TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/24 99/02/0308

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Veröffentlicht am 24.02.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des H L in S, vertreten durch Dr. Alexander Riel, Rechtsanwalt in Krems, Utzstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 15. Juni 1999, Zl. Senat-KR-98-025, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 6. Oktober 1997 um 09.28 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Stadtgebiet von St. Pölten an einem näher umschriebenen Ort gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 begangen. Es wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe von S 13.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde ging auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, die am 6. Oktober 1997 durchgeführten Messungen der Atemluft des Beschwerdeführers mittels Alkomat seien zufolge der Aussagen der die Messungen durchführenden Sicherheitswacheorgane und der Beurteilung durch den der Verhandlung beigezogenen medizinischen Sachverständigen ordnungsgemäß durchgeführt worden und hätten eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,66 mg/l und von 0,72 mg/l ergeben. Ein vom Beschwerdeführer vorgelegter, im Krankenhaus K erstellter Blutbefund, aus dem sich keine Alkoholisierung ergebe, beziehe sich auf einen erst 23 Stunden nach dem Vorfall liegenden Zeitpunkt, weshalb diesem Befund unter Zugrundelegung des für den Beschwerdeführer günstigeren Wertes von 0,66 mg/l = 1,32 Promille und eines stündlichen Abbaues von 0,12 Promillen jede Beweiskraft fehle. Der Beschwerdeführer habe mit unsachlichem Vorbringen die Eignung des Messgerätes allgemein und die Richtigkeit der konkreten Messungen angezweifelt. Da weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren Umstände hervorgekommen seien, die Zweifel an der Eignung des Gerätes, an der ordnungsgemäßen Bedienung oder an der wahrheitsgetreuen Aussage der Beamten hätten begründen können, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er infolge schwerer Erkrankung regelmäßig zur Einnahme schmerzstillender Mittel gezwungen sei und an Verdauungs- und Blutzuckererkrankung leide. Da der Alkomattest die bereits angeführten Atemluftalkoholwerte ergeben habe, ohne dass der Beschwerdeführer an diesem Tag Alkohol konsumiert hätte, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, die Wechselwirkung zwischen Verdauungs- und Blutzuckererkrankung einerseits und der Atemluftuntersuchung andererseits zu erörtern.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass, unabhängig von der Frage, ob die vom Beschwerdeführer behauptete "Wechselwirkung" zwischen solchen Erkrankungen und dem Ergebnis der Atemluftalkoholmessung überhaupt mit den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaften in Einklang zu bringen wäre, dieses Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt und daher unbeachtlich ist; insbesondere hat der Beschwerdeführer solches anlässlich der vor der belangten Behörde am 2. November 1998 in Anwesenheit des medizinischen Sachverständigen stattgefundenen mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht. Was aber die behauptete Einnahme von Medikamenten anlangt, so hat dieser Sachverständige bei diesem Anlass ausgeführt, dass Medikamente die Wirkung, nicht aber den Gehalt des Alkohols verstärken.

Ausgehend davon erweist sich das den Schuldspruch betreffende Vorbringen des Beschwerdeführers weder als geeignet, Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung und am Ergebnis der Atemluftuntersuchung zu erwecken, noch kann daraus ein der belangten Behörde unterlaufener Verfahrensmangel abgeleitet werden.

Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

     Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu

erkennen:

     Die belangte Behörde hat die Höhe der verhängten Strafe auch

damit begründet, dass der Beschwerdeführer bereits einmal wegen Übertretung des § 5 Straßenverkehrsordnung 1960 habe bestraft werden müssen. Dem in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstand, dass es sich bei dieser Vorstrafe um einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 leg. cit. gehandelt habe, kommt bei der Bewertung der Vorstrafe als Straferschwerungsgrund keine Bedeutung zu, weil auch die Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung das durch die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens dokumentierte öffentliche Interesse, das Lenken von Fahrzeugen durch alkoholbeeinträchtigte Personen zu verhindern, verletzt.

Der Beschwerdeführer rügt die Strafbemessung der belangten Behörde auch mit der Begründung, dass hiebei von Sorgepflichten für drei Kinder ausgegangen worden sei, während er aber tatsächlich für neun Kinder sorgepflichtig sei. In dieser Hinsicht ist ihm zunächst zu erwidern, dass er selbst sowohl anlässlich seiner Einvernahme durch die Bezirkshauptmannschaft K. am 4. Dezember 1997 als auch in seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Verfahrenshilfeantrag vom 12. August 1999 Sorgepflichten für sechs Kinder (und die Ehefrau) angeführt hat. Die Sorgepflicht in diesem Ausmaß wurde auch der Strafbemessung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Grunde gelegt, was der Beschwerdeführer auch nicht gerügt hat.

Die belangte Behörde verwies in der die am 2. November 1998 stattgefundene mündliche Verhandlung (bei welcher der Beschwerdeführer anwesend war) betreffenden Verhandlungsschrift u. a. darauf, dass der Verhandlungsleiter die "allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten" verlesen habe. Ob damit auch die obzitierten, dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu Grunde gelegten Sorgepflichten oder die im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholten diesbezüglichen Auskünfte der Bezirkshauptmannschaft K. gemeint waren, lässt sich aus dieser Verhandlungsschrift nicht entnehmen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde von einer Sorgepflicht des Beschwerdeführers für sechs Kinder (das Vorbringen hinsichtlich jener für neun widerspricht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot und würde im Übrigen - wie oben dargestellt - auch dem Vorbringen im Verfahrenshilfeantrag widersprechen) oder nur für drei Kinder auszugehen hatte, da selbst bei den vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren angegebenen Sorgepflichten ein Überschreiten des der belangten Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes auch unter Bedachtnahme auf die ungünstigen Einkommensverhältnisse nicht erkennbar wäre: Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer eine einschlägige Vorstrafe aufweist, der Grad seiner Alkoholisierung (der geringere Messwert betrug 0,66 mg/l Atemluftalkohol) als sehr hoch zu bezeichnen und die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich angesiedelt ist (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 8. Jänner 1998, Zl. 97/02/0400). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Strafdrohung im Beschwerdefall entsprechend der Vorschrift des § 100 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (in der Fassung der 19. Novelle) auf Grund der einschlägigen Vorstrafe an Stelle der Geldstrafe sogar die Verhängung einer (primären) Arreststrafe im Ausmaß der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe (von einer bis sechs Wochen - vgl. § 99 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960) ermöglicht.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Februar 2000

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Verfahrensrecht Strafen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020308.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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