TE Vwgh Beschluss 2018/7/4 Ro 2018/10/0017

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Veröffentlicht am 04.07.2018
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Index

L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §330a;
ASVG §707a;
B-VG Art133 Abs4;
SHG Slbg 1975 §6 Abs1;
SHG Slbg 1975 §8 Abs1;
SHG Slbg 1975 §8 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der H L in S, vertreten durch Dr. Johann Eder, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 1. März 2018, Zl. 405-9/472/1/8-2018, betreffend Gewährung von Sozialhilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 2017 wurde ein Antrag der Revisionswerberin auf Gewährung von Sozialhilfe in Form der Kostentragung für deren Aufenthalt in einem bestimmten Seniorenheim wegen mangelnder Hilfsbedürftigkeit der Revisionswerberin abgewiesen; diese sei nämlich Miteigentümerin an der Liegenschaft EZ 821 KG B.

2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. März 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg einer dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin für den Zeitraum vom 10. August 2017 bis 31. Dezember 2017 keine Folge, für den Zeitraum ab 1. Jänner 2018 mit Blick auf die (durch BGBl. I Nr. 127/2017 geschaffene) Verfassungsbestimmung des § 330a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG allerdings Folge und erkannte der Revisionswerberin für den Zeitraum vom 1. Jänner 2018 bis 30. Juni 2018 Sozialhilfe zur Tragung deren Aufenthaltskosten in bestimmter Höhe zu.

3 3. Die vorliegende (ordentliche) Revision bekämpft dieses Erkenntnis nur im Umfang der Abweisung des Antrags der Revisionswerberin betreffend den Zeitraum vom 10. August 2017 bis zum 31. Dezember 2017.

4 3.1. Mit Blick darauf traf das Verwaltungsgericht die wesentlichen Feststellungen, die Revisionswerberin - für welche ein Sachwalter bestellt sei - sei Eigentümerin eines 12/18-Anteils der Liegenschaft EZ 821 KG B., auf der sich ein baufälliges, unbewohntes Haus befinde. Der Wert dieses Anteils liege "in einem niedrigen sechsstelligen Eurobetrag". Die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft seien zwar grundsätzlich zu einem Verkauf bereit, jedoch gebe es noch unterschiedliche Vorstellungen über den zu erzielenden Verkaufspreis. Die Veräußerung der Liegenschaft werde wegen des Erfordernisses einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung (des Verkaufs durch die Revisionswerberin) und der notwendigen Einigung mit den übrigen Miteigentümern einige Zeit in Anspruch nehmen.

5 Eine Belastung des Miteigentumsanteils der Revisionswerberin mit einem Kredit scheine zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Betreibergesellschaft des Seniorenheims habe bis dato noch keine Ermahnung nach § 27e Abs. 2 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) ausgesprochen.

6 3.2. Rechtlich legte das Verwaltungsgericht dem von der Revisionswerberin bekämpften Spruchpunkt des angefochtenen Erkenntnisses im Wesentlichen zugrunde, es seien - weil § 330a ASVG erst mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten sei - aufgrund der Zeitraumbezogenheit des Sozialhilfeanspruchs die Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes - S.SHG "über die Berücksichtigung des Vermögens bei der Hilfsbedürftigkeit der Revisionswerberin" weiterhin anzuwenden.

7 Mit Blick auf die Bestimmungen insbesondere der §§ 6 Abs. 1 und 8 Abs. 1 S.SHG vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, der Liegenschaftsanteil der Revisionswerberin sei ein von dieser grundsätzlich einzusetzendes Vermögen (Hinweis auf VwGH 17.10.2005, 2003/10/0013). Vor dem Hintergrund der zitierten hg. Rechtsprechung werde mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, die Veräußerung ihres Miteigentumsanteils werde aufgrund des Erfordernisses einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und der notwendigen Einigung mit den anderen Miteigentümern längere Zeit in Anspruch nehmen, eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Verwertung dieses Anteils im Sinn des § 8 Abs. 4 S.SHG nicht dargetan. Auch mit Blick darauf, dass eine Ermahnung nach § 27e (Abs. 2) KSchG gegenüber der Revisionswerberin noch nicht erfolgt sei und diese derzeit im Seniorenheim betreut und verpflegt werde, sei mit einer Veräußerung oder sonstigen Verwertung des Liegenschaftsanteils der Revisionswerberin eine besondere Härte für diese nicht verbunden; eine solche Ermahnung sowie ein zumindest zweimonatiger Verzug mit den Zahlungen wären nämlich gemäß § 27i Abs. 1 Z 4 KSchG Voraussetzung für eine Kündigung durch den Heimträger.

8 Dass die Veräußerung in Hinblick auf die ab 1. Jänner 2018 in Kraft stehenden Bestimmungen der §§ 330a und 707a ASVG ("Abschaffung des Pflegeregresses") unzumutbar gewesen wäre, könne nicht erkannt werden, weil bis zum 1. Jänner 2018 die bis dahin geltenden Bestimmungen anzuwenden gewesen seien. Für den im Jahr 2017 gelegenen Zeitraum habe die Revisionswerberin somit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem S.SHG.

9 3.3. Die Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, es fehle hg. Rechtsprechung zum zweiten Satz der Übergangsbestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG sowie zu der Frage, ob mit dem "Zugriff auf das Vermögen" in § 330a ASVG auch gemeint sei, dass Vermögen bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit nicht mehr zu berücksichtigen sei.

10 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

13 5. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/04/0109 (Rz 12), mwN, sowie den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2017/10/0007 (Rz 6)).

14 Die in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes allein formulierte konkrete Rechtsfrage bezieht sich auf die Auslegung der Wendung "Zugriff auf das Vermögen" in § 330a ASVG. Damit wird allerdings mit Blick auf den allein von der Revisionswerberin bekämpften, den Antrag der Revisionswerberin für den Zeitraum vom 10. August bis 31. Dezember 2017 abweisenden Spruchteil des angefochtenen Erkenntnisses keine Rechtsfrage angesprochen, von der das rechtliche Schicksal der Revision abhängt, bezieht sich doch die vom Verwaltungsgericht angesprochene Frage auf jenen - von der Revisionswerberin nicht bekämpften - Spruchteil des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem - infolge der Anwendung der §§ 330a und 707a ASVG - Sozialhilfe für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 30. Juni 2018 gewährt wurde.

15 6. Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 20.9.2017, Ro 2016/10/0012, mwN).

16 Die vorliegende Revision enthält in diesem Sinn Ausführungen "zur Zulässigkeit der Revision", in denen allerdings eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt wird:

17 6.1. Soweit die Revisionswerberin zunächst als Rechtsfrage formuliert, es fehle hg. Rechtsprechung, ob die Übergangsbestimmung des § 707a Abs. 2 zweiter Satz ASVG sowie die den "Zugriff auf das Vermögen" betreffende Bestimmung des § 330a ASVG "auch für Ansprüche auf Sozialhilfe für die Tragung von Heimkosten in der Zeit vor Inkrafttreten der neuen Regelungen" gelte, ist auf den insofern eindeutigen Wortlaut des § 707a Abs. 2 ASVG zu verweisen, in dem der Verfassungsgesetzgeber (etwa auch für das Außer-Kraft-Treten von entgegenstehenden Landesgesetzen nach Abs. 3 dieser Bestimmung) klar auf den 1. Jänner 2018 als Stichtag abgestellt hat.

18 Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene zeitraumbezogene Beurteilung des Sozialhilfeanspruchs der Revisionswerberin (vgl. etwa VwGH 14.3.2008, 2006/10/0201) ist somit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.

19 6.2. Zur Bekämpfung der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Auffassung, das vorhandene Liegenschaftsvermögen der Revisionswerberin sei von dieser nach § 8 S.SHG einzusetzen, führt die Revisionswerberin im Weiteren lediglich an, "nach der Rechtsprechung" stehe nur liquides Vermögen dem Anspruch auf Sozialhilfe entgegen und es sei rechtswidrig und untragbar, dass das Seniorenheim der Revisionswerberin den in Rede stehenden Aufwand als "Zwangskreditgeber" auf unbestimmte Zeit vorfinanzieren müsse.

20 Mit diesem Vorbringen wird allerdings mit Blick auf die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Auffassung, mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, die Veräußerung ihres Liegenschaftsanteils werde aus verschiedenen Gründen längere Zeit in Anspruch nehmen, werde weder eine Unmöglichkeit noch eine Unzumutbarkeit der Verwertung dieses Liegenschaftsvermögens gemäß § 8 Abs. 4 S.SHG dargetan, eine grundsätzliche Rechtsfrage (wegen eines Abweichens von der hg. Rechtsprechung) nicht dargelegt, zumal sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf das erwähnte, einen vergleichbaren Fall betreffende hg. Erkenntnis 2003/10/0013 stützen konnte.

21 7. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018100017.J00

Im RIS seit

30.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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