TE Vwgh Beschluss 2018/6/27 Ra 2017/15/0109

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Veröffentlicht am 27.06.2018
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamts Kirchdorf Perg Steyr in 4320 Perg, Herrenstraße 20, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. September 2017, Zl. RV/5101352/2012, betreffend Einkommensteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte erklärt Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. von der Marktgemeinde Y. In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2010 führte er unter der Kennzahl 721 Reisekosten von 1.152,46 EUR und unter 0der Kennzahl 724 Sonstige Werbungskosten von 6.718,68 EUR als zu berücksichtigende Werbungskosten an. Beigelegt war eine Aufstellung über die durchgeführten Reisen und deren Zweck. Weiters wurde ein - durch den Ortsparteiobmann, durch den Mitbeteiligten als den Fraktionsvorsitzenden (für die Gemeinderatsfraktion) und den Bezirksgeschäftsführer unterschriebener - Beschluss des Ortsparteitages vom 20. November 2009 mit folgendem Inhalt vorgelegt:

"Die ... Ortsgruppe ... und die ... Gemeinderatsfraktion ...

haben beim Ortsparteitag am 20. November 2009 den Beschluss gefasst, dass zur Neuerrichtung einer Ortsgruppenkasse alle Gemeindemandatare - vor allem aber der Fraktionsobmann - ihre Bezüge zu 100 Prozent in die neu zu schaffende Ortskasse abführen. Dies gilt bis auf Widerruf - mindestens aber für die Dauer von drei Jahren, somit bis zum Ende des Kalenderjahres 2012. Als Geltungszeitraum wird rückwirkend ab der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates von ... am 13. Oktober 2009 festgelegt."

2 Im Einkommensteuerbescheid 2010 berücksichtigte das Finanzamt lediglich Werbungskosten von 961,38 EUR, woraufhin der Mitbeteiligte Berufung erhob.

3 Das Bundesfinanzgericht gab der (nunmehrigen) Beschwerde Folge und änderte den vor ihm bekämpften Bescheid ab. Begründend führte es aus, die in Rede stehenden Zahlungen seien einem "Klubbeitrag" bzw. einer "Parteisteuer" gleichzusetzen. Derartige Beträge, die von einem politischen Funktionär an die ihn entsendende politische Partei geleistet würden, stellten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 dar, sofern der Funktionär für den Fall der Unterlassung eines solchen Beitrages an die Partei mit dem Ausschluss aus der Partei und in weiterer Folge mit dem Verlust seines Mandates rechnen müsse (Hinweis auf VwGH 17.9.1997, 95/13/0245; 21.7.1998, 98/14/0021).

4 Dagegen richtet sich die (außerordentliche) Amtsrevision des Finanzamts. Zur Zulässigkeit bringt die Revision vor, das Bundesfinanzgericht habe sich in seinem Erkenntnis lediglich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Abfuhr des gesamten Nettobezuges als Gemeinderat durch die mitbeteiligte Partei zur Neuerrichtung einer Ortsgruppenkasse aufgrund des Beschlusses des Ortsparteitages als Werbungskosten oder als ertragsteuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung anzusehen sei. Vor dieser Beurteilung hätte das Bundesfinanzgericht aber aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes - nämlich der Unmöglichkeit aufgrund des zitierten Beschlusses des Ortsparteitages über einen längeren Zeitraum einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen - eine Beurteilung zu treffen gehabt, ob in der Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied überhaupt eine Einkunftsquelle im Sinn des § 2 EStG 1988 vorliege (Hinweis auf VwGH 24.2.2000, 97/15/0157). Durch das Unterlassen entsprechender Feststellungen zur Einkunftsquelleneigenschaft der Tätigkeit als Gemeinderat sei das Bundesfinanzgericht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen.

5 Die Revision erweist sich als unzulässig.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Bei der revisionsgegenständlichen Tätigkeit der mitbeteiligten Partei als Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat handelt es sich um eine Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO.

10 Bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 LVO ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten. Die Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die Absicht nicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 LVO) nachvollziehbar ist.

11 Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 LVO (mit Ausnahme der Vermietung) objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgsbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (vgl. VwGH 30.9.2015, 2013/15/0113; 2.3.2006, 2006/15/0018).

12 Dem von der Revision zitierten Erkenntnis vom 24. Februar 2000, 97/15/0157, lag eine Verlustsituation zu Grunde, wobei die Werbungskosten über mehrere Jahre hinweg bis zu mehr als 200% der Einnahmen betrugen. Vor diesem Hintergrund kam der Verwaltungsgerichtshof zum Schluss, dass die im Verwaltungsverfahren nach einer Kriterienprüfung (§ 2 Abs. 1 LVO) getroffene Feststellung einer fehlenden Gesamtüberschusserzielungsabsicht nicht als rechtswidrig zu beurteilen war.

13 Im Revisionsfall waren demgegenüber keine Anhaltspunkte gegeben, die das Verwaltungsgericht bereits im ersten Jahr der Entstehung von Verlusten von Amts wegen - der Einkommensteuerbescheid und die Berufungsvorentscheidung des Finanzamts enthielten dazu keine Ausführungen - zu näheren Ermittlungen bzw. Feststellungen betreffend das Vorliegen von Liebhaberei verpflichtet hätten.

14 Die Frage, ob die vom Mitbeteiligten getätigten Ausgaben tatsächlich Werbungskosten darstellen, ist vom Anfechtungsumfang der Revision nicht umfasst.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150109.L00

Im RIS seit

27.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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