. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF im Zeitraum der Zustellung des Bescheides vom 20.6.2012 und dessen Hinterlegung sich nicht an seinem zweiten Nebenwohnsitz in XXXX , aufhielt.

Ob es sich bei dem als Bescheid bezeichneten Schriftstück vom 20.6.2012, das dem BF auf sein Ersuchen am 13.3.2013 per E-Mail an seine Dienstadresse in Luxemburg übermittelt wurde, um eine deutlich gekennzeichnete Gleichschrift des Bescheides vom 20.6.2012 gehandelt hat oder diese in der Kopfzeile die Bezeichnung "Erledigungsentwurf 1 zu Zl 4579-140448/3" trug, kann dahingestellt bleiben, zumal dieses Schriftstück dem BF ohnehin nicht rechtswirksam zugestellt wurde.

Der mit 9.7.2013 datierte Bescheid, Zl 4579-140448/10, wurde dem BF per E-Mail an seine Dienstadresse in Luxemburg übermittelt. Dies ergibt sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.g.F., geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.1. Zu Spruchpunkt I.)

3.1.1.Zustellung des Bescheides vom 20.6.2012, Zl 4579-140448/3 in Österreich

Mit Bescheid vom 20.6.2012, Zl 4579-140448/3, wurde von der belangten Behörde bereits über die Höhe des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des BF vom 1.4.2012 an sowie deren Stilllegung aufgrund von "Artikel 1 BezBegrBVG" abgesprochen. Zu klären ist daher vorab, ob der genannte Bescheid dem BF zugestellt wurde. Der genannte Bescheid, der an die zweite Nebenwohnsitzadresse des BF in XXXX , adressiert war, wurde dem BF nach einem fehlgeschlagenen Zustellversuch am 26.6.2012 beim zuständigen Zustellpostamt mit einer Abholfrist beginnend am 27.6.2012 hinterlegt. Die Verständigung darüber wurde im Hausbrieffach hinterlegt. Da der BF berufsbedingt sich im Jahr 2012 am EuG in Luxemburg, wohin er auch seinen Hauptwohnsitz verlegt hat, aufhielt und in Österreich nur sporadisch - unter anderen an seinem 2.Nebenwohnsitz in XXXX anwesend war, ist nicht davon auszugehen, dass der Bescheid vom 20.6.2012 dem BF gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG) zugestellt wurde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei der bloß fallweisen Benützung einer Wohnung zu keinem Zeitpunkt eine Abgabestelle im Sinne von § 17 Abs. 3 leg.cit. vor (vgl VwGH 26.11.2008, 2005/08/0089). Der BF hat auch nicht rechtzeitig von der Hinterlegung des Bescheides vom 20.6.2012 Kenntnis erhalten, sodass auch eine Heilung gemäß § 17 Abs. 3 leg.cit. ausscheidet (VwGH 18.3.2004,2001/03/0284; 8.11.2012, 2010/04/0 112; 27.9.2013, 2013/05/0 145).

3.1.2. Zustellung von Bescheiden durch österreichische Behörden nach Luxemburg

3.1.2.1. Rechtsgrundlage

Zustellgesetz (ZustG)

§ 7 ZustG in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008

(Heilung von Zustellmängeln)

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 11 Abs. 1 ZustG idF BGBl. I Nr. 33/2013

(Besondere Fälle der Zustellung)

§ 11. (1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Europäisches Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland BGBl. Nr. 67/1963 idF BGBl. III Nr. 148/2012.

Artikel 1

Anwendungsbereich des Übereinkommens

(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, einander bei der Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen Amtshilfe zu leisten.

(2) Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung in Finanz- oder

Strafsachen. ...............

Artikel 6

Art der Zustellung

(1) Die zentrale Behörde des ersuchten Staates nimmt die Zustellung auf Grund dieses Übereinkommens vor, und zwar

a) entweder in einer der Formen, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt,

b) oder in einer besonderen von der ersuchenden Behörde gewünschten Form, es sei denn, daß diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist.

(2) Von dem Fall des Absatzes 1 Buchstabe b abgesehen, darf die Zustellung stets durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger bewirkt werden, wenn er zur Annahme bereit ist.

(3) Wünscht die ersuchende Behörde, daß die Zustellung innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt, so entspricht die zentrale Behörde des ersuchten Staates diesem Wunsch, sofern diese Frist eingehalten werden kann.

Artikel 10

Zustellung durch Konsularbeamte

(1) Jeder Vertragsstaat kann Zustellungen von Schriftstücken an Personen, die sich im Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befinden, unmittelbar und ohne Anwendung von Zwang durch seine Konsularbeamten oder, wenn es die Umstände erfordern, durch seine Diplomaten vornehmen lassen.

(2) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung einer solchen Zustellung in seinem Hoheitsgebiet widersprechen, wenn ein Schriftstück einem seiner Staatsangehörigen, einem Angehörigen eines dritten Staates oder einem Staatenlosen zugestellt werden soll. Jeder andere Vertragsstaat kann sich auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen.

(3) Die Erklärung nach Absatz 2 wird mit dem Zeitpunkt wirksam, zu dem dieses Übereinkommen für den die Erklärung abgebenden Staat in Kraft tritt. Sie kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung zurückgenommen werden. Die Zurücknahme wird drei Monate nach Eingang der Erklärung wirksam.

Artikel 11

Zustellung durch die Post

(1) Jeder Vertragsstaat kann Personen, die sich im Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befinden, Schriftstücke unmittelbar durch die Post zustellen lassen.

(2) Jeder Vertragsstaat kann bei der Unterzeichnung, bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit binnen fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für ihn in Kraft getreten ist, durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung der Zustellung durch die Post in seinem Hoheitsgebiet wegen der Staatsangehörigkeit des Empfängers oder für bestimmte Arten von Schriftstücken ganz oder teilweise widersprechen. Jeder andere Vertragsstaat kann sich auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen.

(3) Die Erklärung nach Absatz 2 wird je nach Lage des Falles mit dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für den die Erklärung abgebenden Staat in Kraft tritt, oder drei Monate nach ihrem Eingang beim Generalsekretär des Europarats wirksam. Sie kann ganz oder teilweise durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung zurückgenommen werden. Die Zurücknahme wird drei Monate nach Eingang der Erklärung wirksam.

Artikel 12

Andere Übermittlungswege

(1) Jedem Vertragsstaat steht es frei, für Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken den diplomatischen oder konsularischen Weg zu benutzen.

(2) Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, daß Vertragsstaaten vereinbaren, zum Zweck der Zustellung andere als die in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Übermittlungswege zuzulassen, insbesondere den unmittelbaren Verkehr zwischen ihren Behörden.

Artikel 18

Revision des Übereinkommens

Auf Ersuchen eines Vertragsstaats oder nach Ablauf des dritten Jahres, das auf das Inkrafttreten dieses Übereinkommens folgt, nehmen die Vertragsstaaten mehrseitige Konsultationen auf, bei denen sich jeder andere Mitgliedstaat des Europarats durch einen Beobachter vertreten lassen kann, um die Anwendung des Übereinkommens sowie die Zweckmäßigkeit seiner Revision oder einer Erweiterung einzelner Bestimmungen zu prüfen. Diese Konsultationen finden auf einer vom Generalsekretär des Europarats einberufenen Tagung statt.

Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, BGBl Nr. 40/1980

Art 1

Geltungsbereich dieses Übereinkommens

Diese Übereinkommen findet auf Verträge zwischen Staaten Anwendung.

ABSCHNITT 3: AUSLEGUNG VON VERTRÄGEN

Artikel 31

Allgemeine Auslegungsregel

(1) Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.

(2) Für die Auslegung eines Vertrags bedeutet der Zusammenhang außer dem Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen

a) jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anläßlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde;

b) jede Urkunde, die von einer oder mehreren Vertragsparteien anläßlich des Vertragsabschlusses abgefaßt und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde.

(3) Außer dem Zusammenhang sind in gleicher Weise zu berücksichtigen

a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen;

b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht;

c) jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbarer einschlägiger Völkerrechtssatz.

(4) Eine besondere Bedeutung ist einem Ausdruck beizulegen, wenn feststeht, daß die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben.

Artikel 32

Ergänzende Auslegungsmittel

Ergänzende Auslegungsmittel, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsabschlusses, können herangezogen werden, um die sich unter Anwendung des Artikels 31 ergebende Bedeutung zu bestätigen oder die Bedeutung zu bestimmen, wenn die Auslegung nach Artikel 31

a) die Bedeutung mehrdeutig oder dunkel läßt oder

b) zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt.

Artikel 33

Auslegung von Verträgen mit zwei oder mehr authentischen Sprachen

(1) Ist ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen als authentisch festgelegt worden, so ist der Text in jeder Sprache in gleicher Weise maßgebend, sofern nicht der Vertrag vorsieht oder die Vertragsparteien vereinbaren, daß bei Abweichungen ein bestimmter Text vorgehen soll.

(2) Eine Vertragsfassung in einer anderen Sprache als einer der Sprachen, deren Text als authentisch festgelegt wurde, gilt nur dann als authentischer Wortlaut, wenn der Vertrag dies vorsieht oder die Vertragsparteien dies vereinbaren.

(3)Es wird vermutet, daß die Ausdrücke des Vertrags in jedem authentischen Text dieselbe Bedeutung haben.

(4)Außer in Fällen, in denen ein bestimmter Text nach Absatz 1 vorgeht, wird, wenn ein Vergleich der authentischen Texte einen Bedeutungsunterschied aufdeckt, der durch die Anwendung der Artikel 31 und 32 nicht ausgeräumt werden kann, diejenige Bedeutung zugrunde gelegt, die unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrags die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt.

3.1.2.2. Interpretation der maßgeblichen Bestimmungen

§ 11 ZustG regelt die grenzüberschreitende Zustellung von Dokumenten in das Ausland, die bei der behördlichen Prüfung, ob eine entsprechende Zustellung in einen Staat möglich und zulässig ist, anzuwenden ist. Es handelt sich dabei um eine abgestufte Reihenfolge. Demgemäß hat sich die Zustellung in erster Linie an entsprechenden völkerrechtlichen Verträgen zu orientieren. Fehlt es an solchen, ist im Wege der völkerrechtlichen Lösung, die Zustellung nach den Zustellvorschriften des Staates vorzunehmen, in den zugestellt werden soll.

Zuerst ist daher zu prüfen, ob ein internationale Vereinbarung über die Zustellung in einen ausländischen Staat existiert. Besteht keine internationale Vereinbarung über die Zustellung in einen ausländischen Staat, sind die im betreffenden ausländischen Staat bestehenden Vorschriften über die Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden maßgebend. Wenn weder internationale Vereinbarungen (Staatsverträge) noch derartige nationale Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, bestehen, bestimmt sich die Zulässigkeit und Form der Zustellung von Schriftstücken österreichischer Behörden im Ausland nach der internationalen Übung. Maßgebend ist dabei, ob und gegebenenfalls welche Form der Zustellung der betreffende ausländische Staat auf seinem Gebiet üblicherweise ohne Protest zulässt und damit stillschweigend seine Zustimmung zu diesem Vorgehen zum Ausdruck bringt (VwGH 28.11.2014, 2012/06/0027).

Für die Frage der Heilung von Mängeln einer im Ausland erfolgten Zustellung, auch wenn sie auf elektronischem Weg erfolgte, ist nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich die Bestimmung des § 7 ZustG maßgeblich. Es sei denn, aus einem internationalen Abkommen ergäbe sich ausdrücklich oder von seiner Zwecksetzung her Gegenteiliges. Für den Fall des Fehlens eines solchen internationalen Abkommens gilt gemäß § 7 leg.cit. bei einem Auftreten eines Mangels bei einer Zustellung im Ausland, die Zustellung in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Dies wäre bei einer Unzulässigkeit der elektronischen Zustellung jener Zeitpunkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist (VwGH 21.11.2017, Ro 2015/12/0017).

In der gegenständlichen Fallkonstellation ist daher zu prüfen, ob ein internationales Abkommen zur Zustellung von Verwaltungsbescheiden mit Luxemburg besteht. Ein solches Abkommen wurde sowohl von Österreich als auch Luxemburg ratifiziert. Es handelt sich dabei um das oben zitierte europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland. Vorausgeschickt wird, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides keine Finanz- oder Strafsache umfasst, für die das Übereinkommen keine Anwendung finden könnte (vgl Art. 1 Abs.2).

Für die Interpretation des zitierten europäischen Übereinkommens ist das Wiener Übereinkommen über das Recht von Verträgen heranzuziehen (vgl VwGH 1.3.2016, Ra 2015/11/0097). Unter Zugrundelegung des Interpretationsmaßstabes des Wiener Übereinkommens über das Recht von Verträgen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Ziel des europäischen Übereinkommens eine Vereinfachung der Zustellung amtlicher Schriftstücke im Ausland ist. Dies geht auch aus den Erläuterungen in der Regierungsvorlage dazu hervor (816 BlgNR XV.GP Seite 23). Im Hinblick darauf sind verschiedene Formen der Zustellung im Ausland vorgesehen. Als Hauptweg für die Zustellung von Schriftstücken in andere Vertragsstaaten wurde die Zustellung über die zentralen Behörden der Vertragsstaaten, die bekanntzugeben sind, festgelegt. Neben diesem hauptsächlichen Übermittlungsweg sieht das Übereinkommen noch andere hilfsweise Übermittlungswege in folgender Reihenfolge vor: der unmittelbare konsularische Weg (Art. 10), der postalische Weg (Art. 11), der diplomatische Weg (Art. 12 Abs. 1) sowie jeder andere Übermittlungsweg (Art. 12 Abs. 2) in Form eines unmittelbaren Verkehrs zwischen den Behörden (vgl dazu erläuternder Bericht des Europarates zum Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, 816 BlgNR XV.GP Seite 30).

Der unmittelbare postalische Weg für die Zustellung von Schriftstücken an Empfänger im Ausland (Art. 11) wurde als hilfsweise Übermittlungsart und bedeutender Fortschritt betrachtet, der dem dem Übereinkommen zugrunde liegenden Verlangen nach Vereinfachung voll entsprach, wobei die Benützung des postalischen Weges das innerstaatliche Recht zulassen muss (erläuternder Bericht des Europarates zum Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, 816 BlgNR XV.GP Seite 34). Da es sich um einen neuen Weg der bisherigen Rechts- und Amtshilfe handelte, wurde im Abs. 2 Vertragsstaaten die Beschränkung der direkten Postzustellung in persönlicher und sachlicher Hinsicht ermöglicht. Die Regelung im Art. 12 des europäischen Übereinkommens zum mittelbaren diplomatischen oder konsularischen Weg stellt eine ultima ratio der Übermittlung dar, der stets offenstehen sollte. Art 12 Abs. 2 des europäischen Übereinkommens ermöglicht den Abschluss von Vereinbarungen über die direkte Übermittlung von Schriftstücken zwischen ihren verschiedenen Behörden zu treffen (erläuternder Bericht des Europarates zum Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, 816 BlgNR XV.GP Seite 34f). Darüber hinaus bestehen zwischen Österreich und Luxemburg keine Übereinkünfte und Absprachen, die vom europäischen Übereinkommen abweichen.

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sind andere als im genannten europäischen Abkommen geregelte Zustellformen - wie gegenständlich die unmittelbare elektronische Form der Zustellung an den Empfänger im Ausland durch die österreichische Behörde - keiner Rechtswirksamkeit und auch keiner Heilung zugänglich. Im genannten europäischen Abkommen sind die einzelnen Zustellformen im Ausland stufenweise umfassend geregelt. Eine unmittelbare postalische Zustellung an den Empfänger im Ausland wird bereits als hilfsweise Übermittlungsform sowie die Zustellung im mittelbaren diplomatischen oder konsularischen Weg als ultima ratio gewertet. Vielmehr bedürfte es für die Rechtswirksamkeit anderer, als im europäischen Abkommen genannter Zustellformen einer Überarbeitung des Abkommens. Eine solche Rechtsgrundlage bietet die in Art. 18 des europäischen Abkommens geregelte Revisionsklausel, die die Prüfung der Erweiterung einzelner Bestimmung ermöglicht. Es liegt damit ein internationales Abkommen vor, das von seiner Zwecksetzung her eine Heilung eines Mangels der Zustellung im Ausland ausschließt (vgl VwGH 2.5.2016, Ra 2015/08/0142, 16.5.2011, 2009/17/0185, 27.10.1997, 96/17/0248, 15.1.1986, 85/01/0244).

3.1.3. Schlussfolgerungen

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit eines Bescheides gegenüber der Partei ist die Erlassung des Bescheides (VwGH 28.4.2004, 2003/03/0021, 5.8.2004, 2001/02/0189). Solange ein Bescheid gegenüber der Partei nicht ordnungsgemäß erlassen wurde, wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar (vgl VwGH 27.6.1988, 88/10/0100; 14.2.1997, 96/19/2385, 22.2.2001, 99/20/0487). Die schriftliche Erlassung eines Bescheides erfolgt durch eine rechtswirksame Zustellung nach dem ZustG.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, wurde der vom BF mit Beschwerde vom 18.7.2013 angefochtene Bescheid vom 9.7.2013, Zl. 4579-140448/10, per e-mail an die e-mail-Adresse des BF in Luxemburg nicht rechtswirksam zugestellt. Dies gilt im Übrigen auch für das als Bescheid bezeichnete Schriftstück vom 20.6.2012, das dem BF ebenfalls per e-mail an seine e-mail-Adresse in Luxemburg am 13.3.2013 übermittelt wurde. Die elektronische Übermittlung des genannten Bescheides vom 9.7.2013 bzw. des als Bescheid bezeichneten und per e-mail am 13.3.2013 übermittelten Schriftstückes vom 20.6.2012 ist auch keiner Heilung iSd § 7 ZustG zugänglich, zumal das Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland von seiner Zwecksetzung her eine Heilung eines Mangels der Zustellung bei einer unmittelbaren elektronischen Zustellung an den Empfänger im Ausland ausschließt. Die Beschwerde des BF vom 18.7.2013 richtet sich daher gegen einen mit 9.7.2013 datierten Bescheid, der dem BF gegenüber nicht erlassen wurde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision zu Spruchpunkt I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu diesem Spruchpunkt konnte auf im Rahmen der Judikatur des VwGH entwickelte Grundsätze gestützt werden. Die Judikatur des VwGH ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Entscheidung zu Spruchpunkt I. hängt auch nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Zurückweisung, Zustellung, Zustellung im Ausland

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W173.2006040.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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