TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/24 LVwG-S-591/001-2018

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Veröffentlicht am 24.04.2018
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Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

WRG 1959 §137 Abs3 Z8
WRG 1959 §138 Abs1
VStG 1991 §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, vertreten durch die B Rechtsanwälte OG, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 6. Februar 2018, ***, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I.  Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren hinsichtlich des darin enthaltenen Tatvorwurfs eingestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§§ 27, 44 Abs. 1, 50 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§§ 5 Abs. 1, 25 Abs. 2, 44a, 45 Abs. 1 Z 1 VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Entscheidungsgründe

1.   Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Zwettl und angefochtenes Straferkenntnis

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 05. Mai 2017, ***, erging ein gewässerpolizeilicher Auftrag an A, den nunmehrigen Beschwerdeführer. Gemäß § 138 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 2 lit.c WRG 1959 wurde er unter anderem (Maßnahmenpunkt 1.) zur „Entfernung des über die befestigte Fläche hinaus gelagerten Festmistes auf Grundstück Nr. ***, KG ***, innerhalb von 1 Woche nach Zustellung dieses Bescheides“ verpflichtet.

Aus der Begründung dieses Bescheides ist ersichtlich, dass bei einer Überprüfung durch das Gewässeraufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Zwettl Beanstandungen der Festmistlagerung beim landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers erfolgten. Diese betrafen einerseits die „Überlagerung“ einer nicht näher festgestellten betonierten Fläche (darauf bezog sich der zitierte Maßnahmenpunkt 1) sowie andererseits eine weitere Mistlagerstätte („Feldmiete“).

Am 02. November 2017 führte das Gewässeraufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Zwettl eine neuerliche Erhebung durch und stellte dabei Folgendes fest:

„Im Zuge einer angekündigten Überprüfung am 2.11.2017 im Beisein von Herrn A wurde festgestellt, dass der Festmist nur teilweise entfernt wurde bzw. durch die Räumung des Laufstalles erneut Frischmist auf unbefestigter Fläche (GS ***, KG ***) lagert. Herr A gab dazu an, dass die Räumung mit dem Hoflader nur in dieser Art und Weise möglich ist (Austransport aus Laufstall auf unbefestigter Fläche und dann Verfuhr auf befestigte Fläche).

Die vollständige Ausbringung des Wirtschaftsdüngers war lt. seinen Aussagen wegen einem Gebrechen beim Miststreuer nicht möglich.

Eine Beeinträchtigung von Grund- u. Oberflächenwasser durch die derzeitige Art der Wirtschaftsdüngerlagerung kann nicht ausgeschlossen werden. Durch die Lagerung auf unbefestigter Fläche ist eine unkontrollierte Versickerung von Sickerjauche in den Untergrund sowie der oberflächliche Abfluss möglich.

Eine vollständige Räumung der derzeitigen Festmistlagerung bis längstens 30.11.2017 ist aus der Sicht des Gewässerschutzes zu fordern.“

Der Erhebungsbericht enthielt auch zwei nicht näher kommentierte oder beschriftete Fotos.

In einem Aktenvermerk vom 10. November 2017 hielt das Gewässeraufsichtsorgan ergänzend fest, dass durch die „nunmehr erfolgte erneute Lagerung von frischem Festmist aus dem Laufstall die Auflagen des Bescheides der BH Zwettl vom 5.5.2017 aus wasserfachlicher Sicht als nicht erfüllt anzusehen“ wären.

Am 20. November 2017 forderte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl den nunmehrigen Beschwerdeführer zur Rechtfertigung auf, wobei ihm unter Angabe der Tatzeit 02.11.2017 und des Tatortes Grundstück Nr. ***, KG ***, Folgendes vorgeworfen wurde:

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 05.05.2017, ***, wurden Sie verpflichtet, folgende Maßnahme durchzuführen:

"Entfernung des über die befestigte Fläche hinaus gelagerten Festmistes auf Gst. Nr. ***, KG ***, innerhalb von 1 Woche nach Zustellung (10.05.2017) dieses Bescheides."

Bei einer Überprüfung am 02.11.2017 wurde festgestellt, dass Festmist auf unbefestigter Fläche gelagert war. Sie sind somit einem Ihnen gemäß § 138 Abs.1 Wasserrechtsgesetz 1959 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachgekommen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 137 Abs.3 Z.8 Wasserrechtsgesetz 1959 i.V.m. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 05.05.2017, ***“

Am 14. Dezember 2017 erschien der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl um sich zu rechtfertigen. Dabei wurde ihm – gemäß aufgenommener Niederschrift – der gesamte Akteninhalt vorgehalten. Der Beschwerdeführer erklärte, dass Mist auf unbefestigter Fläche nicht länger als ein bis zwei Tage liege und er vor habe, die Fläche künftig zu befestigen.

Am 11. Jänner 2018 erfolgte eine neuerliche Überprüfung durch die Gewässeraufsicht; deren Ergebnis wurde dem Beschwerdeführer laut vorliegenden Akten nicht mehr vorgehalten.

Am 06. Februar 2018 erließ die Bezirkshauptmannschaft Zwettl das nun in Beschwerde gezogene Straferkenntnis, dessen Tatbeschreibung mit der in der Aufforderung zur Rechtfertigung übereinstimmt. Hinsichtlich der verletzten Rechtsvorschrift erfolgte eine Ergänzung hinsichtlich der Angabe von „Punkt 1“ des Bescheides vom 05. Mai 2017.

Begründend führt die Behörde aus, dass sich die Entscheidung auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die Anzeige des Fachgebietes Umweltrecht der Bezirkshauptmannschaft Zwettl (welche wiederum auf das Überprüfungsergebnis des Gewässeraufsichtsorgans vom 02. November 2017 verwiesen hatte) stütze. Nach Wiedergabe der Rechtfertigung des Beschwerdeführers und des § 137 Abs. 3 Z 8 WRG 1959 hält die Behörde fest, dass der Beschuldigte „nicht bestritten“ hätte, dem spruchgegenständlichen Auftrag nicht nachgekommen zu sein, weiters dass ihm der Entlastungsbeweis nach § 5 Abs. 1 VStG nicht gelungen sei, und dass überdies am 11. Jänner 2018 neuerlich festgestellt worden wäre, „dass eine große Menge Wirtschaftsdünger auf unbefestigter Fläche gelagert“ gewesen sei.

Konkrete Ausführungen zum Tatvorwurf erfolgen nicht.

Die sonstigen Begründungsausführungen der Behörde beziehen sich auf die Strafbemessung.

2.   Beschwerde

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des A.

3.   Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

Auf Grund eines Verbesserungsauftrages erklärte der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach anzufechten. Er sei dem in Rede stehenden behördlichen Auftrag nachgekommen. Im Zuge der Überprüfung seitens der Bezirkshauptmannschaft Zwettl am 02. November 2017 sei auch festgestellt worden, dass dem bescheidmäßigen Auftrag entsprochen worden wäre; der bei dieser Überprüfung vorgefundene Festmist resultiere aus einer kurzfristigen Zwischenlagerung nach dem Ausmisten. Der behördliche Auftrag hätte sich auf eine ganz andere Stelle des Grundstücks bezogen.

Am 18. April 2018 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der der Beschwerdeführer gehört und C (Gewässeraufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Zwettl) als Zeuge befragt wurde.

4.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen lassen:

4.1.     Feststellungen und Beweiswürdigung

Der unter Punkt 1. bis 3. wiedergegebene Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der Bezirkshauptmannschaft Zwettl bzw. des Landesverwaltungsgerichts und ist unbestritten; das Gericht kann dies seiner Entscheidung zugrunde legen. Darüber hinaus wird Folgendes festgestellt:

Der Beschwerdeführer betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Auf dem dazugehörenden Grundstück Nr. ***, KG ***, lagert(e) er an verschiedenen Stellen Festmist. Einerseits lagert er regelmäßig unmittelbar neben dem Stallgebäude Frischmist ab. Unweit davon befindet sich eine weitere Lagerfläche auf – nach Angaben des Beschwerdeführers – betoniertem Untergrund. Wenigstens im Zeitpunkt der zum gewässerpolizeilichen Auftrag führenden Beanstandung befand sich, wiederum unweit der zuvor genannten Lagerfläche, eine weitere Mistlagerstätte, die im gewässerpolizeilichen Auftrag als „Feldmiete“ bezeichnet wird.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den nachvollziehbaren und (wenigstens) insoweit glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers und decken sich in diesem Rahmen auch mit den Erhebungsergebnissen im Akt der belangten Behörde (Erhebungsberichte der Gewässeraufsicht und dazugehörende Fotos). Der Sachverhalt ist insoweit unstrittig.

Weiterer Feststellungen bedarf es, wie im Rahmen der rechtlichen Erwägungen darzulegen sein wird, nicht.

4.2.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG

§ 137. (…)

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 340 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer

(…)

8.   einem ihm gemäß § 138 Abs. 1 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt;

(…)

VwGVG

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(…)

§ 50. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

VStG

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(…)

§ 25. (…)

(2) Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133 ( 4)

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

4.3.     Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer wegen Nichterfüllung eines ihm gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 erteilten gewässerpolizeilichen Auftrags bestraft. Im Konkreten bezieht sich das entscheidungsgegenständliche Straferkenntnis auf den ersten von mehreren Maßnahmenpunkten.

Wenn sich ein gewässerpolizeilicher Auftrag auf mehrere Missstände bezieht, welche jeder für sich auch Gegenstand eines eigenen Bescheides sein könnten, liegen im Übertretungsfall mehrere gesondert zu bestrafende Delikte vor (vgl. LVwG NÖ vom 16.02.2018, LVwG-S-55/001-2018 mit Bezug auf VwGH 15.01.1998, 97/07/0041).

Gegenständlich geht es ausschließlich um den Maßnahmenpunkt 1. des Bescheides vom 05. Mai 2017. Darin wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, die damals (bei einer Überprüfung am 03. Mai 2017) vorgefundene Menge an Mist, die über die Berandung einer angenommenen betonierten Fläche hinausragte, binnen Wochenfrist zu entfernen.

Dem gegenüber wurde dem Beschwerdeführer im Strafverfahren vorgeworfen, am 02. November 2017 „Festmist auf unbefestigter Fläche gelagert zu haben“ und dadurch dem gewässerpolizeilichen Auftrag nicht entsprochen zu haben.

Es erhebt sich die Frage, ob dieser Tatvorwurf mit der dem Beschwerdeführer auferlegten Verpflichtung korreliert und dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG entspricht.

§ 44a Z 1 VStG stellt an den Spruch eines Straferkenntnisses die Anforderung, dass

die als erwiesen angenommene Tat konkret umschrieben wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wenigstens seit dem

grundlegenden Erkenntnis vom 03.10.1985, 85/02/0053, VwSlg 11894 A/1985, ist

dieser Bestimmung dann entsprochen, wenn

- im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und

- der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Tat nach Ort und Zeit, aber

auch hinsichtlich der Umschreibung der anderen nach dem Tatbestand der

übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen Umständen konkret umschrieben

sein. Diese Anforderungen müssen auch an die Verfolgungshandlung im Sinne des

§ 32 Abs. 2 VStG gestellt werden (vgl. VwGH 26.06.2003, 2002/09/0005).

Der Spruch des Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumtion der

als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig

und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der

bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (z.B. VwGH 17.09.2014,

2011/17/0210).

Bei der Bestrafung wegen Nichteinhaltung einer bescheidmäßig vorgeschriebenen

Auflage muss die konkrete Tatumschreibung (und damit auch die Verfolgungs- handlung, um tauglich zu sein) neben dem Umstand, dass eine konkret zu be- zeichnende Auflage nicht eingehalten wurde, konkret alle Handlungen oder

Unterlassungen anführen, durch welche die Auflage nicht eingehalten wurde (VwGH

16.03.2016, Ra 2016/04/0034). Dies ist auch auf Maßnahmenvorschreibungen wie die vorliegenden übertragbar.

Einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der Verwaltungsstrafbehörde kann (und muss) das mittels Beschwerde angerufene Gericht (wie vormals die Berufungsbehörde) richtig stellen oder ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn (innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist) eine alle der Bestrafung zugrundeliegende Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (zB VwGH 23.10.2014, 2011/07/0205 zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei diese Rechtsprechung jedoch ohne weiteres auf die derzeit geltende Rechtslage übertragbar ist). Wesentlich ist also, dass Mängel in der Tatumschreibung durch die Verwaltungsstrafbehörde im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nur dann bzw. nur insoweit saniert werden können, wenn bzw. soweit es im Rahmen des verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren zu einer Ver-folgungshandlung gekommen ist, die den oben beschriebenen Konkretisierungs-erfordernissen entspricht.

Schließlich ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides im Rahmen der Sache nicht an die geltend gemachten Beschwerdegründe gebunden ist (vgl. zB VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066). Das bedeutet, dass im Falle einer nicht auf die Strafhöhe beschränkten Beschwerde das Gericht berechtigt – und verpflichtet – ist, sämtliche Umstände wahrzunehmen, die einer Bestrafung überhaupt oder im von der belangten Behörde vorgenommenen Ausmaß entgegenstehen.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ergibt sich, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur Konkretisierung des Tatvorwurfes nicht hinreichend nachgekommen ist.

Mit dem in Rede stehenden gewässerpolizeilichen Auftrag war der Beschwerdeführer zur Beseitigung von im Mai 2017 vorgefundenen näher genannten Mistablagerungen verpflichtet worden. Ein entsprechend konkreter Tatvorwurf bezüglich der in Rede stehenden Maßnahme hätte angeben müssen, dass, und in welchem konkreten Umfang, damals binnen Wochenfrist zu entfernen gewesener Mist im Tatzeitpunkt noch immer vorhanden war, somit also nicht entfernt worden ist. Demgegenüber wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, am 02.11.2017 auf unbefestigter Fläche Festmist gelagert zu haben. Diese Formulierung lässt sowohl die Interpretation zu, dass sie sich auf anderen als den beanstandeten Festmist (nämlich eine neuerliche Übertretung des WRG 1959), als auch, dass sie sich auf eine andere Stelle als die vom gewässerpolizeilichen Auftrag, Maßnahmenpunkt 1., gemeinte, bezog (vgl. die Formulierungen „des über die befestigte Fläche hinausgelagerten Festmistes“ gegenüber „Festmist auf unbefestigter Fläche“). Abgesehen von dieser schon rein sprachlich auffallenden Divergenz kommt hinzu, dass Mistlagerungen im konkreten Fall an drei verschiedenen Stellen auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, erfolgten bzw. vorgefunden wurden. Bereits der gewässerpolizeiliche Auftrag vom 05.05.2017 nennt in den Maßnahmen 1. und 2. zwei verschiedene Festmistlagerungen auf unbefestigter Fläche. Dazu kommt noch eine weitere Lagerfläche im unmittelbaren Anschluss an den Stall, wozu der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hier Festmist regelmäßig nur tageweise nach dem Ausmisten zwischenzulagern. Auf letztere hat sich der in Rede stehende gewässerpolizeiliche Auftrag aber offensichtlich nicht bezogen. Gerade jene Lagerung scheint jedoch der Aufsichtsbericht des Gewässeraufsichtsorgans vom 07. November 2017 (Erhebung vom 02. November 2017) im Auge zu haben; jedenfalls deuten darauf die beiden in dem Bericht eingefügten Fotos hin.

Aus all dem ist der Schluss zu ziehen, dass der Tatvorwurf weder so konkret ist, dass unmittelbar auf die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat in eindeutiger Weise geschlossen werden kann, noch, dass eine Doppelbestrafung (etwa sowohl wegen Übertretung des Maßnahmenpunktes 1. als auch des Maßnahmenpunktes 2. des Bescheides vom 05. Mai 2017) für ein und dieselbe Mistablagerung verhindert wird; noch ist ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer möglicherweise für etwas bestraft wird, was in Verbindung mit dem in Rede stehenden gewässerpolizeilichen Auftrag gar nicht strafbar ist (weil von diesem nämlich gar nicht erfasst).

Die Art und Weise des Tatvorwurfes beeinträchtigt somit in unzulässiger Weise die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers, da er den Eindruck haben konnte, dass ihm die vom Bescheid vom 05. Mai 2017 überhaupt nicht erfasste Zwischenlagerung im Stallbereich vorgehalten wurde; dagegen hat er sich nämlich durchaus verteidigt. Daraus kann entgegen den Ausführungen der belangten Behörde keineswegs geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer nicht bestritten hätte, dem „spruchgegenständlichen Auftrag“ nicht nachgekommen zu sein. Möglicherweise vermochte die belangte Behörde selbst nicht zwischen den verschiedenen Mistlagerstätten beim Anwesen des Beschwerdeführers zu unterscheiden. Dies kann jedenfalls nicht dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichen.

Eine Sanierung dieses Mangels durch das Gericht kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil auch die vorgenommenen Verfolgungshandlungen dieselben Unzulänglichkeiten wie der Spruch des Straferkenntnisses aufweisen.

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass im Rahmen der Sache des gegen-ständlichen Strafverfahrens keine ausreichend konkret vorgeworfene Verwaltungs-übertretung vorliegt, weshalb nach § 45 Abs. 1 VStG vorzugehen war. Der angefochtene Bescheid war daher zu beheben und das Strafverfahren insoweit einzustellen. Es war deshalb im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer, wie er behauptet hat, dem gewässer-polizeilichen Auftrag vollständig und rechtzeitig nachgekommen war. Ebenso wenig war darauf einzugehen, ob der Beschwerdeführer möglicherweise eine andere Verwaltungsübertretung, etwa (neuerlich) eine mehr als geringfügige Einwirkung auf Gewässer im Zusammenhang mit der im November 2017 (oder Jänner 2018) vorgefundenen Lagerung von Mist vorgenommen hat, da dies eine andere als die vorgeworfene Tat wäre. Die gegenständliche Entscheidung stünde daher auch nicht der Bestrafung wegen einer ausreichend konkretisiert vorgeworfenen Verwaltungs-übertretung entgegen.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im gegenständlichen Fall nicht zu lösen, da es um die Anwendung einer eindeutigen bzw. durch die Judikatur hinreichend geklärten (vgl. die zitierten Belege) Rechtslage auf den Einzelfall ging. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis (Art. 133 Abs. 4 B-VG) ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; Konkretisierung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.591.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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