TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/27 99/20/0437

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Veröffentlicht am 27.01.2000
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des EK in Wien, vertreten durch Dr. Werner Brandstetter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenring 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Juli 1999, Zl. SD 97/99, betreffend Entziehung der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 8 Abs. 1 Z 2 und 25 Abs. 3 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (im Folgenden: WaffG) ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die dem Beschwerdeführer am 20. Dezember 1983 von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellte Waffenbesitzkarte 140309 entzogen.

Die belangte Behörde begründete dies damit, dass anlässlich einer behördlichen Überprüfung am 15. November 1998 eine nicht hinreichende Verwahrung der Waffe durch den Beschwerdeführer festgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer wohne in einem Mehrfamilienhaus und habe seine Waffe anstatt in einem Safe in der Wohnung im Keller in einer Schachtel unter anderen Schachteln aufbewahrt gehabt. Die Eingangstür dieses Kellers sei mit einem Zylinderschloss und die Tür des Kellerabteils selbst nur mit einem Buntbartschloss versperrbar. Zu der Behauptung des Beschwerdeführers, die Waffe habe sich in einer verschließbaren Stahlkassette befunden, hätten sich die erhebenden Beamten in einer angeforderten Stellungnahme entsprechend dem von ihnen verfassten Überprüfungsbericht dahingehend geäußert, die Waffe sei keineswegs in einer Stahlkassette verwahrt gewesen. Es handle sich bei der ersten Kellertüre, welche vom Stiegenhaus in den Kellerbereich führe, um eine für sämtliche Hausparteien sperrbare Tür und bei der unmittelbaren Kellerabteiltür des Beschwerdeführers um eine nur mittels Buntbartschlosses gesicherte Tür. Demgemäß könne der anders lautenden Behauptung des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt werden, weil kein Grund dafür erkennbar sei, weshalb die erhebenden Beamten unrichtige Angaben gemacht haben sollten. Aus dem Umstand, dass die Tür zwischen Stiegenhaus und Kellervorraum mit einem Zylinderschloss gesichert sei, sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil diese Tür jedenfalls nicht nur ihm als Zugang diene. Er habe deshalb keine Kontrolle darüber, dass diese Tür auch von den anderen Benützern versperrt gehalten werde.

Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG habe die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Berechtigte bzw. Inhaber sei nicht mehr als verlässlich anzusehen. Eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen der Verlässlichkeit sei u.a. gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. die sorgfältige Verwahrung der Waffen. Gemäß § 3 Abs. 1 der Zweiten Waffengesetz-Durchführungsverordnung sei eine Schusswaffe dann sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem Zugriff schütze.

Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Beantragt wird die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides aus diesen Gründen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der fristgerecht erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Darauf hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 4. Jänner 2000 repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, einen Lokalaugenschein unter Beiziehung der beiden Gendarmeriebeamten, die die Überprüfung der Verwahrung der Waffe durchgeführt hatten, vorzunehmen. Dadurch hätte bei den Gendarmeriebeamten "die Bestätigung des Vorhandenseins einer Stahlkassette wieder in Erinnerung gerufen" werden können. Weiters hätte der Lokalaugenschein ergeben, dass zu dem Vorkeller nur zwei Mieter Zutritt haben, weshalb die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Keller unversperrt bliebe, wesentlich geringer sei als von der Behörde angenommen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die beiden Gendarmeriebeamten bereits unmittelbar nach Überprüfung der Aufbewahrung der Waffe des Beschwerdeführers am 15. November 1998 in ihrem schriftlichen Bericht festgehalten haben, die Waffe sei in einer Schachtel und nicht in einem einbruchshemmenden Behältnis im Keller verwahrt worden. Auch in ihrer Stellungnahme zu der Behauptung des Beschwerdeführers, die Waffe habe sich in einer Stahlkassette befunden, haben sie nochmals ausdrücklich deponiert, dass die Waffe lediglich in einer Schachtel aufbewahrt gewesen sei. Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde ausdrücklich vor, dass er den Gendarmeriebeamten keineswegs unrichtige Angaben unterstelle. Bei dieser Sachlage ist aber in Übereinstimmung mit der belangten Behörde nicht zu erkennen, warum ein Lokalaugenschein die Erinnerung der Gendarmeriebeamten hätte auffrischen können, wenn diese ihre Wahrnehmungen unmittelbar nach Überprüfung an Ort und Stelle schriftlich festgehalten und bereits ausdrücklich erklärt haben, dass die Waffe entsprechend ihren Wahrnehmungen nicht in einem Behältnis, sondern in einer Schachtel vorgefunden worden sei. Einer Auffrischung der Erinnerung an seinerzeitige Wahrnehmungen aufgrund eines länger verstrichenen Zeitraumes bedurfte es demnach nicht. Nicht maßgeblich ist, wie viele Personen außer dem Beschwerdeführer noch Zugang zu dem Kellervorraum, der zur Kellerabteiltür führt, haben. Entscheidend ist - worauf schon die belangte Behörde hingewiesen hat -, dass der Beschwerdeführer keine Kontrolle darüber hat, ob die Kellervorraumtür durch eine andere Hauspartei versperrt gehalten wird bzw. dass deshalb zu diesem Kellervorraum eine vom Beschwerdeführer nicht kontrollierbare Anzahl von anderen Personen Zutritt hat. Demgemäß kommt dem beantragten Lokalaugenschein auch insoweit keine Relevanz zu.

Gemäß § 25 Abs. 2 WaffG hat die Behörde insbesondere die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht (mehr) waffenrechtlich verlässlich ist. Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist, so hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der (waffenrechtlichen) Verlässlichkeit auszugehen hat und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 8 WaffG. Ein Mensch ist danach als verlässlich im Sinne des Waffengesetzes anzusehen, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (§ 8 Abs. 1 Z 2 WaffG).

§ 3 Abs. 1 und 2 der Zweiten Waffengesetzdurchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (Zweite WaffV) lauten:

"Sichere Verwahrung

§ 3. (1) Eine Schußwaffe ist sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.

(2) Für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition sind insbesondere folgende Umstände maßgeblich:

1. Verwahrung der Waffe an einem mit der Rechtfertigung oder dem Bedarf in Zusammenhang stehenden Ort, in davon nicht betroffenen Wohnräumen oder in Dritträumen (z.B. Banksafe);

2. Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit;

3. Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind;

4. Schutz von Waffen und Munition vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender."

Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1998, Zl. 98/20/0083).

§ 3 Abs. 2 der Zweiten WaffV unterscheidet zwischen dem Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen und Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern bzw. Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender. Je nach dem vorzubeugenden Risiko ist somit die zumutbare Art der Verwahrung vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichtetem - Zugriff in einem unterschiedlichen Ausmaß zu beurteilen.

§ 3 Abs. 2 Z 2 der zitierten Verordnung verweist für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen (lediglich) darauf hin, dass es einer entsprechenden Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit, wo die Waffe aufbewahrt wird, bedürfe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, dass bei Vorhandensein einer den üblichen technischen Sicherheitsvorkehrungen entsprechenden Absperrung eines Wohnhauses (bzw. einer Wohnung) zur Sicherung der Waffe vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, also unabhängig von den Erfordernissen des § 3 Abs. 2 Z 3 und 4 der zitierten Verordnung, es nicht in jedem Fall zusätzlich eines entsprechenden ein- oder aufbruchsicheren Behältnisses bedürfe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, Zl. 99/20/0321). Im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde allerdings beizupflichten, dass die Aufbewahrung der Waffe in einer Schachtel in einem Kellerabteil, welches lediglich durch ein Buntbartschloss versperrbar ist, dem Erfordernis einer den üblichen technischen Sicherheitsvorkehrungen entsprechenden Absperrung nicht Genüge leistet. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass sich der Aufbewahrungsort der Waffe außerhalb der Wohnungsräumlichkeiten des Beschwerdeführers in einem einer durch ihn nicht kontrollierbaren Anzahl von Personen zugänglichen Keller befindet. Dass derartige Kellerräumlichkeiten an sich durch einen "Zugriff durch Gewalt gegen Sachen" nicht gefährdet wären, kann keinesfalls als eine gesicherte Tatsache angesehen werden.

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG hinsichtlich der sorgfältigen Verwahrung von Waffen seien beim Beschwerdeführer nicht mehr gegeben, kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Hinsichtlich der zitierten Entscheidung wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 27. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999200437.X00

Im RIS seit

04.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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