TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/4 LVwG-2018/35/1168-2

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Veröffentlicht am 04.06.2018
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Entscheidungsdatum

04.06.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §7
VStG §44a
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 5.4.2018, ****, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem BLRG

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren betreffend das angefochtene Straferkenntnis vom 5.4.2018, ****:

Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion X vom 27.4.2017 verhängte die Bezirkshauptmannschaft X gegenüber dem nunmehrigen Beschwerdeführer mittels Strafverfügung vom 17.7.2017, ****, eine Geldstrafe in Höhe von 100 € wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 Z 2 Bundesluftreinhaltegesetz (BLRG).

Der durch Rechtsanwalt BB vertretene, nunmehrige Beschwerdeführer erhob gegen diese Strafverfügung fristgerecht einen begründeten Einspruch.

Nach Durchführung eines im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer mit dem in weiterer Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Straferkenntnis Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben es zu verantworten, dass am 06.04.2017 um 14:00 Uhr in ihrem Auftrag von Herrn CC auf der Gp. ***, DD, X, Adresse 3, auf einer ca. 18m³ großen Fläche eine Feuerstelle mit ca. 3 Meter hohen Flammen, welche nicht als eine Anlage im Sinne des Bundesluftreinhaltegesetzes anzusehen ist, unter anderem Holz, Äste und Sträucher welche biogene Materialien im Sinne des § 1a Abs. 1 Z 1 BLRG darstellen, verbrannt wurden, obwohl das punktuelle als auch das flächenmäßige Verbrennen biogener sowie nicht biogener Materialien außerhalb dafür bestimmter Anlagen verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 Z 2 Bundesluftreinhaltegesetz, BGBl. I Nr. 137/2002 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

100,--

Gemäß:

§ 8 Abs 1 Z 2 Bundesluftreinhaltegesetz, BGBl. I Nr. 137/2002 idgF

Ersatzfreiheitsstrafe:

9 Stunden“

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:

„Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion X und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht für die erkennende Behörde fest, dass Herr CC EE am 06.04.2017 um 14.00 Uhr im Auftrag des Herrn AA auf dem Grundstück in X, Adresse 3, Astwerk, Strauchwerk und Bäume verbrannt hat, welches von ihm zuvor auf dem Grundstück zusammengesammelt wurde um es vom Bewuchs zu säubern. Es wurde sowohl von Herrn CC EE als auch vom Beschuldigten selbst gegenüber den Polizeibeamten angegeben, dass das Verbrennen der biogenen Materialien im Auftrag des Herrn AA erfolgt. Die Angaben des Beschuldigten in seiner Rechtfertigung sind daher als Schutzbehauptung zu werten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich Herr CC EE grundlos auf dem Grundstück des Herrn FF aufhalten sollte zumal sich auf dem Grundstück nicht einmal eine Unterkunftsmöglichkeit befindet. Wesentlich wahrscheinlicher erscheint hier die Angabe des Herrn CC EE, welche ursprünglich auch von Herrn FF bestätigt wurde, dass Herr AA von Herrn FF beauftragt wurde das Grundstück von Astwerk und Sträuchern zu säubern und das Material anschließend zu verbrennen.

Dass es, wie vom Rechtsvertreter des Beschuldigten behauptet, zwischen Herrn CC EE und den Beamten zu Verständigungsschwierigkeiten gekommen sei, wurde von den Polizeibeamten klar verneint und erscheint dies auch glaubwürdig. Zudem wurden die Angaben des Herrn CC EE im Telefonat mit dem Polizeibeamten ursprünglich auch bestätigt.

Nach § 5 Abs 1 VStG 1991 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Dem Beschuldigten ist zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Aufgrund des Ganges und der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens steht für die erkennende Behörde daher fest, dass der Beschuldigte die im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen in objektiver sowie in subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.“

Hinsichtlich der Strafbemessung führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass weder besondere Milderungs- noch Erschwerungsgründe vorliegen würden und dass aus dem Akt keine Angaben hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten hervorgingen und deshalb von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen sei.

Unter Berücksichtigung des im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommenden Strafrahmens sei daher die Bemessung der Geldstrafe in der Höhe von insgesamt EUR 100,- schuld- und tatangemessen.

2. Beschwerde:

Gegen das unter Z 1 genannte Straferkenntnis erhob Herr AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Beschwerde.

Gleichzeitig wurde von Herrn AA auch ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das gegenständliche Beschwerdeverfahren gestellt, welcher gleichzeitig mit dem gegenständlichen Erkenntnis mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes zu Zl LVwG-2018/35/1168-1 abgewiesen wurde.

Begründet wird die gegenständliche Beschwerde zunächst damit, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, Herrn AA Amin EE unter Beiziehung eines Dolmetschers als Zeugen einzuvernehmen. Eine solche Einvernahme hätte die Annahme widerlegt, dass Herr AA vom Beschwerdeführer beauftragt wurde, Sträucher und Äste zu verbrennen. Beim gegenständlichen Feuer hätte es sich in Wirklichkeit nur um ein außer Kontrolle geratenes Grillfeuer bzw Lagerfeuer zur Heiligenverehrung gehandelt.

Weiters wird vorgebracht, dass die belangte Behörde den Umstand, dass Herr AA bereits polizeibekannt war, zur Gänze in der Beweiswürdigung unberücksichtigt gelassen habe.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer noch vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einem Anwendungsfall des § 5 Abs 1 VStG ausgegangen sei. Vielmehr hätte die belangte Behörde die Voraussetzungen des § 7 VStG prüfen und dabei das Vorliegen von Vorsatz feststellen müssen.

Im Übrigen sei die verhängte Strafe zu hoch bemessen worden und hätten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung vorgelegen.

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

Herr AA ist als Beschuldigter des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 32 Abs 1 VStG zweifellos Partei und war insofern zum Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Beschwerde hierzu legitimiert.

Die Beschwerde wurde auch innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig.

2. Zur Sache:

Wer biogene oder nicht biogene Materialien entgegen den Bestimmungen des § 3 BLRG im Freien verbrennt oder einen gemäß § 3 Abs 2 erteilten Auftrag nicht befolgt, begeht, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder den Tatbestand einer mit strengerer Strafe bedrohten Verwaltungsübertretung bildet, gemäß § 8 Abs 1 Z 2 BLRG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3 630 € zu bestrafen.

Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten, dass biogene Materialien im Freien verbrannt wurden.

Da für das Landesverwaltungsgericht aber auch kein Zweifel daran besteht, dass diese biogenen Materialien nicht vom Beschwerdeführer selbst als unmittelbarer Täter verbrannt wurden und dieser daher nur allenfalls Bestimmungstäter im Sinn des § 7 VStG sein könnte, erweist sich das gegenständliche Straferkenntnis aufgrund der folgenden Erwägungen als rechtswidrig:

§ 7 VStG lautet wie folgt:

„Anstiftung und Beihilfe

§ 7. Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis wird nur unzureichend auf diese besondere Form der Täterschaft hingewiesen. Die belangte Behörde führt lediglich aus, dass es der Beschwerdeführer zu verantworten habe, dass in seinem Auftrag ein bestimmtes, verbotenes Verhalten gesetzt worden sei, unterlässt es aber klarzustellen, woraus sich diese Verantwortung ableiten lässt.

Damit entspricht die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der Tathandlung bzw. des Tatgeschehens aber nicht den diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben:

§ 44a Z 1 VStG normiert in diesem Zusammenhang, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hierzu gilt, dass „die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der angeführten Rechtsvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.“ (vgl VwGH 12.9.2006, 2004/03/0126; ua).

Dieser Verpflichtung wurde im vorliegenden Fall nicht in ausreichendem Maße entsprochen, da die im Spruch erfolgte Tatumschreibung keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zulässt, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat.

Laut Rechtsprechung des VwGH (siehe hierzu etwa die Nachweise bei Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² [2017] § 44a VStG RZ 4) macht der Vorwurf der Anstiftung auch die Nennung des § 7 VStG und Ausführungen über das Verschulden im Spruch erforderlich (VwGH 15.6.1992, 91/10/0146). Auch die Tatzeit bzw der Tatzeitraum hinsichtlich der Begehung der Anstiftung sind anzuführen (VwGH 20.12.1995, 93/03/0166). Keine dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall gegeben.

Was die Ausführungen über das Verschulden betrifft, kommt - wie in der vorliegenden Beschwerde zu Recht aufgezeigt wird – hinzu, dass sich die belangte Behörde zu Unrecht damit begnügt, eine aus § 5 Abs 1 VStG abgeleitete Fahrlässigkeit anzunehmen, während § 7 VStG unmissverständlich klarstellt, dass eine Bestrafung als Bestimmungstäter nur im Fall einer vorsätzlichen Veranlassung in Frage kommt.

In Rz 13 zu § 7 VStG führen Lewisch/Fister/Weilguni weiters aus, dass die „Beteiligungsstrafbarkeit gem § 7 (…) die Feststellung der entsprechenden Beitragshandlung, deren objektive Auswirkung in der Tathandlung des unmittelbaren Täters und die Vorsätzlichkeit des Beitragenden voraus[setzt]. Die diesbezüglichen Anforderungen an Strafbescheide finden in der Praxis immer wieder keine Beachtung; entsprechend hoch ist die Zahl der Aufhebungsentscheidungen durch den VwGH. Für den Fall der Tatbeteiligung sind im Spruch daher anzuführen (dazu auch § 44 a Rz 4):

• Die Norm des § 7 (VwGH 10. 6. 1985, 85/10/0043).

• Zeit, Ort und Inhalt/Modalität der Beteiligungshandlung (also der Bestimmung oder des sonstigen Tatbeitrags); dazu VwGH 23.2.1995, 92/18/0277; LVwG NÖ 3.2.2015, LVwG-BN-14 – 0026; LVwG Tirol 22.10.2014, LVwG-2014/22/2767-1. Die Tatzeitnennung ist schon allein zur Vermeidung von Doppelbestrafungen geboten (VwGH Ro 2014/02/0087 ÖBA 2015/188 = ZFR 2015/172); für Verzichtbarkeit des Orts, wenn Zeit und Modalität zur Konkretisierung hinreichen: VwGH 27. 2. 1991, 90/03/0206.

• Die Tatbegehung durch den unmittelbaren Täter (soweit für die Strafbarkeit in § 7 vorausgesetzt: dazu Rz 8 ff); dazu VwGH 19. 12. 1997, 96/02/0594; VwSlg 13.112 A/1990. Auch der unmittelbare Täter ist zur Vermeidung von Doppelbestrafungen zu nennen (nochmals VwGH Ro 2014/02/0087 ÖBA 2015/188 = ZFR 2015/172).

• Die kausale Verbindung zwischen Tatbeitrag und Tatausführung (VwSlg 4948 A/1959).

• Der Vorsatz des Tatbeteiligten auf die Förderung/Veranlassung der Tatbegehung (VwSlg 4948 A/1959; 13.112 A/1990; VwGH 15. 9. 1992, 91/04/0033; dazu auch LVwG Burgenland 1. 9. 2014, E 084/03/2014.009/002).“

Insgesamt steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass die Voraussetzungen nach § 44a Z 1 VStG im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind und im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend dargelegt wurde, dass der Beschwerdeführer als Bestimmungstäter im Sinn des § 7 VStG bestraft werden sollte. Zwar deutet die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses verwendete Formulierung „in ihrem Auftrag“ eine Bestimmung zur Tat an; da allerdings im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses kein Hinweis auf § 7 VStG enthalten ist, nur von der unmittelbaren Tat am 6.4.2017 um 14:00 Uhr und nicht auch von der Bestimmungstat und deren Zeitpunkt die Rede ist, und schließlich bei der Frage des Verschuldens der für den unmittelbaren Täter maßgebliche § 5 Abs 1 VStG und nicht jene im § 7 VStG für den Bestimmungstäter maßgebliche Verschuldensform des Vorsatzes angesprochen wird, ist das gegenständliche Straferkenntnis als Bestrafung des Beschwerdeführers aufgrund einer unmittelbaren Täterschaft auszulegen.

Das gegenständliche Straferkenntnis erweist sich insofern als rechtswidrig und war vom Landesverwaltungsgericht aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Im vorliegenden Zusammenhang liegt auch kein berichtigungsfähiger Fehler der belangten Behörde vor. Die Möglichkeit einer Berichtigung des Spruches ergibt sich aus § 24 VStG iVm § 62 Abs 4 AVG. Nach dieser Bestimmung können aber nur „Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten“ von Amts wegen berichtigt werden. Von einem solchen Fehler der belangten Behörde kann im gegenständlichen Fall aber nicht ausgegangen werden. Weder aus dem angefochtenen Straferkenntnis noch aus dem übrigen behördlichen Verwaltungsakt geht für alle Verfahrensparteien klar hervor, in welcher Eigenschaft Herr AA zur Verantwortung gezogen werden sollte und inwieweit eine vorsätzliche Anstiftung durch diesen stattfand.

Auch ansonsten war eine Spruchkorrektur durch das Landesverwaltungsgericht dahingehend, dass damit die Stellung des Beschuldigten, aufgrund der dieser zur Verantwortung gezogen wird, hätte konkretisiert werden können, unzulässig.

Laut der zum vormaligen Berufungsverfahren ergangenen Entscheidung des VwGH vom 27.2.1995, 90/10/0092, ist die Berufungsbehörde (auch wenn die zur Individualisierung und Konkretisierung des vorgeworfenen Verhaltens erforderlichen Tatmerkmale im Spruch des Bescheides der ersten Instanz nicht enthalten sind) zu einer - im Gegensatz zur unzulässigen Auswechslung der Tat rechtmäßigen - "Modifizierung der Tatumschreibung" berechtigt; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass jenes konkrete, dem Beschuldigten durch den Strafbescheid der Berufungsbehörde zur Last gelegte Verhalten in konkretisierter Form bereits Gegenstand des Strafverfahrens erster Instanz war. Eine Spruchkorrektur ist zudem etwa nur insofern zulässig, solange dem Beschuldigten kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wird (siehe etwa VwGH 31.1.2000, 97/10/0139; 22.10.2012, 2010/03/0065).

Diese Voraussetzungen für eine Richtigstellung des Spruches sind im vorliegenden Fall wie dargestellt nicht gegeben. Der gesamte behördliche Verwaltungsakt lässt nicht hinreichend erkennen, dass der Beschwerdeführer als Bestimmungstäter zur Verantwortung gezogen werden sollte und ihm diesbezüglich Vorsatz anzulasten ist.

Eine Richtigstellung der als erwiesen angenommenen Tat durch das Landesverwaltungsgericht ginge somit über die diesem nach § 50 VwGVG eingeräumte Befugnis zur Entscheidung in der Sache hinaus.

Insgesamt erweist sich die vorliegende Beschwerde somit als begründet und war das angefochtene Straferkenntnis spruchgemäß aufzuheben und das gegen den Beschwerdeführer als unmittelbaren Täter geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, ohne dass ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erforderlich war. Diese Einstellung hindert die belangte Behörde im vorliegenden Fall grundsätzlich allerdings nicht, ein Verwaltungsstrafverfahren wider den Beschwerdeführer als Bestimmungstäter durchzuführen.

Die Voraussetzungen für die vom Beschwerdeführer begehrte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 VStG waren gegeben, da nach der zuletzt genannten Bestimmung die Behörde unter anderem dann von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung – nämlich als unmittelbarer Täter bzw in der von der belangten Behörde umschriebenen Weise - nicht begangen hat.

Kosten für das Beschwerdeverfahren waren nicht in Anschlag zu bringen, da solche nach § 52 Abs 1 VwGVG vom Beschwerdeführer nur zu tragen sind, wenn durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wird.

3. Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Nach § 44 Abs 2 VwGVG entfällt eine Verhandlung dann, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Letzteres ist im vorliegenden Zusammenhang der Fall.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall wesentliche Rechtsfrage, welche Folgen die zu Unrecht erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers als unmittelbarer Täter hat, hat das Landesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der hierzu bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst. Im Übrigen kommt der vorliegenden Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungs-gerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Unmittelbarer Täter, Bestimmungstäter; Modifizierung der Tatumschreibung; Anstiftung; Verschulden;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.35.1168.2

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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