TE Vfgh Beschluss 2015/9/21 E719/2015

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Veröffentlicht am 21.09.2015
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
BFA-VG §22a
VfGG §86, §88

Leitsatz

Einstellung des Verfahrens infolge Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof; Kostenzuspruch aufgrund Erweiterung der Anlassfallwirkung einer Gesetzesaufhebung durch den VfGH

Spruch

I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Begründung

1.       Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 2. November 2014 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 3. November 2014 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz gemäß §5 Abs1 Asylgesetz als unzulässig zurück und sprach aus, dass gemäß Art25 Abs2 iVm Art18 Abs1b der Verordnung (EG) Nr 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), Italien zuständig sei. Gemäß §61 Abs1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl 100/2005 idgF (in der Folge: FPG) wurde die Außerlandesbringung angeordnet und gemäß §61 Abs2 FPG die Abschiebung nach Italien für zulässig erklärt. Der Beschwerdeführer wurde am 28. Februar 2015 bei einer Kontrolle angehalten und in der Folge gemäß §76 Abs1 FPG iVm §57 Abs1 AVG iVm Art28 Dublin III-VO die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

2.       Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 10. März 2015 gemäß Art28 Dublin III-VO iVm §22a Abs1 BFA-VG als unbegründet ab und stellte gemäß §22a Abs3 BFA-VG iVm §76 Abs1 FPG fest, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Die Revision würde für zulässig erklärt (Spruchteil B).

3.       In der gegen dieses - dem Beschwerdeführer am 11. März 2015 zugestellte - Erkenntnis gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.

4.       Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Äußerung Abstand.

5.       Mit Erkenntnis vom 12. März 2015, G151/2014 ua., hob der Verfassungsgerichtshof §22a Abs1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 68/2013, als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind; dieser Ausspruch hat auch für den Verfassungsgerichtshof die Wirkung, dass er die betreffenden Bestimmungen nicht mehr anzuwenden hat.

6.       Mit Entscheidung vom 3. September 2015, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 16. September 2015, hat der Verwaltungsgerichtshof der Revision des Beschwerdeführers stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

7.       Damit ist für den Beschwerdeführer die Beschwer weggefallen und die Rechtslage so zu beurteilen, als ob er im Sinne des §86 VerfGG klaglos gestellt worden wäre. Die Beschwerde ist somit als gegenstandslos anzusehen.

Da gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 15.622/1999 mwN) aufgrund eines Ausspruches nach Art140 Abs7 B-VG die aufgehobene Bestimmung nicht nur in den Anlassfällen, sondern (jedenfalls ab der Kundmachung der Aufhebung) allgemein und folglich auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden ist und der Erfolg der Beschwerde daher auch für das verfassungsgerichtliche Verfahren offen zutage liegt, sind die begehrten Kosten in Anwendung des §88 VerfGG zuzusprechen (vgl. VfSlg 12.986/1991, 15.622/1999). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

8.       Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Klaglosstellung, Beschwer, VfGH / Kosten, VfGH / Aufhebung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2015:E719.2015

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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