TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 W124 2175473-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §57 Abs1
VwGVG §22 Abs3

Spruch

W124 2175473-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gem. § 22 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1. Der BF hat nach unrechtmäßiger und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.2. Das BFA hat mit Bescheid vom XXXX, Zl. 1087370310/151358038, einen Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

1.3. Die gegen diesen Bescheid am XXXX erhobene Beschwerde wurde mit (rechtskräftigem) Erkenntnis des BVwG vom XXXX, Zl. XXXX, als unbegründet abgewiesen.

1.4. Am XXXX wurde dem BF mit Ladungsbescheid des BFA aufgetragen vor diesen am XXXX zur Einvernahme zu erscheinen und einen gültigen Reisepass im Orginal, Geburtsurkunde im Orginal und in deutscher Übersetzung, Ausweise, Urkunden und sonstige für das Verfahren relevante Beweismittel mitzubringen.

1.5. Am XXXX wurde mit dem BF eine niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA aufgenommen, welche folgenden Verlauf nahm:

............

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher der Dolmetscherin?

A: Ja, ich verstehe den Dolmetscher gut.

V: Gegen Sie besteht seit XXXX eine durchsetzbare und rechtskräftige Ausreiseentscheidung aufgrund des negativen Abschlusses Ihres Asylverfahrens in II. Instanz. Laut ha. Aktenlage sind Sie bis jetzt Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

F: Warum haben Sie das Bundesgebiet bis jetzt nicht verlassen, obwohl bereits im Asylverfahren festgestellt wurde, dass Sie keiner Gefährdung oder Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt waren bzw. sind. Eine Beschwerde gegen die negative Asylentscheidung beim BVwG als unbegründet abgewiesen.

A: Im Oktober und NovemberXXXX war ich in der XXXX Botschaft. Ich habe dort Unterlagen abgeholt.

F: Welche Unterlagen haben Sie abgeholt?

A: Sie haben mir keine Unterlagen gegeben.

F: Sie widersprechen sich gerade in Ihren Angaben, definieren Sie den Sachverhalt genauer.

A: Ich habe meine Personaldaten bei der XXXX Botschaft abgegeben.

F: Haben Sie seither von der XXXX Botschaft etwas gehört bzw. haben Sie sich um weiter um Ausstellung eines Reisepasses bemüht?

A: Ich habe nie eine Information von der XXXX Botschaft erhalten.

F: Haben Sie nachgefragt?

A: Ich bekam die Antwort ich soll ein bisschen warten.

F: Besitzen Sie Identitätsnachweis?

A: Nein, ich besitze keinen Reisepass und keinen Identitätsnachweis.

F: Besitzen Sie keinerlei Urkunden?

A: Nein besitze ich nicht.

F: Wo ist Ihr Reisepass verblieben, sie sind ja laut Asylverfahren über Russland eingereist?

A: Der Schlepper hat mir den Reisepass abgenommen.

F: Haben sie nicht selbstständig versucht ein Reisedokument bei Ihrer Vertretungsbehörde zu besorgen?

A: Ich habe mich bemüht, habe aber bei der Botschaft kein "Papier" (Bestätigung) bekommen.

F: Es ist von der Behörde beabsichtigt, für Sie ein Heimreisezertifikat zu beantragen. Sind Sie bereit die dafür erforderlichen Formulare mit Hilfe des Dolmetschers wahrheitsgemäß auszufüllen?

A: Ich bin nicht bereit, die Formulare für das Erlangen eines Heimreisezertifikats auszufüllen.

V: Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie verpflichtet sind, an der Identitätsfeststellung mitzuwirken.

Was sagen Sie dazu.

A: ich möchte die Formulare auf keinen Fall ausfüllen.

F: Sind Sie bereit das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen?

A: Wenn alle meine Probleme erledigt sind, verlasse ich das Bundesgebiet.

V: Ihre Asylgründe wurden im Asylverfahren bereits geprüft und wurde bescheidmäßig darüber bereits abgesprochen und ist der Asylbescheid in II. Instanz rechtskräftig negativ. Auf was wollen Sie noch warten?

A: In Indien ist mein Leben in Gefahr.

F: Sind Sie noch im Besitz einer Asylkarte?

A: Nein

Bezüglich meiner persönlichen Verhältnisse gebe ich folgendes an:

Ich habe Freunde hier. Ich bin ledig und habe keine Sorgepflichten.

F: Aus welchen finanziellen Mitteln bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

A: Ich arbeite hier als Zeitungszusteller.

F: Verfügen Sie über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für diese Beschäftigung?

A: Nein, ich verfüge über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung.

F: Wo wohnen Sie, haben Sie eine eigene Wohnung, wieviel Miete bezahlen Sie?

A: Wir leben zu dritt in dieser Wohnung. Ich bezahle € 160,- Miete.

F: Sind Sie bereit das österreichische Bundesgebiet zu verlassen?

A: Ich werde erst gehen wenn meine Probleme erledigt sind (Verweis auf die Antwort auf Seite 1)

V: Ich frage Sie jetzt noch einmal, sind sie bereit die Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen. Wenn nicht wird gegen Sie ein Mitwirkungsbescheid erlassen werden.

A: nein ich bin nicht bereit diese Formulare auszufüllen.

Mir wurde das Informationsblatt in meiner Heimatsprache übersetzt und wurde ich über die weitere Vorgangsweise der Behörde belehrt und wird mir der Bescheid im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.

Auf Wunsch der Partei wird die Niederschrift um 10:25 nochmals aufgenommen, da er folgende Angaben noch machen will.

Ich möchte angeben, dass ich neuerlich bei der XXXX Botschaft fragen gehe.

F: Wollen Sie sonst noch etwas angeben?

A: Nein

Ihnen wird eine freiwillige Rückkehr nahegelegt. Sie werden auf die Möglichkeit einer Rückkehrhilfe durch den XXXX oder die XXXX Rückkehrhilfe hingewiesen und wird Ihnen ein Ausreiseauftrag sowie eine Verfahrensanordnung zu einem verpflichtenden Rückkehrgespräch ausgefolgt. Sollten Sie das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen und Sie sich gegen eine freiwillige Rückkehr entscheiden, haben Sie mit einer Abschiebung zu rechnen, sofern von Ihrer Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument ausgestellt wird."

1.6. Mit Bescheid des BFA, XXXX vom XXXX wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes zum angegeben Termin und Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, im Konkreten das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen.

Dabei ist dieser Bescheid und im Besitz des BF relevante Dokumente mitzubringen: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente. Wenn der BF diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leistet, müsse dieser damit rechnen, dass diesem eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werden würde. (Spruchpunkt I.).

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. (Spruchpunkt II.).

Mit persönlicher Übernahme des Bescheides des BF am XXXX wurde dem BF gleichzeitig die Verfahrensanordnung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG persönlich ausgefolgt, in der dieser darauf hingewiesen wurde, dass dieser verpflichtet sei ein Rückkehrberatungsgespräch innerhalb von 2 Wochen in Anspruch zu nehmen.

1.7. AmXXXX wurde vom BFA die an das BVwG gerichtete "Haftbeschwerde (wegen des sofortigen Vollzugs des Zwangsstrafen-Bescheides vom XXXX) und Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid über die Verhängung der Zwangsstrafe vom XXXX mittels e-mail weitergeleitet.

Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass die Zwangsstrafe im gegenständlichen Fall als Beugehaft zu verstehen sei, um das Ausfüllen des Formulars zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates sicherzustellen. Dazu sei es erforderlich, dass dem BF Beugehaft angedroht werden würde. Dies sei nicht geschehen. Man habe dem BF erst heute mitgeteilt, dass für den Fall der mangelnden Mitwirkung Beugehaft verhängt werden würde.

Mit Bescheid vom XXXX sei dem BF aufgetragen worden am dort angegebenen Termin persönlich vor der XXXX Botschaft zu erscheinen und das dort ihm "vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates" komplett ausgefüllt vorzulegen. Abgesehen davon, dass dem BF das Formblatt nicht mitgegeben worden sei (der BF sei ohne "nichts" eingesperrt worden) habe ihm die Behörde auch keinen Termin genannt, an welchem er an der XXXX Botschaft erscheinen solle.

Es würde dem BF völlig rechtswidrig erscheinen, dass zur Erfüllung seiner Pflicht über den BF Beugehaft verhängt worden sei, ohne, dass diese ihm näher konkretisiert worden sei. Wenn nicht feststehe, an welchem Tag er zur Botschaft kommen solle und man ihm das komplett auszufüllende Formblatt nicht überreiche, würde er sich fragen, was mit der Haft erzwungen werden solle.

Die Beugehaft halte dieser für unverhältnismäßig, weil die Inhaftnahme wohl nur ultima ratio erfolgen dürfe und der BF nicht die Gelegenheit erhalten habe vor der XXXX Botschaft im Rahmen eines von der Behörde organisierten Vorsprachetermins zu erscheinen, weil ein solcher nicht organisiert worden sei. Überdies erscheine die Inhaftnahme im Hinblick des Art 15 der RückführungsRL als rechtswidrig, weil der BF demnach nur dann in Haft genommen werden dürfe, wenn er die Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehe oder behindere. Dies sei nicht der Fall.

Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die XXXX Botschaft sei nicht davon abhängig, ob der BF ein Formular ausfülle oder nicht. Gemäß "Art. 2 Abs. 1 Z 4 PersFr B-VG" dürfe die persönliche Freiheit "u.a. dann entzogen werden zur ‚Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen'". Das Gesetz fordere vom BF nicht, ein Heimreisezertifikatformular auszufüllen. Das Gesetz fordere vom BF in § 46 Abs. 2a und 2 b nur, die Identität offen zu legen und vor der Botschaft zu erscheinen. Auch deshalb sei die Haft und der dieser androhende Bescheid rechtswidrig.

Er beantrage daher, das BVwG möge die am XXXX erfolgte Festnahme und die seither vollzogene Beugehaft für rechtswidrig befinden und die Enthaftung des BF anordnen. Darüber hinaus möge die Behörde zum Kostenersatz für Eingabegebühr, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im gesetzlichen Umfang verpflichtet werden.

Dem E-Mail angeschlossen waren eine Kopie des "BESCHEIDES ÜBER ZWANGSSTRAFE" und des "BESCHEIDES" sowie die mit XXXX datierte Vollmacht des BF an die XXXX "(als juristische Person, den diesem Verein Organen und bestellten Vereinsvertretern) aber zugleich auch dessen Obfrau ad personam RechtsanwältinXXXX", "dies mit der Maßgabe, dass der Verein und seine Organe bzw. Mitarbeiterinnen für mich einschreiten mögen, soweit die Österreichische Rechtsordnung nicht die Beziehung eines berufsmäßigen Parteienvertreters vorsieht, ab diesem Zeitpunkt - gegebenenfalls auch früher, falls XXXX dies erklärt, - geht die Vollmacht zur weiteren nahtlosen Vertretung im jeweiligen Verfahren auf ihn über."

Auf Nachfrage des BVwG habe der der Mitarbeiter des XXXX, der das E-Mail verfasst hatte, mit, dass nicht gegen die beiden dem E-Mail beigelegten Bescheide, sondern nur gegen den "BESCHEID GEGEN ZWANGSSTRAFE" und die damit verbundene Haft Beschwerde erhoben werde.

Das BVwG leitete das E-Mail am XXXX zuständigkeitshalber an das Bundesamt weiter, das noch am selben Tag die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vorlegte. Diese Beschwerde wurde zur Zahl XXXX protokolliert.

In der Stellungnahme vom selben Tag betreffend "Maßnahmenbeschwerde vom XXXX" führte das Bundesamt aus, dass der BF im Rahmen der Ladung niederschriftlich im Beisein seines Dolmetschers und seines Vertreters das Ausfüllen des zwingend vorgesehenen Formblattes für die XXXX Botschaft zur Erlangung eines Heimreisezertifikates verweigert habe. Er habe dies auch nach Anordnung der Erlassung eines Mitwirkungsbescheides gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG verweigert und sei bei dieser Weigerung nach der Zustellung des Bescheides geblieben. Daher sei die im Mitwirkungsbescheid angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen durch Zustellung des Bescheides über Zwangsstrafe um XXXX Uhr umgesetzt und vollzogen worden.

Es würde daher beantragt, das BVwG möge die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. als unzulässig zurückweisen und den BF zum Ersatz der Kosten für Vorlage- und Schriftsatzaufwand verpflichten.

1.8. Mit Schriftsatz vom XXXX teilte das BVwG dem BF mit, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen den "BESCHEID ÜBER ZWANGSSTRAFE", nicht aber auch gegen den "BESCHEID" richtete. Dies habe der gewillkürte Vertreter dem BVwG am XXXX telefonisch mitgeteilt. Sollten der BF auch gegen diesen Bescheid Beschwerde erheben wollen, sei diese fristgerecht beim Bundesamt einzubringen.

Soweit mit dieser Eingabe "HAFTBESCHWERDE gegen den sofortigen Vollzug des Zwangsstrafen-Bescheides vom XXXX" erhoben werde, richte sie sich gegen von einem Bescheid verschiedenes Verwaltungshandeln. Sowohl Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, als auch Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG seien beim BVwG einzubringen. Gemäß dem im Verfahren vor dem BVwG anzuwendenden § 1 Abs. 1 BVwG-EVV sei eine E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung. Ein mittels E-Mail eingebrachter Schriftsatz entfalte daher keine Rechtswirkungen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061 mwNw). Sollte der BF über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes "über die Verhängung der Zwangsstrafe" vom XXXX, XXXX, hinaus Beschwerde gegen Verwaltungshandeln der belangten Behörde erheben wollen, sei diese innerhalb der Beschwerdefrist postalisch oder in einer in § 1 Abs. 1 BVwG-EVV genannten Form einzubringen, widrigenfalls die hiefür reservierte Aktenzahl XXXX gestrichen werde. Zusätzlich werde auf die Voraussetzungen des § 9 VwGVG hingewiesen.

Mit Eingabe vom XXXX brachte der BF den am XXXX als E-Mail eingebrachten Schriftsatz durch persönliche Abgabe beim BVwG ein.

Mit Schriftsätzen vom XXXXwurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung geladen. Der BF wurde darauf aufmerksam gemacht, dass er Kontakt mit seinem Rechtsberater aufnehmen müsse, wenn er dessen Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung wünsche. Der gewillkürte Vertreter des BF wurde ebenso geladen, zudem ein Dolmetscher für die Sprache PUNJABI.

1.9. In der mündlichen Verhandlung am XXXX verband das BVwG die Verfahren über die zu XXXX protokollierten Beschwerden gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.

Die Verhandlung gestaltete sich im Übrigen wie folgt:

..........................

"R: Sie haben der XXXX XXXX Vollmacht erteilt. Bleiben die Vollmacht und die Zustellvollmacht aufrecht?

BF: Ja.

R: Ausweislich Ihrer Vollmacht werden Sie von XXXX, falls er dies erklärt oder die Beziehung eines Rechtsanwaltes auf Grund der österreichischen Rechtsordnung nötig ist, vertreten. Werden Sie aktuell von XXXX vertreten?

BF: Nein.

R: Ihnen wurde ein Rechtsberater für das Verfahren beigegeben. Sie wurden darüber informiert, dass Sie ihren Rechtsberater kontaktieren müssen, wenn Sie seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wünschen. Der Rechtsberater ist nicht erschienen. Was sagen Sie dazu?

BF: Dazu sage ich nichts.

R: Das heißt, die Verhandlung kann ohne Ihren Rechtsberater stattfinden?

BF: Ja.

R: Erschienen ist Herr XXXX. Diesbezüglich liegt keine Vollmacht vor. Möchten Sie Herrn XXXX Vollmacht zur Vertretung in dieser Verhandlung erteilen?

BF: Ja.

R: Geht die Vollmacht zur Vertretung über diese Verhandlung hinaus?

BF: Nein.

[...]

R: Es gibt zwei Bescheide vom XXXX, einer ist mit "BESCHEID" betitelt, einer mit "BESCHEID ÜBER [...] ZWANGSSTRAFE". Warum tragen beide Bescheide dieselbe Geschäftszahl?

BB: Die Geschäftszahl ist die Verfahrenszahl und beide Bescheide beziehen sich auf dasselbe Verfahren, es geht um die Durchführung und Effektuierung des vorliegenden Abschiebetitels.

R: Wie soll da eine Unterscheidbarkeit hergestellt sein?

BB: Es können in einem Verfahren mehrere Bescheide ergehen, da ist dann immer dieselbe Verfahrenszahl angegeben.

R:Sie erheben Beschwerde gegen den BESCHEID ÜBER [...] ZWANGSSTRAFE[...]. Mit Schreiben vom XXXX wurden Sie darüber informiert, dass eine Beschwerde gegen den "BESCHEID" mit dem Schriftsatz vom XXXX nicht erhoben wurde. Haben Sie Beschwerde gegen den "BESCHEID" beim Bundesamt erhoben oder haben Sie auf die Beschwerdeerhebung gegen den "BESCHEID" verzichtet?

BFV: Beschwerde wurde erhoben gegen den Bescheid, der die Uhrzeit XXXX Uhr trägt [= BESCHEID ÜBER ZWANGSSTRAFE]. Und Beschwerde wurde erhoben gegen die Inhaftnahme. In Reaktion auf den Schriftsatz des BVwG vom XXXXhat die Rechtsvertretung auch bei der Einlaufstelle des BVwG diese Beschwerde nochmals schriftlich eingebracht.

R: Betreffend die Beschwerde gegen die "Inhaftnahme" liegt keine "nochmalige Einbringung" vor, da die zuvor erfolgte E-Mail-Eingabe gemäß § 1 BVWG-EVV unzulässig ist. Dieses Wissen ist bei Rechtsvertretern vorauszusetzen.

RV: Meines Wissens nach handelt es sich hierbei um ein Formgebrechen.

R: Nein, es handelt sich um eine Nichteingabe.

R: Sie beantragen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme. Wie begründen Sie die Zulässigkeit dieser Beschwerde? Alle fünf Argumente in Ihrer Beschwerde richten sich ausschließlich gegen den Bescheid!

BFV: Die Beschwerde gegen die Festnahme wird damit begründet, dass dem BF vorerst nämlich in dem ersten BESCHEID eine Frist eingeräumt wurde, später aber ohne Einhaltung dieser Frist eine Festnahme erfolgte und er somit dem Auftrag, für den die Frist gesetzt wurde, zwangsläufig gar nicht mehr nachkommen konnte.

R: Von welchem Bescheid sprechen Sie?

BFV: Vom "BESCHEID" zugestellt umXXXX Uhr.

R: Wo lesen Sie bei dem "BESCHEID" von XXXX Uhr eine Frist?

BFV: Das wurde ihm meines Wissens im Rahmen der Niederschrift mitgeteilt.

R: Gehen Sie davon aus, dass es sich bei der Festnahme um eine Maßnahme oder ein selbständig bekämpfbares Vollzugshandeln handelt?

Wenn ja: Wie begründen Sie das?

BFV: Das ist Neuland, aber meines Erachtens eine Maßnahme.

R: Sie gehen vom Vorliegen einer Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Artikel 130 Abs. 1 Z 2B-VG aus[?

BFV: Ja.]

R: Sie beantragen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der "seither vollzogenen Beugehaft". Wie begründen Sie die Zulässigkeit dieser Beschwerde? Alle fünf Argumente in Ihrer Beschwerde richten sich ausschließlich gegen den Bescheid!

BFV: Die Haft wird begründet mit einer Unverhältnismäßigkeit und dem Mangel einer gesetzlichen Grundlage.

R: Bitte präzisieren Sie Ihr Vorbringen!

BFV: Diese ist unverhältnismäßig und dem BF wurde dadurch die Möglichkeit genommen, sich um die Heimreisedokumente selbständig zu kümmern, obwohl er diese Bemühungen in der Niederschrift vom XXXX, Seite 2 und 3 dokumentiert hat. Eine gesetzliche Grundlage für eine Beugehaft ist in diesem Fall, seitens der Rechtsansicht der Rechtsvertretung nicht gegeben.

R: Wenn Sie der Unverhältnismäßigkeit sprechen, sprechen Sie folglich von der Unverhältnismäßigkeit der Verhängung. Bringen Sie Argumente gegen die seither vollzogene Beugehaft vor?

BFV: Dem BF wurde auch nicht mitgeteilt, wie lange die Beugehaft dauern sollte.

R: Gehen Sie davon aus, dass es sich bei der "seither vollzogenen Beugehaft" um eine Maßnahme oder ein selbständig bekämpfbares Vollzugshandeln handelt? Wenn ja: Wie begründen Sie das?

BFV: Da es sich hier um ein Neuland handelt und dies vermutlich auch eine der ersten Beschwerden auf diesem Gebiet ist, kann ich es auch nicht genau präzisieren. Es mangelt diesbezüglich auch an genaueren Daten der Behörde.

R: Welche Daten brauchen Sie?

BFV: Eine Präzisierung, aus welchem Grund der BF angehalten wird.

R: Sie beantragen NICHT, den "BESCHEID ÜBER [...] ZWANGSSTRAFE" aufzuheben. Ist das korrekt?

BFV: So ferne wir jetzt von XXXX Uhr sprechen, wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

R: Sie begründen die Beschwerde damit, dass Sie mit BESCHEID vom XXXX verpflichtet werden, am dort angegebenen Termin persönlich vor der XXXX Botschaft zu erscheinen und dort das Formblatt vorzulegen. Von welchem Bescheid reden Sie und wo steht das Ihrer Ansicht nach?

BFV: Das wurde dem BF in der niederschriftlichen Einvernahme mitgeteilt, die dem BESCHEID von XXXX Uhr vorausging.

R: Sie beantragen, Kostenersatz im Umfang der Eingabengebühr, Schriftsatz- und Verhandlungssaufwand. Ist das korrekt?

BFV: Ja.

R: Möchten Sie Anträge stellen? Sie beantragten bisher keinen Verhandlungsaufwand!

BB: Es wird Kostenansatz im Umfang des Verhandlungsaufwands beantragt.

Befragung des Beschwerdeführers

R: Geben Sie für das Protokoll Ihren Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum und -ort sowie Ihre Staatsangehörigkeit an!

BF: Ich heiße XXXX, bin am XXXX geboren und bin indischer Staatsbürger.

R: Verfügen Sie über identitätsbezeugende Dokumente?

BF: Nein.

R: Verfügten Sie jemals über identitätsbezeugende Dokumente? Wenn ja: Wo sind diese?

BF: Ich hatte einen Reisepass, den hat in MOSKAU der Schlepper von mir genommen.

R: Was ist mit Ihren übrigen Dokumenten (Führerschein, Personalausweis,...) passiert?

BF: Ich besaß keine anderen Dokumente.

R: Was ist mit der Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 ("weiße Karte")?

BF: Ich habe sie verloren.

R: Seit wann haben Sie die nicht mehr?

BF: Seit einem Monat habe ich sie nicht mehr.

R: Haben Sie eine Verlustbestätigung oder Diebstahlsanzeige diesbezüglich?

BF: Ich wusste nichts davon.

R: Wie und wann sind Sie nach Österreich eingereist?

BF: Im XXXX reiste ich nach Österreich. Bis MOSKAU bin ich mit dem Flugzeug geflogen. Danach bin ich illegal mit dem LKW gereist.

R: Verfügen Sie über Belege dafür und das Datum?

BF: Nein.

R: Haben Sie Österreich seither verlassen?

BF: Nein.

R: Verfügen Sie über einen Aufenthaltstitel für Österreich oder einen anderen Mitgliedsstaat der EU?

BF: Nein.

R: Sie gaben in der polizeilichen Erstbefragung an, Sie haben Ihren Asylantrag in der XXXX XXXX gestellt. Sie stellten aber laut Akt den Antrag am XXXX in der Polizeiinspektion XXXX. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich bin zuerst nach XXXX gegangen, danach bin ich von dort dorthin gebracht worden. Die Fahrt dauert ca. eine Stunde, den Namen der Ortschaft weiß ich nicht.

R: Sie gaben in der polizeilichen Erstbefragung an, sich bereits fünf Tage zuvor in Österreich aufgehalten zu haben. Wo waren Sie da?

BF: Ich mich in Parks aufgehalten.

R: Wo?

BF: Am XXXX.

R: Wie kommen Sie dann zur Asylantragsstellung nach XXXX?

BF: Ich war nicht in XXXX.

R: Sie wurden XXXX in einem Quartier der Grundversorgung betreut. Sie wurden am XXXX wegen unbekannten Aufenthalts von der Grundversorgung abgemeldet. Was sagen Sie dazu?

BF: XXXX gefällt mir besser.

R: Sie begründeten am XXXX eine Meldeadresse in XXXX und wurden am XXXX wieder in die Grundversorgung aufgenommen. Am XXXX wurden Sie niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid vom XXXX wurde Ihr Antrag abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen Sie erlassen. Dieser [Bescheid] wurde Ihnen amXXXX durch Hinterlegung zugestellt, da Sie am Vortag nicht an Ihrer Meldeadresse betreten werden konnten. Möchten Sie dazu etwas sagen?

BF: Vielleicht war ich draußen.

R: Mit dem Bescheid wurde Ihnen die Verfahrensanordnung zugestellt, mit der Sie verpflichtet wurden, bis XXXX ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Sind Sie dieser Verpflichtung nachgekommen?

BF: Nein.

R: Laut der Mitteilung des VEREINS MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH hat am XXXX ein Rückkehrberatungsgespräch stattgefunden. Sie waren aber nicht rückkehrwillig. Was sagen Sie dazu?

BF: XXXX?

R: Das muss ein Schreibfehler sein, XXXX.

BF: Ich war nicht dort.

R: Mit Erkenntnis vom XXXX, Ihrem Vertreter zugestellt am XXXX, wurde Ihre Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX als unbegründet abgewiesen. Sie waren auf Grund der Ihnen mit diesem Erkenntnis eingeräumten Frist verpflichtet, binnen 14 Tagen auszureisen. Was haben Sie getan, um dieser Ausreiseverpflichtung nachzukommen?

BF: Ich war bei der XXXX Botschaft. Am XXXX war ich dort. Sie haben mir einen Zettel gegeben, den habe ich zurückgebracht. Am XXXX war ich wieder bei der Botschaft und habe diesen Zettel zurückgebracht.

R: Was waren das für Zettel? Was konkret haben Sie beantragt? Wann genau waren Sie dort? Wo genau waren Sie?

BF: Es war ein Formular wo ich meinen Namen, mein Geburtsdatum und meine Passnummer angeben sollte. Das habe ich mit Hilfe einer anderen Person ausgefüllt, weil ich es allein nicht ausfüllen konnte.

R: Mit wem haben Sie es ausgefüllt?

BF: Diese Person habe ich im indischen Tempel getroffen und der hat mir geholfen.

R: Und Sie haben dieses Formular vollständig ausgefüllt abgegeben?

BF: Ja, am XXXX.

R: Dann sagen Sie mir bitte, wie lautet Ihre Passnummer? Ich würde das nicht auswendig wissen!

BF: Die Passnummer habe ich auch nicht angegeben.

R: Wo genau waren Sie? Beschreiben Sie mir bitte das Gebäude und die Adresse.

BF: Ich war am XXXX.

R: Wie war der Name der Person?

BF: XXXX.

R: Was genau haben Sie beantragt?

BF: Ich habe ihm von mir erzählt. Ich erzählte ihm von meinem Reisepass und er gab mir vier oder fünf Zettel und sagte mir, dass ich diese ausfüllen sollte.

R: Was stand auf diesem Formular? Da steht drauf, was man beantragt!

BF: Ich sollte angeben meinen Namen, mein Heimatdorf, Geburtsdatum, ob ich einen Reisepass habe und wo ich ihn beantragt habe.

R: Fragewiederholung.

BF: Da habe ich nicht darauf geschaut.

R: Sie füllen ein Formular aus und schauen nicht, was darauf steht, das ist seltsam!

BF: Ich habe ihm erzählt, dass ich nach XXXX möchte und brauche einen Reisepass, daraufhin bekam ich diese Zettel.

R: Wann konkret waren Sie das erste Mal in der XXXX Botschaft? Datum und Uhrzeit?

BF: XXXX. An die Uhrzeit kann ich mich nicht erinnern.

R: Was haben Sie gemacht, bevor Sie in der Botschaft waren?

BF: Nichts.

R: Warum sind Sie hingegangen?

BF: Nur so.

R: Man geht nicht ‚nur so' zur Botschaft, was war Ihre Motivation?

BF: Ich wollte, dass sie mir einen Reisepass geben.

R: Warum wollten Sie einen Reisepass?

BF: Um ein Dokument bei mir zu haben.

R: Sie hatten doch die "weiße Karte".

BF: Das gilt nur in Österreich.

R: Sie wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Ihr Asylantrag verwaltungsbehördlich abgewiesen war!

BF: Ich wollte zurück nach XXXX.

R: Warum haben Sie dann Beschwerde beantragt, wenn Sie zurück nach XXXX wollten?

BF: Beschwerde musste ich einbringen. Ich konnte mich nicht illegal in Österreich aufhalten.

R: Das tun Sie aber seit drei Monaten!

BF: Im XXXX MONAT habe ich die Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde wurde aber abgewiesen vor drei Monaten. Ich möchte zurück nach XXXX. Ich war bei der Botschaft und habe auch meine Daten dort angegeben. Ich habe nie gesagt, dass ich nie zurück möchte.

R: Ein Antrag auf freiwillige Ausreise ist nicht aktenkundig!

BF: Keine Antwort.

R: Haben Sie Belege für Ihre Kontakte mit der XXXX Botschaft?

BF: Nein das ist alles mündlich abgelaufen. Im Dezember XXXX war ich auch bei der XXXX. Sie sagten mir, wenn ich die Dokumente von der Botschaft bekommen habe, werden sie mich auch unterstützen und mir 1000 Euro geben.

R: Was haben Sie getan, nachdem Sie vier Monate nichts von der XXXX Botschaft betreffend Ihre[n] Antrag[...] gehört haben?

BF: Ich werde wieder dort hingehen.

R: Meine Frage war nicht, was Sie tun werden, sondern was Sie getan haben!

BF: Ich warte auf eine Antwort.

R: Das heißt, Sie haben nichts gemacht?

BF: Ich habe nichts gemacht.

R: Mit Ladungsbescheid vom XXXX wurden Sie vor die belangte Behörde geladen. Der Bescheid wurde Ihnen durch Hinterlegung zugestellt, da Sie amXXXX nicht an Ihrer Abgabestelle betreten werden konnten. Sie wurden verpflichtet, den gültigen Reisepass sowie sonstige Ausweise und Urkunden, über die Sie verfügen, mitzubringen. Sind Sie dieser Verpflichtung nachgekommen?

BF: Ich habe keinen Bescheid erhalten.

R: Sie haben einen Ladungsbescheid erhalten und sind diesem auch nachgekommen, oder waren Sie am XXXX zufällig bei der Einvernahme?

BF: Den Bescheid habe ich nicht von der Post abgeholt, den habe ich vom Briefkasten geholt.

R: In Ihrem Postkasten war kein Bescheid. Ich hege keine Zweifel an der Hinterlegungsanzeige der österreichischen Post!

BF: Ja, es war so. Ich habe den Brief von der Post abgeholt.

R: Wie haben Sie sich dort ausgewiesen?

BF: Ich hatte keine Dokumente bei mir, aber ich bin hingegangen und habe meinen Namen angegeben. Ich bin nicht von dort weggelaufen, ich bin dort hingegangen.

R: Der Ladungsbescheid wurde Ihnen am XXXX zugestellt, am XXXX war die Einvernahme, wann dazwischen haben Sie die Dokumente verloren?

BF: Ein paar Tage nach dem XXXX.

R: Wann haben Sie zum letzten Mal Grundversorgung bezogen?

BF: Am XXXX.

R: Wie haben Sie das ohne Ausweis gemacht?

BF: Sie haben mich nicht nach einem Ausweis gefragt.

R: Die Grundversorgungsstelle zahlt Geld aus, ohne nach einem Ausweis zu fragen?

BF: [... A]m XXXX wurde ich nicht danach gefragt.

R: Das halte ich für völlig unglaubwürdig.

BF: Es bleibt Ihnen überlassen, wenn Sie mir das nicht glauben. Ich hatte eine Terminkarte bei mir.

R: Abgesehen von der Terminkarte, hatten Sie andere Dokumente bei sich?

BF: Davor hatte ich auch eine Jahreskarte, aber die gibt es nicht mehr.

R: Warum gibt es die nicht mehr?

BF: Ich hatte kein Geld mehr.

R: Wie viel Geld befindet sich auf Ihrem Bankkonto?

BF: 2 Euro.

R: Sie geben heute an, dass Sie nach XXXX ausreisen wollen und bei der Botschaft waren, um einen Reisepass zu beantragen. Sie gaben bei der Einvernahme am XXXX an, Sie seien nicht bereit, die Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen. Was sagen Sie dazu?

BF: Weil ich bereits ein Formular ausgefüllt habe. Aus diesem Grund wollte ich nicht noch einmal ein Formular ausfüllen.

R: Handelt es sich um dieses Formular?

BF: Auf dem Formular vom XXXX war auch ein Foto von mir drauf. Ich habe es nur von weitem gesehen.

R: Haben Sie das Formular ausgefüllt?

BF: Als ich bei der Botschaft war ja.

R: Sind Sie heute bereit ein Formular auszufüllen?

BF: Ich habe bereits ein Formular ausgefüllt.

R: Was spricht dagegen, nochmals das Formular auszufüllen?

BF: Nein, ich habe es schon ausgefüllt.

R: Sie waren jetzt 9 Tage in Beugehaft. Sind Sie jetzt bereit, das Formular auszufüllen?

BF: Sie können gerne zur Botschaft gehen und nachfragen, ob ich dort das Formular ausgefüllt habe.

R: Das ist nicht das Thema. Die Frage ist, was dagegen spricht, das Formular gegebenenfalls ein zweites Mal auszufüllen.

BF: Warum soll ich das tun, ich habe es bereits einmal ausgefüllt.

R: Sie wurden aber mit Bescheid vom XXXX Uhr verpflichtet, das zu tun. Was spricht dagegen, es zu tun?

BF: Ich habe es bereits ausgefüllt.

R: Sie haben die rechtliche Verpflichtung dieses Formular auszufüllen, aufgrund des Bescheides vom XXXX. Dieser hat keine aufschiebende Wirkung und Sie haben ihn auch nicht bekämpft. Wie soll sich die Behörde Ihrer Meinung nach in so einem Fall verhalten?

BF: Ich habe bereits gesagt, dass ich das Formular bereits ausgefüllt habe auf der Botschaft.

R: Sie verkennen das Thema. Sie sind seit XXXX verpflichtet das Formular auszufüllen.

BF: Ich habe es bereits ausgefüllt.

R: Wovon leben Sie?

BF: Ich bekomme Unterstützung von der XXXX. Ich darf ja nicht hier arbeiten. Gelegentlich arbeite ich als Zeitungszusteller. Diesen Monat bin ich zwei bis drei Tage dieser Beschäftigung nachgegangen.

R: Sind Sie selbständig oder unselbständig erwerbstätig?

BF: Nicht selbständig. Ich helfe nur jemandem aus.

R: Sind Sie angemeldet?

BF: Nein, ich war in Einschulung.

R: Wieviel verdienen Sie pro Monat und über Vermögen in welcher Höhe verfügen Sie?

BF: Es waren nur zwei bis drei Tage. Seit XXXX sitze ich im Gefängnis. Ansonsten bekomme ich hier keine Arbeit.

R: Womit weisen Sie sich bei Polizeikontrollen aus?

BF: Ich habe eine Kopie der "weißen Karte" und den Meldezettel.

R: Möchten Sie Fragen an den BF stellen?

BFV an BF: Sie wurden bereits von R wegen Ihrer ersten Vorsprache bei der XXXX Botschaft befragt. Ich wollte Sie bitten, zu schildern, was bei der zweiten Vorsprache auf der XXXX Botschaft passiert ist. Wurden Sie zu diesem Termin geladen oder haben Sie vorgesprochen, um etwa nachzufragen. Gab es irgendeine Information oder Aussicht auf eine Erlangung eines Reisedokumentes? Oder was wurde Ihnen sonst Wichtiges mitgeteilt?

BF: Beim zweiten Mal bin ich hingegangen, um das ausgefüllte Formular abzugeben. Sie sagten mir, sie werden recherchieren und mich danach anrufen.

BFV an BF: Ist Ihnen bei dieser zweiten Vorsprache ein Termin gegeben worden?

BF: Sie sagten mir, ich solle am XXXX nochmals kommen.

BFV an BF: Bei der Vorsprache am XXXXhandelte es sich um die zweite Vorsprache. Meine Frage war, ob Sie aufgefordert wurden, danach noch einmal zu kommen?

BF: Nein, damals habe ich keinen neuen Termin bekommen.

BFV: Wurde Ihnen von der XXXX Botschaft mitgeteilt, dass Sie bei der österreichischen Asylbehörde nochmals ein solches Formular ausfüllen müssen?

BF: Nein. Sie sagten, sie werden nach mir in INDIEN nachfragen und mich dann anrufen.

BFV: Sie wurden dann am XXXX bei der Asylbehörde am XXXX befragt und Sie haben angegeben, dass Sie im OKTOBER und NOVEMBER bei der XXXX Botschaft waren. Allerdings sind das im Ganzen nur sieben oder acht Fragen oder Antworten, die im Protokoll angegeben worden sind. Ich habe den Eindruck, dass der Referent Sie nicht richtig verstanden hat bei diesem Termin. Hatten Sie den Eindruck, dass der Referent Sie nicht richtig verstanden hat?

BF: Sie haben mich nur gefragt, wann ich dort war. Ich sagte ihnen, dass ich im NOVEMBER dort war.

BFV: Ich frage Sie deshalb, weil in dem Protokoll in deutscher Sprache angegeben wurde, sie hätten Ihnen Unterlagen gegeben, heute sprechen Sie von Formularen. Haben Sie in der Einvernahme am XXXX und heute dieselben indischen Wörter für Unterlagen und Formulare gebraucht?

BF: Ich habe immer das Wort "Papier" gebraucht.

BFV: Wurde Ihnen von der Behörde konkret mitgeteilt bis wann, ich meine bis zu welchem Tag und welcher Uhrzeit Sie sich in Haft befinden müssen?

BF: Nein.

BFV: Sie haben heute angegeben, dass Sie beim ersten Termin bei der Botschaft am Opernring mit einem Beamten namens XXXXgesprochen haben. Haben Sie bei dem zweiten Termin wieder mit demselben Beamten gesprochen?

BF: Ja, mit derselben Person.

R: Ich halte Ihnen vor, dass laut Homepage der XXXX Botschaft kein Herr XXXXan dieser Botschaft arbeitet.

BF: Damals hat XXXX dort gearbeitet, heute vielleicht nicht mehr.

BB weist darauf hin, dass der BF bei der Einvernahme am XXXX angegeben hat, dass er erst wenn seine Probleme erledigt wurden das Bundesgebiet verlassen wird. Das steht im Widerspruch zu den heutigen Angaben. Was sagen Sie dazu?

BF: Das habe ich gesagt. Ich habe die Wahrheit gesagt.

R: Wem? Mir oder der belangten Behörde?

BF: Das habe ich dem Dolmetscher erzählt. Er hat nicht alles erzählt. Ich habe ihm erzählt, dass ich in INDIEN Probleme habe und nicht dorthin zurück will.

R: Jetzt sagen Sie, dass Sie wegen Problemen nicht ausreisen können, zuvor sagten Sie, dass Sie ausreisen wollen. Das widerspricht sich!

BF: Ich habe nicht gesagt, ich kann nicht zurückkehren kann nach INDIEN, sondern, dass ich erst nach INDIEN zurückkehren kann, wenn sich meine Probleme aufgelöst haben werden.

R: Haben sich die Probleme mittlerweile aufgelöst oder nicht?

BF: Weiß ich nicht.

BB: Aus der Sicht der Behörde ist es unglaubwürdig, dass Sie sonst über keine Identitätsdokumente verfügen. Besitzen Sie eine Führerschein, eine Geburtsurkunde oder sonstige indische Dokumente und wo befinden sich diese?

BF: Ich habe gar nichts. Ich habe Ihnen meine richtige Heimatadresse angegeben.

BB: Wie lautet Ihre richtige Heimatadresse konkret?

BF: XXXX.

Ende der Befragung des Beschwerdeführers

Befragung der belangten Behörde

R: Beschreiben Sie mir das Procedere zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch INDIEN!

BB: Die Erlangung eines Heimreisezertifikates wird zentral administriert. Es gibt die Vereinbarung, dass die erforderlichen Unterlagen für die Heimreisezertifikatserlangung zentral vom BFA an die XXXX Botschaft übermittelt werden. Nachfolgend ist vorgesehen, dass, wenn der Antrag richtig und vollständig übermittelt wurde, ein Interviewtermin vor einem Vertreter der XXXXBotschaft durchgeführt wird. Dort wird erneut geprüft und das kann einige Wochen in Anspruch nehmen. Dann meldet die Botschaft zurück, dass entweder ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden kann oder nicht.

R: Ist dieses Prozedere gleich für die Personen die über sonstige identitätsbezeugende Nachweise verfügen und solche, die das nicht tun?

BB: Personen die über Identitätsdokumente verfügen wird in der Regel schneller ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Unabhängig davon müssen alle Unterlagen an die XXXX Botschaft übermittelt werden. Weiters hat uns die XXXX Botschaft mitgeteilt, dass Personen, die tatsächlich freiwillig ausreisen wollen, problemlos ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird.

R: Ist die Einreichung eines unterschriebenen Antragsformulars somit für die Beantragung eines Heimreiszertifikates unbedingt nötig?

BB: Laut der internen Informationen des BFA sind folgende Unterlagen unbedingt nötig: Dokumente in Kopie, wenn vorhanden. Formblätter in Landessprache Teil 1-3. Ein Fingerabdruckblatt und zwei Passbilder.

R: Welche Unterlagen liegen betreffend den BF vor?

BB: Ein Fingerabdruckblatt und zwei Passbilder.

R: Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Beugehaft genommen. Beschreiben Sie die Festnahme des Beschwerdeführers!

BB: Der BF ist am XXXX zu einem Ladungstermin erschienen. Er wurde dann bezüglich seiner Ausreisewilligkeit befragt und ihm wurden die bereits erwähnten Formblätter übergeben. Nachdem sich der BF im Beisein seines Rechtsvertreters weigerte, die Formblätter auszufüllen, wurde unmittelbar nach der Einvernahme dem BF der Mitwirkungsbescheid (XXXX) zugestellt, darin wurde der BF verpflichtet, die Formblätter auszufüllen und ihm wurde auch eine Zwangsstrafe angedroht, sollte er dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Daraufhin wurde dem BF genügend Zeit gegeben, dieser Verpflichtung umgehend nachzukommen. Auch in dieser Zeit war es für den BF möglich, mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter zu sprechen und mögliche Unklarheiten bezüglich der Verpflichtung auszuräumen. Als sich der BF weigerte, der Verpflichtung nachzukommen, trotz mehrmaliger Aufforderung durch den Beamten des BFA, wurde daraufhin bereits im Beisein von Exekutivbeamten der LPD XXXX dem BF der BESCHEID ÜBER [...] ZWANGSSTRAFE zugestellt (XXXX) und dieser unmittelbar vollzogen.

R: Verstehe ich Sie richtig, dass zwischen die Zustellung des BESCHEIDES ÜBER [...] ZWANGSSTRAFE und die Haft des BF kein weiterer Hoheitsakt getreten ist?

BB: Ja.

R: Der "BESCHEID" bezieht sich auf den "angegebenen Termin und Ort". Derartige Informationen finden sich weder im Spruch, noch in der Begründung. Was sagen Sie dazu?

BB: Beim ersten Teil des Spruches handelt es sich um allgemeine Ausführungen. Die konkrete Mitwirkung in dem Fall lag einzig und allein darin, das Formblatt korrekt und vollständig auszufüllen.

R: Der Spruch des BESCHEIDES lautet sohin in Spruchpunkt I nur: "Sie haben das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit Ihren richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen, widrigen Falles eine 14 tägige Zwangsstrafe über Sie verhängt wird."

BB: Das ist der wesentliche Inhalt und wurde auch mehrfach so vom zuständigen Referenten mündlich kommuniziert.

R: Sie gaben zuvor an, dass das vorgelegte Formblatt unverzüglich auszufüllen ist. Wo findet sich im BESCHEID diese Angabe?

BB: Auf Seite 7 des angesprochenen BESCHEIDES heißt es unter anderem: "Ihnen wird nun umgehend aufgetragen, das vorgelegte

Formblatt ... auszufüllen".

R: Spruchgemäß wurde dem BF keine Paritionsfrist eingeräumt.

BB: Ja. Obwohl man interpretieren könnte, dass, weil es im Spruch heißt: "das vorgelegte Formblatt", eine sofortige Mitwirkung daraus abzuleiten ist, weil das Formblatt erst im Zuge der Einvernahme vorgelegt wurde, [und es daher] unverzüglich auszufüllen [war].

R: Was bedeutet für Sie "unverzüglich"?

BB: Meine Lebenserfahrung würde mir sagen, dass das Ausfüllen eines Formblattes nicht mehr als 10 - 15 Minuten in Anspruch nehmen würde. Diese Frist wurde dem BF auch nachweislich eingeräumt.

R: Wie begründen Sie, dass "unverzüglich" hinreichend bestimmt ist?

BB: Da die Aufforderung bereits in der Einvernahme gegeben wurde und danach auch mehrfach der Sachverhalt dem BF wiederholt wurde, war für die Behörde klar, dass eine unverzügliche Erledigung möglich war und auch gefordert wurde.

R: Hat der BF mittlerweile das Formular ausgefüllt?

BB: Nein, ihm wurde am gestrigen Tag, im Zuge einer erneuten niederschriftlichen Einvernahme die Möglichkeit gegeben, das Formblatt auszufüllen. Ihm wurde dabei erneut erklärt, dass, wenn er seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, er aus der Beugehaft entlassen wird. Auch dort ist er dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Zusätzlich bestand für den BF jederzeit über einen Wunschzettel die Möglichkeit, Kontakt mit dem zuständigen Referenten aufzunehmen, um das Formblatt auszufüllen.

R: Wurden gegen den BF jemals Strafen gemäß § 120 FPG verhängt, wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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