TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/10 LVwG-551266/6/HW

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Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von S S, X, X, vertreten durch die X Rechtsanwälte GmbH, X, X, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 16. Jänner 2018, GZ: Agrar20-186-2017, betreffend die
Versagung der Genehmigung einer Eigentumsübertragung nach dem Oö. Grundverkehrsgesetz (mitbeteiligte Partei: C B)

zu Recht:

I.     Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.1. Mit Eingabe vom 21. September 2017, bei der Behörde eingelangt am 25. September 2017, beantragte der Beschwerdeführer („Bf“), vertreten durch Notar Mag. G S, die Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts hinsichtlich X Anteilen (Wohnungseigentum an W X) der Liegenschaft EZ X, Grundbuch X, durch die Mitbeteiligte aufgrund des Kaufvertrages vom
21. September 2017 (ON 1 im Behördenakt).

I.2. Nach der Durchführung von ausführlichen Ermittlungen befasste sich am 6. Dezember 2017 die Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen mit dem Antrag des Bf, wobei die Versagung der beantragten Genehmigung beschlossen wurde (ON 18 im Behördenakt).

I.3. Am 15. Dezember 2017 wurde an den Bf ein Schreiben gesendet, in dem ausgeführt wird, dass „eine Beweisaufnahme stattgefunden“ hätte, in der Sitzung vom 6. Dezember 2017 eine negative Beschlussfassung durch die Grundverkehrskommission erfolgt sei und es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt (ON 20 im Behördenakt).

I.4. Mit Eingabe vom 11. Jänner 2018, bei der Behörde eingelangt am 12. Jänner 2018, erstattete der Bf, vertreten durch die X Rechtsanwälte GmbH, ein ergänzendes Vorbringen und legte eine Vielzahl an Unterlagen, unter anderem Verträge über einen „Geldverleih“, vor (ON 22 im Behördenakt).

I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid, welcher auf den 16. Jänner 2018 datiert, wurde die durch den Bf beantragte Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts abgelehnt. Dieser Bescheid weist unter anderem folgenden Wortlaut auf:

„In der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11.1.2018 [...] wurden Nachweise [...] vorgelegt. Weiters verwies der Rechtsvertreter in seinem Schreiben, dass es nach seiner Ansicht nach zu keiner Ghettobildung kommt. Auch wurde auf die Strafregisterbescheinigung hingewiesen, wonach Herr S unbescholten ist und es wurden noch Bestätigungen über die Geldgeber beigelegt.

Hierüber hat die Behörde erwogen:

[...]

Die vom Landesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der LPD X geäußerten Bedenken [...] konnten durch die allesamt von ausländischen privaten Darlehensgebern unterzeichneten ‚Verträge der Geldverleih‘ nicht entkräftet werden.“

Der angefochtene Bescheid wurde nach dem Wortlaut „Der Vorsitzende“ unterfertigt.

I.6.    Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Bf.

II.1. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensablauf/Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen. Zudem wurde die Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (ON 3) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich im vorgelegten Behördenakt nur ein Sitzungsprotokoll vom 6. Dezember 2017 befindet und es wurde angefragt, ob die Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen (außer in der Sitzung vom 6. Dezember 2017) noch einen weiteren Beschluss in dieser Rechtssache gefällt hat, wobei das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bekannt gab, dass es mangels Antwort davon ausgeht, dass der vorgelegte Akt vollständig ist und in dieser Rechtssache kein weiterer Beschluss von der Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen gefasst wurde. Eine Antwort ist seitens der Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen nicht erfolgt.

II.2. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 24 Abs. 2 VwGVG).

III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

III.1. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall nicht durch Senat zu entscheiden.

III.2. Eine allfällige Unzuständigkeit der Behörde ist vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 27 VwGVG von Amts wegen wahrzunehmen.

Erledigungen eines Kollegialorgans bedürfen eines Beschlusses desselben. Üblicherweise erfolgt die Willensbildung einer Kollegialbehörde durch den Gesamtakt einer sich an die gemeinsame Erörterung der zu entscheidenden Angelegenheiten anschließenden Abstimmung. Die Willensbildung durch eine Kollegialbehörde umfasst nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung (VwGH 5.11.2015, 2013/06/0086, mwN). Für Kollegialorgane ist zwar grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblich, sie sind nach der Rechtsprechung aber - in Ermangelung einer anders lautenden Regelung - berechtigt, auf Stellungnahmen und Beweisanträge, die nach Beschlussfassung, aber noch vor Abfertigen des Bescheides erfolgen, einzugehen, wobei im Falle der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eine neuerliche Beschlussfassung durch das Kollegialorgan erforderlich ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 39 Rz 42 mwN). Liegt einem Bescheid, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organs zu Grunde, dann ist der Bescheid nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273).

Nach der Fassung des dem gegenständlich angefochtenen Bescheid (scheinbar) zu Grunde liegenden Beschlusses durch die Mitglieder der Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen langte unter anderem im Jänner 2018 eine Stellungnahme des Bf samt Beilagen ein. Der Inhalt dieser Stellungnahme und die Beilagen zu dieser Stellungnahme wurden in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführt. Ein Bescheid ist rein objektiv seinem Wortlaut nach auszulegen (vgl. VwGH 30.6.2015,
Ra 2015/06/0053). Angesichts der Anführung der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11. Jänner 2018 samt Beilagen (und kurzer Darlegung des Inhalts) ist schon aufgrund der unmittelbar daran anschließenden Ausführungen im Bescheid („Hierüber hat die Behörde erwogen“) die Begründung des angefochtenen Bescheides objektiv dahingehend zu verstehen, dass auch der Inhalt der Stellungnahme vom Jänner 2018 bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Eigentumsübertragung berücksichtigt wurde. Zudem wird in der Begründung auch auf die Beilagen der Stellungnahme vom Jänner 2018 Bezug genommen und zu den vorgelegten Verträgen (über den „Geldverleih“) ausgeführt, dass die vom „Landesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der LPD X geäußerten Bedenken [...] durch die allesamt von ausländischen privaten Darlehensgebern unterzeichneten ‚Verträge der Geldverleih‘ nicht entkräftet werden“ konnten. Da die Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11. Jänner 2018 samt Beilagen aber im Zeitpunkt des Beschlusses der Mitglieder der Bezirksgrundverkehrskommission in der Sitzung vom 6. Dezember 2017 noch nicht vorlag, konnte sie naturgemäß bei dieser Beschlussfassung auch nicht berücksichtigt werden, sodass zumindest ein nicht unwesentlicher Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides durch die Willensbildung der Kollegialbehörde nicht gedeckt ist. Es liegt daher gegenständlich einem Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, der Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organs zu Grunde, weswegen der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit aufzuheben ist (vgl. VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273; 5.11.2015, 2013/06/0086).

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

III.3. Obiter sei für das weitere Verfahren angemerkt:

III.3.1. Wird die Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11. Jänner 2018 bei der Bescheiderlassung berücksichtigt, so ist eine neuerliche Beschlussfassung durch die Bezirksgrundverkehrskommission Grieskirchen erforderlich.

III.3.2. Im angefochtenen Bescheid wird die Genehmigung im Wesentlichen mit der Begründung versagt, dass

(1) der Ausländeranteil in einem Wohnobjekt von knapp 25 %, in dem es immer wieder zu Problemen mit den Inländern aufgrund von sozio-kulturellen Unterschieden komme, einen Ablehnungstatbestand begründe, sowie

(2) der Verdacht bestehe, dass zumindest teilweise illegal (aus dem Ausland) Geldflüsse stattgefunden hätten, welche staatspolitische Interessen gefährden könnten.

Zu letzterem Umstand ist auszuführen, dass nach einer Eingabe der Rechtsvertreterin des Bf an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Staatsanwaltschaft Innsbruck mittlerweile ein Verfahren gegen den Bf wegen 165 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt habe (die diesbezügliche Einstellung wird die Rechtsvertreterin des Bf zweckmäßigerweise wohl auch an die belangte Behörde übermitteln). Dies wird von der Erstbehörde bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen sein.

Zum weiteren „Ablehnungstatbestand“ sei darauf hingewiesen, dass - sofern nach Auffassung der Bezirksgrundverkehrskommission auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bf keine Genehmigung zu erteilen wäre - von der Bezirksgrundverkehrskommission konkret darzulegen wäre, worin nach Ansicht der Erstbehörde eine Beeinträchtigung der Interessen gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 Oö. GVG besteht, also welche konkreten „sozio-kulturellen“ Unterschiede nach Ansicht der Bezirksgrundverkehrskommission zu welchen konkreten Problemen führen und worin dabei der Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb des Bf besteht.

III.4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen ist, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Aufhebung wegen Unzuständigkeit steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273; 5.11.2015, 2013/06/0086).

Schlagworte

Kollegialorgan; Beschlussfassung; Unzulässigkeit der Aufnahme einer nachträglichen Stellungnahme in die Begründung; Rechtswidrigkeit des Bescheides; amtswegige Wahrnehmung durch VwG

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.551266.6.HW

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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