TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/28 VGW-111/005/6548/2018

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Veröffentlicht am 28.05.2018
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Entscheidungsdatum

28.05.2018

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §134 Abs3
AVG §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Hason über die Beschwerde des Herrn Dr. H. S. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Gebietsgruppe ..., Stadterneuerung II, vom 05.04.2018, Aktenzahl MA37/..., betreffend Antrag auf Parteistellung - Abweisung,

zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 134 Abs 3 BO für Wien iVm § 8 AVG hinsichtlich des zur Zahl MA37/... geführten Baubewilligungsverfahrens auf der Liegenschaft in Wien, ...gasse ONr. 6, EZ ... der Kat. Gem. ..., keine Parteistellung zukommt. Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers in Wien, ...gasse ONr. 3, EZ ... der Kat. Gem. ... und die Liegenschaft in  Wien, ...gasse ONr. 6, EZ ... der Kat. Gem. ... keine gemeinsame Grenze haben und sich gemäß Katasterplan nicht gegenüberliegen.

Im dagegen gerichteten Rechtsmittel wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer sehr wohl Nachbar im Sinne des § 134 Abs 3 BO für Wien sei, da auch Eigentümer, deren Liegenschaft durch eine Verkehrsfläche von der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft getrennt sind, Parteistellung genießen und das auf die Liegenschaft ...gasse ONr. 3 im Verhältnis zur Liegenschaft ...gasse ONr. 6 zutreffe.

Aufgrund des Akteninhaltes wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer der Liegenschaft in Wien, ...gasse ONr. 3, EZ ... der Kat. Gem. ....

Für das gegenständliche Bauvorhaben in Wien, ...gasse ONr. 6 und das Grundstück des Beschwerdeführers in Wien, ...gasse ONr. 3 ist der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument ..., heranzuziehen. Vergrößert man dieses Plandokument im Maßstab 1:250, so ist klar ersichtlich, dass die von der Baulinie des zu bebauenden Grundstückes gedachte senkrechte Linie, gemessen unter einem Winkel von 90 Grad, in keinem Punkt die Liegenschaft des Beschwerdeführers berührt.

Dazu wurde erwogen:

Gemäß § 134 Abs 3 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder nur durch Fahnen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Gebäude oder der geplanten baulichen Anlage liegen.

Im vorliegenden Fall ist nur strittig, ob das Grundstück des Beschwerdeführers dem zu bebauenden Grundstück des Bauwerbers im Sinne des § 134 Abs 3 BO für Wien „gegenüberliegt“. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23.1.1996, Zahl 95/05/0181, welches sich ebenfalls mit der Frage beschäftigt, wann ein Grundstück als „gegenüberliegend“ anzusehen ist, Folgendes ausgesprochen:

„Dem Gesetzestext selbst ist unmittelbar nicht zu entnehmen, welche Bedeutung dem Tatbestandsmerkmal "gegenüberliegen" zukommt; die Erläuternden Bemerkungen führen hiezu aus, daß hier "nur die senkrecht auf die Baulinie gegenüberliegenden Liegenschaften als berührt" gelten (siehe die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 2. Auflage, Seite 587 f, wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 34/1992 in bezug auf § 134 Abs 3 BO). Der Zweck der Regelung des § 134 Abs 3 BO wird in den Erläuternden Bemerkungen wie folgt umschrieben:

"Diese Lösung wurde gewählt, da im Baubewilligungsverfahren die Parteistellung auf jene Nachbarn beschränkt sein sollte, deren Interessen bei einer Durchschnittsbetrachtung der typischerweise vom Bauwerk selbst und seiner bestimmungsgemäßen Verwendung ausgehenden Gefahren und Belästigungen betroffen werden. Es muß in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden, daß es im Bauverfahren bloß auf die Wahrung baurechtlicher, nicht aber sonstiger, insbesondere im gewerberechtlichen Verfahren zu berücksichtigender Interessen ankommt. Es ist Aufgabe anderer Rechtsvorschriften, Immissionen aus dem Gebäude für einen weiteren Nachbarkreis zu regeln. In diesen gesetzlichen Regelungen (vgl. z.B. Gewerbeordnung, Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen) ist der Nachbarbegriff weiter gefaßt. Die vorliegende Lösung soll damit auch der Beschleunigung der Bauverfahren dienen.

Es ist daher sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber den zunächst betroffenen Nachbarn eine stärkere Rechtsposition einräumt, als den Eigentümern weiter weg gelegener Liegenschaften. Vom Verfassungsgerichtshof wurde eine derartige Regelung in der Salzburger Bauordnung für verfassungskonform erklärt (VfGH vom 21.3.1986, B 179/84).

Vor dem Hintergrund der somit aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 134 Abs 3 BO hervorleuchtenden Absicht des Gesetzgebers, die Parteistellung auf jene Nachbarn zu beschränken, deren Interessen bei der Durchschnittsbetrachtung der typischerweise vom Bauwerk selbst und seiner bestimmungsgemäßen Verwendung ausgehenden Gefahren und Belästigungen betroffen werden, um damit auch eine Beschleunigung der Bauverfahren zu bewirken, können unter gegenüberliegenden Liegenschaften im Sinne des § 134 Abs 3 BO nur solche verstanden werden, die durch eine von der Baulinie des zu bebauenden Grundstückes gedachte senkrechte Linie berührt werden. Jede andere Auslegung des Tatbestandsmerkmales "gegenüberliegend", insbesonders auch die Einbeziehung von schräg gegenüberliegenden Liegeschaften - wie dies die Beschwerdeführerin fordert - würde dem gesetzgeberischen Willen widersprechen und zu nicht vertretbaren Ergebnissen führen. Aus der im § 134 Abs 3 BO gewählten Formulierung "benachbarte Liegenschaften sind ... jene, die ... der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen" folgt, daß Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob eine Liegenschaft gegenüberliegt, das zu bebauende Grundstück und damit dessen Baulinie ist.“

Folgt man nun dieser Rechtsanschauung, so ergibt sich, dass die von der Baulinie des zu bebauenden Grundstückes gedachte senkrechte Linie, gemessen unter einem Winkel von 90 Grad, in keinem Punkt die Liegenschaft des Beschwerdeführers berührt. Dabei wurde das gültige Plandokument Nr. ... herangezogen und im Maßstab von 1:250 vergrößert. Da die von der Baulinie des zu bebauenden Grundstückes gedachte senkrechte Linie in keinem Punkt die Liegenschaft des Beschwerdeführers berührt, sind durch das geplante Bauvorhaben auch keine in § 134a BO für Wien erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers berührt und liegt daher auch kein Verfahrensmangel vor. Die belangte Behörde hat somit zutreffend festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zukommt. Aus diesem Grund war die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Parteistellung; Abweisung; Berührung; Baulinie; Liegenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.111.005.6548.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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