TE Vfgh Erkenntnis 2018/6/15 WI1/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2018
beobachten
merken

Index

L0300 Landtagswahl, Wählerevidenz

Norm

B-VG Art6 Abs2, Art95
B-VG Art141 Abs1 lita
Nö LandtagswahlO 1992 §15, §21, §24, §§42 ff, §48, §§74 ff, §78, §§90 ff, §96, §§97 ff
MeldeG §1 Abs7
Nö LandesbürgerevidenzenG §2
VfGG §67 Abs2

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl des Niederösterreichischen Landtages; keine Bedenken gegen die Parteibezeichnung und die Reihung der "Liste Franz Schnabl - SPÖ" auf dem Listenplatz 2 des Stimmzettels; Einbeziehung nur auf Kreisebene abgegebener gültiger Stimmen im Ermittlungsverfahren auf Landesebene gesetzeskonform; Möglichkeit der Überprüfung der Gültigkeit einer Stimmabgabe von Staatsbürgern ohne Hauptwohnsitz, aber mit "ordentlichem Wohnsitz", gegeben; keine Auswirkungen auf Zusammensetzung oder Beschlussfähigkeit der Landeswahlbehörde durch Nichtberücksichtigung der Vertrauenspersonen bei der Ladung zu einer Sitzung der Landeswahlbehörde; Verlautbarung des Kreiswahlergebnisses für den Wahlkreis Baden gesetzeskonform; keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens durch Verweigerung der Akteneinsicht

Spruch

I. Der Anfechtung wird in Bezug auf den Wahlkreis Baden und das Ermittlungsverfahren auf Landesebene nicht stattgegeben.

II. Im Übrigen wird die Anfechtung zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren

1.       Am 28. Jänner 2018 fand die von der Niederösterreichischen Landesregierung durch Verordnung vom 16. November 2017, LGBl 86/2017, ausgeschriebene Wahl des Niederösterreichischen Landtages statt.

2.       Dieser Wahl lagen im Wahlkreis Baden die von der Kreiswahlbehörde überprüften, gemäß §48 Abs5 der Niederösterreichischen Landtagswahlordnung 1992 (im Folgenden: NÖ LWO), LGBl 0300-0 idF LGBl 31/2017, abgeschlossenen und veröffentlichten Kreiswahlvorschläge der folgenden wahlwerbenden Parteien zugrunde:

-  Volkspartei Niederösterreich (ÖVP)

-  Liste Franz Schnabl – SPÖ (SPÖ)

-  Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

-  Die Grünen (GRÜNE)

-  NEOS – Das Neue Niederösterreich (NEOS)

-  Wir für Niederösterreich (WFNOE)

3.       Dieser Wahl lagen weiters die von der Landeswahlbehörde überprüften, gemäß §98 Abs1 und 4 NÖ LWO abgeschlossenen und veröffentlichten Landeswahlvorschläge der folgenden wahlwerbenden Parteien zugrunde:

-  Volkspartei Niederösterreich (ÖVP)

-  Liste Franz Schnabl – SPÖ (SPÖ)

-  Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

-  Die Grünen (GRÜNE)

-  Wir für Niederösterreich (WFNOE)

-  NEOS – Das Neue Niederösterreich (NEOS)

4.       Laut am 1. Februar 2018 verlautbarter Feststellung der Landeswahlbehörde wurden bei dieser Wahl von den 922.807 abgegebenen Stimmen 14.468 als ungültig und 908.339 als gültig gewertet; es gelangten 56 Mandate zur Vergabe. Davon entfielen auf die

-  Volkspartei Niederösterreich 450.812 Stimmen (49,63 %; 29 Mandate)

-  Liste Franz Schnabl – SPÖ 217.289 Stimmen (23.92 %; 13 Mandate)

-  Freiheitliche Partei Österreichs 134.085 Stimmen (14,76 %; 8 Mandate)

-  Die Grünen 58.401 Stimmen (6,43 %; 3 Mandate)

-  NEOS – Das Neue Niederösterreich 46.801 Stimmen (5,15 %; 3 Mandate)

-  Wir für Niederösterreich 367 Stimmen (0,04 %; 0 Mandate)

-  Christliche Partei Niederösterreichs 584 Stimmen (0,06 %; 0 Mandate)

5.       Am 1. Februar 2018 brachte die Anfechtungswerberin, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, bei der Kreiswahlbehörde St. Pölten sowie bei der Landeswahlbehörde jeweils einen Einspruch gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Kreiswahlbehörde St. Pölten und der Landeswahlbehörde ein. Diese Einsprüche wurden von der Landeswahlbehörde mit Beschluss vom 15. Februar 2018 unter Hinweis darauf, dass keine Rechtswidrigkeiten betreffend ziffernmäßige Ermittlungen iSd §102 NÖ LWO vorgebracht worden seien, abgewiesen.

6.       Mit der vorliegenden, auf Art141 B-VG gestützten und am 23. Februar 2018 persönlich eingebrachten Wahlanfechtung beantragt die Wählergruppe "Wir für Niederösterreich" (WFNOE), vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, u.a. "die Wahlentscheidungen und Verlautbarungen der Gemeinde-, Bezirks- und Landeswahlbehörden auf[zu]heben und für nichtig zu erklären".

Ihre Anfechtungslegitimation begründet die Anfechtungswerberin wie folgt: Das Wahlergebnis der Landtagswahl vom 28. Jänner 2018 sei von der Landeswahlbehörde am 1. Februar 2018 kundgemacht worden. Die am 23. Februar 2018 eingebrachte Anfechtung sei somit jedenfalls rechtzeitig. Bei der Anfechtungswerberin handle es sich um eine Wählergruppe iSd NÖ LWO, die für die Landtagswahl 2018 rechtzeitig einen Kreiswahlvorschlag für Baden und einen Landeswahlvorschlag eingebracht habe und im Wahlkreis Baden auf den amtlichen Stimmzetteln aufgeschienen sei. Die Anfechtungswerberin, vertreten durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter, habe auch rechtzeitig einen Einspruch gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Kreiswahlbehörde St. Pölten und der Landeswahlbehörde erhoben, der in der Folge in der Sitzung der Landeswahlbehörde vom 15. Februar 2018 "abgelehnt" worden sei.

Die Anfechtungswerberin behauptet Mängel des Wahlverfahrens, die sie selbst wie folgt zusammenfasst und in der Anfechtungsschrift näher begründet (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Bei der hier angefochtenen niederösterreichischen Landtagswahl vom 28. Jänner 2018 wurde mit der Briefwahl (§38, §39 und §72 LWO) – die entgegen Art44 Abs3 B-VG ohne Abhaltung einer vorhergehenden Volksabstimmung [eingeführt] wurde – gegen das demokratische Prinzip (u.a. gegen Art1 und Art95 B-VG, sowie gegen Art3 1.ZP EMRK, Art2 des Staatsgrundgesetzes aus dem Jahr 1867, Art8 Staatsvertrag von Wien 1955) – und somit gegen ein Baugesetz der Bundesverfassung verstoßen.

Weiters wurde bei der gegenständlichen Wahl gegen Bestimmungen der NÖ-Landtagswahlordnung (LWO) verstoßen, ausdrücklich

gegen §63 LWO (wegen nicht-persönlicher Ausübung des Wahlrechts),

gegen §42 Abs3 Zi. 1 LWO (wegen einer unerlaubten Abkürzung in einer Partei-bezeichnung am Stimmzettel),

in eventu gegen §48 Abs1 u. 2 und §74 Zi. 1 LWO (wegen mißbräuchlicher Verwendung eines Listenplatzes am Stimmzettel, die nur einer im NÖ-Landtag vertretenen Partei zusteht),

gegen Art95 B-VG (wegen Privilegierung von Parteien, die zuletzt im Landtag vertreten waren),

gegen §77 und 78 LWO (wegen Nicht-Berücksichtigens einer gültigen Partei- und Vorzugsstimme),

gegen §74 Abs.1 Zi.5. LWO (wegen […] Nicht-berücksichtigens des WFNOE-Landeswahlvorschlages auf den Stimmzetteln in 19 der 20 Wahlkreise),

gegen §2 NÖ-Landesbürgerevidenzengesetz, (betrifft Personen, die keinen ordentlichen Wohnsitz in Niederösterreich (nachgewiesen) haben),

gegen §15 Abs4 LWO (wegen falscher Zusammensetzung der NÖ-Landeswahlbehörde bei der Sitzung am 22.12.2017),

gegen §93, §94, §95 LWO (wege[n] falschem bzw falsch-verlautbartem Kreiswahlergebnis im Wahlkreis Baden),

gegen Art6 EMRK (da bei der Landeswahlbehörde kein faires Verfahren stattgefunden hat), gegen das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfas[s]ung sowie gegen §68 Abs1 VfGG (da von der NÖ-Landeswahlbehörde der Anfechtungswerberin keine Akteneinsicht ermöglicht wurde und so die Ermittlungen und Beweisführung zur Wahlanfechtung massiv behindert bzw teilweise verunmöglicht hat)

und gegen die jeweils dazugehörende Rechtssprechung in einem Maße verstoßen, dass die Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis von Einfluß sein konnten und auch tatsächlich von Einfluß waren.

Beim §38, §39 und §72 LWO (Die Briefwahl änderte das demokratische Prinzip, ohne zuvor durch eine Volksabstimmung legitimiert worden zu sein), §48 u. §74 LWO (Privilegierung von Parteien, die zuletzt im NÖ-Landtag vertreten waren, auf allen Stimmzetteln) und EGVG Art1 Abs3 Zi. 4 (Nichtanwendung des AVG bei Wahlen) werden Gesetzesprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof angeregt."

7.       Die Landeswahlbehörde legte die Bezug habenden Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Wahlanfechtung als unzulässig zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen. Den von der Anfechtungswerberin geltend gemachten Bedenken tritt sie – zum Teil unter ausführlicher Berufung auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2018, WI4/2017, betreffend die vom selben Zustellungsbevollmächtigten eingebrachte Anfechtung der Nationalratswahl 2017 – entgegen und führt zur Zulässigkeit insbesondere Folgendes aus:

"Die wahlwerbende Partei 'Wir für Niederösterreich (WFNOE)' hat in den 20 genannten Wahlkreisen des §2 LWO gemäß §42 LWO nachweislich bei der Kreiswahlbehörde des Wahlkreises 2 – Baden und zusätzlich gemäß §98 LWO bei der Landeswahlbehörde einen Landeswahlvorschlag eingebracht, die auch veröffentlicht wurden.

Da die Anfechtungslegitimation gemäß §67 Abs2 zweiter Satz VfGG an die Vorlage des Wahlvorschlages für die angefochtene Wahl bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde geknüpft ist und somit grundsätzlich nur jenen Wahlparteien gewährt wird, die sich bei der Wahl tatsächlich und rechtmäßig um Wählerstimmen beworben haben, ist die Anfechtungswerberin, die lediglich einen Kreiswahlvorschlag im Wahlkreis 2 – Baden und einen Landeswahlvorschlag für die Ermöglichung der Zuweisung von Mandaten im Ermittlungsverfahren auf Landesebene eingebracht hat, nach Ansicht der Landeswahlbehörde Niederösterreich zur Anfechtung der Landtagswahl nicht zur Gänze legitimiert, also nicht auch betreffend jene Wahlkreise, in denen sie nicht kan-didiert hat (VfSlg 3091/1956). Ihre Legitimation ist nach Ansicht der Landeswahlbehörde auf die Anfechtung betreffend den Wahlkreis 2 – Baden sowie das Ermittlungsverfahren auf Landesebene (§97 LWO) begrenzt."

8.       Der Verfassungsgerichtshof brachte die Anfechtung auch den anderen Wählergruppen zur Kenntnis, die an der angefochtenen Wahl teilgenommen haben. Keine dieser Wählergruppen erstattete jedoch eine Äußerung.

9.       Die Anfechtungswerberin hat nach Einsichtnahme in den beim Verfassungsgerichtshof aufliegenden Wahlakt eine Replik erstattet, in der sie den Ausführungen in der Gegenschrift der Landeswahlbehörde unter Bezugnahme auf den Wahlakt entgegentritt.

II.      Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der – als Landesverfassungsgesetz beschlossenen – NÖ Landtagswahlordnung 1992 (NÖ LWO), LGBl 0300 idF LGBl 31/2017, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§1

Mitgliederzahl, Wahlausschreibung, Wahltag, Stichtag

(1) Der Landtag von Niederösterreich besteht aus 56 Mitgliedern, die nach den Bestimmungen dieses Landesverfassungsgesetzes gewählt werden.

[(2) - (3) …]

§2

Wahlkreise

(1) Das Land Niederösterreich wird für die Zwecke der Landtagswahlen in 20 Wahlkreise eingeteilt:

[Tabelle]

(2) […]

§3

Stimmabgabe und Stimmbezirke

(1) Die Stimmabgabe erfolgt, unbeschadet der Bestimmungen über die Stimmabgabe mittels Wahlkarte, vor der örtlichen Wahlbehörde. Örtliche Wahlbehörden sind die Gemeindewahlbehörden, Sprengelwahlbehörden und die besonderen Wahlbehörden.

(2) Jeder Verwaltungsbezirk und jede Stadt mit eigenem Statut bilden einen Stimmbezirk.

[…]

§6

Allgemeines

(1) Zur Leitung und Durchführung der Wahl sind Wahlbehörden berufen. Sie werden vor jeder Wahl neu gebildet.

(2) Die Wahlbehörden bestehen aus einem Vorsitzenden als Wahlleiter oder seinem Stellvertreter sowie einer Anzahl von Beisitzern. Für die Beisitzer sind für den Fall ihrer Verhinderung Ersatzbeisitzer zu berufen.

[(3) - (4) …]

(5) Die nicht den Vorsitz führenden Stellvertreter sowie die Ersatzbeisitzer, die bei der Beschlußfähigkeit und bei der Abstimmung nicht berücksichtigt werden, sind den Mitgliedern der Wahlbehörden im übrigen gleichzuhalten. Den Sitzungen der Wahlbehörden können nach Maßgabe des §15 Abs4 auch Vertreter der wahlwerbenden Parteien beiwohnen.

[…]

§12

Landeswahlbehörde

(1) Für das Land Niederösterreich wird am Sitz der Landesregierung die Landeswahlbehörde eingesetzt.

(2) Sie besteht aus dem Landeshauptmann oder einem von ihm entsendeten ständigen Stellvertreter als Vorsitzenden und Landeswahlleiter und aus zwölf Beisitzern.

(3) Der Landeshauptmann hat für den Fall der vorübergehenden Verhinderung des Landeswahlleiters mehrere Stellvertreter zu bestellen und die Reihenfolge zu bestimmen, in der diese zu seiner Vertretung berufen sind.

(4) Die Landeswahlbehörde führt, unbeschadet des ihr nach §7 Abs1 zukommenden Wirkungskreises, die Oberaufsicht über alle anderen Wahlbehörden. Im Rahmen dieses Aufsichtsrechtes kann die Landeswahlbehörde insbesondere rechtswidrige Entscheidungen und Verfügungen der nachgeordneten Wahlbehörden aufheben oder abändern. Entscheidungen der Wahlbehörden im Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren gegen die Wählerverzeichnisse können von der Landeswahlbehörde nicht abgeändert werden.

(5) […]

[…]

§15

Berufung der Beisitzer und Ersatzbeisitzer, Entsendung von Vertrauenspersonen

(1) Die Beisitzer und Ersatzbeisitzer der Landeswahlbehörde werden von der Landesregierung berufen.

(2) Die Bestimmung der Anzahl der Beisitzer und Ersatzbeisitzer in den übrigen Wahlbehörden sowie deren Berufung obliegt bei den Kreiswahlbehörden dem Landeswahlleiter, bei den Bezirkswahlbehörden dem Kreiswahlleiter und bei den Gemeinde- und Sprengelwahlbehörden dem Bezirkswahlleiter. Wird durch die Bestimmung der Anzahl der Beisitzer und Ersatzbeisitzer die Erstattung weiterer Vorschläge erforderlich, so haben diese die Vertrauenspersonen der von der Änderung betroffenen Parteien (§14 Abs1) innerhalb der von der Wahlbehörde zu bestimmenden Frist einzubringen.

(3) Die Beisitzer und Ersatzbeisitzer werden innerhalb der für jede Wahlbehörde festgesetzten Höchstzahl auf Grund der Vorschläge der Parteien unter sinngemäßer Beobachtung der Bestimmungen des §97 Abs4 bis 7 nach ihrer bei der letzten Wahl des Landtages im Bereiche der Wahlbehörde, bei Sprengelwahlbehörden und besonderen Wahlbehörden gemäß §70 im Bereiche der Gemeinde, festgestellten Stärke berufen.

(4) Hat eine Partei (§14 Abs1) gemäß Abs3 keinen Anspruch auf Berufung eines Beisitzers, so ist sie, falls sie im zuletzt gewählten Landtag vertreten ist, berechtigt, in jede Wahlbehörde höchstens zwei Vertreter als ihre Vertrauenspersonen zu entsenden. Das gleiche Recht steht hinsichtlich der Bezirkswahlbehörde, der Kreiswahlbehörde und der Landeswahlbehörde auch solchen Parteien zu, die im zuletzt gewählten Landtag nicht vertreten sind. Die Vertrauenspersonen sind zu den Sitzungen der Wahlbehörde einzuladen. Sie nehmen an den Verhandlungen ohne Stimmrecht teil. Im übrigen finden die Bestimmungen der §6 Abs3, §§14, 15 Abs1, 2 und 5, §16 Abs3, §19 Abs1, 2, 3, erster Satz, §20 und §54 Abs1, letzter Satz, sinngemäß Anwendung. Hat eine im zuletzt gewählten Landtag nicht vertretene Partei einen Wahlvorschlag eingebracht, kann sie die Nominierung von Vertrauenspersonen bis zum siebenunddreißigsten Tag vor dem Wahltag, 13.00 Uhr, vornehmen.

(5) Die Namen der Mitglieder der Wahlbehörden sind ortsüblich kundzumachen.

§16

Konstituierung der Wahlbehörden, Angelobung der Beisitzer und Ersatzbeisitzer

(1) Spätestens am einundzwanzigsten Tag nach dem Stichtag haben die von ihren Vorsitzenden einzuberufenden Wahlbehörden ihre konstituierende Sitzung abzuhalten.

(2) […]

(3) In diesen Sitzungen haben die Beisitzer und Ersatzbeisitzer vor Antritt ihres Amtes in die Hand des Vorsitzenden das Gelöbnis strenger Unparteilichkeit und gewissenhafter Erfüllung ihrer Pflichten abzulegen. Das gleiche Gelöbnis haben auch Beisitzer und Ersatzbeisitzer abzulegen, die nach der konstituierenden Sitzung in die Wahlbehörde berufen werden.

(4) […]

[…]

§40

Vorgang nach Ausstellung der Wahlkarten

[(1) - (2) …]

(3) Die Zahl der ausgestellten Wahlkarten ist nach Ablauf der im §39 Abs1 vorgesehenen Frist im Wege der Bezirkswahlbehörde unverzüglich auf die schnellste Art der Kreiswahlbehörde bekanntzugeben. Die Kreiswahlbehörde hat die Zahl der in ihrem Bereich ausgestellten Wahlkarten ebenfalls unverzüglich, spätestens jedoch am Tag vor dem Wahltag, der Landeswahlbehörde mitzuteilen.

(4) […]

[…]

§42

Kreiswahlvorschlag

(1) Wahlwerbende Parteien haben ihre Wahlvorschläge für das Ermittlungsverfahren im Wahlkreis spätestens am siebenunddreißigsten Tag vor dem Wahltag bis 13 Uhr der Kreiswahlbehörde vorzulegen. Diese hat auf dem Wahlvorschlag den Tag und die Uhrzeit seines Einlangens zu vermerken.

(2) Der Kreiswahlvorschlag muß von wenigstens drei Mitgliedern des Landtages unterschrieben oder von wenigstens 50 Personen, die am Stichtag in Gemeinden des Wahlkreises als wahlberechtigt in der Landes-Wählerevidenz eingetragen waren, unterstützt sein. Hiebei sind dem Kreiswahlvorschlag die nach Muster Anlage 3 ausgefüllten und eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen anzuschließen. Die Unterstützungserklärung hat die Bestätigung der Gemeinde zu enthalten, daß die in der Erklärung genannte Person am Stichtag in der Wählerevidenz als wahlberechtigt eingetragen war. Diese Bestätigung ist von der Gemeinde nur dann zu erteilen, wenn die Unterstützungserklärung die Angaben über den Namen, das Geburtsdatum und die Wohnadresse der in der Erklärung genannten Person sowie die Bezeichnung der zu unterstützenden wahlwerbenden Partei enthält und die eigenhändige Unterschrift der in der Unterstützungserklärung genannten Person entweder vor der Gemeindebehörde geleistet wurde oder gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Die Gemeinden sind verpflichtet, diese Bestätigung unverzüglich und ohne Einhebung von Verwaltungsabgaben, sonstigen Abgaben oder Gebühren auszufertigen. Eine solche Bestätigung darf für eine Person nur einmal ausgestellt werden.

(3) Der Kreiswahlvorschlag muß enthalten:

1. die unterscheidende Parteibezeichnung in Worten und eine allfällige Kurzbezeichnung, bestehend aus nicht mehr als fünf Buchstaben, die ein Wort ergeben können;

2. die Wahlkreisliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens 15 Bewerbern (Bezirkskandidaten), in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Familiennamens, Vornamens, Geburtsdatums, Geburtsortes, Berufes und der Adresse jedes Bewerbers;

3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters (Name, Beruf, Adresse).

(4) […]

(5) Die Kreiswahlbehörde hat Abschriften der bei ihr eingebrachten Kreiswahlvorschläge unverzüglich der Landeswahlbehörde vorzulegen. Desgleichen sind auch nachträgliche Änderungen, die in den gemäß §48 veröffentlichten Kreiswahlvorschlägen berücksichtigt wurden, der Landeswahlbehörde auf dem schnellsten Wege zu berichten.

(6) Die wahlwerbenden Parteien haben an das Land einen Beitrag für die Kosten des Wahlverfahrens in der Höhe von € 72,67 zu leisten. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Übermittlung des Wahlvorschlages (Abs1) bei der Kreiswahlbehörde bar zu erlegen. Wird der Kostenbeitrag nicht erlegt, so gilt der Wahlvorschlag als nicht eingebracht.

§43

Unterscheidende Parteibezeichnung in den Kreiswahlvorschlägen

(1) Wenn mehrere Wahlvorschläge dieselbe oder schwerunterscheidbare Parteibezeichnungen bzw. Kurzbezeichnungen tragen, so hat der Kreiswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnung anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so hat die Kreiswahlbehörde Parteibezeichnungen, die Parteien betreffen, die im Landtag unter dieser Bezeichnung vertreten sind, zu belassen, die übrigen Wahlvorschläge aber nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Betreffen die Wahlvorschläge mit derselben oder schwer unterscheidbaren Parteibezeichnung bzw. Kurzbezeichnung nur Parteien, die nicht im Landtag unter dieser Bezeichnung vertreten sind und gelingt kein Einvernehmen, so hat die Kreiswahlbehörde Parteibezeichnungen die schon auf veröffentlichten Wahlvorschlägen bei der letzten Landtagswahl enthalten waren, zu belassen und die übrigen Wahlvorschläge nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen. Gleiches gilt für Kurzbezeichnungen mit der Maßgabe, dass die Kreiswahlbehörde die Kurzbezeichnungen auf den übrigen Kreiswahlvorschlägen zu streichen hat.

(2) Desgleichen sind auch Wahlvorschläge ohne ausdrückliche Parteibezeichnung nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen.

(3) Wenn ein Wahlvorschlag nach dem an erster Stelle vorgeschlagenen Bewerber zu benennen ist (Namensliste), der Name des Listenführers aber dem Namen des Listenführers einer anderen Wahlkreisliste gleicht oder von diesem schwer unterscheidbar ist, hat der Kreiswahlleiter den Vertreter dieses Wahlvorschlages zu einer Besprechung zu laden und ihn aufzufordern, einen anderen Listenführer zu bezeichnen, dessen Name zu einer Verwechslung nicht Anlaß gibt. Wird in einem solchen Falle kein anderer Listenführer namhaft gemacht, so gilt der Wahlvorschlag als nicht eingebracht.

(4) Im übrigen gilt der Grundsatz, daß bei neu auftretenden wahlwerbenden Parteien die Parteibezeichnung der wahlwerbenden Partei den Vorrang hat, die ihren Wahlvorschlag früher eingebracht hat.

[…]

§45

Überprüfung der Kreiswahlvorschläge

(1) Die Kreiswahlbehörde hat unverzüglich zu überprüfen, ob die eingelangten Kreiswahlvorschläge von wenigstens drei Mitgliedern des Landtages unterschrieben oder von wenigstens 50 Wahlberechtigten des Wahlkreises unterstützt und die in den Wahlkreislisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind. Die Kreiswahlbehörde hat, wenn ein Wahlberechtigter mehrere Kreiswahlvorschläge unterstützt hat, dessen Unterstützung für den als ersten eingelangten Wahlvorschlag als gültig anzuerkennen. Die Unterstützungen für die anderen Kreiswahlvorschläge gelten als nicht eingebracht.

(2) […]

(3) Weist ein Kreiswahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterstützungen (§42 Abs2) auf oder entspricht er nicht den im §42 Abs3 geforderten Voraussetzungen, so ist er spätestens am einunddreißigsten Tag vor dem Wahltag von der Kreiswahlbehörde zurückzuweisen. Bewerber, die nicht wählbar sind oder deren schriftliche Erklärung (§42 Abs4) nicht vorliegen, werden im Wahlvorschlag gestrichen. Hievon ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Partei zu verständigen.

[…]

§48

Abschließung und Veröffentlichung der Kreiswahlvorschläge

(1) Spätestens am einunddreißigsten Tag vor dem Wahltag hat die Kreiswahlbehörde die Wahlvorschläge abzuschließen, falls eine Wahlkreisliste mehr als 15 Bewerber enthält, die überzähligen Bewerber zu streichen und die Wahlvorschläge zu veröffentlichen. Nach der Veröffentlichung an Wahlvorschlägen festgestellte Mängel berühren die Gültigkeit dieser Wahlvorschläge nicht.

(2) In der Veröffentlichung nach Abs1 hat sich die Reihenfolge der Parteien, die im zuletzt gewählten Landtag vertreten waren, nach der Zahl der Mandate, die die Parteien bei der letzten Landtagswahl im ganzen Land erreicht haben, zu richten. Ist die Zahl der Mandate gleich, bestimmt sich die Reihenfolge nach der bei der letzten Landtagswahl ermittelten Gesamtsumme der Parteistimmen; sind auch diese gleich, so entscheidet die Landeswahlbehörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist. Die so ermittelte Reihenfolge ist von der Landeswahlbehörde den Kreiswahlbehörden bis spätestens am siebenunddreißigsten Tag vor dem Wahltag bekanntzugeben und ist für die Kreiswahlbehörde verbindlich.

(3) Im Anschluß an die nach Abs2 gereihten Parteien sind die übrigen wahlwerbenden Parteien anzuführen, wobei sich ihre Reihenfolge nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlages zu richten hat. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet über die Reihenfolge die Kreiswahlbehörde durch das Los, das von dem an Jahren jüngsten Mitglied zu ziehen ist.

(4) Den unterscheidenden Parteibezeichnungen sind die Worte 'Liste 1, 2, 3 usw.' in fortlaufender Numerierung voranzusetzen. Beteiligt sich eine im zuletzt gewählten Landtag vertretene Partei nicht an der Wahlwerbung, so hat in der Veröffentlichung nur die ihr nach Abs2 zukommende Listennummer und daneben das Wort 'leer' aufzuscheinen.

(5) Die Veröffentlichung hat in ortsüblicher Weise zu erfolgen. Aus ihr müssen alle Listennummern sowie der Inhalt der Wahlvorschläge (§42 Abs3), mit Ausnahme von Geburtstagen, Geburtsmonaten, Geburtsorten, Straßennamen und Hausnummern, zur Gänze ersichtlich sein.

(6) Bei allen wahlwerbenden Parteien sind die Parteibezeichnungen einschließlich allfälliger Kurzbezeichnungen mit gleich großen Druckbuchstaben in für jede wahlwerbende Partei gleich große Rechtecke mit schwarzer Druckfarbe einzutragen. Für die Kurzbezeichnungen sind hiebei einheitlich große schwarze Druckbuchstaben zu verwenden. Vor jeder Parteibezeichnung ist in schwarzem Druck das Wort 'Liste' und darunter größer die jeweilige fortlaufende Ziffer anzuführen. Bei mehr als dreizeiligen Parteibezeichnungen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend angepaßt werden.

[…]

Wahlzeugen

§58

(1) In jedes Wahllokal können von jeder Partei, deren Wahlvorschlag von der Kreiswahlbehörde veröffentlicht wurde, zwei Wahlzeugen die das Wahlalter nach §21 Abs1 erreicht haben zu jeder Wahlbehörde entsendet werden. Die Wahlzeugen sind der Bezirkswahlbehörde spätestens am zehnten Tag vor dem Wahltag durch den zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei schriftlich namhaft zu machen; jeder Wahlzeuge erhält von der Bezirkswahlbehörde einen Eintrittschein, der ihn zum Eintritt in das Wahllokal ermächtigt und beim Betreten des Wahllokals der Wahlbehörde vorzuweisen ist. Die Übermittlung der Wahlscheine an die Wahlzeugen kann auch durch die Gemeinde oder die entsendende wahlwerbende Partei erfolgen.

(2) Die Wahlzeugen haben lediglich als Vertrauenspersonen der wahlwerbenden Partei zu fungieren; ein weiterer Einfluß auf den Gang der Wahlhandlung steht ihnen nicht zu. Den Wahlzeugen ist keine Verpflichtung zur Verschwiegenheit über ihnen aus ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen auferlegt.

[…]

§65

Die Stimmabgabe

(1) Hat sich der Wähler entsprechend ausgewiesen (§§64 und 67 Abs1) und ist er im Wählerverzeichnis eingetragen, so hat ihm der Wahlleiter das leere Wahlkuvert und den amtlichen Stimmzettel zu übergeben. Hingegen hat der Wahlleiter dem Wahlkartenwähler aus einem anderen Wahlkreis aus dem ihm zu übergebenden Briefumschlag (§39 Abs2) den inliegenden amtlichen Stimmzettel samt dem Wahlkuvert (§39 Abs3) auszuhändigen. Der Wahlleiter hat dabei jeden Wahlkartenwähler ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass zur Stimmabgabe der bei der Ausstellung der Wahlkarte ausgefolgte Stimmzettel zu verwenden ist. Hat jedoch ein Wahlkartenwähler diesen Stimmzettel nicht mehr zur Verfügung, so ist ihm, wenn seine Wahlkarte von einer Gemeinde des Wahlkreises ausgestellt wurde, in der auch der Wahlort liegt, ein amtlicher Stimmzettel des Wahlkreises (§74), wenn es sich aber um einen Wahlkartenwähler aus einem anderen Wahlkreis handelt, ein leerer amtlicher Stimmzettel auszufolgen (§75). Auf den leeren amtlichen Stimmzettel hat der Wahlleiter, bevor er ihn dem Wähler übergibt, die Nummer des Wahlkreises einzusetzen, die auf der Wahlkarte eingetragen ist. Hat ein Wahlkartenwähler aus einem anderen Wahlkreis das inliegende Wahlkuvert nicht mehr zur Verfügung, so ist ihm ein neues leeres Wahlkuvert (Anlage 8) auszufolgen, auf welchem der Wahlleiter die Nummer des Wahlkreises zu vermerken hat, welche auf der Wahlkarte eingetragen ist.

(2) […]

(3) Die Wahlkuverts von Wahlkartenwählern aus anderen Wahlkreisen sind in ein gesondertes Behältnis zu legen.

Der Beisitzer, der die Namen der Wähler im Wählerverzeichnis abstreicht (§66 Abs1), hat hiebei darauf zu achten, dass der Wahlkartenwähler aus einem anderen Wahlkreis das Wahlkuvert nicht versehentlich in die allgemeine Wahlurne legt und dass dieses Wahlkuvert jeweils mit der Nummer des anderen Wahlkreises des Wählers beschriftet ist.

(4) […]

[…]

§73

Zulässige Stimmzettelarten

(1) Für die Wahl dürfen folgende Stimmzettel verwendet werden:

1. amtliche Stimmzettel des Wahlkreises,

2. leere amtliche Stimmzettel

(2) Eine Vorzugsstimme kann mit jedem der in Abs1 genannten Stimmzettel abgegeben werden.

§74

Amtlicher Stimmzettel des Wahlkreises

(1) Der amtliche Stimmzettel des Wahlkreises hat in der Reihenfolge der veröffentlichten Kreiswahlvorschläge zu enthalten:

1. die Listennummern

2. die Parteibezeichnungen

3. allfällige Kurzbezeichnungen

4. Rubriken mit einem Kreis

5. eine Bewerberrubrik mit den veröffentlichten Landeswahlvorschlägen (Landesliste) mit der Überschrift 'Vorzugsstimme Landesliste' und mit Kreisen und arabischen Ziffern unter Angabe des Namens sowie des Geburtsjahres der Bewerber,

6. eine Bewerberrubrik mit den veröffentlichten Kreiswahlvorschlägen (Wahlkreisliste) mit der Überschrift 'Vorzugsstimme Wahlkreisliste' mit Kreisen und arabischen Ziffern unter Angabe des Namens sowie des Geburtsjahres der Bewerber. Im Übrigen hat der amtliche Stimmzettel, unter Berücksichtigung der gemäß §48 und §98 erfolgten Veröffentlichungen, die aus der Anlage 5 ersichtlichen Angaben zu enthalten. In gleicher Weise sind Stimmzettelschablonen herzustellen. Die amtlichen Stimmzettel und die Stimmzettelschablonen dürfen nur auf Anordnung der Landeswahlbehörde hergestellt werden. Kreise, Ziffern und Namen in dieser Rubrik sind um mindestens einen, aber nicht um mehr als zwei Schriftgrößenpunkte größer auszuführen als die in Ziffer 5 genannten Bewerberangaben. Die Bewerberrubrik ist farblich zu unterlegen.

[(2) - (3) …]

[…]

§77

Gültige Ausfüllung

Der amtliche Stimmzettel des Wahlkreises ist gültig ausgefüllt, wenn der Wählerwille aus ihm eindeutig zu erkennen ist. Dieser Wählerwille kann durch Abgabe jeweils einer Vorzugsstimme auf der Landesliste und/oder der Wahlkreisliste (§78 Abs1) und/oder einer Parteistimme (§78 Abs2) ausgedrückt werden.

§78

Abgabe von Vorzugsstimmen und Parteistimmen

(1) Eine Vorzugsstimme ist nur dann gültig abgegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

1. Der Wähler muss den Bewerber im hiefür vorgesehenen Kreis oder sonst wo auf dem amtlichen Stimmzettel eindeutig bezeichnen.

2. Der Wähler darf nur je einen Bewerber der Landesliste und/oder der Wahlkreisliste bezeichnen. Bezeichnet er auf einer der beiden Listen keinen oder mehrere Bewerber, ist die Vorzugsstimme der anderen Liste dennoch gültig.

3. Der Wähler muss grundsätzlich Bewerber, die auf der selben Parteiliste aufscheinen, bezeichnen. Werden aber Bewerber bezeichnet, die auf verschiedenen Parteilisten aufscheinen, so gilt die Vorzugsstimme nur für den/die Bewerber, dessen/deren Partei zusätzlich bezeichnet wurde.

(2) Eine Stimme ist für eine Partei dann gültig abgegeben, wenn eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1. Der Wähler hat eine gültige Vorzugsstimme für Bewerber der selben Parteiliste abgegeben (Abs1).

2. Der Wähler hat zwar keine gültige Vorzugsstimme abgegeben, aber zwei oder mehrere Bewerber auf der Landesliste und/oder der Wahlkreisliste einer Parteiliste im hiefür vorgesehenen Kreis oder sonst wo auf dem amtlichen Stimmzettel eindeutig bezeichnet und zusätzlich keine Bezeichnung einer anderen Partei vorgenommen.

3. Der Wähler hat keinen Bewerber bezeichnet, aber in einem der unter jeder Parteibezeichnung vorgedruckten Kreis oder sonst wo auf dem amtlichen Stimmzettel eine Partei eindeutig bezeichnet.

(3) Wenn eine gültige Vorzugsstimme für Bewerber der selben Parteiliste (Abs2) abgegeben wurden, so gilt der Stimmzettel als gültige Stimme für diese Partei, selbst wenn eine andere Partei bezeichnet wurde.

[…]

§80

Ungültige Stimmzettel

(1) Der Stimmzettel ist ungültig, wenn

1. ein anderer als der amtliche Stimmzettel zur Abgabe der Stimme verwendet wurde, oder

2. der Stimmzettel durch Abreißen eines Teiles derart beeinträchtigt wurde, dass nicht eindeutig hervorgeht, welche Partei und/oder welchen Bewerber der Wähler wählen wollte, oder

3. überhaupt keine Partei oder kein Bewerber bezeichnet wurde, oder

4. ohne gültige Vorzugsstimme zwei oder mehrere Parteien bezeichnet wurden, oder

5. eine Liste bezeichnet wurde, die nur eine Listennummer, aber keine Parteibezeichnung enthält, oder

6. auch sonst der Wählerwille nicht eindeutig zu erkennen ist.

(2) […]

(3) Worte, Bemerkungen oder Zeichen, die auf den amtlichen Stimmzetteln außer zur Kennzeichnung der wahlwerbenden Partei oder eines Bewerbers angebracht wurden, beeinträchtigen die Gültigkeit eines Stimmzettels nicht, wenn sich hiedurch nicht einer der vorangeführten Ungültigkeitsgründe ergibt. Im Wahlkuvert befindliche Beilagen aller Art beeinträchtigen die Gültigkeit des amtlichen Stimmzettels nicht.

[…]

2. Abschnitt

Ermittlungsverfahren im Wahlkreis

§93

Endgültiges Ergebnis im Wahlkreis

Ermittlung der Mandate

(1) Die Kreiswahlbehörde hat auf Grund der ihr gemäß §88 übermittelten Wahlakten die festgestellten Wahlergebnisse auf etwaige Irrtümer in den zahlenmäßigen Ergebnissen zu überprüfen, diese erforderlichenfalls richtigzustellen und die von ihr für den Wahlkreis gemäß §91 Abs1 und §92 Abs4 nur vorläufig getroffenen Feststellungen spätestens am zweiten Tag nach dem Wahltag nunmehr endgültig zu ermitteln und unverzüglich auf die schnellste Art der Landeswahlbehörde bekanntzugeben. Das Stimmergebnis im Wahlkreis ist in einem Stimmenprotokoll festzuhalten.

(2) Zunächst werden die im Wahlkreis zu vergebenden Mandate auf Grund der Wahlzahl auf die Parteilisten verteilt. Die Wahlzahl wird gefunden, indem die Gesamtsumme der im Wahlkreis für die Parteilisten abgegebenen gültigen Stimmen durch die um die Zahl 0,5 vermehrte Anzahl der Mandate geteilt wird. Die so gewonnene und in jedem Fall auf die nächstfolgende ganze Zahl zu erhöhende Zahl ist die Wahlzahl.

(3) Jede Partei erhält so viele Mandate, als die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist.

§94

Zuweisung der Mandate an die Bewerber auf der Wahlkreisliste

und Landesliste

(1) Die auf eine Partei gemäß §93 Abs3 entfallenden Mandate werden den Bewerbern dieser Partei nach Maßgabe der von ihnen im Wahlkreis erzielten Wahlpunkte zugewiesen.

[(2) - (5) …]

[…]

§96

Verlautbarung des Wahlergebnisses, Übermittlung der Wahlakten

(1) Die Kreiswahlbehörde hat sodann die Namen der gewählten Bewerber und der nicht gewählten Bewerber sowie die Zahl der nicht im Wahlkreis vergebenen Mandate zu verlautbaren. Die Verlautbarung erfolgt zumindest an der Amtstafel des Sitzes der Kreiswahlbehörde. Die Verlautbarung hat auch den Zeitpunkt zu enthalten, an dem sie an der Amtstafel angeschlagen wurde.

(2) Die Wahlakten der Kreiswahlbehörde sowie eine Abschrift der Verlautbarung nach Abs1 sind unverzüglich der Landeswahlbehörde unter Verschluß einzusenden.

3. Abschnitt

Ermittlungsverfahren auf Landesebene

§97

Aufteilung der Mandate

(1) Beim Ermittlungsverfahren auf Landesebene durch die Landeswahlbehörde nehmen jene wahlwerbenden Parteien teil, die

1. landesweit mehr als 4 % der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben und die

2. einen Landeswahlvorschlag (§98) eingebracht haben.

(2) Im Ermittlungsverfahren auf Landesebene werden grundsätzlich 56 Mandate vergeben. Die Anzahl der zu vergebenden Mandate ist jedoch um jene Mandate zu verringern, die von wahlwerbenden Parteien, die die Voraussetzungen des Abs1 nicht erfüllen, in einem oder mehreren Wahlkreisen gemäß §93 erreicht wurden.

(3) Auf die beim Ermittlungsverfahren teilnehmenden Parteien (Abs1) werden die zu vergebenden Mandate (Abs2) mittels der Wahlzahl verteilt, die nach den Abs4 und 5 zu berechnen ist.

(4) Die Summe der Stimmen der Parteien werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinander geschrieben; unter jede Summe wird die Hälfte geschrieben, darunter das Drittel, das Viertel, und nach Bedarf die weiterfolgenden entsprechenden Teilzahlen.

(5) Als Wahlzahl gilt bei sechsundfünzig zu vergebenden Mandaten die 56 größte, bei fünfundfünfzig zu vergebenden Mandate die 55 größte Zahl usw. der angeschriebenen Zahlen.

(6) Jede Partei erhält so viele Mandate, als die Wahlzahl in ihrer Stimmensumme enthalten ist.

(7) Wenn nach dieser Berechnung zwei oder mehrere Parteien auf die Zuweisung eines Mandates den gleichen Anspruch haben, so wird zwischen ihnen nur dann gelost, wenn es sich um die Zuweisung des letzten zu vergebenden Mandates handelt.

§98

Landeswahlvorschläge

(1) Parteien, welche gemäß §42 in einem Wahlkreis kandidieren, steht es frei, spätestens am siebenunddreißigsten Tage vor dem Wahltag, 13.00 Uhr, bei der Landeswahlbehörde einen Landeswahlvorschlag einzubringen. Dieser muß von einem zustellungsbevollmächtigten Vertreter dieser Partei, der nicht zustellungsbevollmächtigter Vertreter in einem Wahlkreis sein muß, unterfertigt sein. §§42 Abs1 letzter Satz und Abs3, sowie §44 sind sinngemäß anzuwenden. Der Landeswahlvorschlag (Landesliste) darf höchstens 35 Bewerber (Landeskandidaten) beinhalten.

[(2) - (3) …]

(4) Die Landeswahlvorschläge sind von der Landeswahlbehörde, den Bezirkswahlbehörden und den Gemeindewahlbehörden jeweils ortsüblich kundzumachen.

§99

Anrechnung der im Ermittlungsverfahren im Wahlkreis erreichten Mandate

(1) Auf die gemäß §97 einer wahlwerbenden Partei zufallenden Mandate sind jene Mandate anzurechnen, die die wahlwerbende Partei im Ermittlungsverfahren im Wahlkreis (§93) erreicht hat.

(2) Die verbleibenden Mandate werden vorerst nach der Zahl der erreichten Vorzugsstimmen der Reihe nach jenen Bewerbern zugewiesen, die mindestens 4 % der insgesamt landesweit abgegebenen gültigen Stimmen (§83 Abs4) erreicht haben. Die dann noch übrigen Mandate sind den im Landeswahlvorschlag der wahlwerbenden Partei enthaltenen Bewerbern in der Reihenfolge des Landeswahlvorschlages zuzuweisen. Ist ein Bewerber der bereits auf einem Kreiswahlvorschlag gewählt ist, danach auch auf dem Landeswahlvorschlag gewählt, so ist ihm kein Mandat vom Landeswahlvorschlag zuzuweisen. Für die Berufung von Bewerbern für die so nicht vergebenen Mandate gilt §103 Abs3, erster bis vierter Satz, sinngemäß.

[…]

4. Abschnitt

Einsprüche gegen ziffernmäßige Ermittlungen

§102

(1) Dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei steht es frei, gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Kreiswahlbehörde innerhalb von drei Tagen nach der gemäß §96 Abs1 erfolgten Verlautbarung, gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Landeswahlbehörde innerhalb von drei Tagen nach der gemäß §100 erfolgten Verlautbarung an der Amtstafel bei der Landeswahlbehörde schriftlich Einspruch zu erheben.

(2) In den Einsprüchen ist hinreichend glaubhaft zu machen, warum und inwiefern die ziffernmäßigen Ermittlungen der Kreiswahlbehörde oder der Landeswahlbehörde nicht den Bestimmungen dieses Landesverfassungsgesetzes entsprechen. Fehlt diese Begründung, kann der Einspruch ohne weitere Überprüfung abgewiesen werden.

(3) Wird ein hinlänglich begründeter Einspruch erhoben, so überprüft die Landeswahlbehörde auf Grund der ihr vorliegenden Schriftstücke das Wahlergebnis. Ergibt sich aus diesen Schriftstücken die Unrichtigkeit der Ermittlung, so hat die Landeswahlbehörde sofort das Ergebnis der jeweiligen Ermittlung, die Verlautbarung der Kreiswahlbehörde und/oder der Landeswahlbehörde zu widerrufen und das richtige Ergebnis zu verlautbaren.

(4) Gibt die Überprüfung keinen Anlaß zur Richtigstellung der Ermittlungen, so hat die Landeswahlbehörde den Einspruch abzuweisen."

III.    Erwägungen

1.       Zur Zulässigkeit der Anfechtung

1.1.    Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch zum Landtag (s. VfSlg 19.820/2013).

1.2.    Gemäß §67 Abs2 zweiter Satz VfGG sind zur Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern Wählergruppen (Parteien) berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter.

1.3.    Die NÖ LWO ordnet für die Erstattung von Wahlvorschlägen auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes an:

1.3.1.  §42 Abs1 NÖ LWO zufolge hat eine wahlwerbende Partei ihren Wahlvorschlag für das Ermittlungsverfahren im Wahlkreis spätestens am 37. Tag vor dem Wahltag bis 13 Uhr der Kreiswahlbehörde vorzulegen. Nach Überprüfung durch die Kreiswahlbehörde (§45 NÖ LWO) sind die Kreiswahlvorschläge abzuschließen und zu veröffentlichen (§48 Abs1 NÖ LWO). Der Landeswahlvorschlag ist gemäß §98 NÖ LWO von wahlwerbenden Parteien, die gemäß §42 NÖ LWO in einem Wahlkreis kandidieren, spätestens am 37. Tag vor dem Wahltag, 13 Uhr, bei der Landeswahlbehörde einzubringen; nur solchen wahlwerbenden Parteien steht im Ermittlungsverfahren auf Landesebene ein Anspruch auf Zuweisung von Mandaten zu (vgl. überdies auch §97 Abs3 NÖ LWO). Nach Überprüfung durch die Landeswahlbehörde (§98 Abs3 NÖ LWO) sind die Landeswahlvorschläge von der Landeswahlbehörde, den Bezirkswahlbehörden und den Gemeindewahlbehörden jeweils ortsüblich kundzumachen (§98 Abs4 NÖ LWO).

1.3.2.  Die Anfechtungswerberin brachte am 20. Dezember 2017 einen Kreiswahlvorschlag bei der Kreiswahlbehörde des Wahlkreises Baden ein. Dieser Wahlvorschlag wurde von der Kreiswahlbehörde überprüft und am 28. Dezember 2017 veröffentlicht.

1.3.3.  Am 21. Dezember 2017 brachte die Anfechtungswerberin einen Landeswahlvorschlag bei der Landeswahlbehörde ein. Dieser Wahlvorschlag wurde von der Landeswahlbehörde überprüft und am 27. Dezember 2017 veröffentlicht.

1.3.4.  Da die Anfechtungslegitimation gemäß §67 Abs2 zweiter Satz VfGG an die Vorlage des Wahlvorschlages für die angefochtene Wahl bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde geknüpft ist und somit grundsätzlich nur jenen Wahlparteien gewährt wird, die sich bei der Wahl tatsächlich und rechtmäßig um Wählerstimmen beworben haben (vgl. VfSlg 11.995/1989, 12.721/1991), ist die Anfechtungswerberin, die lediglich einen Kreiswahlvor-schlag im Wahlkreis Baden und einen Landeswahlvorschlag für die Ermöglichung der Zuweisung von Mandaten im Ermittlungsverfahren auf Landesebene eingebracht hat, zur Anfechtung der Niederösterreichischen Landtagswahl nicht zur Gänze legitimiert, also nicht auch betreffend jene Wahlkreise, in denen sie nicht kandidiert hat (zur NRWO vgl. VfSlg 3091/1956; VfGH 6.3.2018, WI4/2017). Ihre Legitimation ist auf die Anfechtung betreffend den Wahlkreis Baden und das Ermittlungsverfahren auf Landesebene (§§97 ff. NÖ LWO) begrenzt.

1.4.    Betreffend den Wahlkreis St. Pölten ist die Anfechtungswerberin vor folgendem Hintergrund nicht zur Anfechtung legitimiert:

Die Anfechtungswerberin bringt vor, dass eine Vorzugsstimme für ihren Spitzenkandidaten (und somit "eine gültige Stimme für die auf Landesebene kandidierende Partei WFNOE") im "Wahlkreis St. Pölten Land" nicht gewertet worden sei und nicht im amtlichen Endergebnis aufscheine. Dies widerspreche §§77 f. NÖ LWO, wonach eine gültige Vorzugsstimme für Bewerber einer Parteiliste als für diese Partei gültig abgegeben gelte. Die Landeswahlbehörde tritt diesem Vorbringen u.a. unter Verweis auf die Begründung der Zulässigkeitsentscheidung im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2018, WI4/2017, entgegen.

Die NÖ LWO sieht vor, dass nach dem ersten Ermittlungsverfahren auf Ebene des Wahlkreises (§§90 ff. NÖ LWO) gemäß §97 NÖ LWO ein weiteres Ermittlungsverfahren auf Landesebene folgt, das mit jenem nach §107 NRWO auf Ebene des Bundeswahlvorschlages vergleichbar ist und einen Ausgleich nach den Grundsätzen der Verhältniswahl im gesamten Landesgebiet vorsieht (vgl. auch Art95 Abs3 B-VG). Wie sich aus der Gegenschrift der Landeswahlbehörde ergibt und auch von der Anfechtungswerberin ausgeführt wird, hat die Anfechtungswerberin keinen Kreiswahlvorschlag für den Wahlkreis St. Pölten eingebracht. Die Einbringung eines Wahlvorschlages ist aber eine unabdingbare Anfechtungsvoraussetzung, die bei der Anfechtungswerberin in Bezug auf den Wahlkreis St. Pölten gerade nicht vorliegt. Die Anfechtungswerberin ist daher zur Geltendmachung von Rechtswidrigkeiten in Bezug auf den Wahlkreis St. Pölten allein schon aus diesem Grund nicht legitimiert (vgl. VfGH 6.3.2018, WI4/2017 mwN).

1.5.    Nach §68 Abs1 VfGG ist die Wahlanfechtung – soweit das in Betracht kommende Gesetz nicht anderes bestimmt – binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens oder, wenn sie auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet wird, binnen vier Wochen nach seiner bzw. ihrer Zustellung einzubringen.

1.6.    Nun sieht zwar §102 Abs1 NÖ LWO administrative Einsprüche an die Landeswahlbehörde – iS eines Instanzenzugs nach §68 Abs1 VfGG – vor, doch nur gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen einer Kreis- bzw. der Landeswahlbehörde. Zur Geltendmachung aller anderen (das sind sämtliche nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffende) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des §68 Abs1 VfGG) offen (vgl. auch VfSlg 19.820/2013).

1.7.    Vorliegend strebt die Anfechtungswerberin in ihrer Wahlanfechtungsschrift nicht die Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr sonstige Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eröffnet wird (vgl. dazu zB VfSlg 19.820/2013; VfGH 6.3.2018, WI4/2017 mwN).

1.8.    Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist ist die Beendigung des Wahlverfahrens, das ist im vorliegenden Fall die Kundmachung (Verlautbarung) des Wahlergebnisses durch Anschlag an der Amtstafel des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung.

1.9.    Aus den vorgelegten Wahlakten ergibt sich, dass die Landeswahlbehörde das Wahlergebnis gemäß §100 NÖ LWO am 1. Februar 2018 kundgemacht hat.

1.10.   Die am 23. Februar 2018 persönlich eingebrachte Wahlanfechtung erweist sich daher als rechtzeitig.

1.11.   Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen zutreffen, ist die Wahlanfechtung im Hinblick auf den Wahlkreis Baden und das Ermittlungsverfahren auf Landesebene zulässig; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

2.       In der Sache

2.1.    Die Wahlanfechtung ist nicht begründet.

2.2.    Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von dem Anfechtungswerber in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechts-widrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. VfSlg 17.589/2005, 20.071/2016; VfGH 6.3.2018, WI4/2017).

2.3.    Zu den vorgebrachten grundsätzlichen Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen über die Stimmabgabe mittels Briefwahl in der NÖ Landtagswahlordnung 1992 (§§38, 39, 72) wegen des behaupteten Verstoßes gegen verfassungsrechtliche Vorgaben (Art1, 95, 44 Abs3 B-VG, Art2 StGG, Art8 Staatsvertrag von Wien, Art3 1. ZPEMRK) und auch im Hinblick auf die in §63 NÖ LWO vorgesehene persönliche Stimmabgabe kann angesichts des inhaltlich im Wesentlichen gleich lautenden Vorbringens auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 6. März 2018, WI4/2017, zu den weitestgehend identen Bestimmungen über die Briefwahl in der Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO) verwiesen werden (s. Art95 Abs4 iVm Art26 Abs6 B-VG; vgl. insbesondere VfSlg 20.071/2016 mwN [zum Bundespräsidentenwahlgesetz 1971] sowie VfSlg 19.893/2014 [zur Europawahlordnung]). Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung auf Grund der in der Anfechtung bloß sehr allgemein dargelegten Bedenken, mit denen auf einzelne Bestimmungen der NÖ Landtagswahlordnung 1992 gar nicht näher Bezug genommen wird, abzugehen (vgl. zur NRWO: VfGH 6.3.2018, WI4/2017; zur NÖ Gemeinderatswahlordnung vgl. zudem VfSlg 19.278/2010). Die von der Anfechtungswerberin dargelegten Bedenken treffen sohin nicht zu.

2.4.    Die Anfechtungswerberin bringt vor, der Name der wahlwerbenden Partei "Liste Franz Schnabl – SPÖ" (SPÖ) entspreche nicht den Vorgaben des §42 Abs3 NÖ LWO, zumal sie "gesetzwidriger Weise eine Abkürzung in der Langbezeichnung ihrer Parteibezeichnung" verwende. Die Abkürzung "SPÖ" stehe zwar vermutlich für "Sozialdemokratische Partei Österreichs", habe aber "sehr viele verschiedene Bedeutungen" und werde "auch als Abkürzung für die verschiedensten wahlwerbenden Gruppen in Gemeinden und Bundesländer[n] und für 'Sozialistische Partei Österreichs' verwendet". Die Parteibezeichnung sei von den Wahlbehörden "dennoch genehmigt" und in weiterer Folge auf allen Stimmzetteln "aufgedruckt" worden, weshalb alle Stimmzettel gesetzwidrig gewesen seien. Der Verstoß gegen §42 Abs3 NÖ LWO als Schutznorm gegen Verwechslungen und die Irreführung der Wähler sei auch von Relevanz für das Wahlergebnis gewesen, weil ohne die Verwendung der Parteibezeichnung mit der Abkürzung die wahlwerbende Partei "wesentlich schlechter abgeschnitten" hätte. Zudem sei zu prüfen, ob nicht der Verdacht auf Täuschung iSd §108 Strafgesetzbuch wege

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten