TE Vwgh Erkenntnis 2018/6/15 Ra 2017/11/0048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2018
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §112 Abs1;
ÄrzteG 1998 §112 Abs2 idF 2005/I/156;
ÄrzteG 1998 §112 Abs2;
ÄrzteG 1998 §112 Abs3;
ASVG §6;
B-VG Art18 Abs1;
GSVG 1978 §5 Abs3;
GSVG 1978 §5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, vertreten durch PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Julius Raab-Platz 4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 5. Jänner 2017, Zl. VGW-162/039/13539/2015-12, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds (mitbeteiligte Partei: Dr. C R in K, vertreten durch DDr. Heinz-Dietmar Schimanko, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 20/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 8. September 2015 wies der Revisionswerber (die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht) den Antrag der Mitbeteiligten vom 6. Jänner 2015 auf Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien ab 1. Jänner 2015 gemäß § 10 Abs. 9 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien ab. Dem wurde im Wesentlichen zu Grunde gelegt, dass die Ansprüche der Mitbeteiligten auf Ruhe- bzw. Versorgungsgenuss aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Ärzteversorgung Niedersachsen den gegenüber dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien bestehenden Ansprüchen nicht (annähernd) gleichwertig seien, weil sie unter 80 % des Durchschnitts der entsprechenden Leistungen des Wohlfahrtsfonds lägen.

2 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht (in Stattgebung der von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde) dem Befreiungsantrag ab 1. Jänner 2015 gemäß § 112 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 iVm § 10 Abs. 9 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien Folge; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

3 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:

4 Die im Jahr 1962 geborene Mitbeteiligte sei seit 1. November 1990 Mitglied der Ärzteversorgung Niedersachsen; ab 21. Mai 1999 habe sie die Mitgliedschaft freiwillig fortgesetzt. Nach ihrer Übersiedlung nach Österreich im Jahr 1998 habe sie eine ärztliche Tätigkeit als Wohnsitzärztin in Niederösterreich begonnen und sei von der Ärztekammer für Niederösterreich von der Beitragspflicht befreit worden. Seit 5. Jänner 2015 übe sie in Wien eine ärztliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis aus. Ihre freiwillige Weiterversicherung bei der Ärzteversorgung Niedersachsen sei seit ihrer Wohnsitzverlegung nach Österreich durchgehend aufrecht.

5 Durch die Ärzteversorgung Niedersachsen stehe ihr ab 1. März 2015 eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich EUR 685,31, ab 1. November 2028 eine Altersrente von monatlich EUR 588,76 gesichert zu. An Hinterbliebenenleistungen fielen jeweils monatlich an: Witwenrente von EUR 411,19, Vollwaisenrente von EUR 205,59 bzw. Halbwaisenrente von EUR 102,80.

6 Dem stünden folgende Durchschnittswerte an Leistungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gegenüber:

Altersversorgung von ca. EUR 940,--, Witwen- bzw. Witwerversorgung von ca. EUR 740,--; Invaliditätsversorgung von ca. EUR 980,--; Waisenversorgung von ca. EUR 280,-- bzw. Kinderunterstützung von ca. EUR 125,--.

7 Auf Grund ihres beruflichen Werdegangs könne die Mitbeteiligte, die erst seit 1998 in Österreich lebe und seit 2015 von der Ärztekammer für Wien zu Beitrittsleistungen zum Wohlfahrtsfonds verpflichtet werde, derartige (an entsprechende Beitragsleistungen geknüpfte) Durchschnittsversorgungsleistungen nicht erhalten; vielmehr sei ihr aus Versorgungsleistungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu erwartendes Einkommen mit etwa einem Drittel des Durchschnittswerts zu veranschlagen.

8 Vor diesem Hintergrund sei der Befreiungsanspruch der Mitbeteiligten nach § 112 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 begründet, weil ihr ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhebzw. Versorgungsgenuss auf Grund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des EWR zustehe. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin könne es bei der vorzunehmenden Beurteilung der (annähernden) Gleichwertigkeit der jeweiligen Ansprüche nicht auf fiktive Versorgungsleistungen des Wohlfahrtsfonds ankommen, wenn - wie hier - feststehe, dass die Mitbeteiligte nie in die Lage kommen könne, Leistungen in der Durchschnittshöhe zu beanspruchen.

9 Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, deren Zulässigkeitsbegründung u.a. geltend macht, es fehle höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Versorgungsansprüche aus anderen Versorgungswerken als "gleichwertig" iSd § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 anzusehen seien.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Die Revision ist aus dem von ihr angeführten Grund zulässig; sie ist aber nicht begründet.

12 Im Revisionsfall sind folgende Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 26/2017 (ÄrzteG 1998), von Bedeutung:

     "Versorgungsleistungen

     § 97. (1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind Leistungen

zu gewähren

1.        an anspruchsberechtigte Kammerangehörige für den Fall

des Alters, der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit,

2.        an Kinder von Empfängern einer Alters- oder

Invaliditätsversorgung,

3.        an Hinterbliebene im Falle des Ablebens eines

anspruchsberechtigten Kammerangehörigen sowie

4.        an ehemalige Kammerangehörige und Hinterbliebene von

Kammerangehörigen, soweit deren Beiträge weder an eine andere Ärztekammer überwiesen noch dem Kammerangehörigen rückerstattet worden sind (§ 115).

...

§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. Übt ein Kammerangehöriger seinen Beruf im Bereich mehrerer Ärztekammern aus, so bleibt er Mitglied im Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer, in deren Bereich er zuerst die Berufstätigkeit aufgenommen hat, solange diese Tätigkeit in dem betreffenden Bundesland aufrecht ist. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeit für weniger als sechs Monate sowie eine ärztliche Tätigkeit im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften (§ 68 Abs. 4 letzter Satz) gilt diesbezüglich als ununterbrochene Berufsausübung. Nimmt er seine ärztliche Tätigkeit gleichzeitig im Bereich mehrerer Ärztekammern auf, so obliegt ihm die Wahl, zu welchem Wohlfahrtsfonds er seine Beiträge leistet.

...

(4) Die Satzung kann vorsehen, daß ein Kammerangehöriger durch Übernahme der Verpflichtung zur Leistung von höheren als in der Beitragsordnung oder im Abs. 3 vorgesehenen Beiträgen den Anspruch auf entsprechend höhere Leistungen erwerben kann.

...

Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes oder § 23 Z 1 Zahnärztegesetz aus, kann die Satzung vorsehen, dass die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes oder § 23 Z 1 Zahnärztegesetz aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, dass die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

(2) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer des Bundesgebietes oder ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs) Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit. Eine diesbezügliche, längstens bis zum 1. Jänner 2005 rückwirkende Befreiung ist zulässig.

(3) Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtig werden, sind, sofern dies die Satzung vorsieht, ab Vollendung des 35. Lebensjahres zu einer Nachzahlung im Sinne des Abs. 4 verpflichtet. Diese Nachzahlungsverpflichtung entfällt für jene Zeiträume, in denen der Kammerangehörige in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft in einem gesetzlich vorgesehenen System der sozialen Sicherheit in einem Zweig versichert war, der Leistungen für den Fall der Invalidität, des Alters oder an Hinterbliebene vorsieht.

(4) Für die Berechnung des Nachzahlungsbetrages ist der auf einen Kammerangehörigen entfallende Durchschnittsbeitrag der einzelnen Kalenderjahre heranzuziehen. Weiters hat die Satzung zu bestimmen, ob bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrages auf das Beitragsniveau des laufenden Kalenderjahres aufzuwerten ist, oder ob mit dem Prozentsatz der durchschnittlichen Rendite des Fondsvermögens während des Nachzahlungszeitraumes nach den Grundsätzen einer Zinseszinsrechnung zu verzinsen ist. Außer Ansatz bleiben jedoch die während des Nachzahlungszeitraumes eingehobenen Beitragsanteile für die Leistungen gemäß § 104 und die Unterstützungsleistungen.

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

...

§ 115. (1) Verlegt ein Kammerangehöriger seinen Berufssitz (Dienstort) dauernd in den Bereich einer anderen Ärztekammer oder Landeszahnärztekammer, ist ein Betrag in der Höhe von mindestens 70 vH der von ihm zum Wohlfahrtsfonds der bisher zuständigen Ärztekammer entrichteten Beiträge der nunmehr zuständigen Ärztekammer zu überweisen. Die für bestimmte Zwecke, insbesondere Bestattungsbeihilfe, Hinterbliebenenunterstützung und Krankenunterstützung, satzungsgemäß vorgesehenen Beitragsteile bleiben bei der Berechnung des Überweisungsbetrages außer Betracht. Bei Streichung eines Kammerangehörigen aus der Ärzteliste (§ 59 Abs. 3) oder Zahnärzteliste gebührt ihm der Rückersatz in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Bestimmungen in Höhe von mindestens 50 vH; erfolgt die Streichung gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 oder 6, gebührt dieser Rückersatz nach Ablauf von drei Jahren ab dem Verzicht bzw. der Einstellung der Berufsausübung, sofern nicht zwischenzeitlich eine neuerliche Eintragung in die Ärzteliste oder Zahnärzteliste erfolgt oder ein Anspruch auf Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds besteht.

(2) Während der Zeit der Ausbildung eines Kammerangehörigen zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt hat keine Überweisung zu erfolgen. Diese ist erst nach Eintragung in die Ärzteliste als Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt durchzuführen. In diesem Fall erhöht sich der Überweisungsbetrag auf mindestens 90 vH.

(3) Ein Rückersatz von Beiträgen nach Abs. 1 oder 2 ist nur dann möglich, wenn der Kammerangehörige schriftlich bestätigt, dass er nicht in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft von einem Zweig eines gesetzlich vorgesehenen Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige erfasst wird, der Leistungen für den Fall der Invalidität, des Alters oder an Hinterbliebene vorsieht."

13 § 10 Abs. 9 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (iF auch "Satzung") lautet:

"Der Verwaltungsausschuss hat Fondsmitglieder, die den Nachweis darüber, dass ihnen und ihren Hinterbliebenen ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs) Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, über Antrag, für die Dauer dieser Zugehörigkeit, von den Fondsbeiträgen zur Gänze zu befreien. Für den Fall der Bewilligung dieses Antrages ist die Gewährung von Fondsleistungen ausgeschlossen."

14 Die Mitbeteiligte, die in die Ärzteliste eingetragen ist und seit Jänner 2015 nicht mehr wie zuvor in Niederösterreich, sondern in Wien eine ärztliche Tätigkeit ausübt, wäre iSd. § 109 Abs. 1 ÄrzteG 1998 zur Leistung von Beiträgen an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien verpflichtet, sofern nicht eine Befreiung von der Beitragspflicht nach § 112 ÄrzteG 1998 zum Tragen kommt. Sie hat ihren revisionsgegenständlichen Befreiungsantrag auf § 112 Abs. 2 zweiter Fall ÄrzteG 1998 gestützt. Danach wäre sie (zur Gänze) von der Beitragspflicht nach § 109 ÄrzteG 1998 zu befreien, wenn ihr ein "zumindest annähernd gleichwertiger" Anspruch auf Ruhebzw. Versorgungsgenuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den EWR zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht.

15 Nicht strittig war im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, dass es sich bei der Zugehörigkeit der Mitbeteiligten zur Ärzteversorgung Niedersachsen um die Mitgliedschaft in einem "berufsständischen Versorgungswerk" (vgl. dazu VwGH 21.2.2006, 2004/11/0131) im Gebiet einer Vertragspartei des EWR iSd § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 handelt und dass die betreffenden Ansprüche der Mitbeteiligten auf Gesetz beruhen.

16 Im Revisionsfall bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Ansprüche der Mitbeteiligten gegenüber diesem Versorgungswerk als denen gegenüber dem Wohlfahrtsfonds zumindest annähernd gleichwertig iSd § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 bzw. § 10 Abs. 9 der Satzung sind.

17 Der Revisionswerber will diese Frage verneint wissen und argumentiert damit, dass die Ansprüche der Mitbeteiligten gegenüber der Ärzteversorgung Niedersachsen weniger als 80 % jener Ansprüche betrügen, wie sie Ärzte im Durchschnitt gegenüber dem Wohlfahrtsfonds hätten.

18 Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, bei der vorzunehmenden Beurteilung dürften nicht die konkret zu erwartenden Ansprüche (gegenüber der Ärzteversorgung Niedersachsen) bloß fiktiven, von der Mitbeteiligten nie erreichbaren Werten gegenübergestellt werden. Die von der Ärzteversorgung Niedersachsen zu erwartenden Leistungen lägen (weit) über jenen, die die Mitbeteiligte vom Wohlfahrtsfonds erwarten könne; die Voraussetzung der (annähernden) Gleichwertigkeit iSd § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 sei daher jedenfalls erfüllt.

19 Das Tatbestandsmerkmal der (annähernden) Gleichwertigkeit iSd § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 bzw. § 10 Abs. 9 der Satzung wird in diesen Vorschriften nicht näher definiert. Es erscheint daher ein Blick auf die Materialien und die historische Genese angezeigt.

20 Die Stammfassung des Ärztegesetzes 1949 (BGBl. Nr. 92/1949) beinhaltete noch keine dem nunmehrigen § 112 ÄrzteG 1998 vergleichbaren Befreiungsmöglichkeiten. Erst mit den Novellen BGBl. Nr. 50/1964 bzw. BGBl. Nr. 229/1969 wurden - in § 47 Abs. 2 bzw. (nach der Aufhebung dieser Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 2. Juli 1968, G 5/68; VfSlg. 5742) in § 45a ÄrzteG 1949 - dem nunmehrigen § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998 entsprechende Regelungen betreffend eine Befreiung von der Beitragspflicht eingefügt, ohne dass das (auch dort) geforderte Merkmal der Gleichwertigkeit näher definiert worden wäre und auch ohne nähere Ausführungen in den Materialien (RV 362 BlgNR 10. GP bzw. RV 1261 BlgNR 11. GP) dazu.

§ 45a lautete danach:

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 45 a. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt er keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 aus, ist er auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 43 k einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung nach § 44 zu befreien. Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 aus, ist eine Befreiung nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig.

(2) Kammerangehörige, die erstmalig die ordentliche Kammerangehörigkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres erworben haben, werden auf ihren Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 44 befreit. Wird ein solcher Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eintragung in die Ärzteliste und gleichzeitiger Belehrung über die Befreiungsmöglichkeiten nicht gestellt, ist der Kammerangehörige nicht nur zur Leistung der seit Beginn der Kammerzugehörigkeit fälligen Beiträge, sondern auch zur Nachzahlung des ab dem Zeitpunkt der Errichtung des Fonds in den einzelnen Kalenderjahren jeweils geleisteten, auf einen Kammerangehörigen entfallenden Durchschnittsbeitrages verpflichtet, wenn er in diesem Zeitpunkt das 35. Lebensjahr bereits vollendet hatte. In allen übrigen Fällen beginnt die Nachzahlungsverpflichtung mit Vollendung des 35. Lebensjahres. Bei Berechnung des Nachzahlungsbetrages bleiben jedoch die während des Nachzahlungszeitraumes eingehobenen Beitragsanteile für die Todesfallbeihilfe außer Betracht.

..."

21 Im Ärztegesetz 1984, BGBl. Nr. 373/1984 (Wiederverlautbarung), waren Regelungen betreffend die Befreiung von der Beitragspflicht in § 78 enthalten. Sie lauteten (unverändert bis zur Außerkraftsetzung durch das Ärztegesetz 1998):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 78. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt er keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 aus, ist er auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 73 einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung nach § 75 zu befreien. Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 aus, ist eine Befreiung nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig.

(2) Kammerangehörige, die erstmalig die ordentliche Kammerangehörigkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres erworben haben, werden auf ihren Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 75 befreit. Wird ein solcher Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eintragung in die Ärzteliste und gleichzeitiger Belehrung über die Befreiungsmöglichkeiten nicht gestellt, ist der Kammerangehörige nicht nur zur Leistung der seit Beginn der Kammerzugehörigkeit fälligen Beiträge, sondern auch zur Nachzahlung des ab dem Zeitpunkt der Errichtung des Fonds in den einzelnen Kalenderjahren jeweils geleisteten, auf einen Kammerangehörigen entfallenden Durchschnittsbeitrages verpflichtet, wenn er in diesem Zeitpunkt das 35. Lebensjahr bereits vollendet hatte. In allen übrigen Fällen beginnt die Nachzahlungverpflichtung mit Vollendung des 35. Lebensjahres. Bei Berechnung des Nachzahlungsbetrages bleiben jedoch die während des Nachzahlungszeitraumes eingehobenen Beitragsanteile für die Todesfallbeihilfe außer Betracht.

(3) Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtig werden, sind unter sinngemäßer Anwendung der Berechnungsbestimmungen nach Abs. 2 zu einer solchen Nachzahlung verpflichtet.

(4) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen."

22 Das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, normierte Befreiungsmöglichkeiten in § 112; diese lauteten (in der Stammfassung):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, kann die Satzung vorsehen, daß die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, daß die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

(2) Kammerangehörige, die erstmalig die ordentliche Kammerangehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres erworben haben, werden auf ihren Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit. Wird ein solcher Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eintragung in die Ärzteliste und gleichzeitiger Belehrung über die Befreiungsmöglichkeiten nicht gestellt, ist der Kammerangehörige nicht nur zur Leistung der seit Beginn der Kammerzugehörigkeit fälligen Beiträge, sondern auch zur Nachzahlung von Beiträgen ab Vollendung des 35. Lebensjahres verpflichtet.

(3) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichartiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuß auf Grund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer des Bundesgebietes oder einem anderen berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit.

(4) Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtig werden, sind ab Vollendung des 35. Lebensjahres zu einer solchen Nachzahlung verpflichtet."

23 In der Regierungsvorlage (1386 Blg. NR, 20. GP, 107) wird dazu lediglich ausgeführt, dass "die Regelungen über den Wohlfahrtsfonds" im Wesentlichen "den §§ 62 bis 82 des geltenden Ärztegesetzes 1984" entsprechen.

24 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 179/2004 (Gesundheitsreformgesetz 2005) erfolgte - neben weiteren Änderungen von den Wohlfahrtsfonds betreffenden Regelungen - eine Neufassung des § 112 ÄrzteG 1998; dieser lautete (auszugsweise):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, kann die Satzung vorsehen, dass die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, dass die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

(2) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichartiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit.

(3) Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtig werden, sind, sofern dies die Satzung vorsieht, ab Vollendung des 35. Lebensjahres zu einer Nachzahlung im Sinne des Abs. 4 verpflichtet. Diese Nachzahlungsverpflichtung entfällt für jene Zeiträume, in denen der Kammerangehörige in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft in einem gesetzlich vorgesehenen System der sozialen Sicherheit in einem Zweig versichert war, der Leistungen für den Fall der Invalidität, des Alters oder an Hinterbliebene vorsieht."

25 Die Regierungsvorlage (693 BlgNR, 22. GP, 22) führt zu den Änderungen der wohlfahrtsfondsrechtlichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 Folgendes aus:

"Zu Z 15 bis 19 und 22 bis 24 (§§ 97 Z 4, 98 Abs. 1, 5 und 6a, 104, 112 und 115 Abs. 1 zweiter Satz und 3):

Die Ausgestaltung der wohlfahrtsfondsrechtlichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 hat insbesondere auch die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (8) (9) (10) (11) (ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 2), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 631/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004, ABl. Nr. L 100 vom 6.4.2004, S. 1, zu berücksichtigen. An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass diese Verordnung ebenso auf die Schweizerische Eidgenossenschaft anzuwenden ist.

Die in Kürze in Aussicht genommene rechtswirksame Verankerung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, erfordert einige Änderungen im Bereich des Wohlfahrtsfondsrechts, die in den nachstehend angeführten Ziffern umgesetzt werden.

Zu Z 15 (§ 97 Z 4):

Nach der derzeitigen Rechtslage kommen Versorgungsleistungen aus dem Wohlfahrtsfonds nur für Kammerangehörige, Hinterbliebene sowie Kinder von Empfängern einer Alters- oder Invaliditätsversorgung in Frage. Scheidet hingegen ein Kammerangehöriger aus einer Ärztekammer aus, ohne dass die Voraussetzungen für den Anfall einer Versorgungsleistung vorliegen (etwa weil er seinen Beruf im Bereich einer anderen Ärztekammer fortsetzt oder weil er aus dem ärztlichen Beruf ausscheidet), so sieht § 115 Ärztegesetz 1998 entweder die Überweisung der Beiträge an eine andere Landesärztekammer oder die Rückerstattung der Beiträge an den Kammerangehörigen selbst mit der Konsequenz vor, dass damit die Leistungsansprüche gegen die Wohlfahrtskasse erlöschen. Dem gegenüber schreibt die Verordnung 1408/71 für Sachverhalte, bei denen ein Arzt aus Österreich in einen anderen EWR-Vertragsstaat oder in 20 von 108 693 der Beilagen XXII. GP - Regierungsvorlage - Materialien die Schweizerische Eidgenossenschaft migriert (oder umgekehrt), vor, dass die jeweils national erworbenen Ansprüche aufrecht bleiben. In diesen Fällen kommt es daher zu keiner Beitragsrückerstattung an den ausscheidenden Kammerangehörigen (siehe dazu § 115 Abs. 3 des Entwurfs), sodass in der Folge von der Wohlfahrtskasse Versorgungsleistungen auch an ehemalige Kammerangehörige zu gewähren sind.

Durch die Formulierung in § 97 Z 4 des Entwurfs wird zudem klargestellt, dass ehemalige Kammerangehörige, die nicht ins Ausland, sondern in den Bereich einer anderen Landesärztekammer verzogen sind, selbstverständlich keine Leistungsansprüche gegen den ursprünglichen Wohlfahrtsfonds geltend machen können, da deren Beiträge gemäß § 115 Abs. 1 bzw. 2 an die zuständige Landesärztekammer überwiesen wurden.

Zu Z 16 und 19 (§§ 98 Abs. 1 und 104 Abs. 1 bis 3):

Für die Auszahlung von Sterbegeld ist nach der Verordnung 1408/71 jener Staat zuständig, in dem der Verstorbene zuletzt berufstätig war. Es kommt also nicht zu einer Aliquotierung des Sterbegeldes. Vielmehr ist dieses in der vollen, im zuständigen Vertragsstaat vorgesehenen Höhe auszubezahlen. Dies würde nach geltender Rechtslage dazu führen, dass die zum Teil verhältnismäßig hohen Todesfallbeihilfen von den Wohlfahrtskassen auch dann zur Gänze ausbezahlt werden müssten, wenn der Arzt auch nur wenige Tage vor der Pensionierung oder, bei aufrechter Berufsberechtigung, vor dem Tod nach Österreich migriert. Dies ist deshalb unbefriedigend, weil gerade die Todesfallbeihilfe in der Regel nach dem Umlageverfahren konzipiert ist und es nach Ansicht der ärztlichen Standesvertretung nicht gerechtfertigt scheint, dass ein zuziehender Arzt, der nur geringfügige Beiträge erbracht hat, ebenso die gesamte Todesfallbeihilfe beziehen können soll.

Unter Sterbegeld im Sinne der Verordnung 1408/71 ist eine Unterstützungsleistung gemeint, die im Zusammenhang mit dem Begräbnis anfallende Kosten abdecken soll. Die wohlfahrtsfondsrechtliche Todesfallbeihilfe hingegen geht über diesen Zweck hinaus und soll auch eine finanzielle Soforthilfe für die Hinterbliebenen darstellen. Aus diesem Grund wird seitens der ärztlichen Standesvertretung vorgeschlagen, diese beiden Aspekte der Todesfallbeihilfe in eine Bestattungsbeihilfe und eine Hinterbliebenenunterstützung zu trennen und die Bestattungsbeihilfe deutlich niedriger als die bisherige Todesfallbeihilfe anzusetzen.

Durch die im Entwurf vorgeschlagene Zweiteilung könnte bei entsprechenden Migrationsfällen die Begräbnisbeihilfe jedem Arzt, der zuletzt in Österreich tätig war, in voller Höhe gewährt werden, während die Hinterbliebenenunterstützung ebenso wie die Alters- und Invaliditätsversorgung entsprechend der Dauer der Berufstätigkeit in Österreich aliquotiert gewährt werden könnte.

Zu Z 17 (§ 98 Abs. 5 letzter Satz):

Da die Verordnung 1408/71 Beitragsrückerstattungen bzw. - überweisungen im Falle von Migrationen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (und der Schweizerischen Eidgenossenschaft) verbietet, kann es zu sehr kurzen Versicherungsverläufen kommen. Aus administrativen Gründen wäre es daher sinnvoll, geringfügige Leistungsansprüche durch eine nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnete Einmalzahlung abzulösen. Die diesbezügliche Möglichkeit soll in der Satzung vorgesehen werden können.

...

Zu Z 22 (§ 112):

Nach der Verordnung 1408/71 ist eine Befreiung von der Beitragspflicht für Ärzte und Ärztinnen, die aus einem anderen EWR-Vertragsstaat oder aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft nach Österreich zuziehen, nicht mehr möglich. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Alter der Zuzug erfolgt. Dies bedeutet, dass jedenfalls die Befreiungsmöglichkeit für jene Ärzte und Ärztinnen aufzuheben ist, die aus einem anderen EWR-Vertragsstaat oder aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft zuziehen.

Die in § 112 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 vorgesehene Befreiungsmöglichkeit kann daher nur für jene Ärzte und Ärztinnen aufrechterhalten werden, auf die die Verordnung 1408/71 nicht anwendbar ist.

Dies könnte Ärzte und Ärztinnen betreffen, die entweder eine ärztliche Berufsberechtigung erst nach dem 45. Lebensjahr erlangen oder aus einem Nicht-EWR-Vertragsstaat nach Österreich migrieren und die österreichische Staatsbürgerschaft nach dem 45. Lebensjahr zuerkannt erhalten.

Unter Sachlichkeitsgesichtspunkten scheint es jedoch problematisch, diese im Verhältnis zu den EWR-Migranten und EWR-Migrantinnen wahrscheinlich geringere Anzahl von in höherem Lebensalter neu eintretenden Ärzten und Ärztinnen anders zu behandeln als EWR-Migranten und EWR-Migrantinnen, sodass die Befreiungsmöglichkeit bei erstmaliger Aufnahme in die Ärzteliste nach dem 45. Lebensjahr für alle Ärzte und Ärztinnen aufgegeben wird und versicherungsmathematische Nachteile durch eine geringere Relation zwischen den einbezahlten Beiträgen und den Leistungen vermieden werden.

Weiters gestattet die Verordnung 1408/71 nicht, dass Kammerangehörige aufgrund einer Mitgliedschaft bei einem ausländischen berufsständischen Versorgungswerk von der Beitragspflicht befreit werden, sodass die diesbezügliche in § 112 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 vorgesehene Möglichkeit zu streichen ist (vgl. § 112 Abs. 2 des Entwurfs).

Nach der Verordnung 1408/71 ist es ebenso nicht mehr möglich, von Ärzten und Ärztinnen, die in einem anderen EWR-Vertragsstaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft pensionsversichert waren, für die selben Zeiträume Nachzahlungen zu verlangen. Für alle anderen Ärzte und Ärztinnen (also solche, die nicht aus einem EWR-Vertragsstaat oder aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft nach Österreich migrieren, bzw. Ärzte und Ärztinnen, die erst nach dem 35. Lebensjahr die ärztliche Berufsberechtigung erlangen) kann jedoch eine Nachzahlung aufrecht bleiben. In Hinblick darauf, dass diese Ärzte und Ärztinnen über keine aliquote Pension aus einem ausländischen Pensionssystem verfügen, kann im Unterschied zu Migranten und Migrantinnen aus einem EWR-Vertragsstaat oder aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine Nachzahlung durchaus sinnvoll sein. Um hier aber auf die Besonderheiten der jeweiligen Wohlfahrtskasse eingehen zu können, wird in § 112 Abs. 3 des Entwurfs vorgeschlagen, die Regelung einer allfälligen Nachzahlung der Satzung zu überlassen.

Zu Z 23 und 24 (§§ 115 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 3):

Verlegt ein Kammerangehöriger seinen Berufssitz in den Bereich einer anderen Ärztekammer, so soll es bei der bisherigen Vorgangsweise bleiben, wonach die Beiträge (allenfalls nach Abzug eines in der Satzung vorgesehenen Abschlags) der zuständigen Ärztekammer überwiesen und von dieser dann die gesamten Leistungsansprüche übernommen werden sollen. Diese Vorgangsweise ist nach geltender Rechtslage allerdings nur auf echte Versorgungsleistungen und insbesondere nicht auf Leistungen der Krankenunterstützung und der Todesfallbeihilfe anzuwenden. Durch die im Entwurf vorgesehene Änderung soll klargestellt werden, dass auch Beiträge für die zukünftige Bestattungsbeihilfe von der Überweisung ausgenommen sind.

Nach der Verordnung 1408/71 ist es nicht mehr möglich, Beiträge leistungsvernichtend rückzuerstatten, falls ein Arzt oder eine Ärztin in einen anderen EWR-Vertragsstaat oder in die Schweizerische Eidgenossenschaft migriert und dort in einem System der sozialen Sicherheit von der Pensionsversicherungspflicht erfasst wird. Da in diesen Fällen die Leistungspflicht des betreffenden Wohlfahrtsfonds aufrecht bleibt, kann somit keine Beitragsrückerstattung mehr vorgesehen werden.

Es ist davon auszugehen, dass ein Berufswechsel im Inland, ein Wechsel in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Inland sowie ein Wechsel in einen Drittstaat von der Verordnung auch dann nicht berührt wird, wenn der Betreffende später in einen EWR-Vertragsstaat oder in die Schweizerische Eidgenossenschaft migriert, insbesondere dann nicht, wenn zwischen der Beitragsrückerstattung und der Wiederaufnahme einer allfälligen Tätigkeit in einem anderen EWR-Vertragsstaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine Zeitspanne liegt.

Grundsätzlich bestünde die Möglichkeit, an diese Regelung anzuknüpfen und die Beiträge nur dann rückzuerstatten, wenn innerhalb dieser drei Jahre kein Tatbestand gesetzt wurde, der zu einer Pensionsversicherungspflicht in einem EWR-Vertragsstaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft führt. Allerdings ist es den Ärztekammern in den Bundesländern im Rahmen der Vollziehung faktisch nicht möglich, einen positiven Nachweis darüber einzuholen, dass der ehemalige Kammerangehörige in keinem anderen EWR-Vertragsstaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft berufstätig ist.

Daher soll in § 115 Abs. 3 des Entwurfs der Rückersatz von Beiträgen daran geknüpft werden, dass der Kammerangehörige der Ärztekammer gegenüber bestätigt, nicht in einem anderen EWR-Vertragsstaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erwerbstätig und damit versichert zu sein."

26 Im weiteren wurde § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 durch die 7. Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 156/2005, mit folgendem - gegenständlich maßgebenden - Inhalt neu gefasst:

"(2) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer des Bundesgebietes oder ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit."

27 Die Materialien (Ausschussbericht, 1135 BlgNR 22. GP, 4) führen dazu Folgendes aus:

"Zu der von der Österreichischen Ärztekammer vorgeschlagenen Regelung erstattete diese insbesondere nachfolgende Ausführungen:

Die Option eines aus dem EWR-Ausland nach Österreich zuziehenden Arztes, die Mitgliedschaft bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Herkunftsstaat aufrecht zu erhalten und sich gleichzeitig von der Mitgliedschaft im Wohlfahrtsfonds der zuständigen Ärztekammer in Österreich zu befreien, entspricht einem Bedürfnis der Ärzte.

Bis 31. Dezember 2004 sah § 112 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 vor, dass sich Ärzte, die in einem anderen EWR-Mitgliedstaat in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung weiterversichert sind, von der Mitgliedschaft im betreffenden Wohlfahrtsfonds in Österreich befreien lassen können.

Mit 1. Jänner 2005 wurden die österreichischen Versorgungseinrichtungen der freiberuflich Tätigen (so auch die Wohlfahrtsfonds der Ärztekammern in den Bundesländern) ebenso wie die deutschen Versorgungseinrichtungen in die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 eingebunden. Da damals noch die Auffassung vertreten wurde, dass die Befreiungsbestimmung in § 112 Ärztegesetz 1998 nicht mit der genannten Verordnung in Einklang zu bringen und es nach dieser zwingend erforderlich sei, dass jeder Arzt in jenem Staat versichert ist, in dem er tätig wird, verzichtete das Gesundheitsreformgesetz 2005 auf die Befreiungsbestimmung mit Wirksamkeit 31. Dezember 2004.

Wie die Vergangenheit beweist, ziehen viele aus Deutschland zuziehende Ärzte die Beibehaltung der Mitgliedschaft in einer deutschen berufsständischen Versorgungseinrichtung dem Beitritt zu einem österreichischen ärztlichen Wohlfahrtsfonds vor, weil sie ihre Pensionsplanung sonst in vielerlei Hinsicht ändern müssten. In diesem Sinne hat sich ein Großteil der deutschen Ärzte in Österreich befreien lassen und die Versicherung im Herkunftsstaat fortgesetzt.

Dieser legitime Wunsch, von der ursprünglichen langfristigen Pensionsplanung nicht abweichen zu müssen, findet auch Akzeptanz in den Ärztekammern in den Bundesländern, denen die Möglichkeit, ausländische Ärzte zu befreien, administrative Vorteile bringt. Die nunmehr vorgeschlagene Optionsmöglichkeit liegt daher im Interesse aller Beteiligten.

Diese ist auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht bedenklich, weil es in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 bereits Präzedenzfälle für eine derartige Ausnahmebestimmungen gibt. Sowohl für die Schweiz als auch für Liechtenstein ist in der genannten Verordnung bereits die Möglichkeit eines ‚opting out' bei bestehendem Schutz in einem entsprechenden System in einem anderen Mitgliedstaat vorgesehen. Da in der vorgeschlagenen Ausnahmeregelung ausdrücklich vorgesehen ist, dass nur ein gleichwertiger Anspruch in einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum die Befreiungsoption eröffnet, ist auch sichergestellt, dass es zu keiner Verschlechterung des sozialen Schutzes des betroffenen Arztes kommen kann. Der Begriff ‚annähernd gleichwertiger Anspruch' ist dem § 5 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978 entnommen. In § 5 GSVG sind Ausnahmeregelungen von der Pflichtversicherung nach diesem Gesetz für einzelne Berufsgruppen enthalten, die bereits aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung anderweitig versichert sind."

28 Schließlich erfolgte durch das Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 - GRÄG 2006, BGBl. I Nr. 122/2006, eine Änderung des § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 dahin, dass diesem Absatz folgender Satz angefügt wurde:

"Eine diesbezügliche, längstens bis zum 1. Jänner 2005 rückwirkende Befreiung ist zulässig."

29 Die Materialien (RV, 1414 Blg NR 22. GP, 8) führen dazu Folgendes aus:

"In Anknüpfung an die 7. Ärztegesetz-Novelle soll mit der nunmehrigen Änderung des § 112 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 sichergestellt werden, dass eine Befreiung von der Beitragspflicht nach § 109 leg.cit. auch rückwirkend, längstens jedoch bis zum 1. Jänner 2005, zulässig ist. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Anordnung eines rückwirkenden In-Kraft-Tretens des § 112 Abs. 2 leg.cit. ausscheiden muss, da diese Bestimmung bereits seit 1. Jänner 2006 in Kraft steht."

30 Die maßgebenden Vorschriften blieben seither unverändert. 31 § 5 GSVG, dem ausgehend von den oben zitierten Materialien

der (auch) in § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 verwendete Begriff "annähernd gleichwertiger Anspruch" entnommen wurde, lautete im Zeitpunkt der Neufassung des § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 durch die 7. Ärztegesetz-Novelle auszugsweise wie folgt:

     "Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne

Berufsgruppen

     § 5. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und

Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder

Pensionsversicherung sind Personen ausgenommen, wenn diese

Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen

beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer

selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4

Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem

Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig

sind, und zwar

1.        für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber

einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder

2.        für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend

abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz

und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

(2) Der Antrag im Sinne des Abs. 1 ist bis zum 1. Oktober 1999 zu stellen. Verordnungen auf Grund dieses Antrages können rückwirkend mit 1. Jänner 2000 erlassen werden.

(3) Die Gleichwertigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 ist jedenfalls dann als gegeben anzunehmen, wenn die Leistungsansprüche (Anwartschaften) auf einer bundesgesetzlichen oder einer der bundesgesetzlichen Regelung gleichartigen landesgesetzlichen Regelung über die kranken- oder pensionsrechtliche Versorgung beruhen.

..."

32 Auf das Wesentliche zusammengefasst und vereinfachend ist

also Folgendes festzuhalten:

33 Während das Ärztegesetz 1949 (ab der Novelle BGBl. Nr. 50/1964) und das Ärztegesetz 1984 Befreiungsmöglichkeiten nur für die Fälle des Bestehens gleichwertiger Ansprüche aus bestimmten unkündbaren Dienstverhältnissen und des Erwerbs der Kammermitgliedschaft nach Vollendung des 50. Lebensjahres kannten, eröffnete das ÄrzteG 1998 (das die bisher schon bestehenden Befreiungsmöglichkeiten, abgesehen von einer Senkung der maßgeblichen Altersgrenze von 50 auf 45 Jahre, im Wesentlichen unverändert ließ) in § 112 Abs. 3 erstmals die Möglichkeit einer Befreiung für den Fall gleichartiger Ansprüche, sei es aufgrund der Mitgliedschaft zu einem anderen Wohlfahrtsfonds, sei es zu einem anderen berufsständischen Versorgungswerk (zum daraus herausleuchtenden Verständnis eines berufsständischen Versorgungswerks vgl. erneut VwGH 2004/11/0131). Die Materialien führen dazu pauschal (und insofern unzutreffend) aus, die Regelungen über den Wohlfahrtsfonds entsprächen im Wesentlichen den bisherigen Bestimmungen. Angemerkt sei dazu allerdings schon hier, dass die Regelung des § 112 Abs. 3 ÄrzteG 1998 (Stammfassung) offenbar ebenso dem damaligen § 5 GSVG (der eine Ausnahme von der Versicherungspflicht u.a. bei Bestehen bestimmter "gleichartiger" Ansprüche normierte) nachgebildet worden ist, wie die spätere des § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 (idF. der Novelle BGBl. I. Nr. 156/2005).

34 Bei dieser Befreiungsmöglichkeit (die das Bestehen eines gleichartigen Anspruchs gegen einen anderen Wohlfahrtsfonds oder ein anderes berufsständisches Versorgungswerk im EWR voraussetzte) blieb es zunächst bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes 2005 mit 31. Dezember 2004, das - wie die Materialien deutlich machen - mit der Auffassung begründet wurde, die Verordnung 1408/71 ließe eine derartige Befreiung nicht zu. Schon ein Jahr später, mit Inkrafttreten der 7. Ärztegesetz-Novelle, hatte der Gesetzgeber diese Auffassung revidiert: Die - auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unbedenkliche - Befreiungsmöglichkeit entspreche einem Bedürfnis der Ärzte, insbesondere dem Wunsch, von der ursprünglichen langfristigen Pensionsplanung nicht abweichen zu müssen. Das Erfordernis der Gleichwertigkeit der jeweiligen Ansprüche verhindere eine Verschlechterung des sozialen Schutzes des betroffenen Arztes; der genannte Begriff sei dem § 5 GSVG entnommen.

35 Durch das GRÄG 2006 wurde die durch das Gesundheitsreformgesetz 2005 entstandene (zeitliche) Lücke der Befreiung geschlossen, indem eine bis 1. Jänner 2005 rückwirkende Befreiung ermöglicht wurde.

36 Höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Bedeutungsinhalt des Begriffs "gleichwertig" iSd. § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 fehlt (wie schon bei Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ausgeführt); der Verwaltungsgerichtshof hatte sich aber schon - im Erkenntnis vom 26. April 2013, 2010/11/0014, und daran anschließend in den Entscheidungen vom 10. Juni 2015, 2013/11/0156, und vom 31. Juli 2017, Ra 2017/11/0061 - mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Ruhebzw. Versorgungsgenuss als "gleichwertig" iSd § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998 mit jenem Versorgungsgenuss anzusehen ist, der gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht. Er ist dabei - gestützt im Wesentlichen auf das auch dem § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998 zu Grunde zu legende Verständnis der Gleichwertigkeit der Anwartschaft auf Versicherungsleistungen nach § 6 ASVG und § 5 Abs. 3 GSVG - zum Ergebnis gelangt, dass Ansprüche auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss gegenüber dem Wohlfahrtsfonds einerseits und - ebenso auf bundesgesetzlichen Regelungen beruhende - Ansprüche nach dem ASVG (gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt) andererseits von vornherein, und zwar "ohne Möglichkeit des Gegenbeweises", als gleichwertig anzusehen sind (gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird im Übrigen auf die Entscheidungsgründe des erstgenannten Erkenntnisses verwiesen).

37 Das gleiche Begriffsverständnis ist auch dem § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 zu Grunde zu legen: Bei Einführung der in Rede stehenden Befreiungsmöglichkeit stellte die - damals in § 112 Abs. 3 ÄrzteG 1998 normierte - Regelung explizit auf das Bestehen eines "gleichartigen" (nicht etwa: "gleichwertigen") Anspruchs ab, sei es aufgrund der Zugehörigkeit zu einem anderen Wohlfahrtsfonds, sei es aufgrund der Zugehörigkeit zu einem anderen berufsständischen Versorgungswerk im EWR. Diese beiden Arten von berufsständischen Versorgungswerken wurden insofern also gleichgesetzt, ohne dass es auf inhaltliche Details etwa der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, die gegebenenfalls einen Wertvergleich zuließen, angekommen wäre.

38 Mit Wiedereinführung dieser Befreiungsmöglichkeit durch die 7. Ärztegesetz-Novelle wurde zwar die frühere Formulierung "gleichartiger" (Anspruch ...) durch die Wendung "gleichwertiger" (Anspruch gegenüber einem anderen Wohlfahrtsfonds) bzw. "zumindest annähernd gleichwertiger" (Anspruch gegenüber einem berufsständischen Versorgungswerk im EWR) ersetzt.

39 Ein anderes Verständnis des Bedeutungsinhalts der (annähernden) Gleichwertigkeit der jeweiligen Anwartschaften auf Ruhe- bzw. Versorgungsgenüsse als bisher (nämlich gleichartig) kann dem Gesetz allerdings nicht entnommen werden. Zwar deutet der Hinweis in den Materialien, durch Abstellen auf die Gleichwertigkeit der jeweiligen Ansprüche solle eine Verschlechterung des sozialen Schutzes des betreffenden Arztes vermieden werden, auf das Erfordernis einer - gesonderten bzw. konkreten - Gleichwertigkeitsprüfung. Doch weist schon der nächste Satz, wonach der genannte Begriff dem § 5 GSVG "entnommen" worden sei, klar in die Gegenrichtung: § 5 GSVG normiert Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne Berufsgruppen, bestimmt in seinem § 5 Abs. 1 Z 1 Ausnahmen für die Krankenbzw. Pensionsversicherung und enthält in seinem Absatz 3 eine Legaldefinition der Gleichwertigkeit: Diese ist schon dann - "jedenfalls" - gegeben, wenn die Leistungsansprüche auf einer gesetzlichen Regelung (über die kranken- bzw. pensionsrechtliche Versorgung) beruhen. Hervorzuheben ist zudem, dass in dieser Regelung der Ausnahme von der Versicherungspflicht die "Gleichartigkeit" und die (wenn auch nur annähernde) "Gleichwertigkeit" zu denselben Konsequenzen führen: Sowohl gleichartige als auch zumindest annähernd gleichwertige Leistungsansprüche können die Ausnahme von der Versicherungspflicht begründen, ohne dass insoweit ein Unterschied zwischen diesen beiden Tatbeständen auszumachen wäre.

40 Wenn nun der Gesetzgeber des Ärztegesetzes 1998 explizit betont, den in § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 verwendeten Begriff dem § 5 GSVG "entnommen" zu haben, ist davon auszugehen, dass er das in § 5 Abs. 3 GSVG normierte Begriffsverständnis auch dem § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 zugrunde gelegt wissen wollte.

41 § 5 Abs. 3 GSVG stellt (bei Vergleich der jeweiligen Ansprüche) auf das Bestehen von auf bundesgesetzlichen bzw. gleichartigen landesgesetzlichen Regelungen beruhenden Leistungsansprüchen ab, während iSd. § 112 Abs. 2 ÄrzteG 1998 die Gleichwertigkeit von Ansprüchen gegenüber dem Wohlfahrtsfonds mit solchen gegenüber berufsständischen Versorgungswerken im EWR (die damit idR auf ausländischen Gesetzen beruhen) zu prüfen ist; § 5 GSVG kann daher hier nur sinngemäß angewendet werden. Bei sinngemäß verwiesenen Bestimmungen ist regelmäßig eine Anpassung an den Kontext der Verweisungsnorm erforderlich (vgl. nur etwa VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0032), was im gegebenen Zusammenhang Folgendes bedeutet:

42 Die (unter sinngemäßer Anwendung des § 5 GSVG zu beurteilende) Gleichwertigkeit der jeweiligen Ansprüche - gegenüber dem Wohlfahrtsfonds einerseits und gegenüber anderen berufsständischen Versorgungswerken im EWR andererseits - ist dann gegeben, wenn sie (iSd. § 5 Abs. 1 Einleitungssatz GSVG) aus der Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung und der Ausübung einer selbständigen beruflichen Tätigkeit resultieren, dem Kammerangehörigen und seinen Hinterbliebenen (wie § 97 Abs. 1 ÄrzteG 1998) Leistungsansprüche für die Risiken des Alters und der Berufsunfähigkeit gewähren, die (wie die Ansprüche ge

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten