TE OGH 2018/4/26 6Ob68/18w

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Veröffentlicht am 26.04.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. W*****, vertreten durch Dr. Stefan Briem, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. G***** als Insolvenzverwalter der I*****gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, 2. Dr. F*****, vertreten durch Dr. Klaus Oberndorfer und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (31.335,67 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. September 2017, GZ 6 R 79/17f-33, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. März 2017, GZ 5 Cg 130/15k-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.961,82 EUR (darin 326,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

1. Der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren hat die gleichen rechtlichen Wirkungen im Sinne des § 1497 ABGB wie eine Klage (RIS-Justiz RS0034631). Die in der Literatur von Schima und Wallisch (Schima/Wallisch, Keine „Belangung“ gemäß § 1497 ABGB durch Privatbeteiligtenanschluss ohne Information des Schädigers, wbl 2017, 559) vertretene gegenteilige Auffassung blieb vereinzelt und wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen ausdrücklich abgelehnt (10 Ob 45/17s; 10 Ob 59/17z uva).

2.1. Die Verjährung wird aber nur für die in der Anschlusserklärung geltend gemachten Ansprüche unterbrochen (RIS-Justiz RS0034631 [T6]). Die Verjährung wird nur soweit unterbrochen, als der Anspruch der Höhe nach geltend gemacht wurde, nicht jedoch schlechthin dem Grunde nach (RIS-Justiz RS0034631 [T7]). Die Ansprüche müssen im Strafverfahren für eine verjährungsunterbrechende Wirkung ausreichend konkretisiert und individualisiert werden (RIS-Justiz RS0034631 [T10]).

2.2. Ist die Schadenersatzforderung bereits bezifferbar, dann muss deren Höhe auch schon in der Anschlusserklärung angegeben sein, um die Unterbrechungswirkung für die gesamte Forderung entfalten zu können (RIS-Justiz RS0115181).

2.3. Dies entspricht der Rechtslage bei einer Klage, die gleichfalls ein bestimmtes Begehren zu enthalten hat; der Schuldner wird eben nur in diesem Umfang „gerichtlich belangt“ im Sinne des § 1497 ABGB, in dem dieses Begehren gegen ihn erhoben wird. Nichts anderes kann bei der Anschlusserklärung als Privatbeteiligter gelten, weil nur durch die konkrete Angabe des ziffernmäßigen Betrags die „Warnfunktion“ durch das gerichtliche Belangen erfüllt wird (vgl RIS-Justiz RS0115182).

2.4. Dass es sich bei den im Rechtssatz (RIS-Justiz RS0115181) zitierten Entscheidungen nicht um Anlegerschäden handelt, steht der Anwendung dieser Entscheidungen auf die vorliegende Konstellation nicht entgegen, handelt es sich doch dabei um allgemeine Grundsätze der verjährungsunterbrechenden Wirkung von Privatbeteiligtenanschlüssen, die unabhängig von der Art des geltend gemachten Anspruchs Gültigkeit beanspruchen.

2.5. Daraus, dass die Verjährung für jede Anspruchsgrundlage gesondert zu prüfen ist (vgl RIS-Justiz RS0034556 [T7]; 3 Ob 259/05t) ist für den Kläger nichts zu gewinnen: Die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche spätestens mit 13. 4. 2010 begonnen hat, wird in der Revision nicht bekämpft: Damit waren sämtliche Ansprüche des Klägers zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs mit dem Klagevertreter am 17. 8. 2015 aber bereits verjährt.

2.6. Dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Anschlusserklärung nicht bezifferbar gewesen seien, wird von der Revision nicht konkret behauptet. Im Übrigen hat der Kläger im Strafverfahren auch kein Feststellungsbegehren (zu dessen Zulässigkeit vgl Korn/Zöchbauer in Wiener Kommentar StPO § 69 Rz 1 und 4; ausführlich Spenling in Wiener Kommentar StPO § 371 Rz 1, 1a) erhoben.

3.1. Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger bloß dem Strafverfahren angeschlossen, ohne bei seinem Anschluss einen Betrag zu nennen. Vielmehr führte er selbst aus, dass er sich „derzeit noch gar nicht“ geschädigt fühle.

3.2. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage davon ausgingen, dass die Ansprüche des Klägers verjährt sind, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

4. Damit bringt die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die erstbeklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E121610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00068.18W.0426.000

Im RIS seit

11.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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