TE Bvwg Beschluss 2018/7/17 W183 2200912-1

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GebAG §18 Abs1
GebAG §18 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W183 2200912-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde des Revisors beim OLG Wien gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Hernals vom 04.06.2018, Zl. XXXX , betreffend Zeugengebühr:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde die Gebühren des Zeugen XXXX mit EUR 475,70, wobei die Reisekosten mit EUR 103,20, die Aufenthaltskosten mit EUR 12,50 und die Entschädigung für Zeitversäumnis mit EUR 360 (Pauschalbetrag zzgl. USt.) festgesetzt wurden. In der Begründung wurde angeführt, dass die Entscheidung in den angegebenen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 idgF ihre Deckung findet.

2. Mit Schriftsatz vom 03.07.2018 (beim BG Hernals eingelangt am 05.07.2018) erhob der Revisor das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Stellvertreterkosten aufgrund derzeitiger Aktenlage dem Zeugen nicht zustehen. Die Notwendigkeit eines Stellvertreters müsste bescheinigt werden. Es sei auch nicht klar, warum die vom Zeugen angegebenen Tätigkeit nicht hätte verschoben werden können. Es werde daher beantragt, das Mehrbegehren von EUR 360 abzuweisen.

3. Mit Schriftsatz vom 10.07.2018 (eingelangt am 16.07.2018) legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den angefochtenen Bescheid dem Bundesverwaltungsgericht vor. Weitere Aktenbestandteile sind nicht enthalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Es wird von dem unter I. wiedergegebenen Verfahrensgang als Sachverhalt ausgegangen.

1.2. Von der belangten Behörde wurden keine hinreichenden Sachverhaltsermittlungen durchgeführt und keine Feststellungen zum Sachverhalt getroffen.

1.3. Es wurden mit der Beschwerde keine Unterlagen vorgelegt, welche eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides ermöglichen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen. 3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung präzisierend wie folgt aus (zuletzt VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, mwN):

"In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN)."

3.2.2. Für den gegenständlichen Fall ist grundlegend zu klären, ob dem Zeugen aufgrund seines Erscheinens bei Gericht die geltend gemachte Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Seitens der belangten Behörde wurden keine hinreichenden Ermittlungen geführt und kann auch aus den mangelhaft vorgelegten Verwaltungsunterlagen nichts für den Sachverhalt Relevantes entnommen werden. Die Begründung im angefochtenen Bescheid besteht lediglich aus dem Verweis auf die Bestimmungen des GebAG.

In einem fortgesetzten Verfahren wird daher die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchführen und Bescheinigungsmittel anfordern sowie diese prüfen müssen. In der Folge hat sie (erstmals) entsprechende nachvollziehbare Feststellungen zu treffen. Zu diesem Zweck ist auch ein ordnungsgemäß aufgebauter Verwaltungsakt anzulegen, welcher eine Nachprüfung der Feststellungen erlaubt.

Die genannten Ermittlungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für eine Beurteilung der Frage der Zeugengebühr notwendig. Da bislang nicht ermittelt wurde, macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Begründungsmangel, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Revisor, Zeitversäumnis, Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W183.2200912.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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