TE OGH 2018/5/23 10ObS47/18m

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Veröffentlicht am 23.05.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Oblasser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. November 2017, GZ 10 Rs 89/17g-59, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 17. 9. 2015 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des am 20. 8. 1954 geborenen Klägers vom 6. 7. 2015 auf Weitergewährung der ihm bis 30. 6. 2015 befristet zuerkannten Berufsunfähigkeitspension ab und sprach aus, dass mangels Berufsunfähigkeit auch kein Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation bestehe.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene, auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß sowie hilfsweise der gesetzlich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahmen gerichtete Klage für den Zeitraum von 1. 7. 2015 bis 31. 7. 2016 ab und verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitspension ab 1. 8. 2016; weiters stellte es fest, dass Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nicht zweckmäßig seien.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde. Es sprach aus, dass kein Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation bestehe, und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf (§ 502 Abs 1 ZPO).

1. Der Oberste Gerichtshof ist ausschließlich als Rechtsinstanz zur Überprüfung von Rechtsfragen tätig (RIS-Justiz RS0123663). Es ist daher im Verfahren dritter Instanz nicht zu prüfen, ob bei Feststellung des medizinischen Leistungskalküls des Klägers auch dessen psychischer Zustand in ausreichender Weise berücksichtigt wurde. Die Feststellung, dass dem Kläger zweidrittelzeitig mittelschwere Arbeiten möglich seien, bezieht sich auf seine körperliche Leistungsfähigkeit und steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, er sei psychisch nur gering belastbar.

2.1 Nach den Feststellungen standen dem Kläger (der öffentliche Verkehrsmittel benützen und vorher und nachher zumindest eine Wegstrecke von jeweils 500 m zurücklegen kann) an seinem Wohnort Wien eine ausreichende Anzahl an Arbeitsplätzen in für ihn zumutbaren Verweisungstätigkeiten zur Verfügung. Obwohl er über keinen eigenen PKW verfügt, zog der Kläger im Juli 2016 von Wien nach Geras im Waldviertel, wo keine ausreichenden öffentlichen Verkehrsverbindungen bestehen. Nach den Feststellungen kann er seit seiner Übersiedlung nach Geras einen ihm zumutbaren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen (weder mittels Tagespendeln nach Wien noch auf dem regionalen Arbeitsmarkt).

2.2 Der Kläger wendet sich in seiner Revision nicht dagegen, dass sein Wegzug aus seiner Wohnung in Wien medizinisch nur insoweit indiziert war, als er infolge eines in seinem Wohnhaus geschehenen tätlichen Angriffs seine bisherige unmittelbare Wohngegend verlassen sollte, für den Umzug (gerade) nach Geras aber keine medizinische Indikation vorlag. Er führt jedoch ins Treffen, dass er in Wien wegen seines geringen Einkommens nur nach mehrjähriger Wartezeit eine adäquate, leistbare Mietwohnung gefunden hätte. Die in Geras weitaus niedrigeren Wohnkosten lägen hingegen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten.

2.3 Damit wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass es für die zumutbare Erreichbarkeit eines Arbeitsplatzes grundsätzlich nicht auf die Verhältnisse am Wohnort des Versicherten ankommt, sondern auf die Verhältnisse am allgemeinen Arbeitsmarkt, weil der Versicherte sonst durch die Wahl seines Wohnorts die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pension beeinflussen könnte. Ein abgelegener Wohnort des Versicherten, hat als persönliches Moment ebenso wie andere persönliche Umstände – wie etwa die mangelhafte Beherrschung der Landessprache oder die Erziehung von Kindern – bei der Beurteilung der geminderten Arbeitsfähigkeit grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0085017, RS0084871). Sofern nicht medizinische Gründe entgegenstehen, hat der Versicherte durch entsprechende Wahl seines Wohnorts die Bedingungen für die Erreichung des Arbeitsplatzes herzustellen, die für Arbeitnehmer im Allgemeinen gegeben sind (RIS-Justiz RS0085017 [T7]).

Von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ab.

Textnummer

E121794

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00047.18M.0523.000

Im RIS seit

26.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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