TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 99/03/0086

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des S S in Wien, vertreten durch Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. Oktober 1998, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/1997-330, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Zuerkennung der Notstandshilfe an den Beschwerdeführer für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis 31. Juli 1997 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen. Ferner wurde ausgesprochen, dass die für die Zeit vom 8. August 1996 bis 31. Juli 1997 bezogene Notstandshilfe nicht rückgefordert werde. Die für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis 7. August 1996 unberechtigt bezogene Notstandshilfe in Höhe von S 23.834,-- werde gemäß § 25 Abs. 1 AlVG rückgefordert und sei binnen zwei Wochen nach Bescheidzustellung auf ein näher bezeichnetes Postscheckkonto des Arbeitsmarktservice Wien einzuzahlen. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass der Bfr in seinem Antrag auf Notstandshilfe vom 27. Juni 1994 den Besuch einer Lehranstalt (Hochschule, Fachschule und dgl.) verneint habe. Zusätzlich habe er am 18. Juli 1994 niederschriftlich angegeben, sein Studium abgeschlossen und eine Bestätigung über die Exmatrikulation vorgelegt zu haben. Tatsächlich habe er eine Abgangsbescheinigung der Universität Wien, datiert per 15. Juli 1994, vorgelegt. In seinen Anträgen auf Notstandshilfe vom 7. Juli 1995 und 29. Juli 1996 habe er neuerlich den Besuch einer Lehranstalt (Hochschule, Fachschule und dgl.) verneint und als Nachweis jeweils eine Abgangsbescheinigung erbracht. In seinem Leistungsantrag vom 18. Juli 1997 habe er die Frage nach einer Ausbildung bejaht und am 7. August 1997 niederschriftlich angegeben, seit dem Sommersemester 1991 (mit Unterbrechung im Wintersemester 96/97) als ordentlicher Hörer inskribiert zu sein. Am 25. August 1997 habe er eine Bescheinigung der Universität Wien über die per 17. Juli 1997 erfolgte Exmatrikulation vorgelegt, aus der hervorgegangen sei, dass er seit dem Sommersemester 1991 (mit Unterbrechung im Wintersemester 96/97) laufend inskribiert gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der als Beschwerdepunkt ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht darauf, dass die von ihm bezogene Notstandshilfe nicht zurückgefordert wird," verletzt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorweg sei bemerkt, dass durch die vom Beschwerdeführer vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt wurde, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Die verwaltungsgerichtliche Prüfung hat sich demnach darauf zu beschränken, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0049). Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid lediglich hinsichtlich des Ausspruches über die Rückforderung der für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis 7. August 1996 unberechtigt bezogene Notstandshilfe zu prüfen hat.

Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Im Beschwerdefall erachtete die belangte Behörde den Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG als verwirklicht, weil der Beschwerdeführer in seinen Anträgen vom 27. Juni 1994 und 7. Juli 1995 nicht die - gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG den Ausschluss der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit bewirkende - Tatsache seines Studiums angegeben und zusätzlich den Schein erweckt habe, sein Studium abgeschlossen zu haben und somit arbeitslos zu sein.

Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, dass ihm ein "subjektiver Vorwurf", unrichtige Angaben über die Voraussetzungen der Notstandshilfe gemacht zu haben, nicht angelastet werden könne. Der Behörde sei die Absolvierung seines Studiums bekannt gewesen, es sei ihm 1991 oder 1992 ausdrücklich auch eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Er habe bereits in den Anträgen auf Gewährung einer Notstandshilfe vom 19. November 1990, 19. August 1991, 8. September 1992 und 30. Juli 1993 nach Rückfrage mit der zuständigen Bearbeiterin der erstinstanzlichen Behörde die Frage nach dem Besuch einer Lehranstalt (Punkt 6 des Antragsformulars) mit "Nein" beantwortet, obwohl der belangten Behörde damals bereits bekannt gewesen sei, dass er als Hörer an der Universität inskribiert gewesen sei. Dies sei aus seiner Sicht berechtigt gewesen, weil die Anträge am 19. August 1991, 8. September 1992 und 30. Juli 1993 in den Ferien, somit zu Zeitpunkten gestellt worden seien, zu denen eine Hochschule nicht besucht worden sei. In den "Formularen" vom 10. August 1993 und 8. August 1996 habe er "ohnehin" ein Studium vom 1. Oktober 1992 bis 30. Juni 1993 bzw. 1. Oktober 1995 bis 30. Juni 1996 angegeben. Die von ihm vorgelegten "Abgangsbescheinigungen" hätten keinen Exmatrikulationsvermerk und jeweils unterschiedliche Daten aufgewiesen, sodass die Behörde daraus hätte erkennen können und müssen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor an der Universität inskribiert sei. Der Beschwerdeführer habe auch in der Niederschrift vom 18. Juli 1997 darauf hingewiesen, dass er noch eine Diplomarbeit schreiben müsse.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Es trifft zwar zu, dass nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 17. Oktober 1995, Zl. 94/08/0030) den Begriffen "unwahr" bzw. "verschweigen" im § 25 Abs. 1 AlVG eine subjektive Komponente dahin innewohnt, dass von jenem Arbeitslosen nichts zurückgefordert werden kann, der zwar objektiv falsche Angaben, jedoch in unverschuldeter Unkenntnis vom wahren Sachverhalt gemacht hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen hat die belangte Behörde aber beim Beschwerdeführer hinsichtlich der im Beschwerdefall - allein - zu beurteilenden Angaben in den Anträgen vom 27. Juni 1994 (im Zusammenhalt mit der Niederschrift vom 18. Juli 1994) und vom 7. Juli 1995 zu Recht nicht angenommen. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund des von ihr festgestellten Sachverhaltes zur Auffassung gelangte, dass der Beschwerdeführer insbesondere durch die Vorlage der von ihm in der Niederschrift vom 18. Juli 1994 als "Exmatrikulationsbestätigung" bezeichneten "Abgangsbescheinigung" der Universität Wien den Eindruck erwecken wollte, sein Studium durch Exmatrikulation beendet zu haben. Daran vermag der Hinweis auf die von ihm noch zu schreibende Diplomarbeit nichts zu ändern, setzt doch eine solche Tätigkeit nicht zwingend den für die Eigenschaft als "ordentlicher Hörer einer Hochschule" nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nach der damals geltenden Rechtslage wesentlichen aufrechten Bestand der Immatrikulation (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042) voraus. Mit dem Einwand, die Behörde hätte das Fehlen eines Exmatrikulationsvermerks auf der "Abgangsbescheinigung" erkennen müssen, vermag der Beschwerdeführer keinen Umstand aufzuzeigen, der sich bei Beurteilung der subjektiven Komponente positiv für ihn auswirken könnte. Es kehrt sich vielmehr gegen den Beschwerdeführer, wenn er die betreffende Urkunde trotz der von ihm behaupteten Erkennbarkeit der fehlenden Eigenschaft als Exmatrikulationsbestätigung der Behörde gegenüber ausdrücklich als solche bezeichnet hatte. Angesichts der die Frage nach dem Besuch einer Hochschule verneinenden Angaben des Beschwerdeführers in den Anträgen vom 27. Juni 1994 (im Zusammenhalt mit der Niederschrift vom 18. Juli 1994) und vom 7. Juli 1995 bestand für die Behörde keine Veranlassung zur Überprüfung, ob der Beschwerdeführer zu diesen Zeitpunkten nicht doch noch weiterhin ordentlicher Hörer der Universität Wien sei. Das Risiko eines allfälligen Rechtsirrtums, aus dem heraus der Beschwerdeführer die genannte Frage wahrheitswidrig verneint haben könnte, - etwa in bezug auf die von ihm ins Treffen geführte Ausnahmebewilligung - hat er selbst zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0134).

Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe den unberechtigten Bezug von Notstandshilfe für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis 7. August 1996 durch unwahre Angaben herbeigeführt, begegnet daher keinen Bedenken.

Die weitere vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 12 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. Nr. 817/1993) vorlägen, bezieht sich auf das Bestehen des Anspruches auf Notstandshilfe und damit auf die Rechtmäßigkeit des mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Widerrufes der Zuerkennung der Notstandshilfe. Dieser Abspruch betrifft eine Vorfrage für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 1 AlVG. Eine durch den Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe bewirkte Rechtsverletzung hat der Beschwerdeführer im Rahmen der Bezeichnung der Beschwerdepunkte jedoch - wie oben ausgeführt - nicht geltend gemacht. Dem Verwaltungsgerichtshof ist daher die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Abspruches verwehrt, er hat diesen vielmehr seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsausspruches zugrundezulegen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030086.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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